
Regierende Taugenichtse? Was soll an dieser Formulierung falsch sein – und warum sollte man das nicht sagen dürfen? Ein Kommentar.
Markus Lanz scheinen die Themen auszugehen – also kapriziert er sich auf Hubert Aiwanger. Der saß schon wieder bei ihm in der Sendung. Ihm zur Linken: Eine bunte Riege von Leuten, die alleine mit der Aufgabe betraut waren, dem Bösewicht des Abends die Leviten zu lesen – inklusive SZ-Mann, der ihm seine vermeintliche Systemskepsis vorwarf.
Zur Rechten hockte, wie immer in diesem Format, der Heiland der gebührenfinanzierten Talpredigt: Lanz selbstpersönlich. Er habe da wieder was gelesen, das Aiwanger in die Welt hinausgetragen hat, erklärte er effektheischend: Nämlich etwas von »regierenden Taugenichtsen«. Lanz hat sich bestmöglich vorbereitet, denn er habe im Duden nachgeschlagen, da stehe geschrieben: »Mensch, der zu nichts nütze ist«. Empörung in der Stimme, nebenan klapperten die sich fassungslos schüttelnden Köpfe.
Taugenichtse? Unsere Bundesregierung?
Man muss indes gar nicht Aiwangers Definition eines Taugenichts teilen – er erklärte nämlich auch, dass mancher Arbeitslose ein Taugenichts sein könne. Kann ja sein. Aber wer von einer gesellschaftlich starken Warte herab jene abkanzelt, die gesellschaftlich unterlegen sind, wirkt nicht immer sympathisch. Wer außerdem Taugenichts nach Aiwanger ist: »Ein Taugenichts ist auch jemand, der in einer Regierung sitzt, keinen Schulabschluss hat, den Leuten Käse erzählt und selber noch nie gearbeitet hat und am Ende Dinge an die Wand fährt.«
Deshalb gab es große Aufregung. Er soll doch jetzt bitte sagen, wen er meinte, insistierte Lanz. Aber der Niederbayer wollte nicht. Warum auch? Er spürte wohl, dass er vorgeführt werden sollte und weigerte sich, Lanzens Tanzäffchen zu spielen.
Über die Arbeitslosen, die Aiwanger zu nichts nütze einordnete, regte sich übrigens keiner in der Runde auf. Aber hat er wirklich gesagt, die Bundesregierung bestehe aus Taugenichtse? Unsere Bundesregierung? Kann man das, soll man das sagen? Sie regiert doch am Limit, wie eine ARD-»Doku« behauptete. Was es mit der Frage auf sich hat, ob man das sagen können soll oder nicht, ist und bleibt indes nicht nachvollziehbar. Der Mann hat eben eine Meinung – und er sagt sie. Verteidigen wir nicht in der Ukraine unsere Werte? Eben auch jenen Wert, der da lautet: Meinungsfreiheit?
Einer von gestern
Die SZ, so urteilte Aiwanger weiter, wolle ihn nur weghaben. Dieser Ansicht ist nicht nur er. Nachdem die SZ vor der Landtagswahl in Bayern mit einer hanebüchenen Geschichte über vermeintlich »antisemitische Schriften« aus dem Aiwangerschen Schulranzen des Jahres 1987 oder 1988 präsentierte, sammelte die Zeitung viel Spott und Kritik auch innerhalb der Branche ein. Zu lanciert wirkte diese Prozedur. Die SZ schien einen Feldzug gegen den Politiker zu führen – sie hat ihn verloren, seine Freien Wähler gingen gestärkt aus der Wahl.
Aiwanger ist ein hemdsärmeliger Typ. Er spricht wie das Volk, nicht immer politisch korrekt. Er kennt die kleinen Leute, weiß wie die bayerische Provinz funktioniert – wenn jemand im Münchner Politbetrieb »einer von uns« ist (was immer »uns« hier bedeuten mag), dann ist es Hubert Aiwanger. Dass das den urbanen Clickbait-Funktionseliten nicht gefällt, liegt auf der Hand. Sie sehen in ihm einen Protagonisten des alten Bayern, nehmen ihn als einen »von gestern« wahr.
