Aufruf zur Zustimmung des EU-Vorschlages

דוד אהרון 8, Public domain, via Wikimedia Commons

Auch EU-kritische Bürgerinnen und Bürger können dem EU-Vorschlag, russische Millionäre und Milliardäre zur Kasse zu bitten, etwas abgewinnen, meint Autor Wolf Wetzel.

Es gibt jetzt den Vorschlag von Seiten der Europäischen Union, dass man das Vermögen von russischen Millionären und Milliardären für den Wiederaufbau der Ukraine verwendet. Man will sie damit für das in Haftung nehmen, was deren Regierung gemacht hat – mit dem Angriffskrieg in der Ukraine.

Völlig selbstverständlich geht man dabei von aus, dass die russische Regierung im Sinne der russischen »Oligarchen« handelt, die Interessen von Millionären und Milliarden bedient und befriedigt. Man kann es auch, wenn man für diese Pointe aufgeschlossen ist, auf den Punkt bringen. Die EU hat damit endlich eine wesentliche Grunderkenntnis des Marxismus akzeptiert: Der Staat ist keine neutrale Instanz, sondern agiert und handelt als »ideeller Gesamtkapitalist«.

Unbedingte Zustimmung

Der damit endlich auf der Weltbühne angekommene Gedanke, dass Regierungen nicht eigenständig oder gar selbstlos handeln, sondern mit Sinne und im Auftrag der Klasse, die das Sagen hat, ohne gewählt zu werden, bietet einmalige Chance, die Welt neu zu ordnen.

Man ist von uns EU-Kritikerinnen und -Kritikern gewohnt, dass wir alle Vorschläge der Regierung ablehnen, erst recht die von der EU-Kommission. Auch wirft man uns vor, dass wir obstruktiv handeln würden.

Wir beweisen heute das Gegenteil: Wir stimmen dem Vorschlag der EU ausdrücklich zu!

Denn dieser Schritt packt das Übel des Krieges an den Wurzeln. Bevor dies die EU-Kommission bemerkt, sollten wir den Vorschlag weithin bekannt machen. Denn wenn der Ball erst einmal in die richtige Richtung rollt, ist er nicht mehr aufzuhalten. Es geht um nicht mehr als um den von der EU erkannte Zusammenhang von Krieg und Kapital, sprich – Vermögen. Wer dies am Beispiel Russlands erkennt, der wird sich damit nicht abfinden und uns folgen.

Lasst uns mit (weiteren) guten Beispielen vorangehen

Der Krieg der US-Regierung gegen Vietnam in den 1960er bis 1970er Jahren war ein Angriffskrieg, völkerrechtswidrig, abscheulich, von zahlreichen Kriegsverbrechen (Einsatz von Napalm beispielsweise) begleitet. Der Krieg hat über eine Million Vietnamesinnen und Vietnamesen das Leben gekostet. Das Land wurde fast völlig verwüstet und kontaminiert. Wir werden also das Vermögen von US-Millionären und Milliardären dazu verwenden, das Land wiederaufzubauen bzw. eine angemessene Entschädigung zu leisten.

Nachdem in Nicaragua 1979 der von den USA protegierte Diktator Somoza gestürzt wurde, begann die US-Regierung mit einem Angriffskrieg. Sie unterstützte und finanzierte Söldner (Contras), sie verminten nicaraguanische Häfen, sie führen einen Wirtschaftskrieg gegen das sandinistische Nicaragua. Eines der ärmsten Länder litt noch mehr unter Hunger und Elend. Wir werden das Vermögen von US-Millionären und Milliardären dafür verwenden, die Wunden dieses über zehn Jahre geführten Krieges zu »heilen«.

Die NATO-Krieg gegen die ehemalige Bundesrepublik Jugoslawien 1999 war ein Angriffskrieg. Er wurde von zahllosen Kriegsverbrechen begleiten (u.a. die gezielte Zerstörung der zivilen Infrastruktur). Das Land wurde in einem 70 Tage daueurnden Bombenkrieg fast komplett dem Erdboden gleichmacht. Wir werden also die Vermögen der Millionäre und Milliardäre in den NATO-Staaten beschlagnahmen, um die Folgen dieser Kriegsverbrechen zu begleichen.

Oligarchische Strukturen: Eine westliche Erfindung

Und dann wäre da auch der von US-alliierten geführten Krieg in Afghanistan 2001. Der Krieg war völkerrechtswidrig, ein Angriffskrieg. Der Krieg hat das Land fast vollständig zerstört, die Folgen des Krieges halten bis heute an. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums beliefen sich die Gesamtkosten alleine für die USA zwischen 2001 und 2019 auf 776,1 Mrd. US-Dollar. Wir werden also das Vermögen der Millionäre und Milliardäre der Länder, die sich an dieser »Kriegs-Koalition« beteiligt haben, beschlagnahmen und zum Wiederaufbau Afghanistans verwenden.

Dabei werden wir, wenn wir damit anfangen und nicht aufhören, einen besonderen Effekt erleben: Der Krieg zahlt sich nicht mehr aus.

Die ersten Unterstützer können schon gegrüßt werden. Martin Sonneborn, ein sehr ernster und nachdenklicher Zeitgenosse, ehemaliger TITANIC-Chefredakteur und Vorsitzender der Partei DIE PARTEI erklärte neulich dazu: »Reichtum ist immer verdächtig. Und wir sollten nicht vergessen, dass oligarchische Strukturen eine westliche Erfindung sind, als Folge kapitalistischen Wirtschaftens eigentlich unausweichlich. Wir sollten also die Sanktionen nicht auf Russen begrenzen. Was ist mit Gates, Zuckerberg und diesem Tesla-Spinner, der das Berliner Grundwasser kapert? Was ist mit den ukrainischen und den übrigen US-amerikanischen Oligarchen?«

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4 Kommentare

  1. Als Putin-Versteher bin ich auch dafür. Sogar ausgesprochen stark dafür.

    Wenn sich der Westen als rechtsfreier, antirussischer Raum präsentiert, bleibt russischen Oligarchen nichts anderes übrig als ihr Vermögen zurück nach Russland zu bringen, in Russland Steuern zu zahlen und ihr Geld in Russland zu investieren.

  2. Ein schönes Beispiel für Hau-Ruck und Kurzsichtigkeit: Wo holen denn die Millionäre neues Geld her, damit wir wieder etwa zu beschlagnahmen haben?
    Nein, es ist gar nicht so kurzsichtig. Der Wiederaufbau bringt ja auch wieder Geld in die Kassen. Auch an Bau und Gesundheit lässt sich viel verdienen, es sieht nur nicht so offensichtlich hässlich aus. Und das Aufgebaute muss ich natürlich mit Waffen schützen ….

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