Konsensfabrik, Schiffbauerdamm 40, 10117 Berlin

Bundespressekonferenz
© Vincent Eisfeld / vincent-eisfeld.de

 

Die Bundespressekonferenz ist die Clearingstelle der deutschen Konsensfabrik. Die einzige Erkenntnis, die kritischer Journalismus dort erzielen kann: Die Bundesregierung ist lächerlich.

Die NachDenkSeiten haben sich erfolgreich in die Bundespressekonferenz zurückgeklagt. Florian Warweg ist nun wieder mit von der Partie – letzte Woche saß er dort und fragte nach Scholz‘ Rolle im Warburg-Skandal. Hat er nun gelogen oder nicht, wollte Warweg wissen. Antwort: »… es ist jedem unbenommen, dazu sich zu äußern […] Es obliegt den jeweiligen Behörden, das zu beurteilen und das werde ich an dieser Stelle nicht tun«.

Außerdem hätte er gerne gewusst, warum das Bundesfamilienministerium eine Plakat- und Flyerkampagne unterstützt, die sich gegen die NachDenkSeiten ausspricht, weil diese angeblich »Putin-Propaganda in Deutschland« betreibe – so auch der Titel der Kampagne. Antwort vor der Bundespressekonferenz: Man wisse darüber gar nichts, reiche aber die Antwort nach – ob sich allerdings die NachDenkSeiten wirklich im linksliberalen Milieu verorten lassen, wie Warweg argumentierte, ließen die Antwortgeber offen.

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Fakten? Nee: Fuck them!

Man denke zurück, als Boris Reitschuster von der Bundespressekonferenz berichtete. Er stellte viele Fragen – aber Antworten gab es keine für ihn. Oder anders: Es gab Antworten – aber keine Beantwortungen. Dazu ist die Bundespressekonferenz auch nicht gemacht. Sie soll simulieren, dass die Bundesregierung das Gespräch mit dem Journalismus sucht, transparent arbeitet, die Meinungsfreiheit ernst nimmt.

Inhaltlich ist sie ohne Bedeutung, sie liefert keine Fakten. Ihre Antworten sind eher so ein freches »Fuck them!« – gerichtet an die wirklich neugierigen Journalisten: Leuten wie Warweg zeigt man den Stinkefinger. Die anderen, die aus den Hauptstadtstudios und -redaktionen dorthin eilen, stellen gefällige Fragen, die keine Faktenlage zur Erwiderung benötigen. Sie schreiben die Statements mit, die man dort verkündigt.

Die Bundespressekonferenz ist die an der Spree, Am Schiffbauerdamm 40, in 10117 Berlin aus dem Boden gestapfte Konsensfabrik: Hier haben Journalisten einen Konsens herzustellen, der zu Befriedung einer überbordenden Debattenkultur dient – wenn Debatte, dann bitte nur für randständige Themen. Wer zu provokant fragt, der fliegt eher mal: Denn die Bundespressekonferenz ist nicht der Ort, an dem so nachgefragt wird, dass sich die Bundesregierung um Antwort bemühen muss. Sie will keine Mühe haben. Mit den Vertretern der Mainstreammedien, die ins System eingebettet sind und sich auch aus ökonomischen Gründen keinen allzu kritischen Geist leisten können, hat man da eine modus vivendi gefunden. Der ist zwar nicht gut für die Demokratie, aber dient der Simulation von Transparenz und Mitspracherecht, in der wir uns befinden.

Nützlich nur, um Regierung vorzuführen

Das Fragen und Antworten hat sich bei dieser Veranstaltung im Laufe der Jahre austariert; es hat sich eine gewisse Liturgie des »Leben und leben lassens« ritualisiert. Ganz so, als sei es der Optimalfall, wenn sich Journalismus und Politik gut verstehen. In der Bundespressekonferenz bekommt der hiesige Journalismus Anregungen, welche Deutungen er bei gewissen Themen übernehmen darf und wo er sich auf Abwege begibt.

Es ist ehrenvoll, wenn Journalisten wie Florian Warweg oder Tilo Jung sich dort vorwagen, um gewissen Antworten auf Fragen zu erhalten, die sonst noch nicht einmal gestellt würden. Aber dass das Licht ins Dunkle bringen würde, sollte man nun wirklich nicht annehmen.

Kritischen Reportern kann die Bundespressekonferenz nur für eine Sache dienlich sein: Um die Simulation von Demokratie, in die sich die Bundesregierung seit Jahren geflüchtet hat, offenbar und auch lächerlich zu machen. Indem man Antworten unbeantwortet lässt, sich windet, sich herausredet, auf dumm macht, herumdruckst und um den heißen Brei schwadroniert, macht die Bundesregierung nämlich vor der Bundespressekonferenz eines dann doch deutlich: Sie ist weder transparent noch daran interessiert, Teilhabe durch Informationsgewinnung zu gewähren.

