Kampf der Corona-Narrative zwischen den Großmächten

Sars-CoV-2. Bild: NIAID

Während in den USA der Verdacht geschürt wird, Sars-CoV-2 sei dem Labor in Wuhan entwischt, gräbt die chinesische Tageszeitung Global Times immer neue Verdachtsmomente aus, dass das Virus schon vor Dezember in den USA zirkulierte und aus einem US-Labor stammen könnte.

 

Der Kampf zwischen den USA und China über den Ursprung von Covid-19 ist mittlerweile hoch politisiert (Propagandakrieg). Nachdem WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus, der wohl unter Druck gekommen war, erklärte, man habe nach der ersten Untersuchung zu schnell die Lab-Leak-Theorie ausgeschlossen, also dass das Virus aus dem Hochsicherheitslabor in Wuhan entkommen sein könnte, hatte die chinesische Führung eine weitere Untersuchung abgelehnt. Dafür wurde versucht, den Ball zurückzuspielen. Das Virus könne aus dem militärischen Biolabor in Fort Detrick stammen, es sei vielleicht von US-Soldaten während der Weltmilitärwettspiele nach China gebracht worden, vielleicht sei  in den USA das Virus schon 2019 umgegangen und man habe nur nicht erkannt, dass nicht alle  Fälle von schweren Lungenschädigungen von EVALI-Patienten (e-cigarette, or vaping, product use associated lung injury) auf den Konsum von E-Zigaretten zurückgeführt werden können. Und in einer Kampagne der Global Times wird eine WHO-Untersuchung von Fort Detrick gefordert.

US-Präsident Biden, der in der China-Politik konform mit Trump und den Republikanern geht, hat die Geheimdienste angewiesen, weitere Informationen über den Ursprung auszugraben. Das war offensichtlich erfolgreich, denn sie wollen viele Daten aus dem Wuhan-Labor in die Hände bekommen haben, berichtete CNN. Sie sollen genetische Informationen von Viren beinhalten, mit denen das Labor gearbeitet hat. Die waren bis September 2019 online zugänglich, wurden dann aber aus unbekannten Gründen entfernt.

Unklar ist, ob der Datensatz die entfernten genetischen Informationen umfasst und ob aus den Daten überhaupt etwas für die Frage nach der Herkunft Wichtiges ableitbar ist. Man könnte meinen, vermutlich nicht, da dies sonst wohl schon bekannt gegeben worden wäre. Allerdings wird auf die riesige Datenmenge verwiesen, die nicht so schnell von den Supercomputern analysiert werden könnten. Zudem könnte es an sicherheitsüberprüften Mitarbeitern fehlen, die Biowissenschaftler sind und Mandarin beherrschen. Unbekannt ist auch, wie die US-Geheimdienste an die Daten gekommen sind. Vermutet wird durch einen Hack. Falls etwas entdeckt werden sollte, würde vor allem wichtig werden, woher die Daten kommen und dass sie nicht manipuliert wurden.

Bild: Ureem2805/CC BY-SA-4.0

Covid-19 in den USA schon vor dem offiziell anerkannten Ausbruch in Wuhan

Global Times als Sprachrohr der chinesischen Führung reagierte mit einer neuen Theorie, nach der angeblich von der Regierung von Florida Daten von 121 frühen Covid-19-Patienten, die es vor dem offiziellen Beginn der Pandemie in Florida und sogar vor dem Ausbruch in Wuhan gegeben soll. Jüngst kam der republikanische Gouverneur DeSantis und dessen Gesundheitsministerium unter Kritik, nachdem nach Ausrufung des Endes der Pandemie durch DeSanti im Juni nicht mehr täglich, sondern nur noch wöchentlich über die Covid-19-Fälle berichtet wurde. Nicht mehr mitgeteilt wird auch, in welchen Pflegeheimen Covid-10 auftritt. Der Vorwurf geht auch weiter, dass von Beginn an Zahlen, beispielsweise die an und mit Covid-19 Verstorbenen, zurückgehalten oder manipuliert worden seien. Im Mai 2020 war auch eine Datenmanagerin im Gesundheitsministerium entlassen worden, angeblich weil sie nicht Daten so manipulieren wollte, um das politisch erwünschte Ende der Maßnahmen zu legitimieren.

