Vom Feeling her ein gutes Gefühl

Autor/-in unbekanntUnknown author, gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Die Innenministerin hat entschieden: Frauenfußball hat den gleichen Stellenwert wie Herrenfußball. Und der Bundeskanzler möchte Millionengehälter auch für Kickerinnen. Hier treffen Markt und Ideologie aufeinander.

Die Fußball-Europameisterschaft der Frauen neigt sich dem Ende entgegen. Es ist gut das zu erwähnen, denn so richtig mitgekriegt hätte man es sonst vielleicht nicht. Weder gab es Hupkonzerte und Korsi durch tropische Stadtnächte – noch sind überall Flaggen gehisst oder wedeln Wimpel. Weiterhin dominieren ukrainische Farben an den Fenstern. Die Ukraine war aber gar nicht bei diesem Turnier vertreten.

Das soll nun nicht die schadenfrohe Abrechnung eines Mannes mit jenem Frauensport sein. Es ist nur eine nüchterne Feststellung. Während die deutsche Politik, immer ganz scharf drauf, symbolische Akzente zu setzen, einfach mal so verfügt, dass der Frauenfußball jetzt auf gleicher Höhe mit dem männlichen Pendant zu stehen habe, spricht in der Realität nun wirklich nicht viel dafür. Wieder mal schimmert eine zwanghafte Ideologie hervor, die sich der Wirklichkeit strikt verweigert.

Ein Kanzler für Millionen

Nehmen wir nur mal Olaf Scholz. Ob der Fan ist, weiß man gar nicht so genau. Aber er weiß ganz genau, wann es sich für ihn lohnt, den Fußball thematisch anzutäuschen. Im letzten Jahr tat er dies beispielsweise, nachdem einige europäische Vereine bekanntgaben, fortan nur noch in einer europäische Super League spielen zu wollen. Das hielt er für einen »Verrat an den Idealen«. Welche Ideale der moderne Konzernfußball so pflegt, hat er leider nicht angefügt.

Vor einigen Tagen wollte er mal ein ernstes Wörtchen mit Oliver Bierhoff sprechen. Frauen in Fußballschuhen sollten dasselbe verdienen wie Männer, befand er. Okay, gleiche Bezahlung ist tatsächlich ein zu unterstützenswertes Ideal. Aber will dieser Bundeskanzler, der nach einen Worten noch nicht mal genau weiß, was so ein Liter Benzin kostet, jetzt wirklich über Millionengehälter feilschen? Und das nicht dem Sinne nach, mal nachzufragen, ob so ein Millionensalär für Leute, die ein Spiel spielen, noch nachvollziehbar ist? Während wir Menschen, die systemrelevante Jobs verrichten, finanziell verheizen, schüttet man spielend horrende Gehälter aus: Ist das ein Modell, für das sich ein Kanzler einsetzen sollte?

Der Mann ist überdies ein sozialdemokratischer Kanzler. Zu anderen Zeiten wäre er ideell den Menschen mit kleinen Gehältern verpflichtet gewesen. Heute kann ein solcher Kanzler offensichtlich auch mal locker und lustig das pervertierte Modell des Herren-Fußballs auf den Frauen-Fußball übertragen wollen – und findet damit noch Applaus. Überhaupt scheint Scholz nicht ganz zu verstehen, wie das Geschäft läuft. Schlimmer noch: Scholz war wirtschaftspolitischer Schröderianer, gab sich stets marktkonform – aber genau hier, wo der Markt »Gehälter erzeugt«, blendet er ab und tut ahnungslos.

Zuletzt 800 Zuschauer im Schnitt: Der Markt regelt den Stellenwert

Dass die Innenministerin Nancy Faeser jetzt die ganz große Wirtschaftsgelehrte ist, behauptet freilich niemand. Aber wie der Bundeskanzler, so darf man auch ihre Interpretation der Frauen-EM als grotesk betrachten. Sie erklärte neulich, dass der Frauenfußball jetzt denselben Stellenwert besitze wie der Männerfußball. Die Aussage wurde natürlich in den Netzwerken beklatscht. Wir sehen schon, wie »Debattenkultur« in Deutschland funktioniert: Es wird auf einen »Ministerialerlass« gewartet – und wenn der dann aus einer Laune heraus herausplatzt, gilt der als verbindliche Wahrheit.

Wann war Frau Faeser eigentlich letztmals bei einem Spiel der Frauen-Bundesliga? Eben! Da sind an sich nur sehr wenige Menschen. Zuletzt lag der Schnitt bei rund 800 Zuschauern pro Spiel. In der Männer-Bundesliga war der Schnitt coronabedingt auch schlecht: 21.000 kamen durchschnittlich zu jeder Partie. Doch schon vor der Corona-Krise waren die Zuschauerzahlen bei den Damen rückläufig. Die beste Zeit erlebte die Liga um 2012 herum: Damals kamen durchschnittlich über 1.100 Zuschauer – bei den Herren lag der Schnitt (von Corona abgesehen) letztmals 2005 unter 40.000 Besuchern.

