Angeblich entwickelt China neuartige Antisatellitenwaffe

Bild: Rawpixel.com/CC0

USA, Russland, China und Indien können Satelliten mit Raketen zerstören, aber es werden zunehmend Techniken entwickelt, um die für die Kriegsführung unabdingbar gewordenen Satelliten anders auszuschalten.

Das Wettrüsten zwischen den Großmächten und einigen anderen Ländern ist in allen Bereichen im Gange: bei der Künstlichen Intelligenz, bei Hyperschallwaffen, bei Luftabwehrsystemen, bei Atomwaffen, im Cyberspace, im Informationsraum oder beim Kampf um die Gehirne. Und natürlich im Weltraum.

South China Morning Post berichtet, chinesische Wissenschaftler, die darüber in einem Artikel für Electronic Technology & Software Engineering geschrieben haben, hätten einen Roboter entwickelt, mit dem sich Satelliten in der Umlaufbahn lahmlegen lassen. Der Roboter kann ein kleines Sprengstoffpaket in einem kugelförmigen Behälter in die Düse des Antriebs eines Satelliten anbringen. Der Behälter besitzt einen durch einen elektrischen Motor steuerbaren Verschlussmechanismus. Damit kann eine zeitgesteuerte Explosion ausgelöst werden, die sich aber auch noch stoppen lässt.

Durch die Explosion werde nur die Technik im Inneren zerstört, sie lässt aber den Körper des Satelliten intakt. Damit könnte ein Angriff verschleiert werden, weil es sich für die Betreiber des Satelliten auch um eine Störung des Antriebs handeln könnte. Der Roboter sei auch schon am Boden getestet worden, die Wissenschaftler schreiben, das könne von „praktischem Wert“ für verschiedene Anwendungen sein.

Angeblich hat sich das chinesische Militär in den letzten Jahren darauf konzentriert, Antisatellitenwaffen zu erforschen, die Satelliten nicht zerstören und damit Weltraumschrott produzieren. Als 2007 China erstmals wieder einen Satelliten mit einer vom Boden gestarteten Rakete abgeschossen hatte, war große Kritik geäußert worden, weil Satellitenteile auf die Erde stürzen könnten. Weil auch leicht beobachtet werden kann, wenn mit Laserstrahlen von der Erde aus Satelliten geblendet oder funktionsunfähig gemacht werden oder wenn Satelliten wie Shijian-17 mit Roboterarmen andere Satelliten aus der Bahn schubsen, kam man auf die Idee mit dem Sprengstoff, der im Inneren des Antriebs angebracht wird.

Dunkel bleibt in dem Artikel der SCMP, wie das Sprengstoffpaket mit welcher Art von Roboter heimlich in einem Satelliten angebracht werden könnte. Vermutlich handelt es sich noch um ein sehr theoretisches Projekt, es erinnert aber daran, dass das Wettrüsten im Weltall schon länger im Gange ist und sich mit den Weltraumkommandos gefährlich verstärkt hat. Ohne Satelliten können moderne Streitkräfte keine Kriege oder Einsätze mehr führen. Daher ist der Weltraum ebenso entscheidend wie der Cyberspace geworden und werden in beiden Bereichen defensive und offensive Techniken entwickelt.

USA haben Abkommen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltall verhindert

Der Outer Space Treaty aus dem Jahr 1967, der mitten im Kalten Krieg von den USA, Russland und UK eingebracht wurde (!), ist da schwammig und verbietet nur, „Kernwaffen oder andere Massenvernichtungswaffen in der Erdumlaufbahn oder auf Himmelskörpern zu platzieren oder sie auf andere Weise im Weltraum zu stationieren“.  Das lässt viel Raum. Russland und China schlugen ein Abkommen zum Verbot der Militarisierung des Weltraums vor, die USA sperrten sich wie so oft und wollten sich als überlegene Militärmacht alles offen lassen.