Die bittere Wahrheit, die in München gerne verdrängt wird: Bayern ist mehr als die Stadt – München ist vielleicht nicht mal Bayern. Der Freistaat besteht aus Provinz, aus Weilern und Dörfern. Und dort sind Delegierte wie Aiwanger heimisch – und auch gerne gesehen. Haben diese Menschen kein Recht darauf, von einen der ihren vertreten zu werden? Sollen auch sie künftig Taugenichts abstellen, die sie regieren dürfen? Ist es, um bei dem Einwurf des SZ-Journalisten zu bleiben, ein Akt der Systemskepsis, wenn Bürger einen Menschen ins Parlament entsenden, der wie sie denkt und spricht?
(Roberto De Lapuente)
Ähnliche Beiträge:
- „Die Vorverurteilung quillt aus allen Textstellen“
- Aiwanger und die deutsche Vergangenheitsbewältigung
- Verdammt lang her
- Lanz’ heißer Stuhl
- Das Gespenst der Cannabis-induzierten Psychosen und Schizophrenien geht um
Deutschland:
Nation der Dichter und Denker oder der Richter und Henker?
Ausgerechnet Lanz, den atemlosen Sensationsjournalisten ohne Diplom, aber mit viel Einfühlungsvermögen für Aufmerksamkeitsökonomie, als Anlass oder gar Grund zu nehmen, ausgerechnet Aiwanger als demokratischen Helden der Dörfler und Weileristen zu feiern, ist der Versuch, Lanz in Aufmerksamkeitsökonomie zu übertreffen und zu schlagen. Dieser Versuch misslingt.
Oder verstehe ich Roberto De Lapuente falsch? Will er Demokratie als Herrschaftsform entlarven, in der selbst Taugenichtse wie Aiwanger eine Chance haben, weil es Weiler und Dörfer gibt, in denen so gedacht wird, wie Aiwanger denkt? Dann wäre De Lapuentes Artikel nahezu unverständlich geschrieben, aber immerhin diskussionswürdig.
Ich glaube, De Lapuente will die Inquisitoren entlarven, die jeden auf den Scheiterhaufen schicken, der es wagt, der Obrigkeit zu widersprechen oder sich über sie lustig zu machen.
Was Aiwanger über die Regierung sagt, ist nicht nur breiter Konsens in der Bevölkerung, sondern Fakt. Die Regierung ist für die hohen Energiepreise verantwortlich, weil sie die Sanktionen gegen Russland unterstützt. Die Regierung ist für das Urteil des Verfassungsgerichts verantwortlich, weil sie alle Warnungen ignoriert hat. Die Regierung ist für das Platzen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds verantwortlich. Die Regierung ist dafür verantwortlich, wenn 2024 die Inflation wieder steigt. Eine Regierung, die der Bevölkerung nur Schaden zufügt, taugt nichts.
Das Beste ist Habecks Auftritt in einer der letzten Lanz-Sendungen. Er sagte in allem Ernst, dass er hoffe, dass die Bürger die “konstruktiven Kräfte”, die jetzt an der Reparatur der von der Regierung verursachten Schäden arbeiten, mit Wiederwahl honorieren. Früher hätte ein solcher Minister mitsamt seinen Kollegen zurücktreten müssen. Heute darf dieser Minister im ZDF seine Inkompetenz öffentlich zur Schau und dabei auch noch Forderungen stellen. Heute kommt der Inquisitor Lanz und grillt einen bayerischen Politiker, der sich getraut, die Wahrheit auszusprechen. Wie tief kann diese Republik noch sinken?
Ihr solltet alle etwas weniger Fernsehen gucken.
Richtig, habe auch erst hier von der Sendung erfahren.
Aiwanger hat natürlich prinzipiell recht mit seinen Aussagen .
Ob er er selbst ein diskutabler Gegenentwurf mit Substanz, Hand und Fuß ist kann ich nicht beurteilen, befürchte aber dass eher nicht.
Aiwanger dürfte jedenfalls nicht zu verbohrt sein, nachvollziehbare Denkanstöße ernsthaft in seine Überlegungen zu integrieren. Zumindest dann, wenn er eine Notwendigkeit dafür sieht.
Aber obwohl ziemlich flach argumentiert hat, ist dies dem Lanz (wie üblich) entgangen.
Denn wer in der Regierung hat keinen Schulabschluss?
Ein abgebrochenes Studium hat nicht nur ein Bill Gates.
Und Habeck hat sogar promoviert. Warum hat aber Aiwanger selbst keine weitergehenden akademische Meriten errungen?
War sein Diplom zu schlecht dafür?
Oder hatte er einfach keine Zeit dafür, weil diese für die politische
Arbeit gebraucht wurde?
