Diese Russen wollen unsere Kohle

Ein Stück Kohle.
Adrem68, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Eine Vorkriegssatire.

Der Außenminister hat gesagt, Russland werde immer unser Feind bleiben, und der Verteidigungsminister hat gesagt, die Deutschen müssten bis 2029 kriegstüchtig werden, weil die Russen Deutschland angreifen wollen. Diese Russen sind nämlich unser Erbfeind. Sie sind furchtbar aggressiv und kriegslüstern, das wissen alle, besonders die Berliner und die Brüsseler Politiker, ihre Journalisten und – nicht zu vergessen – die wissenschaftlichen Experten, die uns das in den Talkshows erklären.

Wie aus ungewöhnlich gut unterrichteten Kreisen verlautet, wollen die Russen uns nicht nur überfallen, sondern – ich formuliere das mal ganz vorsichtig, damit meine Wohnung nicht demnächst durchsucht wird – sie wollen sich über unsere Bodenschätze hermachen und den Kohlebergbau im Ruhrgebiet wieder aufleben lassen. Außerdem wollen sie in Norddeutschland Fracking-Gas fördern. Weil sie doch bekanntlich unter Energieknappheit leiden. Deswegen haben sie ja auch die Ostseepipelines gesprengt, weil sie den Deutschen nichts von ihrer knappen Energie abgeben wollten.

Nachdem das Ruhrgebiet erobert ist, soll dann die Kohle verflüssigt und eine neue Pipeline gebaut werden, nämlich vom Ruhrgebiet – Dortmund, Bochum und Essen sind im Gespräch – über Polen, das sie noch erobern müssen, direkt nach Moskau. Damit die Moskauer nicht plötzlich im Dunkeln sitzen.

Ja, und deswegen müssen wir kriegstüchtig werden und am besten gleich ein paar Taurus-Marschflugkörper nach Russland schicken, nachdem sich unsere Panzerhaubitzen und Leopardpanzer nicht in dem Maße bewährt haben, wie es sich der Herr Selenski gewünscht hatte. Der sagt ja auch: Wenn uns die Ukrainer nicht bis zum letzten Mann verteidigen würden, hätten die Russen schon lange unser Ruhrgebiet besetzt.

Aber die werden sich noch wundern, diese Russen, die werden uns noch kennenlernen. Sie haben offenbar zu schnell vergessen, wie kampfesmutig der deutsche Soldat ist, dessen Sold der Herr Bundeskanzler demnächst angemessen erhöhen will. Ich gehe mal davon aus, dass dann unsere Jungs in Scharen zu den Waffen eilen werden, um die Schmach von Stalingrad wieder gutzumachen. Viele haben schon ihr Mindset erhalten und vorsichtshalber – wie angeordnet – ihr Testament gemacht sowie ihre Kaltstartakte gelesen. Damit sie beim Alarm unverzüglich in den Einsatz an die „Ostflanke“ gehen können.

Ich sage nur: Danke, liebe Jungs! Danke auch Herr Außenminister, Herr Verteidigungsminister und Herr Bundeskanzler. Das deutsche Volk weiß Ihre Fürsorge zu schätzen. Wir haben Ihnen so viel zu verdanken und stehen tief in Ihrer Schuld. Wir werden Sie jederzeit wiederwählen.

Diese Satire erschien erstmals bei Globalbridge.

Wolfgang Bittner

Wolfgang Bittner lebt als Schriftsteller in Göttingen. Der promovierte Jurist verfasst Bücher für Erwachsene, Jugendliche und Kinder, erhielt mehrere Preise und Auszeichnungen und ist Mitglied im PEN. Von 1996 bis 1998 gehörte er dem Rundfunkrat des WDR an, von 1997 bis 2001 dem Bundesvorstand des Verbandes deutscher Schriftsteller. Wolfgang Bittner war freier Mitarbeiter bei Zeitungen, Zeitschriften, Hörfunk und Fernsehen und veröffentlichte mehr als 60 Bücher, zuletzt „Die Abschaffung der Demokratie“.
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5 Kommentare

  1. im Westen nichts neues
    Deutschland ist das einzige Land, wo Mangel an politischer Befähigung den Weg zu den höchsten Ehrenämtern sichert.
    Carl von Ossietzky (1889 – 1938), deutscher pazifistischer Chefredakteur der „Weltbühne“, Schriftsteller und Symbolfigur des Widerstands gegen das NS-Regime

  2. Gut das ich den Russen auf dem Weg ins Ruhrgebiet nicht im Wege stehen würde und
    das aus dem Rasen eh nichts geworden ist, wenn sie denn doch einen Umweg fahren
    und auf dem Rasen einen Zwischenstopp einlegen. Frachinggas hier zu suchen, könnte
    doch glatt den Bohrer ablenken und ihn 35 Km weit nach Gaorleben steuern. Wie wäre es
    liebe Russen ( das „liebe“ schreibe ich nur um noch nicht gleich eine Oroschnik aufs Dach
    zu bekommen) besucht doch erst einmal die Regierung in Berlin. Dann prüft einfach, ob
    eine Fernwärmeleitung nach Moskau machbar ist, um die Unemngen an heißer Luft zu
    nutzen, die unsere Regierenden täglich bei ihren Reden ausstoßen. Auch Heißdüsen wie
    Whatafool könnte man doch mit Kupferrohr umwickeln und die abgestrahlte Hitze für
    die Warmwasserversorgung im Kreml nutzen. Nur so als Vorschläge, damit ihr nicht beim
    Weg an den Rhein eure schönen Panzer auf unseren schlechten Straßen kaputt fahrt.
    Nachtrag: Wenn einer von euch zum Facharzt muß, sollte er das noch schnell in Russland
    erledigen, wenn er kein Privatpatient ist! Sonst müstet ihr den Aufenthalt hier extra auf
    8 Monate verlängern um einen Termin zu bekommen.

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