Streik, der niemand stört?

Wenig belebter Bahnhof in Köln
Moramaso, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Jetzt müssen wieder die unschuldigen Fahrgäste büßen! Der Streik trifft sie. Sollte man nicht so streiken, dass niemand gestört wird?

Die Bahn streikt demnächst. Besser gesagt die GDL, weswegen die Bahn nicht fährt. Und das über Tage. Tut sie sonst übrigens auch recht häufig nicht. Fahrgäste sind außer sich – wobei, sie sind dieser Tage ja das gerade nicht: Fahrgäste. Sie wären es gerne. Die ersten mosern schon, weil immer sie alles ausbaden müssten. Ist Streik noch zeitgemäß? Und kann man ihn moralisch vertreten, wenn er doch unschuldige Opfer in Mitleidenschaft zieht? Solche Fragen spuken in den Köpfen umher.

Warum denn nicht nachts streiken? Vor Jahren hat man diesen Vorschlag schon gemacht. Ohne dabei zu lachen, ohne mit der Wimper zu zucken. Zeitungen warfen dies in die Runde. Neben den Wohnsitz des GDL-Vorsitzenden Weselsky, thematisierte man auch den Nachtstreik – es gab sogar einige Streiknächte. In voller und wohl absichtlicher Verkennung dessen, wie so ein Streik funktioniert: Er zieht Opfer in Mitleidenschaft – denn ihr Opfer soll den Gegner im Arbeitskampf auf die Spur bringen. Das mag nicht bequem sein für die Betroffenen, aber hier stimmt das Theorem von der Alternativlosigkeit: Andere Wege gibt es nicht.

Nicht der Streikende ist erpresserisch, sondern die Situation, in der er streikt

Es ist nicht wenig erstaunlich, dass wir nun seit einigen Dekaden in einem Ära der Alternativlosigkeit darben, weswegen ein anderer wirtschaftspolitischer Kurs angeblich gar nicht möglich sei – gleichzeitig leugnet man aber die Alternativlosigkeit des Arbeitskampfes. Hier werden die Alternativlosen plötzlich ganz betriebsam in der Findung alternativer Vorschläge. Die taugen freilich nichts. Sollen auch nichts taugen. Man präsentiert sie als Ersatzlösung, die ja gerade den Arbeitskampf ausblenden und zahm machen sollen.

Fahrgäste verärgern, Kundschaft sitzen lassen, ja Kollateralschäden in Kauf nehmen: Das ist aber das Konzept des Streikes. Man will auffallen, den Wegfall einer Tätigkeit bemerkbar machen. Die Leute sollen ja gerade Notiz davon nehmen, dass die Verrichtung einer Arbeit eben keine Selbstverständlichkeit ist. Und das geht nur, wenn man seinen Dienst einstellt, die Kundschaft auflaufen lässt. Das ist unangenehm, aber auch unumgänglich. Wer Ideen ins Auge fasst, wie jene nachts zu streiken, der gibt diesen wesentlichen Aspekt des Streikkonzepts auf und kann es genauso gut gleich sein lassen.

Sozialverträgliche Streiks sind keine Streiks. Sie sind eine Simulation, denn sie machen sich nicht bemerkbar. In einer solchen Situation gibt es zwei Seiten, gegen die sich die Wut richten kann: Entweder gegen die im Arbeitskampf Befindlichen – wie es die Medien meistens tun, indem sie nur Stimmen empörter Kunden präsentieren – oder die Arbeitgeberseite, die sich einer Verhandlungsgrundlage verweigert. Denn nicht der Streikende ist erpresserisch, sondern die Situation, in der er streikt. Was heißen will: Die vermeintlich als Erpressung empfundenen Streikkonsequenzen sind das Produkt einer Konstellation, in der Menschen zur Arbeitsniederlegung gezwungen werden.

Freiheit und andere Unfreiheiten

Viel wird über Freiheit gesprochen dieser Tage. Meistens sonntags, häufig wenn es um den außenpolitischen Kurs dieses Landes geht. Dann heißt es, wir sollten die Werte der Freiheit verteidigen. Sich aber die Freiheit zu nehmen, für seine Rechte einzustehen, die eigene Arbeit als besonders wertvoll zu erachten: Das führt dann doch zu weit. Hier endet die Freiheit, die sie meinen. Das heißt nicht, dass sie sie unterbinden würden. Aber sie soll bitte etwas für das Papier bleiben. Nichts, was ausgelebt werden müsste.

Wir haben in diesem System ja fast alle Freiheiten, wir sollen sie uns nur nicht (oder immer weniger) nehmen. Verzicht als Freiheit. Bis vor einigen Jahren hatten wir einen Bundespräsidenten, der sich diesen Themenkomplex zum Grundelement seiner Amtszeit machte: Joachim Gauck. Er nannte diese Freiheit, die es gibt, auf die man aber bitte verzichten sollte, »Freiheit in Verantwortung« – man sollte demnach also verantwortlich mit seinen Freiheiten umgehen. Was bedeutete, dass man sie nicht immer frei nutzen sollte. Sein Amtsnachfolger hat die Rhetorik dieses seltsamen Freiheitspräsidenten übernommen. Freiheit bedeutet in diesem Kontext immer Unterordnung, Untertanengeist und weiterarbeiten und nicht motzen.

Natürlich kann man also streiken, aber wenn man sich diese Freiheit nimmt, erfährt man keine politische Unterstützung, weil man ein demokratisches Grundrecht gebraucht, sondern vernimmt Kritik und Parteilichkeit. Und das, obgleich man uns dauernd erklärt, wie wichtig es sei, demokratische Grundrechte vor denen zu verteidigen, die nach ihnen trachten: Als Kampf gegen Rechts verkauft man das den Bürgern. Wer aber so frei ist, Grundrechte in Anspruch zu nehmen, wird nicht als Demokrat besehen, sondern als Erpresser, als jemand, der dem Land schadet. Gegen solche ist jeder Shitstorm plötzlich gerechtfertigt. Dieselben, die das forcieren, nennen solche Vorgehensweisen in einem anderen Kontext schon mal »AfD-Methoden«.

Der Streikende: Ein persönlicher Intimfeind

Der freie Markt, er bietet Chancen für alle, haben sie gesagt. Und ihn dann forciert, wo immer es ging. Es sei denn, Krisen standen an, dann weinten die Spielgesellen des freien Marktes, sie seien doch zu groß, um ungebremst fallen zu müssen – helft uns bitte! Unternehmen zogen ins Ausland, hier Gewinn abwerfende Unternehmen verrechnen ihre ausländischen Verluste vor dem Fiskus, sparen sich so die Steuerlast: Die Globalisierung, der vollkommen freie Markt, eine Party, ein Casino, ein Koksrausch vom Feinsten.

Freie Subjekte auf diesem Markt hatten nie dieselben Chancen. Sie mussten sich unterordnen, etwa einer Arbeitslosenverfolgung, die das Wörtchen »Nein« nicht akzeptiert, die fordert und fordert. Und Menschen, die mal eben nicht arbeiten, sondern für bessere Arbeitsbedingungen einstehen und genau das sagen, Nein! nämlich, sind plötzlich gar nicht so angesehen wie die Global Player und ihre grenzenlose Freiheit. Da beklagt man sich lang und breit, dass man nicht zur Arbeit käme, weil der Zug nicht kommt.

Gottfried Benn prägte das Bonmot: »Dumm sein und Arbeit haben: das ist das Glück.« Vielleicht meinte er genau diese Haltung. Dieses abgestumpfte Fokussieren auf den eigenen Trott und dessen Unterbrechung oder Störung man als unangenehm, ja als Angriff auf sich selbst wahrnimmt. Hauptsache, ich komme zur Arbeit! Hauptsache, ich werde nicht gestört. Der Streikende als persönlicher Intimfeind. Dass er gerade in diesen Zeiten nicht nur für sich einsteht, sondern für alle, die von ihrer Hände Arbeit leben müssen, kommt da nicht vor. Dumm sein eben – ein Glücksfall für manchen, ein ganz großes Pech für uns als Gesellschaft.

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43 Kommentare

  1. @”Fahrgäste sind außer sich”

    Die Fahrgäste verzichten selbstverständlich auf bessere Arbeitsbedingungen , verzichten großzügig auf mehr Gehalt, sind sogar bereit auf Gehalt zu verzichten, fordern Abschaffung der Gewerkschaften und Tarifverträge, niedrigere Renten höhere Lebensmittelpreise und höhere Mieten?????

    All das um zum Sklavendienst zu kommen und sich ihren Herren anzudienen???

  2. Im ÖPNV wird der Reisende/Fahrgast/Kunde eher als Problem gesehen. Ob die nun Streiken, oder normal Betrieb, Klimawandel(Winter) abgerockte Signalanlagen und ein Schienennetz daß bis es Kaputtgefahren ist, ersetzt wird.

    Die Ausnahme ist der Normalfall! Ein Streik fällt da garantiert nicht mehr auf, wenn nicht alle gegen die GDL hetzen würden.

  3. Streiks sind immer dann unangenehm, wenn es Leute tun, die in der Gesellschaft wirklich gebraucht werden. Angenehmer wäre es, wenn Politiker streiken. Ein streikendes Kabinett, dem sich das Bundespräsidium solidarisch anschließen würde, würde im Volk sicher Anklang finden. Blöd, dass immer die Falschen streiken.

  4. In dieser Polemik blendet der Autor doch einige wichtige Punkte aus:

    Selbst ein befreundetet Lokführer meint, dass es bei den Bahn-Streiks zu einem großen Anteil um den Konkurrenzkampf von EVG und GDL geht. Jede hat Angst, Mitglieder an die andere zu verlieren, wenn sie sich öffentlich nicht als härter als die andere darstellt.

    Ich sehe die Abspaltungen der unverzichtbarsten Berufsgruppen mit eigenen Gewerkschaften von den “nicht systemrelvanten” Berufsgruppen als eine Aufkündigung der Solidarität der Beschäftigten untereinander. Es fing an, dass die Piloten auf Grund ihrer Machtposition bessere Abschlüsse herausschlagen wollten als das übrige Airline-Personal ohne die der Flieger notfalls trotzdem abheben kann und sich in der Gewerkschaft Cockpit separierten. Die Lokführer folgten mit der GDL. Eigentlich war die Idee ursprünglich, dass sich alle Arbeiter einer Branche zusammenschließen, um die Arbeitsbedingungen ALLER Arbeitnehmer in der eigenen Branche zu verbessern. Das hieß auch, dass die Arbeitnehmer in Machtpositionen wie Piloten und Lokführer ihre Macht auch für die anderen Berufsgruppen in der Branche mit einsetzten. Es ist eine Frucht des neoliberalen Denkens, dass Arbeitnehmer in privilegierten Positionen lieber nur noch für sich selbst kämpfen und nicht mehr für die Kollegen in unterprivilegierten Positionen mit eintreten.

