»O Freunde, nicht diese Töne!«

Henryk Niestrój www.instagram.com/henrykniestrojfotografia, Pixabay License

Nach der Lektüre eines Essay-Bandes von Hermann Hesse, lässt sich sagen: Manchmal wiederholt sich Geschichte doch.

Lese in einem Buch von Hermann Hesse, auf das ich zufällig gestoßen bin: „Krieg und Frieden“. Ich habe Hesse nie gelesen, obwohl er in meiner Jugend Kult war; er war mir zu esoterisch, zu mystisch, zu religiös.

Als ich in den USA studierte, in den späten 70ern, frühen 80ern des vergangenen Jahrhunderts, habe ich gestaunt, wie damals die College-Kids seinen „Steppenwolf“ verschlangen. Ich verstand das nicht.

Für mich war Hesse ein weltfremder Zausel aus dem verklemmt-pietistischen Schwarzwald, aus der Kleinstadt Calw – dort, wo die SPD-Vorsitzende Saskia Esken wohnt. Und nun also lese ich ihn und staune sehr: In seinem „Krieg und Frieden“ sind Essays gesammelt, die er im und nach dem Ersten Weltkrieg und auch kurz nach dem Zweiten Weltkrieg verfasst hat. Friedensmanifeste. Verzweifelte Rufe nach Verhandlungen. Schreie nach Frieden. Ich hatte so etwas von ihm nicht erwartet.

Kein Mitgefühl für die Menschheit

Verblüffend vieler seiner Sätze und Gedanken passen auf den Wahnsinn des aktuellen Ukraine-Kriegs, wenn auch die Ausgangslage nicht zu vergleichen ist: Damals war Deutschland der Aggressor, heute Russland.

Ein Beispiel für diese bedrückende Aktualität, sein Essay von 1917 „An einen Staatsminister“, Zitat (in Originalschreibweise):

„Ihre Rede war formgewandt, im übrigen ist sie nicht besonders neu, wichtig und provozierend gewesen. Sie sagte, auf das Wesentliche reduziert, so ziemlich dasselbe, was alle Reden aller Regierenden seit längerer Zeit zu sagen pflegen: dass man zwar im allgemeinen nichts sehnlicher wünsche als einen Frieden, als eine neue Einigkeit und fruchtbare Arbeit für die Zukunft der Völker, dass man sich weder bereichern noch Mordgelüste befrieden wolle – daß aber „der Augenblick für Verhandlungen“ noch nicht gekommen sei, und daß man also zunächst einmal tapfer weiter Krieg führen müsse. (…) Ihre Rede zeigt kein Mitgefühl für die Menschheit. Sie bedeutet, in kurzen Worten, einige zehntausend neue Menschenopfer.“

Im kulturellen Bereich geschehen seit einigen Monaten Dinge, faktisch seit Kriegsbeginn vor über einem Jahr, die man nicht für möglich gehalten hätte – sie passieren in der Ukraine, im Baltikum, in vielen Ländern hier in Westeuropa: Künstler, Schriftsteller, Tänzer, Sänger, Pianisten, Maler, Orchester, Musik-Bands werden ausgeladen, weil sie der Feindnation angehören oder als deren Agenten verdächtigt werden; sie werden boykottiert, ihre Werke werden aus Bibliotheken und Museen verbannt, Konzertsäle bleiben für sie verschlossen. Mit ihnen geschieht, was in Russland mit russischen Dissidenten passiert.

Nichts Neues im Westen, nichts Neues im Osten

In der Ukraine wurden und werden Klassiker wie Tolstoi und Tschechow, Puschkin und Dostojewski aus den Lehrplänen entfernt, mehr noch: Die Direktorin des Ukrainischen Buch-Instituts (UIK) erklärte schon vor knapp einem Jahr, dass nach ihrer Schätzung mehr als 100 Millionen Exemplare von „Propaganda-Büchern“ aus den öffentlichen Bibliotheken der Ukraine aussortiert werden müssten, darunter Klassiker der russischen Literatur. Überdies sollen auch Bücher von russischen Autoren, die nach 1991 veröffentlicht wurden, „konfisziert“ werden. Dies würde „unterschiedliche Genres betreffen, darunter Kinderbücher, Liebes- und Kriminalromane“.