Aber Global Times, das „Tracing Covid-19 Origins“ zum Hauptthema macht, hat nun einen Vorfall von 2020 ausgegraben. Das Gesundheitsministerium in Florida hatte erstmals am 1. März 2020 offiziell einen Covid-19-Fall bekanntgegeben, aber Daten von 171 Patienten, die ab Anfang Januar Covid-19-ähnliche Symptome aufwiesen, kurzzeitig gelöscht. Als sie wieder veröffentlicht wurden, fehlte das Datum, als die ersten Symptome auftraten. Die Informationen waren aber gespeichert worden, keiner der Erkrankten war in China gewesen. Überdies hatte die Palmbeach Post berichtet (https://www.palmbeachpost.com/news/20200516/coronavirus-florida-antibody-tests-bolster-suggestion-covid-spread-early-in-florida), dass im April 2020 mindestens 11 Menschen in Delray Beach positiv auf Antikörper getestet wurden. Symptome seien bei ihnen ab November 2019 aufgetreten.

Global Times lenkt den Verdacht auf diese Vorfälle und verweist darauf, dass auch in anderen Ländern nach Untersuchungen von Lungenaufnahmen (Frankreich), Blutproben (Italien)  oder des Abwassers (Spanien, Italien) bereits Covid-19-Erkrankungen Monate vor dem offiziell angegebenen Ausbruch in Wuhan nachgewiesen worden seien. Und dann gibt es noch eine Untersuchung von Ende 2020, für die CDC-Wissenschaftler mehr als 7000 Blutproben von Blutspendern des Roten Kreuzes nach auf Corona-Antikörper überprüft haben. Die Blutproben aus 9 Bundesstaten stammen aus der Zeit zwischen dem 13. Dezember 2017 und dem 17. Januar 2020, in 106 wurden Antikörper entdeckt, in solchen aus Kalifornien, Oregon und Washington schon vom 13.-16. Dezember 2019. Eine Infektion muss also schon früher geschehen sein.

„Die Präsenz dieser Antikörper im Serum“, schreiben die Wissenschaftler, „deuten darauf hin, dass isolierte Sars-CoV-2-Infektionen im westlichen Teil der USA früher als bislang angenommen erfolgt sind oder das ein kleiner Teil der Bevölkerung bestehende Antikörper besitzt, die das Sars-CoV-2-Protein binden.“ Die Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass nach ihrer Analyse eine Kreuzreaktivität nicht in allen Fällen vorliegen kann, weswegen anzunehmen sei, dass es Covid-19-Infektionen schon im Dezember 2019 gegeben hat. Allerdings könnte es Covid-19-Fälle auch schon früher in Wuhan gegeben haben. Das will ein Bericht von republikanischen Kongressabgeordneten angeblich belegen.

Biologe untersucht Fledermaus. Bild: USAF

Global Times will von  Epidemiologen und Virologen erfahren haben, dass es viele Hinweise gäbe, „dass Covid-19 sehr wahrscheinlich in den USA früher als bei den in China gefundenen Fällen aufgetreten ist“, und listet einiges in einer Zeittabelle auf.  Der Virologe Yang Zhanqiu von der Wuhan Universität behauptet, die USA hätten „die wirkliche Situation der frühen Verbreitung des Virus im Land verborgen“, um die Pandemie zu politisieren. Die frühen Fälle in Florida seien von den USA nicht als Covid-19-Infektionen erkannt oder bewusst ignoriert worden, meint er.

In China sollen nun Blutproben von Blutspendern aus den Monaten September bis Dezember 2019 aus Wuhan auf Sars-CoV-2 getestet werden. Der erste bekannte Patient wurde bislang am 8. Dezember 2019 festgestellt, gilt aber nicht als Patient Null. Ob die Untersuchung auch Blutproben von anderen Bluzentren außerhalb von Wuhan einschließen wird, ist nicht klar. Und angeblich könne die Untersuchung erst zwei Jahre nach der Blutspende aus rechtlichen Gründen erfolgen.