Der Stellenwert – und damit logischerweise auch die Bezahlung des kickenden Personals – richtet sich natürlich danach, wie viele Menschen gewillt sind, den Sport durch ihre Anwesenheit zu finanzieren. Dort, wo die Stadien nicht voll sind, generiert man eben keine nennenswerten Stadioneinnahmen, keine üppigen TV-Gelder und Verbandsprämien. Das ist nun eigentlich nicht sonderlich investigativ, nichts Tiefschürfendes: Umso schlimmer, dass man das überhaupt anmerken muss in dieser auch stark intellektuell herausfordernden Zeitenwende.

Ideologie schießt keine Tore

Wer also möchte, dass sich der Fußball der Frauen entwickelt, wie es der Fußball der Männer tat, spricht sich mit dafür aus, dass die Branche ein richtiges Big Business werden soll. Denn das ist die Grundvoraussetzung für gleiche Verhältnisse in diesem Bereich. Eine Entwicklung, die viele beim Herren-Kick schon längst wieder rückgängig machen wollen. Kommerzialisierter Fußball ist allerdings keine Fürsorgeanstalt: Er ist ein Geschäft, das vom Interesse der Menschen, in diesem Nischenbereich auch Fans genannt, abhängig ist.

Ob es allerdings nun die Aufgabe des politischen Personals in dieser Republik ist, einer Branche, die unter nicht allzu großem Gesamtinteresse leiden muss, zu einem brummenden Geschäft zu verhelfen, darf man schon mal stark hinterfragen. Die Ideologisierung dieses Themas überrascht indes nun nicht wirklich, denn man hat den Eindruck, die gesamte Ampelkoalition besteht nur aus »ideologischer Haltung« und »ideologischem Symbolismus«: Aber in irgendeiner Weise zielführend ist das freilich nicht.

Denn Ideologie schießt keine Tore – was heißen soll: Mit moralistischer Attitüde holt man die Anhängerinnen und Anhänger von Vereinen aus der Herren-Bundesliga nun wirklich nicht zum Frauenfußball herüber – auch wenn solche Sprüche vom Feeling her ein gutes Gefühl sind.

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13 Kommentare

  1. Gleiches Thema bei der Tour de France: die Damen hätten gerne Preisgelder derselben Höhe wie die Herren. Bei einem Bruchteil der Publikumswirksamkeit, halb so langen Rennen und nur 1/3 Länge der Gesamtveranstaltung. Von Tempo und Intensität (und vermutlich Doping-Umfang) ganz zu schweigen.

    Die TV-Präsenz ist mittlerweile (zumindest auf den TV-Sportkanälen) deutlich überproportiional zum Interesse vor Ort, aber auch dmit wird es nicht gelingen, die Popularität auf auch nur annähernd ähnliches Niveau wie das bei den Herren zu hieven.

    Wenn man also das aus feministischen Kreisen sonst gerne bemühte “gleiche Leistung, gleiches Geld” bemüht: wo und wie leitet sich daraus eine Forderung nach gleichen Einnahmen ab ?

  2. Das war ein wirklich netter Versuch mancher Leitmedien, die Schlagzeilen ähnlich zu gestalten wie bei einer echten Herren-EM. Auf Bild online fiel mir die große Schlagzeile auf, dass man den Lifestream zum EM-Halbfinale schauen sollen. Ich begriff erst nach einigem Stutzen, dass es hier um keine Herren-EM gehen kann und man mich als Konsumenten in der Bedeutung der Damen-EM manipulieren will.

    Wenn man die Gehälter gerecht verteilen will beim Fußball, wie wäre es dann, wenn man die Einnahmen der Vereine der 1. Bundesliga gleichmäßig auf alle Regionalvereine des DfB verteilen würde? Denn die regionalen Strukturen generieren den Nachwuchs und die Zuschauer der 1. Liga. Das kann man dann auch bei den Damen machen und schon ist es ganz gerecht.

    Und dann würde ich als älterer Mann mit Bauchansatz im Erotikbusiness auch gerne nicht mehr diskriminiert werden durch junge Frauen. Ich will bei Auftritten in Stripbars und bei OnlyFans die gleichen Einnahmen erhalten wie die jungen Frauen! Wer macht mit bei einem #MeToo der erotischen Diskriminierung von alten weißen Männern? Das ist doch total empörend, oder?

  3. Wie der Sport sich selbst entblößte, hatten wir durch westlichen Fairplay gelesen, in Form von SANKTIONEN.
    Den fauefussball auf Männer Ebene zu stemmen, ist eine Einladung für noch mehr undurchsichtigen Zahlungen, vielleicht helfen die saudis hier auf die Sprünge…

  4. 400 Tsd.EURO zu 60 Tsd.EURO Siegprämie, jeweils für den Gewinn des Fußball-EM-Titels, sind schon ein gewaltiger Unterschied. Aber welche Siegprämien werden denn vergleichsweise beiden anderen Mannschafts-Sportarten (Handball, Basketball, Volleyball) ausgelobt? Woran bemessen sich solche Siegprämien?