Keine Antwort: Auch eine Antwort

Die Bundespressekonferenz ist journalistisch also nicht sachlich und inhaltlich verwertbar, sondern bestenfalls symbolisch – indem man sie vorführt, sie in die Enge treibt und für alle interessierten Augen und Ohren deutlich macht, dass da jemand nicht um Aufklärung bemüht ist, sondern um medienwirksame Vertuschung durch Transparenzinszenierung. Im Grunde ist die Bundespressekonferenz eigentlich nur destruktiv verwertbar, ein konstruktives Element wohnt ihr keinesfalls inne.

Man muss die Bundespressekonferenz so, wie sie heute stattfindet, als Versuch betrachten, dem Journalismus im Lande eine Leitlinie, ja eine gewisse journalistische Leitkultur zu verpassen. Sie soll die Berichterstattung leiten und lotsen und deren Stoßrichtung bündeln.

Bevor diese Zeilen falsch verstanden werden: Natürlich ist Florian Warweg zu gratulieren, dass er mit den NachDenkSeiten wieder dort vertreten ist. Auch wenn er dort keine Erkenntnisse erzielt, keine Fakten sammeln, keine Antworten bekommen kann, die sonst nirgends erhältlich sind: Er leistet ja dennoch Aufklärung, indem er dort vor Ort ist – und Fragen stellt, auf die es keine gescheite Antwort geben kann, weil gescheite Antworten nicht für die Adresse Schiffbauerdamm 40, 10117 Berlin vorgesehen sind. Zu sehen, dass man laviert und versucht ist, nicht in medias res zu gehen, ist im Grunde auch eine gescheite Antwort, denn es verrät alles über den eingebundenen Journalismus und die Politfunktionäre in der Berliner Republik.

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18 Kommentare

  1. ” Er leistet ja dennoch Aufklärung, indem er dort vor Ort ist – und Fragen stellt, auf die es keine gescheite Antwort geben kann..”

    So ist es.

  2. Es ist wichtig, dass Florian Warweg dort ist, auch wenn er nur unzureichende Antworten erhält. Auch eine unzureichende Antwort ist gibt einen Einblick in die BPK.

    1. Ein Besuch der Veranstaltung lohnt sich nur dann, wenn man eine besonders erschütternden Sachverhalt ermittelt hat, um dann die Zeugenaussagen der Betroffenen, z.B. ukrainische Opfer deutscher Waffen, deren Aussagen direkt gegenüber zu stellen zu der Verachtung der PR-Leute vom BPK für die Opfer.

      Die setzen doch hauptsächlich auf dem Spruch: 50 % of success is showing up und permanente Wiederholung. Sie geben die Briefings für Stenographen, die dann permanent Regierungspropaganda wiederholen.

      Überhaupt würde sich mal lohnen die Tätigkeit des gesamten Bundespresseamtes zu durchleuchten. Die haben nämlich viele Leichen im Keller nicht nur die BPK. Dazu bietet sich auch ein Vergleich zum Reichsministerium für Propaganda an. Das wäre mal eine Kolumne, wo man eine ganze Menge Neues erfahren könnte, ohne die Gefahr in einen Alltagstrott zu verfallen, wo man über die neusten Sünden vom enfant terrible hadert.

      1. @cui bono👍👍👍
        .
        Hofberichterstattung lohnt sich.
        Laut der geheimen Übersicht handelte es sich bei “Anne Will” in den vergangenen Jahren um das teuerste der drei Talkformate im Ersten. Kalkuliert wurde demnach mit jährlichen Gesamtkosten von rund 7,5 Millionen Euro. Das macht für jede der 30 Sendungen etwa 250.000 Euro – mehr als 4100 Euro pro Minute.”

        Maischberger handelte neben dem Produktionsvertrag für ihre Firma Vincent Productions, deren Anteile zu 80 Prozent bei ihr liegen (die übrigen 20 Prozent hält ihr Mann), einen gesonderten Moderationsvertrag aus. Der Kontrakt bringt ihr laut der internen Dokumente für 34 Sendungen im Jahr insgesamt 795.000 Euro ein. Daneben bekommt Maischbergers Produktionsfirma rund 2,3 Millionen Euro pro Jahr für die redaktionellen Arbeiten.”

        1. @Otto0815
          Also, ob Ihre Grundhaltung nicht überdeckenswert ist?!😉😉

          Wie kommen Sie dazu, ein MEHR an Informationen (HIER) kund zu tun?
          Da wedelt doch der Schwanz mit dem Hund – tztztz.
          Nun gut – die Daten waren auch mir bekannt, aber ich käme ja niemals nicht auf die Idee, von OT solch’ Nebensächlichkeiten zu erwarten.
          Nein – alles schön seicht, leicht verdaulich und schlaffördernd!😁🤫🤪

  3. Ja, Stenographen der Macht. Sie schreiben das auf, was die Regierung gerne berichtet haben möchte im exakten Wortlaut wie die es möchten. Besonderes Beispiel einer Hofschranze und Stenograph ist auch Hans Jessen, der Edeljournalist, Journalistenausbilder und ehemalige Propagandasprecher der Tagesschau. Der hat den neuerdings blondierten Tilo Jung auf Linie gebracht mit viel Nudging und dezenter Beseitigung von kritischen Stimmen.