    Mein zweiter Punkt: Streiks in der öffentlichen Infrastruktur sind anders zu bewerten als Streiks in Produktions- und Dienstleistungsbetrieben. Wenn der Autor findet, dass Streiks durchaus auch der Bevölkerung weh tun sollen, wäre er dann auch bereit, für drei Tage auf Wasser oder Strom zu verzichten, wenn die Arbeitnehmer bei den Wasserwerken oder in Kraftwerken nach der gleichen Strategie streiken wie die GDL und EVG? Arbeitnehmer in der öffentlichen Infrastruktur haben eine gewisse Verantwortung gegenüber der Bevölkerung. Auch Ärzte haben nie in einer Form gestreikt, dass Notfälle nicht mehr behandelt würden. Beim Bahnstreik 2015 der GDL ist immerhin noch ca. jede zweite Bahn gefahren. Selber war ich damals während der Streiks unterwegs und mam kam immerhin noch von A nach B, wenn auch umständlicher. Auch der damalige Streik hat Druck auf den Arbeitgeber erzeugt, man muss die Bevölkerung also nicht so in Geiselhaft nehmen wie aktuell, nur um im Konkurrenzkampf der Gewerkschaften in einem Betrieb nicht Mitglieder an die andere Gewerkschaft zu verlieren.

    Noch abschließend: Früher hat man aus genau den genannten Gründen Mitarbeiter in der öffentlichen Infrastruktur verbeamtet, weil diese nicht streiken durften. Eine Rückkehr zu diesem Prinzip scheint mir der vielversprechendste Ansatz.

    1. Ja, aber freie Konkurrenz ist doch das Wachstum bescherende Herz des Kapitalismus.

      Dass die Lokführer ihre eigene Gewerkschaft haben, ist nur vernünftig.

      Wer Kuschelgesellschaft und “Wir denken an alle” will, muss in den Sozialismus. Da haben alle quasi Beamtenstatus.

    2. Die EVG ist ein Sauhaufen!

      Ich erinnere nur an die Zeit, als die noch “Transnet” hieß, und unter ihrem Chef Hansen Mini-Abschlüsse unter Inflationsrate mit der DB “verhandelte”, wofür dieser dann mit einem Vorstandsposten belohnt wurde, der ihm im ersten halben Jahr eine halbe Million Euro einbrachte, im zweiten nochmal soviel und dann, da er krankheitsbedingt abtrat, eine Abfindung von 2,3 Millionen.
      Nun, wenigstens ein Gewerkschaftler, der ausgesorgt hat! Die anderen 300.000 Mitarbeiter müssen halt schauen, wo sie bleiben.

      Das hat viele Eisenbahner, die keine Lokführer sind, damals wütend gemacht, weswegen sie zur GDL übertraten. Die Bahn weigerte sich aber, mit der GDL über diese Mitglieder und deren Verträge zu verhandeln, obwohl Gerichte mehrmals bestätigten, daß sie dazu verpflichtet sei. Um dieses Unrecht zu “Recht” zu machen, beschloss dann die Regierung das “Tarifeinheitsgesetz”, nach dem in einem Betrieb nur noch ein Tarifvertrag gelten dürfe. Bei der Bahn also die Dumpingverträge der Transnet. Immerhin mit der Einschränkung, daß, wie bei der Bahn oder den Fluggesellschaften, in dem Fall, daß eine Berufsgruppe mehrheitlich bei einer zweiten Gewerkschaft organisiert sei, dann auch deren Verträge gelten. Aber eben auch nur für diese Berufsgruppen.

      Und nur deshalb ist die GDL seitdem gezwungen, zusätzliche Mitglieder zu werben.

      Apropos Tarifeinheitsgesetz: Wie nennt man das eigentlich, wenn ein Arbeitgeber – der Staat nämlich als Eigentümer der Bahn AG – einfach mal ein Gesetz ändert oder extra schafft, um berechtigte Forderungen von “Arbeitnehmern” ihm gegenüber gegenstandslos zu machen und Lohn zu sparen? Interessenkonflikt? Korruption? Bananenrepublik?

      1. Volle Zustimmung, das scheint mir ebenfalls ein wichtiger Aspekt der komplexen Gemengelage zu sein. Genauso wie man die GDL oder die EVG kritisch betrachten kann, könnte man sicherlich jetzt auch noch die Führung der Deutschen Bahn kritisch betrachten. Es ist halt nur nicht so Schwarz-Weiß, wie Herr Lapuente es geschrieben hat, sondern die Eliten versuchen mal miteinander, mal gegeneinander dafür zu sorgen, weiterhin oben mitzuspielen (die Gewrkschaftführer sehe ich als Teil der Eliten , auch Weselsky). Im Großen und Ganzen erleben wir denke ich seit der Finanzkrise 2008 Kämpfe der Privilegierten gegen die Unterprivilegierten aus Angst, in den gleichen Abgrund der Armut und Bedeutungslosigkeit gerissen zu werden.

        1. Richtig. Und die Bahn AG spielt ja weiterhin foul.
          Erst haben sie die Forderungen der GDL immer zurückgewiesen, dann, nachdem die Urabstimmung durch und die versprochene Weihnachtsruhe beendet war, kommen sie plötzlich mit einem neuen Angebot um die Ecke – und ziehen auch noch vor Gericht, um die Streiks verbieten zu lassen.

          Und ganz nebenbei kommt hier gerade das schwere Erbe Mehdorns wieder zum Tragen. Der hatte ja einst die Bahn zusammengeschrumpft, um sie für den Börsengang “fit” zu machen. Bei diesem sollten dann 50% der Bahn, die damals 200 Milliarden wert war, für erhoffte 5 bis 8 Milliarden an “Investoren” verschenkt werden. Das wurde damals nur wegen der Finanzkrise abgeblasen!
          Folge der rigorosen Sparmaßnahmen war damals auch ein massiver Rückgang der Ausbildung von Lokführern! Und jetzt, eine Generation später, fehlt was im Land an jeder Ecke?

          Überraschung: Lokführer!

          Nein!
          Doch!
          Oohh!

          Aber für unsere Medien ist nicht Mehdorn der Buhmann oder seine zahlreichen Nachfolger, auch kein Bundesverkehrsminister sondern die Lokführer, die GDL und ganz persönlich Weselski! Der letzte Gewerkschaftboss, der seine Aufgabe noch ernst nimmt.

          …und jetzt in den Ruhestand geht….

    3. Ich war in meinem (bundesdeutschen) Arbeitsleben immer aktiver Gewerkschafter, wenn auch nie im Apparat, was mir regelmäßig angetragen wurde. Ich schreibe das nur, um meine Position klarer zu bestimmen.
      Erst mal stimme ich dir sehr entschieden zu, wenn du die Bedeutung von Solidarität und Zusammenhalt ansprichst. Es würde für alle gemeinsam viel mehr rauskommen, man könnte entschiedenere und durchaus wirksame gemeinsame Kampfmaßnahmen initiieren, die den Arbeitgeber härter träfen und die Streikkasse entlasten würden.
      Aber es war wirklich nicht die GDL, die dies aufgekündigt hatte. Das waren die D G B-Gewerkschaften, die im Zuge der Privatisierung dem Dienstherren in den Arsch krochen. Der Höhepunkt war wohl, als die Bahn eine “Beschäftigungsgesellschaft ” für Lokführer gründen wollte, in der die zu Dumpinglöhnen schaffen sollten. Der DGB hatte mit seiner Gewerkschaft – die wechseln andauernd den Namen , damals wohl Transnet? – bereits zugestimmt. Die GDL erklärte, dass es Sache der Bahn wäre, wie sie ihre Beschäftigung regeln. Darüber habe nicht eine Gewerkschaft zu befinden. Aber selbstverständlich werde die GDL auch diese Kollegen vertreten und eine ungleiche Bezahlung nicht dulden. Damit war das im Wesentlichen erledigt. Das aber hätte der DGB auch schon machen können und müssen. Und damit ist das eigentliche Problem schon beschrieben. Wurde der Gewerkschaftsbronze Hansen später nicht sogar Personalvorstand der Bahn?

      Auch wenn du du schreibst, dass grundlegende Elemente unseres Lebens einfach funktionieren müssen, hast du vollkommen Recht. Dafür hatte es dereinst Beamte. Und bei aller Liebe und der Reproduktion aller denkbaren Beamtenwitze – das funktionierte verdammt gut. Die Bundesbahn, die ich 1990 kennenlernte, als ich Bundesbürger wurde, hatte nichts mit dem Sauhaufen 2024 zu tun. Selbst der dem neoliberalen Irrsinn verfallene Prof. Sinn, Ex_Chef des IFO-Institutes, erklärt und begründet mittlerweile, dass es ein Fehler war, die Bahn von Beamten zu befreien.

  5. Ja, ja, wir dummen Kunden sollen uns also noch freuen, wenn wir nicht zur Arbeit kommen…
    Denn wir sind ja schuld…
    Ach nein, doch nicht, die Bahn AG verarscht uns, die Weselsky/GDL profiliert sich gegenüber der EVG auf unsere Kosten, die Preise kennen nur eine Richtung (Ausnahme 9€- und DE-Ticket, das eine ist schon abgeschafft, das andere steht auf der Kippe) und die Leistung sinkt quasi täglich.

    Aber das ist noch nicht die größte Last für uns undankbaren Kunden:
    Dass die GDL für mehr Geld streikt… geschenkt, hab ich kein Problem mit (auch wenn Bahner im Schichtdienst nun wirklich nicht am Hungertuch nagen). Vor allen Dingen, weil sich in dem Punkt Bahn und GDL bereits einigen konnten…
    Allerdings wird die 35-Stunden-Woche (statt 38… also ungefähr 10% weniger Fahrstunden pro Zugführer) wohl dafür sorgen, dass noch mehr Züge ausfallen wegen “kurzfristigem Personalmangel” oder gleich ganz vom Fahrplan gestrichen werden.
    Was für mich heißt, dass ich es vermutlich knicken kann, halbwegs verlässlich mit dem Zug zur Arbeit zu kommen, mir also nach 20 Jahren wieder ein Auto zulegen muss…
    Da hält sich meine Begeisterung und Dankbarkeit schon stark in Grenzen.

