Expertenrat in Angst

Mannheim, Maskenpflicht-Schilder
Silsha, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons

Die Bundesregierung händigt einem Frankfurter Mediziner die Protokolle des Corona-Expertenrates aus: Etliche Passagen sind geschwärzt. Denn die Beratungen seien schutzbedürftig. Ein Kommentar.

Ein Frankfurter Arzt wollte es genauer wissen. Schon vor einem Jahr berief er sich auf das Informationsfreiheitsgesetz und forderte von der Bundesregierung die Preisgabe der Protokolle des Corona-Expertenrates. Die Regierung lehnte ab. Sie sprach von der Schutzbedürftigkeit der Beratungen und meinte damit wohl auch, dass die dort agierenden Experten Schutz erfahren sollten.

Der Arzt zog vor das Verwaltungsgericht: Die Bundesregierung händigte ihm darauf die Protokolle aus. Etliche Stellen waren allerdings geschwärzt. Und zwar solche, die »mit Bezug zu weiterhin emotional aufgeladenen Themen oder betreffend die Diskussion zu besonders einschneidenden und damit polarisierenden Corona-Maßnahmen, wie z.B. im Zusammenhang mit Impfungen« zu bewerten sind.

Die Angst der Regierenden als Normalität

Anders gesagt: Es wurden Sachverhalte – vielleicht auch nur Modellrechnungen und damit virtuelle Sachverhalte – thematisiert, die man der Öffentlichkeit »nicht zumuten« möchte und kann, um etwaige im Expertenrat sitzende Herrschaften nicht zu diskreditieren. Sie gilt es zu schützen, damit auch in der nächsten Krise monothematisch aufgestellte Experten gewillt sind, der Bundesregierung zur Seite zu stehen.

Haben Experten, die der Bundesregierung beratend zur Seite stehen, überhaupt ein Anrecht auf Schutz? Sie arbeiteten ja rein sachlich betrachtet für die Bürger, für den – Achtung, pathetisches Wort – Souverän! Er kommt nicht nur für alles auf, für ihn sollten in dieser Republik Dinge geschehen. Dass er sich davon einen gewissen Anspruch auf Transparenz ableiten kann, scheint nur gerecht – und verfassungskonform. Das nicht zu würdigen, stellt nochmal einen letzten Akt der Ächtung des Grundgesetzes dar, wie wir sie in der Corona-Zeit erlebt haben.

Natürlich darf man davon ausgehen, dass es der Regierung nicht um den Schutz jener als Experten nominierten Personen geht. Eher fürchtet man sich vor dem Zorn der Bürger. Aber auch diese Furcht rechtfertigt nicht, dass man Informationen vorenthält. Die Angst der Regierenden vor den Regierten ist nämlich kein Dilemma, keine Notsituation der Mächtigen, sondern stellt die Normalität in einem System dar, dass sich in sonntäglichen Reden noch immer als Demokratie hochleben lässt.

Die Angst ist zurück bei den Angstmachern

Es ist erstaunlich im Kontext zu den Debatten über Impfnebenwirkungen, die nun wahrlich keine Seltenheit zu sein scheinen, dass man ausgerechnet den Hinweis auf die Debatten im Expertenrat zur Impfung nennt, die man lieber nicht veröffentlich sähe. Hier wird keine Kleinigkeit geschwärzt, sondern es geht womöglich um hunderttausendfache Körperverletzung. Die Experten und die Regierungsteilnehmer schützen damit nicht den wissenschaftlichen Diskurs, wie die Erklärungen es weismachen wollen: Sie schützen sich vor juristischen Konsequenzen.

Und sie schwärzen damit, dass sie nicht wissenschaftlich, sondern vermutlich ideologisch gearbeitet haben. Wenn öffentlich zugänglich ist, was dort debattiert wurde, welche Konsequenzen man für Impfunwillige forderte, welche Zwangsmaßnahmen man noch in petto hatte, wie man vielleicht sogar die Argumente der Kritiker als teilweise richtig anerkannte, dann aber Maßnahmen ersann, wie man diese zutreffenden Argumente aushebeln konnte – wenn dies alles nachlesbar ist, braucht es viele stramme Journalisten, die die Papiere kleinschreiben oder aber ins Narrativreine uminterpretieren.

Womöglich liest man in diesen Protokollen sogar, dass man die Presse mit an Bord hatte, Standleitungen in Redaktionen hielt, um das zu forcieren, was von Anfang an als Strategie angewandt wurde: Angst aufrechterhalten. Vorstellbar ist das durchaus. Es gibt also vielleicht weitaus mehr Menschen als jene Experten und Politiker, die auf Schwärzungen setzen. Die Angst ist endgültig zu denen zurückgekommen, die sie einst erfunden haben – sie liegt nun bei den Angstmachern von damals.

(Roberto De Lapuente)

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11 Kommentare

  1. Und wieder “BINGO” daß,
    der Text in Teilen geschwärzt worden ist!

    Es gibt das hier > https://de.m.wikipedia.org/wiki/Beratungsgeheimnis

    und die berufen sich aber auf das hier >
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cbergesetzlicher_Notstand

    spätestens nach dem ersten Lockdown (Flattening the curve) im März 2020 war es klar daß Wahnvorstellungen und Wahnsinn über die Vernunft gesiegt haben. Die Schwärzung der Protokolle ist Magisches Denken und soll die Beteiligten vor der Wahrheit/Verantwortung schützen!