    Neu sind diese Erkenntnisse allerdings nicht. Man hätte sich diesen Musikantenstadl für geistig arme Nationalisten auch vor Jahren anschauen können für nicht einmal eine Sitzung, um zu verstehen, was da passiert.
    Damals war die Luxus-Chebli, die mittlerweile das schlechteste Buch Deutschlands geschrieben hat, am Werk oder ein Hans Jessen-ähnlicher Typ, ein kleiner Schleimer, der Saudi Arabien als Königreich bezeichnete, so wie Großbritannien. Damals gab es noch die Jung & Naiv Ultras, die das Material verwursteten. Heute wird nur noch stenographiert bis zum Endsieg. Wir sind ja im Krieg gegen Russland.

    Bezeichnend ist auch immer, wenn ehemaliges Personal durch die Drehtüre geht, oft sogar vor und nach dem Job als “Diener” Deutschlands. Diese Jobs als Sprecher für Verbrecher sind auch so schlecht bezahlt, da muss man eben noch in der Privatwirtschaft etwas dazuverdienen, egal wie laut der neue Job INTERESSENSKONFLIKT schreit.

    Tja, die Kolumne ist einige Jahre zu spät dran. Gut, der aktuelle Hinweis auf den gerichtlichen Sieg von Herrn Warweg und dass sich da nichts geändert hat. Die Beschreibung ist auch in Ordnung, sollte aber noch stärker die Unterwürfigkeit und das Hofschranzentum, bzw. die PR-Heimtücke herausstellen. Allerdings ihre Worte auseinanderzupflücken, gibt ihnen schon viel zu viel Aufmerksamkeit. Wenn der Herr Warweg schlau ist, nützt er seine restliche Zeit bis er wieder rausgeworfen wird möglichst maximal.

    Der wird wieder rausgeworfen. Das ist auch das Einzige, was man in so einem Scheißladen tun kann – sich rauswerfen lassen. Ich genieße sowas immer, wenn Zwerghähne und Kleingeister einen auf dicke Hose machen. Das ist immer eine lustige Tragödie, wo man live dabei sein kann.

    1. Hallo Georg, in Sachen Hans Jessen volle Zustimmung! Den habe ich schon geraumer Zeit auf dem Kieker. Ein Wolf im Schafspelz. Hat alle Tricks der Demagogie voll drauf: Diskreditierung, Herrschaftssprache, Ablenkung, Verunsicherung durch miese Gegenfragen und und und…

  4. Peterchens Fish Gape, daß ganze ist so interessant wie der Aquarium Dialog im Sinn des Lebens.

    Gibt’s da eigentlich Schnittchen für die Hungrige Meute der Presse Haie?

  5. Embedded Journalism. Das ist Neusprech für Hofberichterstattung. Es soll Journalisten geben, die ihre Karriere auf diesem korrupten System aufbauen.

  6. ‘völlig losgelöst von der Erde fliegt die politische Inszenierung und das Traumschiff völlig schwerelos’ über die Köpfe der Republik hinweg.
    “Fuck Them” ist wahrlich die richtige Bezeichnung für den Umgang mit seinen Leuten.
    Is nu ma so und die meisten laufen mit.

  7. @Lapuente

    Gut daß auch Ihnen etwas zur aktuellen Bundesampelregierung nicht verborgen geblieben ist: sie ist “lächerlich”. Freilich ist sie auch, angeführt vom SPD-Rechtsadvokaten aus Rahlstedt, eine gefährliche Polittruppe von Yankeehiwis.

    Auch wenn´s heuer hierzulande kein “Gelächter von unten”[1] über diese Politfiguren da oben gibt und´s machtpolitisch nicht unmittelbar wirksam sein würde – so sinnvoll wie nötig wär`s schon mit Blick auf das gesellschaftliche Grundverhältnis des “Ihr da oben – Wir da unten” wie vom Autorenduo Engelmann & Wallraff 1973 im gleichnamigen Buch beschrieben.

    [1] https://www.untergrund-blättle.ch/kultur/kunst/gelaechter-von-unten-3031.html

  8. Die Journalisten kommen zu gut weg.
    Wenn sie die Regierung beuteln würden, sähe es sicher anders aus.
    Deshalb ist diese Pressekonferenz verdient, so wie sie ist.
    Das Ganze ist ein Trauerspiel.

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