    Ach ja, was die “Alternativlosigkeit” dieser Streikform angeht:
    In z.B. Japan wird bei Bahnstreiks nicht der Fahrbetrieb bestreikt, sondern Fahrkartenverkaufsstellen und die Kontrolleure legen die Arbeit nieder…
    Damit kommen die Leute zur Arbeit (die ja nichts dafür können, wenn der Bahnanbieter scheiße ist und nichts daran ändern können), das Bahnunternehmen hat aber weniger/keinen Umsatz.
    Hier in DE profitiert die Bahn evtl. sogar von Streiks im Nahverkehr, weil an diesen Tagen keine Verspätungsvertragsstrafen an die Länder wegen “höherer Gewalt” anfallen…

    Ja, ja, ich weiß, ich bin der Arsch, weil ich den Streik und die GDL kritisch sehe, aber die GDL profiliert sich auf Kundens Kosten, die Bahn behandelt uns wie den letzten Arsch und die Kontrolleure (Schaffner sind das nicht mehr, die können einem nicht mal die Uhrzeit sagen, geschweige denn, ob der Anschluss klappt…) sind auch keine Ausgeburt der Höflichkeit (oder auch nur nützlich).
    Als Arbeitnehmer darf ich sowieso jeden Schwachsinn finanzieren und noch ein paar Mrd für die Bahn, damit der Laden nicht endgültig kollabiert…
    Aber hey, so langsam gewöhne ich mich daran, für Gott, jedermann und Weselsky der Fußabtreter zu sein…

    1. Ich nehme mal an, dass der Autor des obigen Artikels nicht zwingend auf die Bahn angewiesen ist, um seinen Beruf ausüben zu können. Da ist es immer einfach zu fordern, es könne der Bevölkerung (also den anderen, nicht dem Autor de Lapuente) auch mal weh tun.

    2. Meine Solidarität für die Streikenden Eisenbahner, die Protestierenden Bauern, Landwirte, Trucker/LKW-Fahrer und alle Anderen die den Laden am laufen halten.

      Ich selbst arbeite 24/7 in 12h Schichten und eine 35 Stundenwoche ist auch mein Ziel.

    3. Lokführer können aber nicht die Fahrkartenschalter bestreiken. Und Solidaritätsstreiks sind in Deutschland ebenso verboten, wie Streiks zur Durchsetzung politischer Forderungen, Generalstreiks etwa. Praktisch, nicht?

    4. Das mit dem Fahrkartenverkauf gefällt mir gut, Müsste aber mehr im Bereich der Kontrolle von Tickets gemacht werden. Sonst funktioniert das nicht. Tickets kann man auch ohne Menschen kaufen. Im Gegenteil- es ist schwer, eine von einem Menschen zu bekommen. Aber solche Kampfformen stehen einer Gewerkschaft, die nur Lokführer organisiert, nicht zu Verfügung. Eine ernsthafte Schwäche, wie ich finde. Man Könnte das auch koordinieren. Einen Tag Streik der Lokführer, dann der Zugbegleiter, dann Stellwerke oder was weiß ich. So ist es leicht zu bewerkstellen, den Zorn von Reisenden, die auch ohne Streik von der Bahn an den Rand des Wahnsinns getrieben werden, auf die GDL zu fokussieren.

  6. Offenbar sind sich ALLE einig wenn es gegen die berechtigten Interessen der Arbeitnehmer geht.
    Ein Streik muss weh tun sonst wirkt er nicht.

    Das Gelaber von Respekt und solidarischer Gesellschaft zeigt nur, es gibt weder Respekt noch Solidarität. Das kann man nicht nur einigen Kommentaren hier, sondern auch den MS-Medien entnehmen.

    Die Massenverblödung scheint zu wirken und schlägt sich auch hier nieder.

    Solidaritätsbekundungen??? Fehlanzeige!!!

    1. GDL und Solidarität…
      Die GDL vertritt hauptsächlich die Zugführer, ohne die nichts fährt.
      Die EVG vertritt hauptsächlich Zugbegleiter, Techniker usw, ohne die der Betrieb zumindest für eine Woche doch aufrecht erhalten werden kann.
      Und die GDL hat nichts besseres zu tun, als permanent gegen die EVG anzugehen, statt sich mit denen zu solidarisieren und zusammenarbeiten und die größere “Streikmacht” der GDL zu teilen.
      Zu meinen Gewerkschaftszeiten war es normal, dass andere Gewerkschaften usw. sich solidarisch zu den Streikenden zeigten und min, eine kleine Delegation schickten… und es wäre undenkbar gewesen, dass eine Gewerkschaft sich auf Kosten der anderen profiliert bzw. versucht, die platt zu machen.

      Ich empfinde die GDL als eine ziemlich unsolidarische Gewerkschaft.

    2. Ob Bauern, Piloten oder Zugführer, sie können streiken, weil sie die Macht dazu haben
      ihre Positionen durchzudrücken. Sie vertreten aber nicht die Allgemeinheit. Weder die
      Rentner noch die vielen Angestellten und Arbeiter, die oft für wenig Lohn viel arbeiten
      müssen. Ich fahre nicht mit der Bahn. Kann ich mir finanziel gar nicht erlauben. Wiso soll
      ich mit den Zugführern solidarität zeigen. Was tun die für mich als Rentner mit knapp
      1000,- € im Monat? Was tun die für die Verkäuferin mit 45 Stunden Woche und knapp
      über 1000,-€ im Monat? Was tun die für die “kleinen Leute” die demnächst durch das
      neue Energiegesetz in den Ruin getrieben werden?

      1. @Träumer
        “Was tun die für mich als Rentner mit knapp 1000,- € im Monat”

        Vermutlich haben Sie zu wenig gestreikt und haben sich nie für Ihre noch für die Interessen ihrer Kollegwn eingesetzt

        Warum sollten die Bahner sich für Ihre Interessen einsetzen für die Sie sich selbst nicht eingesetzt haben?

        Es geht den Bahnern auch um deren zukünftige Renten damit sie hinterher nicht so darstehen wie Sie selbst.

        Organisieren Sie sich mit anderen betroffenen Rentnern und protestieren oder demonstrieren Sie anstatt weiter zu träumen und Leute die sich für ihre eigenen Interessen einsetzen Hand in Hand mit dem Kapital voller Neid zu bekämpfen.

        Leute wie Sie wären vermutlich von den Kollegen mit dem “Goldenen Lenker” ausgezeichnet worden.

  7. Dass ein Streik von Aufmerksamkeit leben muss, liegt in der Natur der Sache. Ob allerdings die Aussage zutreffend ist
    ” Der Streikende als persönlicher Intimfeind. Dass er gerade in diesen Zeiten nicht nur für sich einsteht, sondern für alle, die von ihrer Hände Arbeit leben müssen, kommt da nicht vor.”
    mag bezweifelt werden.

    Doch worum geht es eigentlich genau?
    Wenn man davon ausgehen kann, dass Lokführer nicht wie im Wilden Westen auf Sicht und ohne Support oder technische Hilfe absolut eigenverantwortlich unterwegs sind, gibt es lt. GdL aktuell folgende Bezüge/38h: je nach Dienstalter und Erfahrungen pro Monat/brutto
    3750€ – 4666€ (inkl. aller Bezüge wie 13. Gehalt, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Zuschläge).
    Die Forderungen umfassen eine Senkung der Arbeitszeit auf 35h/Woche bei monatlich zusätzlichen 555€ und einer einmaligen, steuerfreien Inflationsprämie von 3000€. In Zahlen:
    4305€ – 5221€/Monat brutto

    LKW-Fahrer, die tatsächlich täglich eigenverantwortlich, bei widrigsten Bedingungen plus physischer Belastung unterwegs sein müssen, (von der permanenten Aufmerksamkeit im Verkehr ganz zu schweigen) erhalten brutto (Tarif Spedition, Logistik, Transportwesen) ca:
    Einstieg 2120€
    4-9 Jahre 2510€
    ab 10 Jahren 3110€.
    Nur mal so nebenbei zum Vergleich.

    Wenn also einige Gruppen im (gegönnten) Eigeninteresse mehr Gehalt/Lohn generieren möchten, wird lediglich die Preisspirale prächtig geschmiert, die eine Vielzahl anderer in weiteres finanzielles Chaos stürzt.
    Denn wichtig ist nicht die Höhe der Summe, die am Monatsende aufgerufen wird, sondern das, was definitiv zum Leben bleibt. Auf Symptome zu reagieren heilt längst NICHT die Erkrankung.

    Was die Wertigkeit der eigenen Arbeit anbetrifft: sie tendierte gen Null, wenn es nicht viele andere Berufsgruppen gäbe, die zuvor die Voraussetzungen dafür schafften.
    Und solange es keine “Mutti-Zettel”, ausgestellt durch die GdL, gibt, die Pendler bei ihren jeweiligen Arbeitgebern fürs zu-spät-Kommen oder Fernbleiben verbindlich entschuldigen, hindern die einen die anderen am Broterwerb bzw. der Sicherung des Arbeitsplatzes. Daher ist es sehr bedenklich, für die Sorgen der Letzteren kein Verständnis zu haben.

    Kenne im Übrigen weder Lokführer noch LKW-Fahrer, aber wer stets am lautesten trommelt, muss damit leben, wenn man genauer hinschaut. Und derer gibt es nun einige. Entsprechend dem Rotationsprinzip wären auch Piloten wieder fällig.

    1. Dafür, dass auch ein dressierter Affe (bzw. eine KI) eine Bahn fahren könnte, ist das doch schon jetzt ein vorzügliches Auskommen. Hingegen sind LKW-Fahrer vollkommen unterbezahlt, und die haben richtig Stress und (wirtschaftliche) Verantwortung. Das einzige, womit man diese im Vergleich hohen Gehälter bei der Bahn rechtfertigen könnte, ist die Verantwortung für Leib und Leben im Personenverkehr oder die hohe (wirtschaftliche) Verantwortung im Güterverkehr. Allerdings sollten hier auch automatische Systeme die großen Schnitzer unterbinden.

      phz

      1. Wenn ich die offiziellen Daten aus August 2023 übernehme, gab es inkl. aller (auch Leer-, Gefahrgutfahrten etc.) ein Aufkommen von 32,3Mio LKW- Fahrten in D.
        Bedeutet (bei einer Annahme von 20 Fahrttagen für August) ein tägliches Aufkommen von 1,615Mio LKW-Fahrten auf öffentlichen Straßen.
        Würde bei nur 1% Unfälle eine Quote von mindestens 16.150 Personen täglich mit Schaden an Leib und/oder Leben betreffen.
        Eine Rechtfertigung für die “vergleichsweise hohen Gehälter” unter den grundverschiedenen Voraussetzungen kann ich darum leider nicht erkennen.

