Nachdem immer mehr Menschen im Lande den Eindruck haben, dass wir von Dilettanten regiert werden, liest man wieder häufig, dass eine Regierung von Fachexperten viel besser wäre. Dieser Schluss ist jedoch falsch.
Die Bundesregierung sollte zurücktreten: Diese Forderung liest man mittlerweile häufig in den sozialen Netzwerken. Dort wirft man ihr auch Unfähigkeit und Inkompetenz vor. Vorwürfe, die natürlich nicht aus der Luft gegriffen sind. Man höre nur einer Baerbock-Rede zu, staune nur über ein Faeser-Statement oder lausche einem Habeck-Plan: Man spürt sofort, dass die nicht wissen was sie tun. Für viele, die das durchschaut zu haben glauben, gibt es daher nur einen richtigen Schritt nach diesem Rücktritt: Fachmänner und -frauen sollen übernehmen.
Denn die wissen ja was sie tun, wovon sie sprechen, wie sich Reformen, Maßnahmen, Gesetzesänderungen auswirken. Sie haben Expertise. Fachkenntnisse. Haben ihr Metier von der Pike auf gelernt. Das kann doch nur gut sein. Jedenfalls liegt dieser Schluss nahe. Wenn man das aber durchdenkt, wird schnell klar: So eine Expertenadministration ist weder eine gute Idee, noch wäre sie besonders demokratisch. Und so ein bisschen »Expertenregierung« haben wir ja eigentlich schon seit Jahrzehnten.
Für einen, der nur einen Hammer kennt, sieht alles wie ein Nagel aus
Als vor einigen Jahren in Italien eine sogenannte Expertenregierung ins Amt gelangte, jubelte der damalige neoliberale Mainstream quer durch Europa noch erregt. Denn Italien kannte keine Parteien mehr – nur noch Experten. Und so bekam das Land eine Regierung parteiloser Fachleute unter der Führung von Mario Monti.
In wirtschaftlich schweren Zeiten denen das Ruder zu übergeben, die von Ökonomie auf irgendeine akademische Art und Weise Ahnung haben, aus dem Bankwesen oder der Versicherungsbranche stammen, sei das vernünftige Gebot der Stunde, hieß es damals. Denn Leute mit Abschlüssen und Berufserfahrung in diesen Branchen seien eine Garantie für fachliche Richtigkeit. Links des Mainstreams machte man sich seinerzeit ob dieser Freude noch Sorgen. Beinhaltete Politik zu machen nicht mehr als Fachexpertise?
Denn politisch zu entscheiden ist etwas mehr, als das bloße Abspulen von Fachkenntnissen. Man braucht Umsicht. Die italienischen Experten um Mario Monti sparten seinerzeit an ihrem Land. Aus der Warte ihrer angebotsorientierten Weltsicht lagen sie damit sicher nicht falsch. Wenn man sich die Gesellschaft als Betrieb vorstellt, bleibt halt nur diese eine Wahl. Leute, die als Werkzeug nur mit einem Hammer umgehen können, werden jedes Problem als Nagel betrachten: Fachidiotie nennt man das wohl.
Denn deren Konzepte trafen eben nicht nur den Staatshaushalt, sondern allerlei andere Bereiche; sie tangierten etwa gesellschaftliche Fragen oder kulturelle Aspekte, auch ethische Betrachtungsweisen und die allgemeine Befindlichkeit und Zufriedenheit: Das muss man im Auge haben, wenn der Experte, der nur in seinen Kategorien denken kann, ans Werk geht. Dieselbe Warnung, nur leiser, nur sehr viel zögerlicher als damals, als Monti Ministerpräsident seines Landes wurde, gab es im Frühjahr 2020: Damals gab man der Virologie den Gestaltungsauftrag in die Hand.
Ruf nach der endgültigen Elitendemokratie
Was dabei alles außer Acht gelassen wurde, heute kann man offener darüber sprechen. Wenn auch nicht gänzlich ungeniert. Ein Blick in die Evaluation der Maßnahmen beweist aber, dass Fachleute keinen Sinn dafür haben, einen Blick für sämtliche Bereiche zu pflegen, so wie es die Politik eigentlich müsste. Denn der Fachidiot kennt freilich nur sein Metier wirklich gut. Für Fragen, die über sein Fach hinausgehen, ist er eben kein Experte. Wer von Experten regiert oder verwaltet werden will, übergibt das Steuer an Leute, die immer mehr über immer weniger wissen, bis er am Ende von nichts alles weiß – so behauptet es zumindest ein bekanntes Bonmot nicht ganz zu unrecht.