Und so ähnlich dürfte es bei Lang und Kühnert gewesen sein.
Wobei Kühnert Aiwanger rhetorisch weit überlegen ist, obwohl such dieser ohne Pausen Satzfolgen stundenlang absondern kann.
Würde ich diese aber interviewen, ginge es bei beiden nicht ohne Sendepause…
@Lapuente,
heißt es im Deutschen nicht auch:
Für jeden Nichtsnutz (Taugenichts) wird`n Amt gefunden?
Es gibt doch so einen schönen Spruch,wer nichts wird ,wird Wirt.Heute passt doch eher wer nichts wird,wird Politiker,um sich die eigenen Taschen durchs Volk zu füllen.
Oder, kein Mensch ist unnütz. Er kann immer noch als abschreckendes Beispiel dienen.
Randlage dankt:
Schön, daß bei Overton immer wieder mal ein Hauch von Wirklichkeit hineinweht. Danke, Roberto de Lapuente
Ach übrigens, der “Medienfuzzi”, ein Journalist und Medienunternehmer, – bei Youtube ist mehr über ihn, und sein Satire-Format, zu finden, inkl. der Website http://www.medienfuzzi.de zitiert einen evangelischen Ex-Pfarrer, der die Regierung als “Idioten” bezeichnet:, und den Begriff auch zutreffend – für Nicht-Lateiner – übersetzt:
https://www.youtube.com/shorts/B5G3eURdZgY
….auch die anderen Shorts sind sehr interessant, und zutreffend was die “dümste Bundesregierung betrifft die Deutschland je hatte” – Zitat Sahra Wagenknecht.
Nur mal so als Tipp – übrigens Oliver Brendel schießt sich auf die ÖRR, die GEZ-Medien, in seinem Format ein – das ist sein Hauptthema – und unsere PolitikerInnen in .de die ihm genug Stoff für Satire geben – auch wenn er selber sagt, dass er bald arbeitslos sein dürfte, da die Satiriker ja im kompletten Bundestag – und insbesonders in der Ampelregierung sitzen – Kannste dir nicht ausdenken so was 😉
Fast hätt ich es vergessen – er schießt sich ganz besonders auf Lanz ein – “Was erlauben Lanz!!!” Zitat Oliver Brendel auf Medienfuzzi.de
Sarkastische Grüße
Bernie
Die Bundesregierung und die ihr hörige Journaillie sind gegen Hass und Hetze 🙂 🙂
Denn die sind die Guten™?
Warum muss ich jetzt an den englischen Sketch denken:”Hans, are we the bad guys?”
Kann man überhaupt zu einem Politiker taugen? Viele versuchen es …
Natürlich kann man zu einem Politiker taugen man muss nur kein Gehirn und keinen Charakter besitzen.
Apropo Satire-Format – das kommt dabei heraus wenn man jeden, aber absolut jeden, der anderer Meinung als die ÖRR, oder unsere Oppositions- und Ampel-Regierungsmitglieder ist als “Nazi” oder “rechtsoffen” bezeichnet – ÖRR eben – hier die Satire:
“[….]Rechtspopulist[….]”
https://www.youtube.com/watch?v=QeX6e-7qiiI
….bin kein Freund dieser Politiker, aber es muss gesagt werden jetzt erntet unsere Regierung, inkl. die CDU/CSU/Linke – was sie, schon während der Corona-Krise, praktiziert hat – die AFD lasse ich mal aussen vor, dass die ja mit dem Begriff – oben erwähnt – von den ÖRR diffamiert wurde – sei mal dahingestellt ob der Vorwurf berechtigt ist – oder nicht…..die inflationäre Verwendung des Begriffs durch die ÖRR könnte man offen als Förderung des neuen Rechtsextremismus/-radikalismus bezeichen, da dies ihn ja offensichtlich so verharmlost hat, dass niemand mehr den ernst nimmt – siehe Satire……bin anderer Meinung, kein Fan der AfD, oder sonstiger Rechts- oder Linkspopulisten, aber das musste einmal gesagt werden 😉
War das übrigens vor 1933 auch schon so? Da ich dort nicht gelebt habe wäre mal interessant zu erfahren, ob diese dämliche Strategie schon 1932 gefahren wurde – alles als “rechts-” oder “Nazi” zu diffamieren was nicht bei 3 selber sozialdemokratischer, oder konservativer, Meinung war…..