        Aber nochmals: es geht weniger um die Höhe der Einkünfte, sondern um das, was übrig bleibt.
        Und sich einseitig aus der kritischen/ärmeren Masse durch weitere Lohnerhöhung zu “emanzipieren”, bedeutet im Umkehrschluss das weitere Öffnen der sozialen Schere und der K(r)ampf zwischen anderen Gruppen.
        Denn was bei einigen in der rechten Tasche landet, wird in der linken bei ALLEN plus Zugewinn herausgezogen.

        Und wenn man es konsequent weiterdenken möchte, dann “verdienten” vor Ärzten, Lokführern, LKW Fahrern, Pflegekräften, Bauern etc. z.B. Arbeiter in (!!Toiletten!!😉)Papierfabriken oder Mitarbeiter in Wasserwerken und Müllabfuhr am meisten. Die wiederum wären aber von Lohnsklaven in der Textilindustrie abhängig usw …

  8. An Ihren Ueberlegungen ist schon was dran.

    Dieses “neoliberale Denken” sollte man jedoch eher als kapitalistisches Denken bezeichnen, und damit vom Kopf auf die Füße stellen und für Klarheit sorgen.

    Denn nach Ihrer Logik ist der “Neoliberalismus” schlecht und die vorangehenden Spielartern des Kapitalismus sind gut.
    Das ist ein logischer und sachlicher Fehler. Denn das Kapital muss ja systembedingt immer weiter wachsen (Stillstand ist Rückschritt). Gelingt dies nicht, entstehen Verwertungskrisen. Um diese Verwertungskrisen zu bewältigen, hat sich der Kapitalismus das erfunden und geschaffen, was gemeinhin als Neoliberalismus bezeichnet wird.
    Es musste zwangsläufig, unausweichlich so kommen und es wird noch und immer schlimmer kommen, weil das Kapital immer weiter wachsen muss.
    So lange Kapitalismus herrscht, ist die Sache ausweglos.

    Nochmal zurück zu engeren Thema: Dass Sie nun ausgerechnt den (Sparten-)Gewerkschaften “neoliberales Denken” vorwerfen, halte ich für einen Fehler. Ihre Diagnose trifft zwar unbestritten zu. Aber der Fokus wird dadurch verschoben von der Ursache hin zur von Ihnen kritisierten Wirkung.

    Ursache, Umsetzer und Garanten des Neoliberalismus und jedes anderen Kapitalismus sind die Staaten und ihre Regierungen, also die ideellen Gesamtkapitalisten. Und die haben seit einigen Jahrzehnten nicht nur mit der “neoliberalen” Doktrin die Hirne aller ihrer Insassen gewaschen, sondern mit ihrer “neoliberalen”, z. B. deregulierenden Gesetzgebung auch gewalltätig dafür gesorgt, dass alle Insassen strukturell dazu gezwungen sind, sich ebenfalls demgemäß zu verhalten, was Sie “neoliberal” nennen. Und natürlich auch so zu denken.

    Wie könnte sich dann eine (mächtige) Spartengewerkschaft anders verhalten? Und es machen übrigens alle Gewerkschaften so, nicht nur die Spartengewerkschaften. Wenn irgendwo z. B. eine Auto- oder Maschinenfabrik geschlossen werden soll, verfallen die Gewerkschaften ganz schnell in Standortnationalismus. Da soll der kommandierende Kapitalist lieber sein Werk in Polen schließen und dort als die Filiale in Wanne-Eickel. “Lieber die Kollegen in Polen aufs Pflaster werfen als uns” ist da die Denke.

    Gewerkschaften, so wie sie organisiert sind und aufgrund der Ziele, denen sie aktuell dienen, sind Teil des Systems und damit Teil des Problems.

    Es ist schon richtig, was Sie schreiben, dass die GDL sich hauptsächlich um die “systemrelevantere” Berufsgruppe der Lokführer kümmert und nicht ums übrige Bahnpersonal.
    Aber dass das aus eigenem Antrieb der GDL passiert wäre, wie Sie behaupten, trifft überhaupt nicht zu.

    Wissen Sie denn nicht, dass die GDL auch die anderen Bahnbeschäftigten vertreten wollte, die von der EVG bzw. der gelben, arbeitgeberfreundlichen Transnet etc. als Vorgänger dem Bahnvorstand zum Fraß vorgeworfen wurden?

    Haben Sie vergessen, wie das System, damals in Gestalt von Anahles, vor einigen Jahren versucht hat, die GDL und deren Ausdehnung auf andere Bahnbeschäftigte als wirksame Arbeitnehmervertretung kaputt zu machen per Gesetz, was ja – trotz allem – auch einigermaßen gelungen ist?

    Wissen Sie nicht, dass der Bahnvorstand die GDL gerade weiter schwächen will, indem er der GDL gerichtlich verbieten lassen will, Beschäftigte in Leiharbeit zu vertreten, die die GDL vertreten will. Dass die GDL sich auf ihr “Kerngeschäft” konzentriert, ist also beileibe nicht nur der GDL geschuldet, sondern hauptsächlich Wirkung der Anstrengung der Gegenseite.

    Eine Berufsgruppe gegen die andere ausspielen, ist also der von den Herrschenden gesetzte und gewollte Zweck. Und die Herrschenden und ihre Kapitalew sind der Nutznießer davon.

    Wie gesagt: An dem, was Sie sagen, ist schon was dran und streikbedingte zusätzliche Verzögerungen im Betriebsablauf könnten ungemütlich werden.

    Jedoch wäre zu empfehlen, den Aerger auf den Urheber zu richten, also das System und seinen Kapitalismus (nicht nur in seiner neoliberalen Spielart).

    Indem Sie nun der GDL vorwerfen, sie würde sich nur um ihre egoistischen Belange kümmern und nicht an das große Ganze denken, argumentieren Sie nicht analytisch, sondern moralisch. Sie übernehmen damit sogar die Taking Points und Parolen des Bahnvorstandes, der Springer-Lügenpresse, der Politikan also der Herrschenden, die sich damit moralisch ins Recht setzen und dadurch die GDL kaputt machen wollen.

    Indem Sie so argumentieren, leisten Sie dem, was Sie als “Neoliberalismus” kritisieren, also letztlich weiter Vorschub. Und das war glaub ich nicht ihre Absicht.

    1. @Pfarrer Nolte
      Trotz des letzten Gefechtes stimme ich Ihnen bei folgenden Punkten zu.

      “Es ist schon richtig, was Sie schreiben, dass die GDL sich hauptsächlich um die „systemrelevantere“ Berufsgruppe der Lokführer kümmert und nicht ums übrige Bahnpersonal.
      Aber dass das aus eigenem Antrieb der GDL passiert wäre, wie Sie behaupten, trifft überhaupt nicht zu.

      Wissen Sie denn nicht, dass die GDL auch die anderen Bahnbeschäftigten vertreten wollte, die von der EVG bzw. der gelben, arbeitgeberfreundlichen Transnet etc. als Vorgänger dem Bahnvorstand zum Fraß vorgeworfen wurden?

      Haben Sie vergessen, wie das System, damals in Gestalt von Anahles, vor einigen Jahren versucht hat, die GDL und deren Ausdehnung auf andere Bahnbeschäftigte als wirksame Arbeitnehmervertretung kaputt zu machen per Gesetz, was ja – trotz allem – auch einigermaßen gelungen ist?

      Wissen Sie nicht, dass der Bahnvorstand die GDL gerade weiter schwächen will, indem er der GDL gerichtlich verbieten lassen will, Beschäftigte in Leiharbeit zu vertreten, die die GDL vertreten will. Dass die GDL sich auf ihr „Kerngeschäft“ konzentriert, ist also beileibe nicht nur der GDL geschuldet, sondern hauptsächlich Wirkung der Anstrengung der Gegenseite.

      Eine Berufsgruppe gegen die andere ausspielen, ist also der von den Herrschenden gesetzte und gewollte Zweck. Und die Herrschenden und ihre Kapitalew sind der Nutznießer davon.

      Wie gesagt: An dem, was Sie sagen, ist schon was dran und streikbedingte zusätzliche Verzögerungen im Betriebsablauf könnten ungemütlich werden.

      Jedoch wäre zu empfehlen, den Aerger auf den Urheber zu richten, also das System und seinen Kapitalismus (nicht nur in seiner neoliberalen Spielart).

      Indem Sie nun der GDL vorwerfen, sie würde sich nur um ihre egoistischen Belange kümmern und nicht an das große Ganze denken, argumentieren Sie nicht analytisch, sondern moralisch. Sie übernehmen damit sogar die Taking Points und Parolen des Bahnvorstandes, der Springer-Lügenpresse, der Politikan also der Herrschenden, die sich damit moralisch ins Recht setzen und dadurch die GDL kaputt machen wollen.!

  9. @Helmchen

    An Ihren Ueberlegungen ist schon was dran.

    Dieses “neoliberale Denken” sollte man jedoch eher als kapitalistisches Denken bezeichnen, und damit vom Kopf auf die Füße stellen und für Klarheit sorgen.

    Denn nach Ihrer Logik ist der “Neoliberalismus” schlecht und die vorangehenden Spielartern des Kapitalismus sind gut.
    Das ist ein logischer und sachlicher Fehler. Denn das Kapital muss ja systembedingt immer weiter wachsen (Stillstand ist Rückschritt). Gelingt dies nicht, entstehen Verwertungskrisen. Um diese Verwertungskrisen zu bewältigen, hat sich der Kapitalismus das erfunden und geschaffen, was gemeinhin als Neoliberalismus bezeichnet wird.
    Es musste zwangsläufig, unausweichlich so kommen und es wird noch und immer schlimmer kommen, weil das Kapital immer weiter wachsen muss.
    So lange Kapitalismus herrscht, ist die Sache ausweglos.

    Nochmal zurück zu engeren Thema: Dass Sie nun ausgerechnt den (Sparten-)Gewerkschaften “neoliberales Denken” vorwerfen, halte ich für einen Fehler. Ihre Diagnose trifft zwar unbestritten zu. Aber der Fokus wird dadurch verschoben von der Ursache hin zur von Ihnen kritisierten Wirkung.

    Ursache, Umsetzer und Garanten des Neoliberalismus und jedes anderen Kapitalismus sind die Staaten und ihre Regierungen, also die ideellen Gesamtkapitalisten. Und die haben seit einigen Jahrzehnten nicht nur mit der “neoliberalen” Doktrin die Hirne aller ihrer Insassen gewaschen, sondern mit ihrer “neoliberalen”, z. B. deregulierenden Gesetzgebung auch gewalltätig dafür gesorgt, dass alle Insassen strukturell dazu gezwungen sind, sich ebenfalls demgemäß zu verhalten, was Sie “neoliberal” nennen. Und natürlich auch so zu denken.