Ein solches Konzept, nur stets jene in ein Ministeramt zu kooptieren, die auch Ahnung von der Substanz haben, auf die es in dem Ressort ankommt, mag verlockend sein. Aber im Hinblick auf die »gesellschaftliche Dimension«, die ein solches Amt mit jeder Entscheidung annimmt, ist die Verlockung nur von sehr oberflächlicher Betrachtung.
Überhaupt ist dieser Gedanke hochgradig antidemokratisch. Er zielt ja quasi darauf ab, eine Expertenkaste zu generieren, die sich die politische Macht aufteilt. Für Menschen, die aus Berufsfeldern stammen, die nicht prädestiniert dafür sind, Expertisen anzufertigen, rückte so die politische Teilhabe in entfernte Gefilde. Oder gibt es etwa ein Ministerium für Schreinerei, in dem ein Schreiner dann Minister sein darf? Oder wird man anerkennen, dass eine vormals arbeitslose Ungelernte eine ausgezeichnete Arbeitsministerin abgeben würde?
Tatsache ist doch, dass wir schon heute unter einem massiven Mangel bestimmter Berufe im Bundestag leiden. Gefühlt haben wir schon eine Expertenkaste am Ruder, im Regelfall ist es die Anwaltschaft, die in die Politik drängt. Hat ihre Anwesenheit etwa zu mehr Rechtssicherheit bewirkt und für bessere Gesetzesentwürfe gesorgt? Böse Zungen behaupten das Gegenteil, sie glauben, dass nie zuvor so dermaßen juristisch gestümpert wurde, wie in der letzten Dekade. Warum sie also besser geeignet sein sollen für das Justiz- oder Innenministerium als einer, der mit seiner Hände Arbeit sein Auskommen sucht, lässt sich aus den Erfahrungen der letzten Jahre nun wirklich nicht ableiten.
Arzt und Gesundheitsminister: Der größte Fachmann aller Zeiten?
Wem das nicht genug Entzauberung der Expertenkaste ist – bitte sehr: Wir haben den größten Fachmann aller Zeiten im Gesundheitsministerium sitzen. Keinen Bankkaufmann wie vorher. Keinen Verwaltungsmenschen wie weiland Horst Seehofer oder Rechtsanwalt wie Hermann Gröhe einst: Nein, einen richtigen Arzt, einen Mediziner und gefühlten Wunderheiler. Kann man denn kompetenter im Sinne dieses Amtes sein?
Ja, kann man! Denn so ein Gesundheitsminister braucht ja an kein Krankenbett eilen. Er muss dafür sorgen, dass es welche gibt. Und dass um diese Betten auch Menschen stehen, die ihrer Profession nachgehen können. Überhaupt muss er sich darum kümmern, dass es Häuser gibt, in denen diese Krankenbetten dann stehen können. Ob der zuständige Minister nun weiß, wie er eine Gürtelrose behandeln muss oder welche Hormone sich wie auswirken, ist gar nicht von Bedeutung. Er sitzt ja in seinem Büro und läuft nicht bei der Visite mit.
Karl Lauterbach wurde in sein Amt befördert mit den Vorschusslorbeeren, die Experten heute zuweilen ernten. Als Doktor glaubte man da den richtigen Fachmann installiert zu haben. Wodurch er in der Vergangenheit geglänzt hat, war aber nicht medizinische Expertise, sondern Gesundheitsökonomie. In den letzten Jahren wurde er durchgehend als Gesundheitsexperte vorgestellt – in den frühen Jahren seiner Laufbahn, als er noch für die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt wirkte, hieß man ihn auch noch Gesundheitsökonom. Und als solcher wurde er, der Herr der Fallpauschalen und Klinikprivatisierungen, damals auch tätig.
Daran zeigt sich, dass es immer irrelevant war, ob der Mann nun Mediziner ist oder nicht. Bestenfalls hat ihm dieser Rang das Feigenblatt geliefert, um Sparpolitik zu treiben und zu forcieren. Ob das Gesundheitssystem nun so viel schlechter wäre, wenn eine ehemalige Kassenkraft zu Ministerweihen käme, darf munter bezweifelt werden. Womöglich hätte die mehr Bezug zu den Missständen, die in den Praxen und Krankenhäusern herrschen, als der gemeine Fachmann.
Wir würden uns freuen, wenn Sie uns unterstützen würden: Klick hier.
Also ich glaub nicht an den Great Reset oder die Kreative Zerstörung. Um die Verhältnisse zu verbessern!
Diese Eliten sind nur Korrupte Trottel die in ihrer Hybris den Hals nicht vollgenung Bekommen können. Und glauben das ihre Seelen Unsterblichkeit erlangen!