Öffnet die Labore!

Heute hat Global Times einen weiteren, bereits gestreuten Verdacht gegen die USA weiter vertieft. Möglicherweise habe ein vom Coronavirus-Experten Ralph Baric geleitetes Labor an der University of North Carolina (UNC) at Chapel Hill mit Sars-CoV-2-Viren experimentiert oder diese erzeugt. Das Labor, das mit dem Wuhan-Labor zusammengearbeitet hat, sei bekannt wegen mangelnder Sicherheit. ProPublica hatte letztes Jahr berichtet, dass es seit 2015 mehrere Fälle gegeben habe, in denen Mitarbeiter des Labors aufgrund von Schlampereien genetisch-veränderten Coronaviren, die Menschen infizieren können, ausgesetzt worden waren, ohne dass es allerdings zu Erkrankungen gekommen sei. Um welche Viren es sich handelte, gab die Universität nicht bekannt.

Mangelnde Sicherheit und schludrige Kontrollen werden dem gesamten amerikanischen Biosicherheitssystem vorgeworfen. Man hätte auch auf die Anthrax-Briefe 2001 verweisen können, an denen 5 Menschen starben. Höchstwahrscheinlich stammten die verwendeten Milzbrandsporen aus Fort Detrick.

Global Times verlangt von der WHO, Fort Detrick, das UNC-Labor und andere in den USA in die zweite Untersuchung einzuschließen. Das Spiel dürfte also nicht nur darum gehen, wo Sars-CoV-2 entstanden ist, wann es wo ausgebrochen ist – vermutlich nicht erste im Dezember in Wuhan – und ob es aus einem Labor stammt, sondern auch, ob China und die USA der WHO Labore öffnen. Hatte erst einmal China mit seiner Ablehnung den Schwarzen Peter, sucht es nun mit aller Kraft auf nicht-offiziellem Weg den Spieß umzukehren – mit Fakten, aber auch mit vielen Spekulationen.

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2 Kommentare

  1. Ich war schon Anfang der 2000 – nach 9/11 – eher zufällig auf die Informationen gestoßen, dass JEDES Biowaffenlabor ( der USA and associates, beim Rest weiß man natürlich nicht genau ;-)) Coronaviren – die es schon immer in freier Wildbahn gab und die Bestandteil jeder Erkältung sind – im Bestand hat und mit ihnen arbeitet. Sie werden geschätzt, weil sie sich a) sehr schnell verbreiten und b) sehr leicht durch Umcodierung einzelner Sequenzen je nach Wunsch „scharfgemacht“ werden können.
    Dieser Hintergrund gab mir natürlich schon von Anfang an eine eigene Sicht auf die Pandemie-Inszenierung – es ist in etwa so, wie wenn man den Rand eines gigantischen Puzzles bereits fertig hat und es jetzt darum geht, das Innere richtig zusammenzufügen. Aber die Teilchen sehen von hinten alle so gleich aus! Danke fürs Mitpuzzlen, Florian Rötzer, und für das obige Teilchen, das seinen Platz schon finden wird.

  2. Im Artikel heisst es: „Möglicherweise habe ein vom Coronavirus-Experten Ralph Baric geleitetes Labor an der University of North Carolina (UNC) at Chapel Hill mit Sars-CoV-2-Viren experimentiert oder diese erzeugt.“

    Die „möglicherweise“ erfolgte Forschung hat zu einem 2015 in Nature veröffentlichten Paper geführt, online zu finden unter https://www.nature.com/articles/nm.3985

    Beginn der Kurzfassung dort:
    „The emergence of severe acute respiratory syndrome coronavirus (SARS-CoV) and Middle East respiratory syndrome (MERS)-CoV underscores the threat of cross-species transmission events leading to outbreaks in humans. Here we examine the disease potential of a SARS-like virus, SHC014-CoV, which is currently circulating in Chinese horseshoe bat populations1. Using the SARS-CoV reverse genetics system2, we generated and characterized a chimeric virus expressing the spike of bat coronavirus SHC014 in a mouse-adapted SARS-CoV backbone.“

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