Dass ein Land im Kriegszustand heftig reagiert, auch überreagiert – man kann es verstehen. Dass dieses Land aber Ende Januar fordert, russische Künstler von deutschen Spielplänen zu streichen: Das darf man nicht verstehen, das ist anmaßend.

Was da geschieht im nationalen Eifer – so schrecklich es ist, es ist nichts Neues, nichts Neues im Westen, nichts Neues im Osten. Es ist die Wiederaufführung eines Stücks, von dem ich gehofft hatte, es ist Geschichte.

Hermann Hesse notiert in seinem ersten Anti-Kriegs-Essay vom 3. November 1914:

„Da sind uns in letzter Zeit betrübliche Zeichen einer unheilvollen Verwirrung des Denkens aufgefallen. Wir hören von Aufhebung der deutschen Patente in Rußland, von einem Boykott deutscher Musik in Frankreich, von einem ebensolchen Boykott gegen geistige Werke feindlicher Völker in Deutschand. Es sollen in sehr vielen deutschen Blättern künftig Werke von Engländern, Franzosen, Russen, Japanern nicht mehr übersetzt, nicht mehr anerkannt, nicht mehr kritisiert werden. Also ein schönes japanisches Märchen, ein guter französischer Roman, von einem Deutschen noch vor Kriegsbeginn treu und liebevoll übersetzt, muss jetzt totgeschwiegen werden.“

Wie lange noch?

Hesse war entsetzt, und er registrierte, was auch heute wieder zutrifft, leider:

„Andere nehmen am großen Geschehen teil, indem sie den Krieg ins Studierzimmer tragen und am Schreibtisch blutige Schlachtgesänge verfassen oder Artikel, in denen der Haß zwischen den Völkern genährt und ingrimmig geschürt wird. Das ist vielleicht das Schlimmste.“

Und er fragt, verzweifelt:

„Aber wir anderen, wir Dichter, Künstler und Journalisten – kann es unsere Aufgabe sein, das Schlimme zu verschlimmern, das Häßliche und Beweinenswerte zu vermehren?“

Fragen von Hermann Hesse, im ersten Kriegswinter 1914 gestellt in seinem Essay: „O Freunde, nicht diese Töne!“

Damals dauerte der Krieg, das große Schlachten, das unendliche Leiden noch vier Jahre an.

Und heute? Wie lange noch?

Wie lange noch, meine tief-verzweifelte Frage an viele, zu viele Kollegen in ihrem „Studierzimmer und am Schreibtisch“. Die nach einem schrecklichen Kriegsjahr, das den so schrecklichen Begriff „Abnutzungskrieg“ wie selbstverständlich zurückgebracht hat, noch immer nach Waffen, noch viel mehr Waffen verlangen: „Kann es unsere Aufgabe sein, das Schlimme zu verschlimmern, das Hässliche und Beweinenswerte zu vermehren“.

O Freunde, nicht diese Töne, nicht schon wieder!

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19 Kommentare

  1. Ok. Die generelle Einschätzung Hesses teile ich mit Arno Luik, seine Essays zum Krieg verdienen natürlich Würdigung und sollten gelesen werden. Danke für den Hinweis. Dennoch halte ich etwa Tollers “Eine Jugend in Deutschland”, Kischs Reportagen (alle, aber besonders “Schreib das auf, Kisch!” ) für relevanter, auch Tucholsky natürlich.