Lassen wir jetzt mal den Vorwurf weg, denn damals auch Andersdenkende traf – man sei Stalinist, oder Kommunist – mich interessiert jetzt mal rein die Frage, ob es damals nicht schon üblich war Andersdenkende auch mit Hitler- oder Nazi-Nah zu diffamieren, die gar nichts, aber auch rein gar nichts mit den Nazis – oder Hitler – zu tun hatten – anno 1932 – 1933 war es ja dann eine andere Situation, die NS-Diktatur war errichtet worden – eben auch, sollte ich richtig liegen, dank der Hilfe der “Idioten”, die Nazis und Konservative/Rechte in einen Topf warfen – oder auch nur Menschen, die anderer Meinung waren als die damaligen Linken bzw. Kommunisten…..
Apropo “Taugenichtse” in der Regierung – die Agenda 2010, Hartz IV, dass soll mal daran erinnert werden wurde auch von Lobbyisten, und PolitikerInnen, beschlossen, die nie die Erfahrung gemacht haben bereits nach hunderten, wenn nicht sogar noch mehr, Bewerbungen ständig eine Absage zu erhalten – oder einfach nur von einem befristeten Job zum anderen befristeten Job wechseln mußten, weil es keine Festanstellung gab bzw. in Leiharbeit landeten…….wie die betroffenen angeblichen “arbeitslosen Taugenichtse” – bei der Agenda 2010 und Konsorten, die danach als Gesetze folgten wurden weder die Betroffenenverbände noch die Gewerkschaften (insofern die regierungsfern waren) einbezogen…..Mensch kann nicht genug daran erinnern, dass die Entscheidung, die die schlimmsten angeblich sozialen “Reformen” seit 1945 namens Agenda 2010 und Hartz IV nicht demokratisch sondern von oben herab angeordnet wurden – Dr. Hartz, insofern der noch lebt, dürfte froh sein, dass diese Sch…e jetzt “Bürgergeld” (=”Raider heißt jetzt Twix geändert hat sich nix”) heißt – der kann ja jetzt seine satte Rente ungehindert genießen, und muss nicht weiter mit der Schande eines massiven Sozialraub-Gesetzes leben, dass seinen Nachnamen trägt *Sarkasmus*
Zynische Grüße
Bernie
wir müssen weiterhin penetrant von Hartz 4 reden!!!
Nachplappern was uns von oben vorgegeben wurde!!
(bürger/kunden ist eine Gewaltver…ung)
es schockt mich immer wenn wir
Fehlt da etwas in Ihrem Beitrag, Marla? Was wollten Sie schreiben?
das ursächliche Problem scheint mir eher die Bereitschaftslosigkeit zu sein, selbst zu denken und sich lieber der Illusion zu überlassen, Andere würdens schon regeln. Das tun die auch, aber eben leider, wie die Geschichte recht eindrucksvoll zeigt, nicht unbedingt im Sinne derer, die sich darauf beschränken, erwartungsvoll zu schauen, um sich anschließend empört zu beschweren, das Ergebnis entspräche nicht ihrer Erwartung! Nichtsnutzigkeit ist eben genaugenommen immer nur relativ und der Nutzen müsste zwischenzeitlich eigentlich durchschaubar geworden sein. Was ist von einem System zu erwarten, das seine staatshoheitlichen Kompetenzen über Jahre hinweg für lau verhökert und privatisiert hat. Da bleibt nicht mehr viel, außer vielleicht so ‘sinnvolle’ gesetzliche Regelungen, wie die Versicherungspflicht für Aufsitzrasenmäher!
Opportune Politik wird anscheinend gerne übersehen. Man schaut auf die ‘propagandistischen Schlagwörter’, aber übersieht den Inhalt!
Die die in D leben, sind oftmals im Stande zu verstehen, was internationale Politik oder Simulation zu erfassen.
Bleibt ruhig, ihr lebt im besten Deutschland für diese Erde.
Dass ausgerechnet Flugblatt-Hubert kürzlich meinte, vor “importiertem Antisemitismus” zu warnen, entbehrt nicht einer gewissen Komik…
Hallo Fritz the Cat,
… haltet die Diebe. Kann man da zu nur sagen!
Gibt es im Fernsehen eigentlich auch systemkritische Sendungen? Sowas werden sie den Zuschauern wohl nicht zumuten, der Opportunismus hat dort komplett das Sagen. Vielleicht noch nachts auf Arte kompliziert intellektuell verpackt als Alibi.