    Wie könnte sich dann eine (mächtige) Spartengewerkschaft anders verhalten? Und es machen übrigens alle Gewerkschaften so, nicht nur die Spartengewerkschaften. Wenn irgendwo z. B. eine Auto- oder Maschinenfabrik geschlossen werden soll, verfallen die Gewerkschaften ganz schnell in Standortnationalismus. Da soll der kommandierende Kapitalist lieber sein Werk in Polen schließen und dort als die Filiale in Wanne-Eickel. “Lieber die Kollegen in Polen aufs Pflaster werfen als uns” ist da die Denke.

    Gewerkschaften, so wie sie organisiert sind und aufgrund der Ziele, denen sie aktuell dienen, sind Teil des Systems und damit Teil des Problems.

    Es ist schon richtig, was Sie schreiben, dass die GDL sich hauptsächlich um die “systemrelevantere” Berufsgruppe der Lokführer kümmert und nicht ums übrige Bahnpersonal.
    Aber dass das aus eigenem Antrieb der GDL passiert wäre, wie Sie behaupten, trifft überhaupt nicht zu.

    Wissen Sie denn nicht, dass die GDL auch die anderen Bahnbeschäftigten vertreten wollte, die von der EVG bzw. der gelben, arbeitgeberfreundlichen Transnet etc. als Vorgänger dem Bahnvorstand zum Fraß vorgeworfen wurden?

    Haben Sie vergessen, wie das System, damals in Gestalt von Anahles, vor einigen Jahren versucht hat, die GDL und deren Ausdehnung auf andere Bahnbeschäftigte als wirksame Arbeitnehmervertretung kaputt zu machen per Gesetz, was ja – trotz allem – auch einigermaßen gelungen ist?

    Wissen Sie nicht, dass der Bahnvorstand die GDL gerade weiter schwächen will, indem er der GDL gerichtlich verbieten lassen will, Beschäftigte in Leiharbeit zu vertreten, die die GDL vertreten will. Dass die GDL sich auf ihr “Kerngeschäft” konzentriert, ist also beileibe nicht nur der GDL geschuldet, sondern hauptsächlich Wirkung der Anstrengung der Gegenseite.

    Eine Berufsgruppe gegen die andere ausspielen, ist also der von den Herrschenden gesetzte und gewollte Zweck. Und die Herrschenden und ihre Kapitalew sind der Nutznießer davon.

    Wie gesagt: An dem, was Sie sagen, ist schon was dran und streikbedingte zusätzliche Verzögerungen im Betriebsablauf könnten ungemütlich werden.

    Jedoch wäre zu empfehlen, den Aerger auf den Urheber zu richten, also das System und seinen Kapitalismus (nicht nur in seiner neoliberalen Spielart).

    Indem Sie nun der GDL vorwerfen, sie würde sich nur um ihre egoistischen Belange kümmern und nicht an das große Ganze denken, argumentieren Sie nicht analytisch, sondern moralisch. Sie übernehmen damit sogar die Taking Points und Parolen des Bahnvorstandes, der Springer-Lügenpresse, der Politikan also der Herrschenden, die sich damit moralisch ins Recht setzen und dadurch die GDL kaputt machen wollen.

    Indem Sie so argumentieren, leisten Sie dem, was Sie als “Neoliberalismus” kritisieren, also letztlich weiter Vorschub. Und das war glaub ich nicht ihre Absicht.

  10. Unsere Gesellschaften sind bekanntlich super solidarisch: Bei selbstverursachten Finanzkrisen schnallt man den Gürtel enger um die Bankster vor den Konsequenzen ihrer Gier zu retten. “Gesundheitsnotstand” bedeutet, Big Pharma mit Geld zu bewerfen, welches man, seinem eigenen Geschwafel zum Trotz, dem Gesundheitsystem vorenthält oder gar entzieht. Hier in der Schweiz ist es sogar solidarisch, wenn die”S”P mehr Kita-Plätze fordert, damit beim Pöbel beide Elternteile arbeiten gehen können.

    Und dann wundern sich viele Leute über die Resultate. Dabei heisst Profit über allem einfache nur dies; Profit über allem (Geld als auch Karriere).

    So auch bei der DB. Hier sind sogar die Angestellten untereinander solidarisch und haben sich in zwei konkurrierende Gewerkschaften aufgeteilt (GDL und die zahnlose EVG). Die Politik verweigert sich partout ihrer Verantwortung, ja mästet den schädlichen Wasserkopf (als auch sich selbst) aka Bahnvorstand sogar noch, während sie über alle mit ihnen unmöglichen Wenden schwafeln. Dabei sagt die Solidarität mit Mehdorn, der Warburg und der US-Hegemonie bereits alles, das behämmerte “virtue signaling”, das im starken Kontrast zu den Taten steht, wäre nicht Mal nötig.

    Daher mein Vorschlag zur Güte: Zeigt euch einmal mit denen solidarisch die den ganzen Laden noch am Laufen halten. Ob das jetzt der Bahner, die Pflegerin, Putzfrau oder Müllmann etc ist spielt keine Rolle. Man muss nicht gleich seinen Job riskieren, aber zb dem Chef mitzuteilen, dass man die nächsten Tage wegen dem destruktiven Management der DB und deren Sabotage des ÖV leider zu spät kommt, kostet nicht mehr als ein bisschen Courage. Je mehr Menschen klar wird das ÖV kein Luxus ist, desto grösser die Chance dass die DB am Ende doch nicht den Weg der britischen Bahn geht.

    1. Wo ist der geheime Schlüssel zum Verständnis folgender Vorschläge versteckt?!

      Einerseits die gewünschte Solidarisierung mit am Hungertuch nagenden Lokführern gegen den unwilligen und -sozialen Arbeitgeber.
      Andererseits der Vorschlag, von Arbeitgebern ein soziales Verständnis auf dessen Kosten zu erwarten, wenn man wegen der “Lohnkämpfe/Forderungen anderer”zu spät oder nicht auf Arbeit erscheint.

      Gibt es mittlerweile eine NEUE, lösbare ‘Quadratur des Kreises’?

      1. Ich erwarte von meinem Arbeitgeber kein Verständnis, ich kann sogar nachvollziehen das ihm das missfällt, ich erwarte bloss das er den Kern des Problems versteht.

        Denn wenn es so weitergeht mit der DB, dann werden die Arbeitgeber auch ohne Streiks auf denselben Kosten sitzen, wenn sie es nicht zum Problem ihrer Angestellten machen könnten (“Kauf dir halt ein Auto! “).

        Tun sie ja jetzt schon immer öfter, vonwegen Quadratur des Kreises.

    2. @Prime Evil
      “Daher mein Vorschlag zur Güte: Zeigt euch einmal mit denen solidarisch die den ganzen Laden noch am Laufen halten. Ob das jetzt der Bahner, die Pflegerin, Putzfrau oder Müllmann etc ist spielt keine Rolle. Man muss nicht gleich seinen Job riskieren, aber zb dem Chef mitzuteilen, dass man die nächsten Tage wegen dem destruktiven Management der DB und deren Sabotage des ÖV leider zu spät kommt, kostet nicht mehr als ein bisschen Courage. Je mehr Menschen klar wird das ÖV kein Luxus ist, desto grösser die Chance dass die DB am Ende doch nicht den Weg der britischen Bahn geht”

      Dem schließe ich mich gerne an.

  11. In voller und wohl absichtlicher Verkennung dessen, wie so ein Streik funktioniert: Er zieht Opfer in Mitleidenschaft – denn ihr Opfer soll den Gegner im Arbeitskampf auf die Spur bringen. Das mag nicht bequem sein für die Betroffenen, aber hier stimmt das Theorem von der Alternativlosigkeit: Andere Wege gibt es nicht.

    Also ne – ein Arbeitskampf richtet sich nicht gegen außenstehend “Opfer”, die mehr oder weniger zufällig auch davon betroffen sind – das sind Kollateralschäden. Ein Streik richtet sich gegen das Kapital, das Kapital soll geschädigt werden, dadurch dass die Produktion stillsteht, also die Gewinnmaschine/Geschäftemacherei, dadurch dass keine Ausbeutung durchs Kapital mehr stattfindet. Bei der Bahn stehen die Züge still. Es ist eine total schiefe Betrachtungsweise, dass der Kollateralschaden den ein Betroffener hat den “Gegner im Arbeitskampf” sprich das Kapital zur Raison bringen soll. Wie stellt sich Lapuente das vor. Sollen die Bahnvorstände aus Mitleid mit den zuhause gebliebenen Fahrgästen den Lohnforderungen nachgeben? Die Fahrgäste kümmert die Bahnmanager doch auch sonst einen Scheißdreck. Das einzige mit dem das Kapital Mitleid hat ist sein Profit.

    Fahrgäste verärgern, Kundschaft sitzen lassen, ja Kollateralschäden in Kauf nehmen: Das ist aber das Konzept des Streikes.

    Nein, ist es nicht!

    Man will auffallen, den Wegfall einer Tätigkeit bemerkbar machen. Die Leute sollen ja gerade Notiz davon nehmen, dass die Verrichtung einer Arbeit eben keine Selbstverständlichkeit ist. Und das geht nur, wenn man seinen Dienst einstellt, die Kundschaft auflaufen lässt. Das ist unangenehm, aber auch unumgänglich.

    Nein – nicht “die Leute” sollen Notiz nehmen, sondern das Bahnkapital! Das ist eine völlige Diskursverschiebung, die aus der Besprechung in den Medien herrührt. Die natürlich um die Streikenden zu blamieren, die Bahnkunden zu den Opfern machen. Um die geht es aber beim Streiken nicht. Die sind bloß das Druckmittel, damit dem Kapital bewusst wird, dass ohne Lohnarbeit kein Gewinn möglich ist, dass hier eine Abhängigkeit besteht. Diese Erkenntnis wollen die Medien nicht thematisieren, sondern unter den Tisch fallen lassen, denn das würde ja in Erinnerung rufen, dass hier ein Klassengegensatz besteht, den es angeblich ja gar nicht mehr gibt.

    Wer Ideen ins Auge fasst, wie jene nachts zu streiken, der gibt diesen wesentlichen Aspekt des Streikkonzepts auf und kann es genauso gut gleich sein lassen.

