Infokrieg: Das zerstörte Theater in Mariupol als Beispiel

Sieht man sich die Berichterstattung über das Theater näher an, das als Beispiel für russische Kriegsverbrechen gilt, stößt man auf verwirrende, auch widersprüchliche Meldungen von Quellen, die nicht unbedingt glaubwürdig sind.

 

 

Am 16. März wurde von ukrainischer Seite berichtet, dass in der eingekesselten Stadt Mariupol ein Theater vom russischen Militär bombardiert wurden, in dessen Keller bis zu 1500 Menschen Zuflucht gesucht hätten und die nun verschüttet wären. Nach einem HRW-Bericht vom selben Tag, seien es 500-700 Menschen gewesen. Das hätten Menschen erzählt, die am Tag zuvor aus Mariupol flüchten konnten. Nach der Stadtverwaltung sollen es Frauen und Kinder gewesen sein. Es wurden Bilde von dem noch intakten Theater gezeigt, vor und hinter dem „Kinder“ groß auf den Platz geschrieben wurde, es gab Bilder, u.a. von Asow, von dem zerstörten Gebäude. Präsident Selenskij erklärte am 17. März , russische Flugzeuge hätten eine „riesige Bombe“ auf das Theater absichtlich fallen lassen, in dem sich Hunderte aufgehalten haben. Über die Zahl der Toten gebe es noch keine Erkenntnis.

 

Das russische Militär sagte, es seien zu dieser Zeit keine Bodenziele in  Mariupol angegriffen worden. Man machte vielmehr die Asow-Einheiten dafür verantwortlich, die das Theater mit Panzern beschossen hätten, um das den Russen in die Schuhe zu schieben. Nach ukrainischen Berichten wird Mariupol vom Asow-Regiment verteidigt, das dort seit 2014 ihr Hauptquartier hat.  Es habe sich um ein Asow-Quartier gehandelt, in dem in den Kellern Geiseln gehalten werden konnten. Tatsächlich wurde dem russischen Militär ganz schnell vorgeworfen, ein Kriegsverbrechen begangen zu haben, weil sie trotz des Wissens, dass unter dem Theater Menschen Schutz gesucht haben, das Gebäude bombardierten. Ob sich zu dieser Zeit Soldaten im oder am Gebäude oder Artilleriesysteme o.ä. in der Nähe gewesen sind, ist unbekannt bzw. wird nicht mitgeteilt.

Zunächst gab es keine weiteren Informationen über die Menschen, die sich im Keller des Theaters aufgehalten haben sollen. Es gab auch keine Belege für Tote oder Verwundete. Am 18. März wurde von Ihor Zhdanov (Information Defence) berichtet, dass nach Ombudsman Liudmyla Denysova die Schutzräume nicht zerstört worden waren, was das Leben der Menschen geschützt habe. Am selben Tag sprach Selenskij davon, dass 130 Menschen gerettet worden seien, es würden aber noch Hunderte verschüttet sein. Am 19. März erwähnte er erneut die 130 Geretteten, darunter seien auch Verletzte. Über die Zahl der Toten gebe es keine Informationen.

Das zerstörte Theatergebäude wurde von ihm und anderen Regierungsangehörigen – auch von US-Außenminister Blinken – als Beispiel verwendet, um die russischen Truppen zu beschuldigen, nicht zwischen Soldaten und Zivilisten zu unterscheiden, aber auch gezielt Zivilisten zu töten. Soldaten hätten den Befehlt dazu erhalten. Das widerspricht allerdings dem Umstand, dass das russische Militär bzw. die Milizen der „Volksrepubliken“ humanitäre Korridore zuließen, durch die bereits Hunderttausende aus der angeblich zu 90 Prozent zerstörten Stadt fliehen konnten. Am 23. März sagte Selenskij, es würden sich noch 100.000 Menschen in Mariupol aufhalten. Ob damit auch die Menschen gemeint sind, die sich in den bereits russisch besetzten Stadtgebieten aufhalten, ist nicht klar.

Am 19. März gab es Berichte, dass der Schutzbunker unter dem Theater standgehalten habe und Hunderte von Menschen überlebt hätten. Die Menschen würden „unter den Trümmern“ bleiben, „da die Retter sie aufgrund des Beschusses durch russische Söldner nicht evakuieren konnten“. Am 18. März war allerdings berichtet worden, dass weiterhin Menschen aus den Trümmern gerettet würden: „Aufgrund ständiger Luftangriffe und Kämpfe innerhalb der Stadt war es fast unmöglich, die Trümmer unmittelbar nach dem Beschuss abzuräumen. In den seltenen Momenten relativer Ruhe näherten sich die Menschen schnell dem zerstörten Theater und retteten die eingeschlossenen Bewohner von Mariupol.“ Von Toten gab es auch hier noch keine Informationen. Am 19. März wurden Informationen von Asow verbreitet, wonach sich unter dem Theater mehr als 1000 Menschen befinden. 130 Menschen seien gerettet worden. Man könne nicht einmal die Hälfte der Menschen unter den Trümmern erreichen, es gebe „nicht genug Wasser, Medikamente, ganz zu schweigen von Lebensmitteln“. Das war schon drei Tage nach der Zerstörung. Am selben Tag gab es einen weiteren Bericht von der Stadt Mariupol, der vor allem klar macht, dass es viele Versionen und wneig Wissen gibt.