  2. “Sie arbeiteten ja rein sachlich betrachtet für die Bürger, für den – Achtung, pathetisches Wort – Souverän!”
    Pathos ist eher durch Phrase zu ersetzen, beginnt schließlich auch mit P. Obwohl zumindest mir nicht bekannt ist, dass der Souverän – so das Volk gemeint sein sollte – jemals auch nur einen Experten beauftragte.
    .
    ” Er kommt nicht nur für alles auf, für ihn sollten in dieser Republik Dinge geschehen.”
    Wenn es keine Einbildung war/ist, so geschehen unendlich viele Dinge für den Bürger. Sie drücken sich quasi die Klinke in die Hand; und kein Bereich wird vernachlässigt!
    .
    ” Eher fürchtet man sich vor dem Zorn der Bürger.”
    Welcher? Sind die katatonischen erwacht und niemandem fiel es bisher auf!?
    .
    “Die Angst ist endgültig zu denen zurückgekommen, die sie einst erfunden haben – sie liegt nun bei den Angstmachern von damals.”
    Wie heißt das Zeug/Programm/Medium, das einen zu diesem Schluss kommen lässt? Kann für den Notfall(sten) nicht abträglich sein, denn dann wird die Welt offenbar gleich viel fluffiger.

  3. Geschwärzt??? kein Problem wenn sich ein Labor bereit erklärt mit den technischen Mitteln das geschwärzte
    wieder sichtbar zu machen.

  4. Nicht nur die Angst, sondern auch die Zensur – geschwärzte Seiten, die verweigerte bischöfliche Imprimatur und Leseverbote – hat das Corona-Regime mit der Kirche des Mittelalters gemeinsam.
    Wo sind die vielen Fans, die Christian Drosten einst für seine Offenheit hatte: Werden sie nun dieselbe Offenheit fordern, auch wenn sie ihren einstigen Helden vielleicht in Frage stellt?
    Ist in Deutschland eine Aufarbeitung solcher Fragen der Angst heute noch möglich – oder herrschen Schweigegelübde und Zensur?

  5. Gruselig und fatal allerdings die psychopathologische Seite dieses jüngsten globalen Massenverbrechens im Namen des Gesundheitsschutzes: die panische Angst vor Aufklärung und Gewissheit ist bei den potentiell Geschädigten (allen mehrfach gengespritzten Menschen) viel größer, als bei den Verusachern, Mittätern und Nutznießern!

    1. Sie schreiben :
      “die panische Angst vor Aufklärung und Gewissheit ist bei den potentiell Geschädigten (allen mehrfach gengespritzten Menschen) viel größer, als bei den Verusachern, Mittätern und Nutznießern!”

      BRAVO ! Sie können in Worte fassen, was ich nur dumpf empfinden kann : Die braven Deutschen werden sich mit Händen und Füßen gegen die Erkenntnis wehren, dass sie wiedermal dem typisch teutonischen Laster der Obrigkeitshörigkeit verfallen sind ! Ich kann dieses Verdrängungsbedürfnis der “guten Deutschen” sehr gut nachvollziehen ! Stellen Sie sich vor, Sie hätten Ihre Gattin/Partnerin/Kinder zur Spritze getrieben, ihre/n Nächste/n also gehorsamst – nur weil die Obrigkeit es so forderte – einem unkalkulierbaren Gesundheitsrisiko ausgesetzt; mit so einer Schuld muß mensch erst mal fertig werden ! Nicht jede/r könnte ein solches Schuldeingeständnis psychisch bewältigen, also sorgt der stetig wachsame Selbsterhaltungstrieb bei den Betroffenen für ein exkulpierend wirkendes Verdrängungspotenzial.

  6. Ja, natuerlich.
    Es ist eingerissen und das sollte man thematisieren,
    dass Angst eben Mittel der Politik ist:
    – der finstere Angriffsgraf von Moskau, der mordbrennend ueber uns her faellt;
    – die Inflation, die die Lebensarbeit alter Muetter entwertet;
    – auslaendische Kulturfremde, die die traditionelle Offenherzigkeit fehlinterpretieren;
    – machtgeile Gewerkschafter, deren Streiks die Kinder ehrlich Arbeitender um den Urlaub bringen;
    – gierige ArbeiterInnen, deren ueberhoehte Lohnansprueche die Lebenswerke wohlwollender Unternehmer vernichten;
    und zahlreiche andere “Narrative”, also: Erzaehlungen ohne jeden Wahrheitsanspruch.

    Ich denke, es laeuft ihnen langsam weg. Es war bei Seehofer so, und bei Merz nicht anders – dieselbe Rhetorik, Worthuelsen, Schreckgespenster wie die AfD. Und die Leute kommen aus der Panik nicht mehr raus – und waehlen, wie in Amerika, das Orginal und nicht die Kopie, erst das geistige Kind der Koch.Brothers und die Teegesellschaft, dann gehts weiter…
    Und was hier so verkohlt riecht, sind die kanadischen Waelder.

  7. ich finde es tatsächlich unglaublich, mit welch einer dummdreisten Methodik, hier herum manipuliert worden ist, allerding im Mindesten genauso erschreckend, mit welch einer hingebungsvollen Willfährigkeit sich die breite Masse der Bevökerung von dem Geschwätz zuvor hat vereinnahmen lassen.
    Jetzt sterben Leute, man erkennt, wer hätte es gedacht, Zusammenhänge, und trotzdem, ist man der Meinung, man hätte keine Wahl gegabt. Ich kenne Leute, da hatte es tatsächlich existenzielle Bezüge, aber ich kenne auch Leute, die ihre Gesundheit für die sprichwörtliche Bratwurst geopfert haben, um kurz darauf bewusstlos unter der Dusche zusammen zu brechen. Die geschwärzten Stellen könnten helfen das zu verstehen! Aber wer will das schon?

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