    “Einen wesentlichen Aspekt”? Lustig. Wer streikt nicht um das Kapital zu schädigen, indem es die Profitproduktion lahmlegt, sondern um sich die Nachtruhe zu rauben, ansonsten aber nicht weiter stört – der streikt n i c h t. Das ist nämlich dann kein Streik, sondern eine dämliche Bettelveranstaltung die sich an die Öffentlichkeit richtet und zur Kenntnisnahme auffordert und zwar ausgerechnet dadurch, dass man sich so schön brav und handzahm verhält. Und genau – der kann es in der Tat “genauso gut gleich sein lassen.”

    Fahrgäste verärgern, Kundschaft sitzen lassen, ja Kollateralschäden in Kauf nehmen: Das ist aber das Konzept des Streikes.

    Nein, das Konzept des Streiks ist es nicht der Bahnkundschaft auf den Geist zu gehen, sondern das Kapital zu schädigen und es dadurch daran zu erinnern, dass es auf die Dienst der Lohnabhängigen angewiesen ist, wenn es seine Profitproduktion betreiben will.

    Denn nicht der Streikende ist erpresserisch, sondern die Situation, in der er streikt.

    Welche “Situation” denn? Kann man das Kind nicht beim Namen nennen? Das K a p i t a l ist erpresserisch. Die zahlen einfach nicht mehr, wenn man eine höfliche Bitte vorbringt – die zahlen nur mehr, wenn sie m ü s s e n!

    Sich aber die Freiheit zu nehmen, für seine Rechte einzustehen, die eigene Arbeit als besonders wertvoll zu erachten:

    Das klingt ein bisschen so als sei das eigentliche Problem, dass die niedrigen Löhne quasi die wertvolle Arbeit des Arbeiters herabwürdigen, also nach einer Ehrabschneidung der Lohnarbeit. Die Arbeiter brauchen aber mehr Lohn, weil dieser nicht mehr zum Leben reicht und nicht weil die Arbeit nicht als wertvoll genug geschätzt wird.

  12. @Krim

    “Nein – nicht „die Leute“ sollen Notiz nehmen, sondern das Bahnkapital!”

    Nicht nur das Bahnkapital, sondern auch alle anderen unmittelbar oder mittelbar von der Schiene abhängigen Kapitale. Und das sind viele. Gerade das macht ja die besondere Schlagkraft und die “Systemrelevanz” der Lokführer aus.

    Und weil die so systemrelevant sind, setzt die Kapitalseite auch die widerwärgsten Mittel ein. Umgekehrt stimmt es also schon, die Kapitalseite einschließlich ihrer Agenten hier bei Overton tut alles, um für ihre Zwecke Fahrgäste und Schaulustige aufzuwiegeln und einzuspannen gegen Weselsky und so einen Keil zwischen verschiedene Gruppen von Lohnabhängigen zu treiben, die Erpressungsmacht des Kapitals also noch wirksamer zu machen.

    Bei vielen Fahrgästen, insbesondere solchen, die die Bahn aufgrund Ihrer eigenen Lohnabhängigkeit nutzt, findet die Kapitalseite damit leider, aber verständlicherweise Anklang, weil diese Lohnabhängigen, ja auch der Erpressungsmacht ihrer eigenen Kapitale ausgeliefert sind und insbesondere nach Jahrzehnten neoliberaler Zurichtung nicht mehr registrieren, dass sie sich mit dem Schießen gegen die GDL letztlich auch selbst weiter schädigen. Innerhalb des Kapitalismus ist das ein unlösbares Problem. Wenn diese Lohnabhängigen, die auf die Bahn angewiesen sind, sich mit der GDL solidarisieren, schädigen si sich sofort wegen Problemen mit ihrem Kapitalisten. Und wenn sie sich gegen die GDL wenden, schädigen sich sich mit einiger Verzögerung, spätestens bei ihrem nächsten eigenen Lohnkampf.

    “Das K a p i t a l ist erpresserisch. Die zahlen einfach nicht mehr, wenn man eine höfliche Bitte vorbringt”

    Ist schon richtig. Die Wurzel des Uebels ist aber nicht, dass erst die Kapitalseite erpresserisch ist und nicht mehr Lohn zahlt.
    Die Wurzel des Uebels ist das System der Lohnarbeit, die Leute ohne Privateigentum an Produktionsmitteln ganz ohne direkte Gewalt dazu zwingt, sich an einen Kapitalisten verkaufen zu müssen.

    Und dieses System der Lohnarbeit herrschen uns der bürgerliche, z. B. demokratische Staat und seine Funktionseliten auf, also der ideelle Gesamtkapitalist.

    1. “Nicht nur das Bahnkapital, sondern auch alle anderen unmittelbar oder mittelbar von der Schiene abhängigen Kapitale.”

      Ja gut. Das ist eine Besonderheit der Bahn, dass sie sich wenn nichts mehr geht, ganz allgemein auf das Geschäft auswirkt, wenn die Arbeiter nicht zur Arbeit kommen. Jedenfalls soll sich ein Streik erstmal schädigend auf das Kapital auswirken. Dass es irgendjemand auf die Nerven geht, ist dann nur die mediale Bebilderung davon. Es geht in erster Linie jedenfalls nicht darum, die Öffentlichkeit oder die Leute zu überzeugen oder den Streik ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Die mediale Aufarbeitung geschieht von ganz alleine.

      Die Wurzel des Übels ist aber nicht, dass erst die Kapitalseite erpresserisch ist und nicht mehr Lohn zahlt.

      Na ja. Die Kapitalseite ist eigentlich schon zuerst erpresserisch, indem sie das Ausquetschen der Arbeitskraft zum Dauerprogramm macht. Intensivierung der Arbeit, Ersetzung der Arbeit durch Automaten und Maschinen, Flexibilisierung und Verlängerung der Arbeitszeit, Verwandlung qualifizierter Arbeit in einfache Arbeit usw. Der Streik versucht das nur zu kompensieren.
      Im Moment ist es so, dass die Preissteigerungen den Wert der Arbeitskraft drücken, weil der Lohnabhängige die Reproduktion seiner Arbeitskraft mit weniger Lebensmittel hinkriegen muss, wenn diese teurer werden. Die Wurzel des Übels ist aber in der Tat das System der Lohnarbeit, welches das Kapital erpresserisch ausnutzt. So ganz auf das unpersönliche System will ich es nicht schieben, denn es gibt das System nur wegen der Interessen in ihm, sprich in erster Linie wegen denjenigen, die den Nutzen davon haben.

      Und dieses System der Lohnarbeit herrschen uns der bürgerliche, z. B. demokratische Staat und seine Funktionseliten auf, also der ideelle Gesamtkapitalist.

      Einerseits ja. Andrerseits sind daran die Lohnabhängigen auch nicht so ganz unbeteiligt, wenn sie ständig denken der Staat sei eigentlich zu ihrem Nutzen da und müsse ihnen das Leben erleichtern oder dürfte es ihnen wenigstens nicht so schwer machen. Die Lohnabhängigen wollen eben Staatsbürger und Demokraten sein. Sie wollen eine Gewalt, die ihnen das Lohnarbeiterdasein ermöglicht. Deshalb gehen sie wählen und wählen üblicherweise das, was ihnen als das geringere Übel erscheint. Was sich im Moment als Herkulesaufgabe bzw. eigentlich als Sisyphosaufgabe entpuppt. Alle Parteien sind so übel, dass man von geringer eigentlich gar nicht mehr reden kann. Daher die überall zu hörende Klage: “Was kann man denn überhaupt noch wählen.” Leider drückt sich darin nicht die Absage an den Staat aus, sondern der Wunsch des Staatsbürgers wieder eine Partei zu finden, die den eigenen Interessen (als Lohnarbeiter) entgegenkommt. Will sagen: Die andere Seite des Aufherrschens durch den Staat ist, dass die Lohnabhängigen auch beherrscht werden wollen. Und darüber sollten sie mal nachdenken, statt immer neue Bittgesuche an die Politiker zu richten, nur um hinterher enttäuscht zu sein, dass ihnen nicht entsprochen wird. In dieser Republik sind sie eben bloß das Material, das den Reichtum für Staat und Kapital erzeugt und daher ist für sie nur Ausbeutung und Armut vorgesehen. Das sollten sie mal endlich zur Kenntnis nehmen, statt sich ewig auszumalen, dass der Staat eigentlich ihren Interessen dienlich sein müsste.

      1. Kann mal wieder zu 87% zustimmen. Genau, als Lohnarbeiter brauchen die Lohnabhängigen den ideellen Gesamtkapitalisten auch ganz objektiv.

        “So ganz auf das unpersönliche System will ich es nicht schieben”

        Gab mal jemanden, der behaupt hat, der Kapitalismus wäre ein “automatisches Subjekt”, jedenfalls in der Zirkulationssphäre. Aber das ist eine Spezialdebatte mit vielen unterschiedlichen Positionen.

        Genau, es gibt dieses System wegen denen, die Interesse an und Nutzen von der Ausbeutung haben. Dazu brauchen die aber unbedingt einen ideellen Gesamtkapitalisten als Gewaltapparat, der die gegensätzlichen, einander ausschließenden Interessen (Lohnarbeit – Kapital) unter einen Hut zwingt und mit seiner überlegenen Gewalt den Laden am Laufen hält.

        1. Die 13% Nichtzustimmung würden mich schon interessieren. Es ist doch so, dass beide Klassen Interesse an einem ideellen Gesamtkapitalisten haben. Beim Kapital, das den Nutzen hat, liegt das Interesse auf der Hand. Bei den Lohnabhängigen weniger. Die müssen entgegen ihrer praktischen Erfahrung darauf setzen Lohnarbeiter sein zu wollen. Die haben zwar auch gar keine andere Möglichkeit an ein Einkommen zu kommen, wenn sie kein Kapital haben. Trotzdem unterstellt ihr Interesse an einem ideellen Gesamtkapitalisten ein affirmatives Verhältnis zu ihrer Einkommensquelle Lohnarbeit. So ein affirmatives Verhältnis ist ja keineswegs selbstverständlich, wenn man diese Einkommensquelle vernünftig reflektiert oder wenn man sich einfach von seinen praktischen Erfahrungen leiten lässt. Beides tun sie nicht. Beide Klassen sind also am Staat interessiert. Die einen, weil sie einen Nutzen davon haben und die anderen, weil sie von der Vorstellung eines Nutzens nicht lassen wollen, obwohl sie ihn nicht haben. Was der Staat ihnen garantiert , ist ihre Funktion als Lohnarbeiter und das schließt ihren Schaden und nicht ihren Nutzen ein.

          1. Ja, genau, auch hier habe ich kaum Einwände.

            “Was der Staat ihnen garantiert , ist ihre Funktion als Lohnarbeiter und das schließt ihren Schaden und nicht ihren Nutzen ein.”