Dann hörte man erst einmal nichts mehr. Am 24. März, acht Tage nach der Bombardierung, gab es einen weiteren Bericht, nach dem sich 1200 Menschen unter dem Theater befunden hätten. Es sei aber immer noch nicht bekannt, wie viele überlebt haben und wie viele verletzt wurden oder gestorben sind. Dazu werden Schilderungen von Menschen veröffentlicht, die sich im Theater aufgehalten haben sollen.

Eine Familie sei am 8. März im dritten Stock untergebracht worden. Im Keller seien die Menschen „dicht wie Heringe“ gelegen. Am 14. März sei eine Zählung durchgeführt worden. Dabei sei man auf 1200 Menschen gekommen, es sollen aber mehr da gewesen sein. Am 15. März ging die Familie dann doch in den Keller. Am 16. März gab es dann um 9:45 die Explosion. Es sei  eine „Luftbombe“ gewesen: „Die Bombe fiel schräg und flog vom rechten Flügel nach hinten (an die Rückseite). Alle, die vor dem Theater und im Keller waren, haben überlebt. Die Keller im Theater wurden zu Sowjetzeiten gebaut, für den Kriegsfall gebaut. Sie halten jeder Bombe stand. Aber alle, die hinten und im rechten Flügel des Gebäudes waren, starben.“

Die Ausgänge aus dem Keller seien nicht versperrt gewesen, sie hätten einfach herausgehen können, was sich mit den Berichten widerspricht, dass erst die Trümmer hätten abgeräumt werden müssen.  Es hätte viele Verletzte geben. Alle im Keller und vor dem Theater hätten überlebt, sagte die Frau noch einmal. Ihre Tochter fügte noch einmal etwas zur Verwirrung hinzu. Sie schätzt, dass 400 Menschen im Keller waren, mehrere Hundert seien vor dem Theater gewesen. Die Menschen in der Nähe der Feldküche und im rechten Teil des Theaters seien getötet worden. Sie schätzt die Zahl der Toten auf 300.

Die Nachrichtenagentur Ukrinform weiter, die allerdings nur einen Bericht der Stadt Mariupol mit Fotos des zerstörten Theaters von Asow wiedergibt: „Heute ist Frau Nadiya auf dem Territorium der freien Ukraine sicher. Überraschenderweise muss sie einigen Bekannten regelmäßig beweisen, dass das Theater in Mariupol nicht von den Nazis, sondern von einer Fliegerbombe der Russischen Föderation bombardiert wurde, dass sich im Dramatheater kein Militär befand, sondern nur Bewohner der von Russen bombardierten Häusern, viele Frauen und Kinder.“ Man muss sich fragen, inwieweit Asow an dem Bericht beteiligt ist. Man sollte annehmen, dass die Menschen im Keller nicht sehen konnten, was die Ursache der Explosion war. Zudem ist dieser Bericht mit den vorhergehenden kaum kompatibel.

Am 25. März wurde von der Nachrichtenagentur Ukrinform eine Meldung des Stadtrats von Mariupol veröffentlicht, nach der 300 Menschen getötet worden sein sollen. Es seien nur Zivilisten gewesen. Die „Faschisten des 21. Jahrhunderts“, gemeint sind die Russen,  hätten gezielt den „Zufluchtsort für Hunderte von Mariupol-Bewohnern“ bombardiert. Verwiesen wird auf den Kommandeur des Asowschen Regiments, nach dem die Zahl der zivilen Opfer täglich ansteige und es mehr als 3000 Tote gebe. Offenbar gibt es doch noch keine genauen Zahlen über die Opfer im Theater, es heißt nur wieder, dass der Abbau der Trümmer so weit wie möglich fortgesetzt wurde.

Das griffen westliche Medien auf. Nach Petr Andryuschenko, ein Berater des Oberbürgermeisters, hätten sich 600 Menschen im Keller des Theaters aufgehalten. 300 seien getötet worden, so BBC. Man habe mit den Menschen in der Umgebung und denen gesprochen, die überlebt haben. Weitere Belege als die Aussage des Beraters dafür gibt es nicht. Es ist allerdings ein Video aufgetaucht (CNN, Guardian), das am 16. März unmittelbar nach der Explosion entstanden sein und das die Menschen in dem Keller und die Verwüstung zeigen soll. Zu sehen sind allerdings nicht Menschen im Keller, sondern Menschen, die eine Treppe in das Erdgeschoss herunterkommen, wo Fenster zu sehen sind.

Wir haben verwirrende, teils sich widersprechende Informationen. Wir wissen nicht, was wirklich geschehen ist. Dennoch gehen viele Medien und Politiker davon aus, dass hier ein Kriegsverbrechen begangen wurde und viele Zivilisten gestorben seien.