    Aber nein, die Verbrechen der ukrainischen faschistischen Militärdiktatur “kann man” NICHT “verstehen”, nicht entschuldigen, so wenig wie die Bücherverbrennungen der Nazis. Dass sich die ukrainischen Nazis in ihrem selbstgewollten Krieg befinden, ist gewiss keine Ausrede. Ihre “Entrussisierung” ist teilweise radikaler als die “Arisierung” bis 1939.

  2. Die Verbotstour fahren die Ukrainer seit dem Putsch 2014. Der Anti-Maidan im Osten und Süden begann, weil die Bevölkerung über den Plan der Putschregierung empört war, russisch als Amtssprache abzuschaffen.

    Auch die ganzen Film-, Buch- und Musikverbote stammen aus der Zeit vor dem russischen Kriegseintritt. Bei Telepolis gab’s dazu jedes Mal Artikel. Mir kam das so vor, dass immer denn, wenn sich die Ukraine mit ihrer Politik gegen Russland nicht durchsetzen konnte, sie sich neue Schikanen bspw. gegen Schauspieler, die in Filmen mitgespielt hatten, die Russland nicht schlecht aussehen ließ, aussannen.

    BTW: Dass es zur Zeit in denn USA aber auch schon in Europa Banken zerbröselt, war doch eigentlich für Russland geplant. Den westlichen Banken gehen die Mittel aus, weil sie hinterrücks von Leitzinserhöhungen der Zentralbanken erwischt werden, weil sie zu viele Anleihen mit Niedrigzinsen im eigenen Depot haben, die sie nur mit enormen Kursabschlägen verkaufen können. Die Leitzinserhöhungen deklarieren die Zentralbanken als Inflationsbekämpfung, die wurde aber nicht durch zu viel Nachfrage ausgelöst, sondern durch die Öl- und Gassanktionen des Westens gegen Russland.

    Jens Berger hat das kürzlich sehr schön in einem Artikel dargestellt.

    BTW2: Streck schreibt bei Telepolis seit Monaten Artikel, die ganz begeistert von der Leitzinserhöhung sind.

    Der Westen ist an einem Punkt angekommen, wo die Politik selbstzerstörerisch ideologisch geworden ist.

    Ich hielt die Nato-Osterweiterung immer für aggressiv dumm und anti-zivilisatorisch. Bei der Anti-Terror-Opperation dachte ich noch, die Europäer merken langsam, dass das in die falsche Richtung läuft.

    1. Über die von Dir erwähnten Telepolis-Artikel von Streck hatte ich mich auch gewundert und war mir sicher, dass der damit grandios daneben liegt. Der liest zwar viel und gräbt allerlei interessante Details aus, aber versteht offenbar nur wenig davon.

      1. Natürlich liegt Streck, was das Ökonomische angeht, daneben. Und zwar einfach deshalb, weil man unter den gegebenen Bedingungen, was immer man vertritt, gar nicht richtig liegen kann. Ich habe schon vor anderthalb Jahren in zahlreichen Kommentaren mit der Skylla-Charybdis-Metapher beschrieben, dass sich die kapitalistische Ökonomie in einer auswegslosen Situation befindet. Inzwischen wird das auch vom Mainstream zögerlich bestätigt, allerdings ohne Bewusstsein dafür, was das bedeutet.

        Und ich schrieb auch, dass die ‘Lösung’ in solchen Situationen, dem Ende eines kapitalistischen Langzyklus, in einem Krieg zwischen führenden Mächten besteht und dass das wegen der heutigen Überwaffen erst recht in die Katastrophe münden würde (oder werde). Inzwischen sind wir auf diesem Weg anderthalb Jahre weiter. Es läuft wie immer.

        1. Und ich schrieb auch, dass die ‚Lösung‘ in solchen Situationen, dem Ende eines kapitalistischen Langzyklus, in einem Krieg zwischen führenden Mächten besteht …

          Nur damit hier keiner meint, dieser Satz von Ihnen sei eine eher theoretische Aussage: GFP: Kriegsvorbereitungen am Pazifik.