Es gibt allerdings einen Unterschied zwischen Nicht-Expertentum und fortwährendem Dilletantismus.
Bislang war nämlich der Aspekt “Lernfähigkeit” erwartete bzw gesetzte Voraussetzung für die Eignung um in administrativen oder Entscheider-Posten fehlendes eigenes Spezialistenwissen aufzuwiegen. Mal abgesehen von den nachgeordneten Ebenen, die früher mal genau dieses Expertenwissen lieferten.
Heute sitzen da bis in die untersten Ebenen nur noch Parteischranzen ohne jede Sachkenntnis, die für passendes Abstimmungsverhalten belohnt werden mussten. Passend zur ideologischen Vernagelung der Führungsebene ist von dort also nicht nur kein Eperten-Input mehr zu erwarten, vor allem aber auch keinerlei Widerspruch zur gerade geltenden ideologischen Ausrichtung des Amtes.
Das Leute wie Habeck und Baerbock keine Ahnung von Irgendwas haben, ist das Eine. Dass die ersichtlich aber auch über keinerlei Lernfähigkeit verfügen und auch keinerlei Korrektiv, weder im eigenen Amt, noch – wie weiland – in den Medien, ist wirkliche Ursache des Gasgebens bei voller Fahrt auf die deutlich sichtbare Betonwand.
Und hier analog zum Corona-Klabauterbach, dessen “Expertentum” im Übrigen auch nur auf dem Papier existiert: der Mann ist gelernter Gesundheitsökonom. Und hat seit dem letzten Fiasko auf dem Sektor unter “Ulla” Schmidt. zu dem er höchstpersönlich reichlich zuarbeitete, absolut gar nichts dazu gelernt. Sofern man nicht ohnedies gleich davon ausgeht, dass der tatsächlich eine Agenda im Auftrag und zum alleinigen Nutzen der Industrie abfährt.
Ähnliches könnte man aber auch über Habeck, Baerbock und Scholz vermuten. Stichwort: “dienende Rolle” und deren Ergebenheitsadressen Richtung WEF und USA. Dann aber müsste man konstatieren, dass die nicht einfach dilletieren, sondern zielgerichtet zum Schaden des Landes und seiner Bevölkerung bösartig agieren… und das wäre ja “delegitimieren”. Gelle, Frau Faeser ?
Der Experte sieht nicht das Ganze und ist nur ein Schräubchen im Getriebe der Maschine.
Deshalb keine Macht den Fachidioten. Und davon gibt es eine Menge. Und es gibt jede Menge gekaufter Experten.
Die beste Staatsform ist immer noch die, die mit den wenigsten Gesetzen auskommt.
Die Kunst gut zu leben ist nämlich ganz einfach zu lehren: ” Man darf nur nicht zu viel begehren.”
Wirkliche Fachleute leben in ihrem Element. Die haben gar keine Lust auf Politik. Politik ist ihnen zu dumm.
Wer sich da selber als Experte verkauft, kann getrost vergessen werden.
Spezialisten gibt es genug, uns fehlen die ‘generalistischen Denker’.
Leider ist die westliche Menschheit verblödet. Sie kann nur noch konsumieren. Zusammenhänge versteht sie nicht mehr. Diese Zusammenhänge fehlen uns. Geld kommt aus dem Automaten. Fernsehen, Verreisen und Internet-Film ist gegen Langeweile und ‘die wissen schon, wie es funktioniert’. Menschlicher Kontakt geht nicht mehr wegen Viren, aber wir haben ja soziale Medien, in denen jeder ins Leere schreit.
Wenn die Dummen die Mehrheit bilden ist die ‘Abzähl-Demokratie’ keine Lösung. Alles spricht für den guten Diktator.
Lieber Lapuente,
freilich liegen Sie gleich doppelt richtig: in der Tat sind diese Bundesregierenden durch die Bank Stümper, teilweise auch Schwindler. Und wer vom Mangel an qualifizierten Personal in D generell schwadroniert – muß sich nur die beiden Obersten anschaun: ´n Akvokat aussm Parteiapparat seit Jusozeiten als No. 1 und ´n Kinderbuchautor als No. 2.
Und zur Wissenschaftsgläubigkeit im allgemeinen, die heuer in D wiederaufkommt: bereits 1980 kritisierte Walter E. Richartz in seinem brillianten Satireroman “Reiters Westliche Wissenschaft” (diogenes) die US-Naturwissenschaft als so engstirnig wie machtkorrumpiert.