    Bei den letzten Olympischen Spielen gab es, für alle Sportarten und unabhängig vom Geschlecht, 20 Tsd.EURO Siegprämie, selbst Platz 8 bekam noch 1.500 EURO Trostgeld (jeweils finanziert von der Deutschen Sporthilfe).

  5. Man kann durchaus Verständnis dafür haben, wenn über solche Dinge geklagt wird, aber wir leben nun mal in einer Marktwirtschaft und dort entscheiden ALLE Beteiligten, die genügend Macht haben um ihre Forderungen einzubringen und durchzusetzen, wie die Geld Verteilung am Ende aussieht. Also: Medien, Politik, Frauen-“Verbände” öffentliche und veröffentlichte Meinung, Lobbyisten und was es sonst noch gibt.

    Wnn man sich die Spiele der Frauen Nationalmannschaften bei der EM anschaut, sieht man, von gelegentlichen, ganz wenigen Ausnahme Szenen, in höchstens einer Hand von Spielen abgesehen, ein erbärmlich trauriges Gekicke. Von der Qualität irgendwo im mittleren Amateur Bereich.
    Aber, wenn man um der Gleichberechtigung Willen, und weil Frauen die Hälfte der Wähler stellen, sich nicht dagegen stellen will, so kann ich das sogar verstehen. Schliesslich ist es nicht mein Geld, das da umverteilt werden soll.

    Man sollte den Frauenfussball natürlich fördern, in dem man Vereine dabei unterstützt Mädchen und Frauen das Fussball Spielen zu ermöglichen. Das wäre sinnvoller als mit dem zur Verfügung stehenden Geld nun auch ein paar weibliche Millionarios zu schaffen. Wenn man sich ein paar der Primitivlinge bei den Männern anschaut, die wegen eines angeborenen Talentes dieses Hobby zum Beruf machen konnten und heute 9stellige Bankkonten besitzen, so sollten auch Frauen dieses Recht haben. Ich halte die Beträge die man in der Finanzwelt verdient für ein grösseres und sehr viel wichtigeres Problem!
    Solange es jede Menge Deppen gibt, die mit ihrem eigenen Geld das Fussball Business finanzieren, indem sie zB mehrere Abonnements bei Sport Sender bezahlen… was solls?
    Man nimmt es zur Kenntnis, sagt “Aha!” und das wars.
    Welchen Sinn es haben soll, da ein grosses Thema drauszumachen, entzieht sich meinem Verständnis.
    Wer heute immer noch so ein Thema braucht um zu erkennen, dass die Massen verblödet sind, und leicht zu manipulieren… der tut mir leid.

    Ich glaube das Grundproblem des Autors ikst die eigene Ignoranz. IOhc bin sicher, dass er an anderer Stelle gegen den Kapitalismus wetttert, soch aber bei dem Thema darüber beschwer, das freie Marktwirtschaft nicht frei ist, und sie seinerf Meinung frei sein sollte? Und Frauen einen Markt schaffen sollten, um ihre Gehälter zu finanzieren?

  6. nichts gegen gleichberechtigung, aber der fußball der frauen ist noch generationen von dem der männer entfernt. am deutlichsten zu sehen, ist das in der fehlenden breite. die spitze bei den männern ist wesentlich enger: während bei den männern realistisch jedes jahr 10-12 teams di cl gewinnen und 10-12 teams europameister werden können, qualifiziert sich nicht mal ITA als amtierender europameister für die wm.
    all das ist bei den damen undenkbar: hier ist die qualifikation meistens ein pro-forma-abschlachten völlig überforderter teams, durch die semi-professionellen. zweistellige ergebnisse sind nach wie vor eher die regel, als die ausnahme.
    will sagen: es ist immer noch wesentlich leichter damen-europameister zu werden als herren, weil man maximal vier oder fünf ernstzunehmende gegner hat – nicht 15!
    deswegen ist die spannung auch in der frauen-bl wesentlich geringer. 3-4 teams spielen den meister unter sich aus, die anderen betreiben schadensbegrenzung.
    und das ist nicht etwa wie der FCB bei den männern: die sind zwar serien-meister, verlieren aber trotzdem mal 0-5 im pokal. einfach weil die teams enger beieinander liegen.
    und erst, wenn das vergleichbar geworden ist, wird auch die spannung steigen, die zuschauerzahlen werden zulegen und dann können die mädels auch mehr verdienen.

  7. Ich bemerkte während dieser EM, der Platz ist riesig, die Damen lagen nicht ewig jammernd auf dem Rasen nach der Blutgrätsche, es gab keine Rudelbildung, die Unpartiische (Schiedsrichterin) wurde Respektiert. Alles in allem eine solide Veranstaltung und ich werde mich hier mal nach Frauenfussballspielen umsehen. Auf diese AndiMöller Heulerei und das ewige Genörgel habe ich, nachdem ich gesehen habe, es geht auch anders, auch wenn es zur Sache ging, keine Lust mehr.

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