          Das bisschen Gemetzel in der Ukraine reicht noch lange nicht. Der Airforce-General Michael Minihan spricht öffentlich von seinem „Bauchgefühl“, dass es in Jahr 2025 zum Krieg zwischen „dem Westen“ und China kommen werde. Dass beide Seiten sich darauf vorbereiten ist ja jetzt nicht mehr zu übersehen. Unser liebes Schland mittendrin.

  3. Tja die eigene Nase: was passiert in Deutschland??? Und WARUM?
    Wir sind ja auch dabei Kultur zu bereinigen!! Und erschreckend: wie wenig “Kulturaffine” sich echauffieren!!!

  4. “Damals war Deutschland der Aggressor, heute Russland.”

    Kann man so schreiben, haben wir so in der Schule gelernt, ist aber nicht die Wahrheit.
    Die Fakten zum WK1:
    – Angriff auf den Thronfolger Österreich-Ungarn durch Serbien
    – Ultimatum Österreich-Ungarn durch Serbien
    – Beschluss zwischen Frankreich und Russland auf Seiten Serbiens in den Krieg einzutreten
    – Ablehnung des Ultimatums
    – Kriegserklärung Österreich-Ungarn an Serbien
    – Mobilisierung Russlands (als erste europäische Armee) für einen Angriff auf Deutschland
    – Deshalb Mobilisierung Deutschlands (gegen Russland)
    – Darauf Kriegserklärung Frankreich an Deutschland
    – Aufforderung an Belgien sich passiv zu verhalten und deutsche Truppen passieren zu lassen. Einmarsch in Belgien.
    – Daraufhin Kriegserklärung England an Deutschland
    – Der englischen Kriegserklärung folgen alle Kolonien.

    In knapp einer Woche haben alle Kriegsbeteiligten alle (deutschen) Vermittlungsversuche abgelehnt und sich gegenseitig den Krieg erklärt.

    Die Fakten zum WKIII:
    – Ukrainischer Angriff auf die Donbass-Republiken
    – Unabhängigkeitserklärung der Donbass-Republiken (nach europäischen Recht)
    – Beistandsersuchen
    – Militärhilfe durch Russland für die Donbass-Republiken
    – Wirtschaftskrieg der NATO gegen Russland

    1. Folgende Fakten gehören an den Anfang der Aufzählung:
      – vergeblicher Versuch eines neoliberalen Ausverkaufs Russlands durch die USA (nach Auflösung der Sowjetunion und des Warschauer Pakts)
      – NATO-Osterweiterung entgegen gegebener “Ehrenworte”
      – Putsch in der Ukraine auf Betreiben der USA
      (wohin sind die 5 Milliarden geflossen, vermutlich eher an rechtsnationale Kräfte, als an Kultur- oder Kleintierzuchtvereine, merke: “he’s a bastard, but he’s OUR bastard”)

      Bitte, danke.

    2. … es fehlt Maidan 2013-14, Victoria Newland [*Fuck the EU*] und US-EU-Imperialismus in Ost-Europa …
      Es liegt an uns westliche Aggressionspolitik zu stoppen, ich verwiese hier explizit auf China und die durch USA & EU vorangetriebene Aufrüstung …

    3. Das Ultimatum war an Serbien gerichtet. Die Kriegserklärung erfolgte offiziell, weil Serbien weil letzteres nicht alle Bedingungen erfüllt hatte, was durch Verhandlungen und/oder einen Kompromiss gelöst werden können. Speziell das Deutsche Reich wollte den Krieg. Österreich-Ungarn war eigentlich am Zweifen, weil es über die internen Spannungen und Instabilitäten ziemlich gut Bescheid wußte. Es war zumindest eine Provokation.