Diese Sicht ergänzend, zitiere ich aus dem Vorwort von des Wiener Forschers Paul Feyerabend “Wissenschaft als Kunst” (suhrkamp 1984): “Ich gerate schon seit langem in Wut, wenn ich sehe, mit welch überheblicher Arroganz viele Intellektuelle Vorstellungen beiseiteschieben, die ihnen nicht in den Kram passen, obwohl sie dem Leben vieler Menschen Inhalt und Sicherheit verleihen. Tausende von akademischen Rotznasen kassieren mit Wohlgefallen ihre großen Gehälter ein, ohne Dankbarkeit, ohne ein Gefühl der Verpflichtung jenen Menschen gegenüber, die ihr Vertrauen in sie setzen, ohne einen Sinn für Perspektive.”
Dem möchte ich Anfang Sept. 2022 nichts hinzufügen.
Gruß, Brian
Lieber Brian,
danke für Ihre Rückmeldung. Wie Sie Ihren Kommentar hier beenden, das finde ich gut. Also dieses: “Dem möchte ich Anfang Sept. 2022 nichts hinzufügen.” Es ist momentan besser, das im Grunde immer hinzuzufügen, denn die Zeiten sind so abgedreht, dass mein Geschwätz von gestern morgen schon höchstfalsch sein kann. Eine gute Absicherung ist es in jedem Falle.
Als Lehrer weiß man: “Der Herrgott hat’s nit gleich verteilt… Weder unterhalb noch oberhalb der Halswirbel.” Das sagt nichts über den Wert eines Menschen aus, sehr wohl aber über seine Eignung für bestimmte Tätigkeiten.
So wie beispielsweise vor Aufnahme einer Pilotenausbildung ein Bewerber härteste Tests seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit bestehen muss, um der hohen Verantwortung in jeder Situation gerecht werden zu können, wäre es vorstellbar, bei Berufen mit noch ungleich höherer Verantwortung (also für ganze Bevölkerungen) ähnliches, natürlich nur auf geistigem Gebiet und selbstverständlich 100% transparent, zu verlangen.
Das aktuelle System befördert narzisstische Selbstdarsteller, die es gelernt haben, in sozialen Systemen nach oben zu schwimmen, kluge und (deswegen?) bescheidene Menschen haben wenig Chancen.
Ein gesellschaftlich diskutiertes und akzeptieres Mindestanforderungsprofil für Leitungsfunktionen ab einer bestimmten politischen Ebene könnte hier möglicherweise einen Weg darstellen.
Wer angesichts dieses Vorschlags aufschreit, dem sei entgegengehalten, dass eine Vorauswahl nach Geschlechtsmerkmalen aktuell gang und gäbe ist, obwohl deren Aussagekraft bezüglich einer Eignung für Führungspositionen sicher weit geringer ist als intellektuelle Kompetenzen.
Der Marshall Plan hatte einen Grundstein gelegt und über die Dekaden hinweg bis zum heutigen Tag, hat diese Republik fast ihr ganzes Tafelsilber hergegeben (Privatisierung). Darüber hinaus hatte man zwei Währungsreformen mitgemacht (Zwangsenteignung), einen fast schuldenfreie Republik durch die Wiedervereinigung ins Minus gestürzt und den Osten verscherbelt. Im selben Jahr ist Japan ein Blase geplatzt und kostete zig Mrd Yen.
Fachkompetenz ist dabei schon zu erkennen…, nur leider nicht für die kleinen Leut…
Ein guter Artikel der mich zum Nachdenken anregt. Im Gegensatz zu dem Beitrag “Wir brauchen ein Entlassungspaket”, welchen ich fürchterlich und niveaulos empfand. So kann man sich durchaus in einem Autor täuschen…oder man sollte sich manchen Themen nicht hingeben, auch wenn einem mal der Kragen zu platzen scheint.
[…] Dieser Schluss ist jedoch falsch. Keine Macht den Fachleuten! (Roberto De Lapuente) Weiterlesen bei Overton Magazin […]
Also, ich denke, dass diese gekauften/erpressten/ideologisch Gehirngewaschenen oder Größenwahnsinnigen sehr wohl wissen was sie tun! Sie befolgen offene oder indirekte Befehle der Psychopathen, die sich die Welt untertan machen wollen und glauben an ihre eigene Großmannssucht. Aber, wie ist es eigentlich, wenn der Mohr seine Schuldigkeit getan? Glauben diese Politikwürstel echt daran,nach getaner Drecksarbeit bei den Großen mitspielen zu dürfen? Also, der Eine oder Andere wird es schaffen aber die Meisten werden ebenso wie das gemeine Volk in der Versenkung verschwinden. Kommt dann der Kampf der Giganten? Kann mir nicht vorstellen, dass mehrere Irre friedlich Hand in Hand die Regentschaft teilen werden. The same procedure as every time in history!