            Und

            “Beide Klassen sind also am Staat interessiert. Die einen, weil sie einen Nutzen davon haben und die anderen, weil sie von der Vorstellung eines Nutzens nicht lassen wollen, obwohl sie ihn nicht haben”

            Und

            “Die haben zwar auch gar keine andere Möglichkeit an ein Einkommen zu kommen”

            Doch, auch die Lohnabhängigen haben objektiv einen Nutzen vom ideellen Gesamtkapitalisten. Eben weil er ihnen ein Dasein in Lohnarbeit zwar keinesfalls garantiert (denn es ist einzig die Entscheidung des einzelnen Kapitalisten, ob er beschließt, dass sich die Ausbeutung der Ware Arbeitskraft für ihn rechnet), aber die Bedingungen schafft und durchsetzt, unter denen Lohnarbeit als ihre einzige Einkommensquelle überhaupt möglich ist.

            Mit “objektivem Interesse” der Lohnabhängigen am Staat meine ich nicht, dass dieses Interesse klug, logisch oder letztlich nützlich ist für die Lohnabhängigen (es ist bekanntlich sogar äußerst schädlich).
            Vielmehr ist der Ablauf so:

            1. Der kapitalistische Staat mit seiner überlegenen, unwidersprechlichen Gewalt schließt die Mehrheit der Menschen von allem Privateigentum an den Produktionsmitteln aus (man könnte da bis dorthin zurückgehen, wo die berüchtigte erste ursprüngliche Akkumulation stattgefunden hat, obwohl es damals noch keine kapitalistischen Staaten im heutigen Sinn gab)
            Das bedeutet, dass der kap. Staat die Menschen jeder Möglichkeit beraubt, sich reproduzieren zu können.

            2. in dieser Situation finden sich die Menschen jetzt vor. Als einzigen Ausweg, um sich reproduzieren zu können, lässt der kapitalistische Staat den Menschen die Lohnarbeit, dass sie sich bzw. ihre einzige Ware Arbeitskraft also an einen Privateigentümer/Kapitalisten verkaufen.

            3. und was diese Menschen, die Lohnabhängigen aufgrund der staatlichen Gewalt, die sie dazu zwingt, müssen, nämlich lohnarbeiten, WOLLEN sie dann auch. Das ist ihr “objektives Interesse” am ideellen Gesamtkapitalisten.

            Dabei war es nicht immer wie heute, wo die Leute sich nichts anderes mehr vorstellen können als Lohnarbeit bzw. ein Dasein als Lohnabhängige. Das Kapital bzw. ideelle Gesamtkapitalisten mussten über Jahrzehnte und Jahrhunderte Abermillionen Menschen abschlachten oder vertreiben, die gegen den Raub ihrer Reproduktionsquellen und ihrer nicht-kapitalistischen Wirtschaftweisen Widerstand leisteten. Man denke etwa an die ursprüngliche Akkumulation de USA auf ihrem eigenen Territorium und die planmäßig-gezielte Ausrottung, Vertreibung und Umerziehung der Natives (“Indianer” darf man ja heute nicht mehr sagen, das ist mindestens antisemitisch).

            Und mit der Zeit wurde der Widerstand ausgelöscht, die Leute fügten sich ins vermeintlich Unvermeidliche und entscheiden sich seitdem auch freiwillig, proaktiv und oft sogar fanatisch für die Lohnarbeit und seinen Garanten, den kapitalistischen Staat.

            Soweit mal abgekürzt die Entwicklung des “objektiven Interesses” der Lohnabhängigen am ideellen Gesamtkapitalisten.

            Die 13% Nichtzustimmung sind darauf zurückzuführen, dass du manchmal die Dinge nicht darauf untersuchst, wie sie objektiv sind, aus der eigenen Perspektive der Dinge, sondern mit einer bestimmten subjektiven Einstellung an die Untersuchung rangehst und die Dinge dann durch diese Brille untersuchst.
            Beispiel aus einer vorangegangen Diskussion: Was die Politiker, die Schlozen, Habaerböcke und Pistoliuse tun und was sie tun könnten (um den Kapitalismus doch wenigstens ein bisschen menschenfreundlicher zu machen).

            Oder auch in der hiesigen Diskussion. Du monierst, dass die Leute “ein affirmatives Verhältnis” zur Lohnarbeit haben. Aus deiner Sicht sollten die Leute doch lieber “vernünftig reflektieren” und sich aufgrund der Ergebnisse dann gegen die Lohnarbeit entscheiden.

            Ja, das wäre wünschenswert. Aber es gibt eben objektive Gründe, warum sie es nicht tun, oder warum sie sich z. B. von Pistolius und “für Deutschland” und “unsere schöne Demokratie” verheizen lassen an der Hauptkampflinie, an der Heimatfront oder eben in der Lohnarbeit. Nicht nur verheizen lassen, sondern sich allermeistens freiwillig und teilweise sogar fanatisch verheizen lassen.

            Dafür gibt es objektive Gründe. Und die gilt es erstmal herauszufinden und zu berücksichtigen, statt gleich im ersten Schritt bereits festzustellen, dass die Leute doch kein Interesse an diesen Veranstaltungen haben könnten.

            Die meisten Leute haben einfach keine Zeit und/oder keine Kraft, “vernünftig zu reflektieren”, sei es wegen ihrer Lohnarbeit oder weil sie der grauenhafte Alltag im Kapitalismus körperlich und mental anderweitig zermürbt.

            Die meisten Leute haben ja nicht mal Zeit oder Interesse, sich bei Overton die Artikel oder die Kommentare (z. B. von Krim oder Pfarrer Nolte) durchzulesen, geschweige denn, darauf zu antworten.
            Die kämpfen sich von morgens bis abends durch den kapitalistischen Alltag, danach gehts todmüde auf die Couch, aus der Glotze dröhnt die Tagesschau und gleich danach fallen die Leute in Tiefschlaf. Und täglich grüßt das Murmeltier.

        2. Doch, auch die Lohnabhängigen haben objektiv einen Nutzen vom ideellen Gesamtkapitalisten. Eben weil er ihnen ein Dasein in Lohnarbeit zwar keinesfalls garantiert (denn es ist einzig die Entscheidung des einzelnen Kapitalisten, ob er beschließt, dass sich die Ausbeutung der Ware Arbeitskraft für ihn rechnet), aber die Bedingungen schafft und durchsetzt, unter denen Lohnarbeit als ihre einzige Einkommensquelle überhaupt möglich ist.

          Was ist ein Nutzen? Den Begriff muss man sehr abstrakt auffassen, damit durch das staatliche Wirken ein Nutzen entsteht. Objektiv gesehen brauchen die Lohnarbeiter den Staat, damit der Staat die Bedingungen der Lohnarbeit festlegt. Das Verhältnis ist das der Notwendigkeit. Ein Nutzen wird daraus aber nur durch Affirmation der Lohnarbeit. Denn wie kann eine Instanz, die eine schädliche Sache ermöglicht plötzlich nützlich sein. Die ist höchstens relativ gesehen nützlich, also im Vergleich dazu, dass der Staat keine allgemeinen Vorschriften erlässt, an die auch das Kapital sich halten muss.

          zu 1. Man kann die ursprüngliche Akkumulation nicht damit zusammenfassen, dass der Staat die Menschen von ihrer Reproduktionsgrundlage abgeschnitten hat. Da waren auch ein paar Kapitalisten beteiligt. Das Ergebnis stimmt aber. Die Mehrheit der Menschen verfügt über keine Produktionsmittel und muss deshalb ihre Arbeitskraft anbieten.

          3. und was diese Menschen, die Lohnabhängigen aufgrund der staatlichen Gewalt, die sie dazu zwingt, müssen, nämlich lohnarbeiten, WOLLEN sie dann auch.

          Aha. Jetzt haben wir die 13%. Das ist die totale Unsinnslogik. Ein Widerspruch in sich. Klar aus Zwang folgt Zustimmung. Also echt, was für ein Quatsch. Zwang unterstellt einen Willens g e g e n s a t z! Die Unterordnung eines gegensätzliche Willens erzeugt keine Zustimmung. Weil sie müssen, wollen sie? Das ist absurd. Wie soll das gehen?

          Und mit der Zeit wurde der Widerstand ausgelöscht, die Leute fügten sich ins vermeintlich Unvermeidliche und entscheiden sich seitdem auch freiwillig, proaktiv und oft sogar fanatisch für die Lohnarbeit und seinen Garanten, den kapitalistischen Staat.

          Na eben. Das kann man aber nicht so zusammenfassen, dass weil sie müssen, sie auch wollen. Vor allem “weil”? Denn wenn sie müssen, wollen sie gerade nicht. Und wenn sie ihren Willen einer überlegenen Gewalt unterordnen müssen, unterstellt das einen immerwährenden Gegensatz. Da gibt es keinen Übergang zum Wollen mehr. Deshalb auch der Übergang des Staates zum Abmurksen. (siehe auch Gaza) Der Übergang zum Wollen geschieht über das notwendig falsche Bewusstsein, das die gesellschaftlichen Verhältnisse als dem Individuum vorausgesetzte Gegebenheit betrachtet, an der wie an der Natur nichts zu ändern ist. Also entwickeln die Lohnarbeiter ihre Interessen, an dem was im System vorgesehen ist und was erlaubt ist. Plötzlich eröffnet sich eine ganze Welt von Chancen und Möglichkeiten, die extra für das Individuum eingerichtet wurden. Das ändert aber nichts daran, dass dieser affirmative Übergang eine Eigenleistung des bürgerlichen Individuums ist. Gemessen am Nutzen, bleibt es natürlich ein Fehler. Weil das Individuum die dargebotenen Chancen ergreifen will, geht es interessiert auf die Welt los und verwandelt diese in eine Welt voller Möglichkeiten, die seinem Materialismus dienen. Es spart sich also die rationale Beurteilung, ob diese Chancen tatsächlich welche sind und ob diese Chancen für das Individuum eingerichtet wurden.

          (um den Kapitalismus doch wenigstens ein bisschen menschenfreundlicher zu machen).

          Da hätte ich gerne einen Beleg. Denn das “menschenfreundlicher” ist deine Erfindung, die du mir unterjubeln willst. Bloß weil ich sage, dass sich Politiker auch täuschen können (bei dir liegen sie immer richtig und exekutieren immer kapitalistische Notwendigkeiten). Klimaideologie ist aber keine kapitalistische Notwendigkeit, was man schon ganz praktisch an der Mehrzahl Staaten sehen kann, die das Klima weder zur Leitschnur ihrer Politik machen noch ihres Imperialismus. Nicht zuletzt sieht man es daran, dass Deutschland wie du behauptest nicht an vorderster Mehrwertfront mitmischt, sondern gerade dabei ist ausgemischt zu werden. Es ist halt einfach grottenfalsch zu behaupten, beim Klima würde es in Wahrheit um Energieautonomie gehen. Das Klima sei also nur vorgeschoben.