    4. Es ist gut Fakten aufzuführen.
      Die zum 1.WK aufgeführten stimmen insofern nicht, als es bis heute nicht nachgewiesen werden konnte, dass das Königreich Serbien mit dem Attentat zu tun hatte. Der TBC kranke Student Gavrilo Prinzip schloss sich einer studentischen Verbindung an, die sich vorrangig gegen die sozialen Mißstände in der Monarchie auflehnte. Ob er und von wem radikalisiert wurde, von welchem Geheimbund instrumentalisiert war und bleibt Spekulation.
      Namhafte deutsche und britische Historiker sehen die Gründe für den 1. WK in der fortwährenden “Konkurrenz” zwischen den damaligen Kaiser-und Königreichen Europas, ihren Kolonialgebieten-und Handel, etc.
      Was, um auf den Text von Arno Luik zurück zu kommen, Mahnungen Hesses, die heute wahrscheinlich als “Querdenker”, “Verschwörungstheoretiker”, “Schwurblerpazifist” und dergl. durchaus wieder mit Luiks Fazit: “O Freunde, nicht diese Töne, nicht schon wieder!”

  5. Dazu paßt das das Angedenken der sowjetischen Befreier nicht allein in Osteuropa sondern auch in Deutschland mit Füßen getreten wird – bei uns noch nicht mit der Schändung von Gräbern sowjetisch-russischer Gefallener oder Siegesdenkmäler der Roten Armee Russlands.

    Nein, es ist erst nicht neuerdings so, dass man in Deutschland den Rat erhält, wenn man Nazi-Kriegsverbrechen an sowjetischen Kriegsgefangenen nachgehen will, dass man das lieber bleiben lassen sollte. Glaubt ihr nicht? Ich hab den Fall persönlich mit einem hiesigen Stadtarchivar erlebt, der mir dies so beschied, auch mit dem Hinweis, dass bereits ein Journalist der Sache auf den Grund gehen wollte. Ich wollte es rein privat wissen….tja, Deutschland 2020 – lange vor dem Ukraine-Krieg.

    Was die Motivation solcher Aussagen eines mittlerweile pensionierten Stadtarchivars war? Ich kann nur spekulieren:

    Versteckte Ängste über ein eventuelles längst vergessenes Kriegsverbrechen? Desinteresse? Russenhass?

    Ich weis es nicht, aber ich hielt mich bis heute an den Rat – mein Vater, und seine Schwester, wurden mit diesen ausgehungerten, zerlumpten und unwürdig behandelten sowjetischen Kriegsgefangenen übrigens noch zu Lebzeiten konfrontiert

    Mein Vater ist mittlerweile schon seit 17 Jahren tot, aber seine Schwester ist bald über 95 Jahre alt, und kann sich daran noch recht gut erinnern….

    Mein Vater war ein Kind, aber her hat die Begegnung nie vergessen, weil er, wie Kinder so sind, eine Tat aus reiner Nächstenliebe beging an diesen sowjetischen-Kriegsgefangenen, die Hunger hatten und nichts zu essen bekamen von ihren Bewachern… soviel sei verraten….und das meine ersten Worte auf russisch “stoj” und “stoj pan” waren.

    Nichts für ungut, aber darauf wollte ich auch noch einmal hinweisen, was bereits 2020 – lange vor dem Ukraine-Krieg 2022/2023, – Usus in “westdeutschen” Archivars- bzw. Amtsstuben ist, und war….. die sowjetischen Kriegsgefangenen waren nicht weit von der deutsch-französischen Grenze interniert…..meine Vermutung, die halfen, zwangsweise, deutschen Unternehmen…..Zwangsarbeiter eben….kann auch am sogenannten “Westwall” gewesen sein, aber das muss mal ein Historiker recherchieren….