Mehrmals wurden von der UN-Gneralversammlung Resolutionen wie Prevention of an Arms Race in Outer Space (PAROS) von 1986 oder von 2009 mit der Absicht verabschiedet, ein Wettrüsten im Weltall zu verhindern. Die USA und Israel enthielten sich oder lehnten sie ab. 2014 befürworteten 178 Staaten eine weitere Resolution, wieder enthielten sich die USA und Israel. 2019 stimmten Israel und die USA gegen PAROS (A/C.1/74/L.3), während ihr 175 Länder zustimmten, der weiteren Resolution „No first placement of weapons in outer space“ (L59) stimmten 123 Länder zu, 14, darunter Israel, die USA und einige EU-Mitgliedsländer, stimmten mit Nein, 40 Länder, darunter die restlichen EU-Länder, Papua-Neuguinea, Nordmazedonien oder Kiribati, enthielten sich der Stimme.

Konventionelle Waffen sind also im Weltraum erlaubt, also wurden, nachdem das Militär sich immer mehr auf Satelliten stützte, Raketen und andere Antisatellitenwaffen (ASAT) entwickelt und unter Roland Reagan in den 1980er Jahren die Strategic Defense Initiative, auch Star-Wars-Programm genannt, gestartet. Ziel war u.a. ein weltraumgestütztes Raketensystem oder Brilliant Pebbles, woraus aber nichts wurde. Die Programme, mit Raketen Satelliten zu zerstören, wurden selbst im Kalten Krieg eingestellt, weil der dadurch entstehende Weltraumschrott gefährlich für andere Aktivitäten im Weltraum war.

Ein weltraumgestütztes Raketenabwehrsystem wurde 2018 angesichts von Hyperschallraketen wieder vom Pentagon ins Spiel gebracht, als Donald Trump die Schaffung eines Weltraumkommandos anordnete. Inzwischen hat auch die Bundeswehr ein Weltraumkommando, will aber (noch) keine „Bewaffnung zur Satellitenbekämpfung“.

Einen Neustart hatte etwa das Pentagon 2005 mit SUMO gemacht, einem Weltraumfahrzeug, das Satelliten aus der Bahn schubsen sollte, oder es gab das Projekt, mit einer Rakete oder einer Laserwaffe einen Satelliten zu zerstören oder funktionsunfähig zu machen. Richtig durchgestartet ist dann China 2007 und hat das erste Mal wieder seit dem Kalten Krieg mit einer Rakete einen eigenen alten Wettersatelliten in der Höhe von 800 km abgeschossen. Das konnten die Amerikaner nicht auf sich sitzen lassen und schossen ein Jahr später mit einer SM-3-Abfangrakete vom Aegis-Zerstörer USS Lake Erie  einen neuen, aber nicht funktionierenden Spionagesatelliten ab, dessen Technik geheimgehalten wurden. 2019 schoss dann Indien ebenfalls einen Satelliten.

Was das Pentagon mit dem geheimnisvollen „Weltraumflugzeug“ X-37B vorhaben, das oft monatelang im Weltraum unterwegs ist, ist unbekannt. Russland, das wie die USA auch schon im Kalten Krieg Raketen als ASAT getestet hatte, scheint mit einem Satelliten namens Luch Olymp-K zu experimentieren. 2015 näherte er sich dem amerikanischen kommerziellen US-Kommunikationssatelliten Intelsat 905, 2018 gab es Aufregung, weil er dem militärischen französisch-italienischen Kommunikationssatelliten Athena-Fidus sehr nahe gekommen war. Angenommen wurde von Frankreich, dass es sich um einen Lauschangriff gehandelt haben könnte. 2017 hatte Russland noch den weiteren experimentellen Satelliten Kosmos 2521 in eine Umlaufbahn gebracht. Damit haben zumindest die USA, Russland und China manövrierbare Satelliten im Weltall, die dazu dienen könnten, Satelliten anzugreifen.

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