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4 Kommentare

  1. Ich kann sagen es für mich, schwer auszuhalten ist, die westlichen Berichte, die sich meist auf Aussagen der Ukraine stützen, nachzuvollziehen. Ich halte sie im Wesentlichen für Propaganda. Dass die Ukraine es so darstellt, ist für mich in Ordnung. Was allerdings der „Westen“ daraus macht ist menschenverachtend und inhuman, auch widerlegt sie das sie Regelbasiert agiert.
    Da werden in Talkshows Ukrainer mit russischem Pass eingeladen, die Russland verurteilen und nach dem Krieg wieder Ukrainer sein wollen. Na klar wollen die das, was können sie denn sagen um nicht gleich im Flugzeug oder Zug nach Hause zu sitzen. Ein Beispiel ist der Münchner Oberbürgermeister. Mäßigend auf die Akteure einwirken ist der SPD Oberbürgermeisters ansinnen nicht, er ist eher verlogen und hetzerisch. Woher weiß er, was er sagt?
    Ich gleiches ab mit dem, was Wladimir Sergijenko, Ulrich Heyden oder Florian Rötzer berichten. Auch „Die Nachdenken“ Seite ist aufschlussreich.
    Da ist das Öffentlich rechtliche TV ganz anders aufgestellt, es geht mit dem Herzen zu und nicht etwa nach Interessen.
    https://www.ardmediathek.de/video/tagesthemen/tagesthemen/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3RhZ2VzdGhlbWVuL2U5MWQ3M2QwLTIzNzMtNDBmMS04YzA2LWZmNDg0NmI4NjJlMg
    ab 18:05 Min.
    Sicher ist es dramatisch für diejenigen, die es trifft, nur um einen Vergleich zur Intensität des Krieges zu haben, der Westen macht es nicht unter 100 000 Tsd. Und eine Spur der Verwüstung. Aus Syrien entwenden die USA immer noch syrisches Öl.
    Beim Bombardieren von zivilen Objekten sollte doch ein Motiv erkennbar sein. Auch wenn Militärspezialisten behaupten, dass die Russen in der Ukraine verlieren werden ist doch zu fragen, wenn das nicht geschafft wird, warum haben die anderen Angst, vor russischem Angriffen und warum?
    Sicher ist unstrittig, dass es um Ökonomie geht, darin liegen die Interessen der Parteien, nicht dass Putin oder sonst jemand „durchgeknallt“ ist. Sonst wären die Sanktionen nicht zu verstehen.
    Was allerdings erschreckend ist wie sehr das Volk für Krieg zu gewinnen ist, da wird schon mal geübt in Deutschland, indem normale Bürger andere angreifen nur, weil sie russische sprechen oder eine andere Meinung haben. Dazu tragen auch die Politiker mit bei die solche Aktionen verharmlosen.
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=82304

  2. Es ist schon ein fieser Trick der Russen, die Zivilisten zu schonen.
    Damit haben die Ukrainer wohl nicht gerechnet. Es war doch so schön vorbereitet.

  3. Ich gehe inzwischen grundsätzlich davon aus, dass das, was einschlägige Medien oder Politiker erzählen, gelogen ist. Wenn zB bei golem oder auch bei heise.de (TP traue ich da leider auch immer weniger über den Weg und versuche zu filtern) was mit Russlandbezug steht, dann umgehe ich die Artikel konsequent, mainstream lese ich gar nicht mehr (Ausnahmen bestätigen die Regel). Bei golem stand mal, dass schon 50tsd ITler Ru verlassen hätten. Das halte ich für eine glatte Lüge. Das Ding ist: ich kann solche Aussagen nicht verifizieren, will ich auch gar nicht. Dafür ist mir meine Zeit zu kostbar und das Risiko zu groß doch wieder nur einer Lüge aufzusitzen. Und selbst wenn es der Wahrheit entspricht, dann stört mich allein schon die Gehässigkeit, mit der sowas „berichtet“ wird. Menschen verlassen ihre Länder aus unterschiedlichsten Gründen. Das pauschal mit dem Krieg in Verbindung zu bringen, halte ich für sehr einfaches Denken (dumm / Bildzeitungsniveau). Ich hingegen will tatsächlich weg hier (leider nicht so einfach, pers. Umstände). Der Krieg und die sich darüber ergießende Verlogenheit des Westens sind nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Wenn man sich dann noch anschaut, dass heutzutage auf „Friedens“Demos Waffenlieferungen gefordert werden….dann muss auch ich einsehen (nach 20 Jahren Engagement gegen so eine Einstellung), dass dieses Land es offenbar nicht ander kann. Die Deutschen sind Rassisten und Anbeter des Untergangs. Ist aus psychologischer Sicht vll ein interessantes Thema. Ich will damit aber nichts mehr zu tun haben, am Liebsten heute schon, in all seiner Konsequenz. Es leben doch gleich wieviele Menschen auf der Erde und wieviele davon im Westen? Wie der stark alternde Westen seine Umwelt wahrnimmt ist aus dieser Perspektive vollkommen belanglos.

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