    Gruß
    Bernie

  6. “Dass ein Land im Kriegszustand heftig reagiert, auch überreagiert – man kann es verstehen.”
    Einspruch! Nein, das kann man, das darf man nicht verstehen! Die Ukraine ist wahrlich nicht das erste und einzige Land der Welt, das von einem anderen angegriffen wurde, aber so eine primitive, menschenverachtende, entmenschlichende, rassistische Sprache und Gedankenwelt, wie sie der ukrainischen Führung zueigen ist, ist mir bisher nur ein einziges Mal begegnet: 1994 beim Völkermord an den Tutsi in Ruanda.
    Wenn man das in der Ukraine an den Kriegszustand schiebt, dann beschönigt und leugnet man, dass der ukrainische Staat vom Hause aus ein riesiges Problem mit seinen zutiefst faschistoiden, hypernationalistischen Gruppierungen hat – das Ergebnis des Leugnens sieht man ja gerade.

    1. @Hekla

      Mag schon seit mit Ruanda, aber was die Sprache angeht da denke ich bei der Ukraine doch eher an unsere NS-Vorfahren, und deren Sprache gegen “Slawen” – womit, eine Ironie der Geschichte, auch die UkrainerInnen gemeint waren, die den “deutschen Herrenmenschen” im Weg waren bei der “Besiedlung der Ostmark”….

      Ja, ich weis längst vergessen, aber man kann nicht oft genug darauf hinweisen, dass vieles dem NS-Vokabular gegen “slawische Untermenschen” ähnelt, was die UkrainerInnen um Selenskij gegenüber den “Orks” (wie sie die Russen nennen) äußern…..nur das sich die Geschichte der Bandera-Leute diesmal als Farce wiederholt…..ihre Vorfahren wären sicher nicht stolz auf ihre Nachfahren um Selenskij, und damit meine ich nicht Bandera & Konsorten, sondern UkrainerInnen die Opfer von NS-Massenmördern und Kriegsverbrechern wurden bzw. als Soldaten in der Roten Armee gegen die Wehrmacht der Nazis – und deren Kollaborateure um Bandera herum – kämpften….

      Zynische Grüße
      Bernie

  7. Danke für die Erinnerung an die Essays von H. Hesse. Für ihn gilt, sowie für einige anderen Dichter die “Zeitlosigkeit” ihrer Werke. Das macht sie zu wirklich Grossen. Das Verstehen dieser grossen und grossartigen Werke nimmt mit dem Alter der Leser zu. “Siddharta” im Schulalter zu lesen, irgendwann später und dann im Alter 60+ eröffnet Perspektiven, die selbst mein Gymnasiallehrer nicht erkannte.
    Das gilt u.a. anderem auch für Dostojewski, den hierzulande viele als Kritiker des zaristischen Russlands einordnen, selten oder so gut wie nie aber die Beschreibungen seiner Aufenthalte im Ausland. Die excellente Charakterisierung der damaligen Gesellschaft findet man, wenn man will in deutscher, französischer und auch in amerikanischer Literatur.
    Ähnlich bei Tolstoi und seinem “Krieg und Frieden”, den z.B. Thomas Mann für den grössten Dichter hielt.
    Das Werk selbst steht für “zeitlose” geopolitische, koloniale, Krieg-und Raub-“Kultur”, von Gier-und Machtbesessenheit durchtriebene “Weltpolitik”, die damals, zuvor (Rom) und nicht anders heute, ungeachtet grossartiger Friedens-Errungenschaften, nach dem 2.WK zunichte macht.
    Geht man jedoch voreingenommen ans Lesen eines jeden Werks, auch eines “Zauberbergs” sucht man förmlich nach Stereotypen, sucht die Bestätigung sozialisierter Vorurteile.
    In allen diesen hervorragenden Werken werden Menschen innerhalb ihrer Zeit und Gesellschaftsstrukturen beschrieben.

  8. Natürlich ist Hesse lesenswert. Noch ergreifender und authentischer finde ich persönlich aber nach wie vor Wolfgang Borcherts “Draussen vor der Tür”.

    Stakkatoartig, roh, ungeschliffen. Besser geht es nicht, egal was Jan Philipp Reemtsma später dazu schrieb.

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