          Du monierst, dass die Leute „ein affirmatives Verhältnis“ zur Lohnarbeit haben. Aus deiner Sicht sollten die Leute doch lieber „vernünftig reflektieren“ und sich aufgrund der Ergebnisse dann gegen die Lohnarbeit entscheiden.

          LOL. Du kritisierst also nicht, das die Leute ein affirmatives Verhältnis zur Lohnarbeit haben? Oder ist es bei dir in Ordnung, bei mir aber Wunschdenken?

          Aber es gibt eben objektive Gründe, warum sie es nicht tun,

          LOL. Wie zum Beispiel, dass sie wollen, w e i l sie müssen? Wirklich sehr einleuchtende Gründe!

          Dafür gibt es objektive Gründe. Und die gilt es erstmal herauszufinden und zu berücksichtigen, statt gleich im ersten Schritt bereits festzustellen, dass die Leute doch kein Interesse an diesen Veranstaltungen haben könnten.

          Hab ich irgendwo gesagt, dass die Leute kein Interesse an diesen (?) Veranstaltungen haben könnten. Beleg/Zitat bitte.

          Die meisten Leute haben einfach keine Zeit und/oder keine Kraft, „vernünftig zu reflektieren“, sei es wegen ihrer Lohnarbeit oder weil sie der grauenhafte Alltag im Kapitalismus körperlich und mental anderweitig zermürbt.

          Wer erzählt jetzt, dass die Leute nicht in der Lage sind vernünftig zu reflektieren. “Keine Zeit” ist immer das allerdümmste Argument, das man sich überhaupt denken kann. Die Leute haben Zeit und Kraft für allen möglichen Scheiß. Bloß zum Nachdenken über ihre ökonomische und gesellschaftliche Lage sollen sie keine Zeit haben? Mit kommen die Tränen. Die armen Opfer sind von ihrem grauenhaften Alltag körperlich und mental so zermürbt, dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen können. Ja dann. Lasst, die ihr eintretet (in die Hölle des Kapitalismus), alle Hoffnung fahren! Und ihr Hobbyrevolutionäre am besten gleich mit.

          Die kämpfen sich von morgens bis abends durch den kapitalistischen Alltag, danach geht’s todmüde auf die Couch, aus der Glotze dröhnt die Tagesschau und gleich danach fallen die Leute in Tiefschlaf. Und täglich grüßt das Murmeltier.

          Aber am Sonntag geht’s in die Kirche oder zum Verwandtenbesuch oder zum Sportverein oder zu verschiedenen Onlineaktivitäten. Dafür ist dann Zeit.

          1. Na gut, da drehste mir mal wieder viel im Mund rum.

            Hätte ich gewusst, dass du das “notwendig falsche Bewusstsein” kennst, hätte ich das geschrieben.
            Was ich dazu geschrieben habe, ohne den Begriff zu erwähnen, ist aber genau das.

            Dass die ursprüngliche Akkumulation anfangs nicht unter Aufsicht von Nationalstaaten geschah, habe ich ja geschrieben. Bei dir liest es sich, als hätte ich das Gegenteil behauptet.
            Was die ursprüngliche Akkumulation speziell in den USA betrifft, sieht das zumindest teilweise aber anders aus. Und das habe ich geschrieben.

            “Die armen Opfer sind von ihrem grauenhaften Alltag körperlich und mental so zermürbt, dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen können”

            Der Alltag ist grauenhaft. Deiner vielleicht nicht. Vielleichst bist du ja Privatier und hast vie Tagesfreizeit.
            Dass du die Leute als “arme Opfer” verurteilst, weil sie nicht wie du das “notwendig falsche Bewusstsein” kennen und nicht genau so “vernüftig reflektieren” zeigt eben, dass du, wie bereits geschrieben, die Dinge nicht objektiv angehst, sondern aus deiner subjektiven Sicht.

            Klar wäre es auch mir als “Hobbyrevolutionär” lieber, die Leute würden “vernünftig reflektieren” und sich zügig vom “notwendig falschen Bewusstsein” verabschieden.

            Ist aber bekanntlich nicht so. Obwohl du als Berufsrevolutionär fast so umfangsreich und fast so korrekt wie ich predigst, bleibst du erfolglos. Das notwendig falsche Bewusstsein, die Tagesschau und die normative Kraft des Faktischen sind einfach stärker. Leider.

            Belege? Geh mal auf die Straße. Oder lies hier die Kommentare. Selbst hier bei Overton, wo die Leute nicht zur Kirche und zu Verwandten gehen, nicht mal sonntags, und die Propaganda der Tagesschau bekannt ist, sind fast ausschließlich zwar kritische, aber eben konstruktiv kritische Geister des Systems zu finden (und ich weiß nicht, ob du da in allen Bereichen eine Ausnahme bist).

            Vielleicht hilft aber das Patentrezept von Mike Krueger, um das notwendig falsche Bewusstsein aus den Köpfen raus und revolutionären Elan reinzukriegen:

            “Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche zieh’n…”

            1. Der Alltag ist grauenhaft.

              Klar ist der Alltag grauenhaft. Aber nicht so grauenhaft, dass er ein richtiges Urteil verunmöglicht.

              Dass du die Leute als „arme Opfer“ verurteilst,

              Ich verurteile nicht die Leute, sondern dich, weil du sie immer als “arme Opfer” dafür in Schutz nehmen willst, dass sie sich falsche Begriffe von der Gesellschaft machen, in der sie leben. Die machen sich falsche Begriffe, weil sie ein Interesse an den Verhältnissen haben und nicht weil ihr Alltag so grauenhaft ist. D i e gehen interssiert an die Gegenstände heran, über die sie Nachdenken, nicht ich. Du drehst es herum, indem du behauptest, die eigentliche subjektive Sicht, sei die uninteressierte Herangehensweise, die versucht die gesellschaftlichen Gegenstände zu bestimmen, wie sie sind.

              Das notwendig falsche Bewusstsein, die Tagesschau und die normative Kraft des Faktischen sind einfach stärker.

              Nein, weder die Tagesschau noch die normative Kraft des Faktischen ist der Grund, sondern ihr Interesse an Verhältnissen, auf die sie mit dem Vorurteil losgehen, sie müssten eigentlich zu ihrem Nutzen fungieren. Dass die Verhältnisse nicht zu ihrem Nutzen da sind, muss man ihnen erklären.

              aber eben konstruktiv kritische Geister des Systems zu finden

              Na klar ist das so, aber an ihrem grauenhaften kapitalistischen Alltag liegt das nicht. Ich fürchte dass auch das Rezept von old Mike nicht weiterhilft. Ich setze eher auf aufklärerische Kritik. Ist meistens eine undankbare Angelegenheit, aber was hilft’s. Wat mutt, dat mutt.

  13. Die gross angekündigte Zeitenwende findet statt, aber leider nicht so wie manch einer sich das vorstellt. Je mehr die Gesellschaften gespalten werden, desto mehr wird die Zeitenwende durchgesetzt.
    Die Gewerkschaften sind ein Teil von diesem Prozess und da geht es nicht um die Arbeitnehmer, sondern um das Ziel.

  14. Oh, Roberto ist im Neuen Jahr Klaasenkämpfer geworden. Ein Lichtblick! Indes, es ist nur ein gemäßigter Klassenkampf, genauer gesagt, ein Zurechtrücken der massiven Falschdarstellungen in der Presse. Im Grundgesetz steht das Streikrecht nun mal drin und drum hat das Oberste Gericht auch zweimal abgelehnt, den Streik zu verbieten. Die Presse aber macht Front gegen die GDL und wie. Habe mir das mal angesehen, die Zeit beispielsweise fragt, ob Weselsky “wieder Hass auf sich ziehen will”.
    Mit so einer Presse im Rücken dachte die Bahn, sie könne sich eine Frechheit erlauben. Sie machte einen mageren Vorschlag mit 32 Monaten Laufzeit. 32 Monate, in einer Zeit, in der immer noch Inflation droht? Ganz abgesehen davon hat es 32 Monate noch nie gegeben. Da waren sie aber bei Weselsky am Falschen. Gut so.

    Liz Truss hat zu ihrer Regierungszeit festgestellt, die britischen Arbeiter seien faul und disziplinlos. Ich glaube das sogar. Das kommt dabei heraus, wenn die Beschäftigten keinerlei Rechte mehr haben, sobald sie das Werkstor passiert haben. Wo sie dann der Willkür des Kapitals schutzlos ausgeliefert sind. Das Werk von Maggier Thatcher und ihrer Nachfolger. Alles was rechts von Friedrich Merz angesiedelt ist (diesen inbegriffen), will genau das. Dass Beschäftigte irgendwelche Rechte haben, stört sie.

    Nicht dass es bei diesen AfD-Wählern ein böses Erwachen gibt. Ich habe euch gewarnt!

  15. “Alles was rechts von Friedrich Merz angesiedelt ist (diesen inbegriffen), will genau das.”

    Richtig ist: Alles, was rechts von Karl Marx und Kommunismus oder zumindest Sozialismus angesiedelt ist, will genau das. Also alles, was Kapitalismus, Ausbeutungsverhältnis und Mehrwertproduktion beibehalten will.

    Artur_C Seyß-Inquart zeigt mal wieder, dass er nicht nur als Hasbara-Troll arbeitet, sondern auch als allgemeiner System-Troll, also ein noch gemäßigterer Klassenkämpfer ist als RdL.

    1. Nach fast 200 Jahren entwickeltem Kapitalismus mit all seinen Selbsttransformationen, die zum Vordringen der Kapitallogik bis in die menschlichen Zellen gesorgt haben, ist es schon fast eine besondere Leistung, wenigstens “gemäßigter Klassenkämpfer” zu sein, also die konkreten Lebenszumutungen unter der Kapitalherrschaft etwas reduzieren zu wollen.
      Insgesamt sind die Lohnabhängigen so weit von marxschen Einsichten entfernt wie noch nie. Kapitalismus wird längst von nahezu allen als naturgegeben erfahren und “verstanden”.

      1. “Insgesamt sind die Lohnabhängigen so weit von marxschen Einsichten entfernt wie noch nie. Kapitalismus wird längst von nahezu allen als naturgegeben erfahren und „verstanden“.”

        Wie wahr, wie wahr. Leider ist es genau so.

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