„Der Frieden stirbt nicht mit großem Knall, sondern leise“

Fake News, Symbolbild
Quelle: Dieses Bild wurde mittels Grok entwickelt.

Eine notwendige Fake News.

Wir erleben es gerade: Es ist die schleichende Desensibilisierung, mit der wir an die tägliche Aufrüstung in den Köpfen und die Militarisierung unserer Gesellschaft für einen angeblich „unausweichlichen“ Krieg gewöhnt werden sollen. Worte wie „Kriegstüchtigkeit“ oder „hybrider Krieg“, die anfangs zumindest einige Menschen noch alarmierten, sind mittlerweile längst Teil der Alltagssprache. Nein, sie sind – was sie ja auch sollen – bereits ins kollektive Unbewusste abgerutscht. – Endlich wurde diese brandgefährliche Tendenz auch mal im Mainstream problematisiert! (Oder etwa doch nicht?)

Letzte Woche erschien in der Frankfurter Rundschau ein Kommentar, der aufhorchen ließ und den man in der heutigen Zeit in den Leitmedien gar nicht mehr erwartet hätte. Noch überraschender jedoch war, dass dieser Kommentar am 7. November umgehend auch morgens um 7:05 in der Presseschau des Deutschlandfunks ausgestrahlt wurde. – Aber lesen Sie selbst:

„Alle zwei Jahre gibt die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung repräsentativ Auskunft über die Verbreitung und Entwicklung militaristischer Einstellungen. Die diesjährige Untersuchung stellt zweifelsfrei fest: Wir gewöhnen uns an den Hass auf die Russen. Immer mehr Menschen gleiten in eine Grauzone ab, reagieren mit Ambivalenz oder Ignoranz auf militaristisches Gedankengut und verbuchen das als normal. Die Parole, die zunächst schockiert, wird beim dritten Mal zur Meinung. Das einst verbotene Symbol wird zur Provokation und schließlich zur Pose. Wir werden nicht über Nacht kriegstüchtig, sondern in kleinen Schritten. Die Politiker und Medien haben verstanden, wie man die Gesellschaft desensibilisiert. Nicht in erster Linie mit Gewalt, sondern mit Gewöhnung. Der Frieden stirbt nicht mit großem Knall. Er stirbt leise – an zu vielen Momenten, in denen wir nicht widersprechen.“

Oh sorry, das war eine freche Fake News von mir! Der korrekte Kommentar im Qualitätsmedium lautete natürlich so:

„Alle zwei Jahre gibt die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung repräsentativ Auskunft über die Verbreitung und Entwicklung rechtsextremer und antidemokratischer Einstellungen. Die diesjährige Untersuchung stellt zweifelsfrei fest: Wir gewöhnen uns an den Hass. Immer mehr Menschen gleiten in eine Grauzone ab, reagieren mit Ambivalenz oder Ignoranz auf rechtsextremistisches Gedankengut und verbuchen das als normal. Die Parole, die zunächst schockiert, wird beim dritten Mal zur Meinung. Das einst verbotene Symbol wird zur Provokation und schließlich zur Pose. Wir werden nicht über Nacht extrem, sondern in kleinen Schritten. Die Rechtsextremen haben verstanden, wie man die Gesellschaft desensibilisiert. Nicht in erster Linie mit Gewalt, sondern mit Gewöhnung. Die Demokratie stirbt nicht mit großem Knall. Sie stirbt leise – an zu vielen Momenten, in denen wir nicht widersprechen.“

Ich bitte nochmals um Entschuldigung.

Leo Ensel

Dr. Leo Ensel („Look at the other side!“) ist Konfliktforscher und interkultureller Trainer mit Schwerpunkt „Postsowjetischer Raum und Mittel-/Ost-Europa“. Veröffentlichungen zu den Themen „Angst und atomare Aufrüstung“, zur Sozialpsychologie der Wiedervereinigung sowie Studien über die Deutschlandbilder im postsowjetischen Raum. Im Neuen West-Ost-Konflikt gilt sein Hauptanliegen der Überwindung falscher Narrative, der Deeskalation und der Rekonstruktion des Vertrauens. – Der Autor legt Wert auf seine Unabhängigheit. Er fühlt sich ausschließlich den genannten Themen und keinem nationalen Narrativ verpflichtet.
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4 Kommentare

  1. Ein nettes Experiment. Mit wird in der kleinen Scharade recht deutlich, dass der analytische Gehalt solcher Besinnungsaufsätze in den Presseorganen liberaler Intellektueller gleich null ist. Vielmehr handelt es sich um affirmative Textbausteine, bei denen die Sachverhalte kaum eine Rolle spielen. Es geht vor allem darum, mit moralisch aufgeblasenen Sprachregelungen Positionen einer Haltung zu platzieren oder zu wiederholen, die sich als Parteilichkeit pur erweist. Parteilichkeit für die aktuell angesagte Linie der Nation und ihres per Wahl ermächtigten Führungspersonals.
    Überzeugen kann dergleichen nur, wenn die Parteilichkeit bereits vorher zementiert ist: durch das feine Gespür, dass man mit seinen Juniorprofessuren, Kulturjobs, Lehraufträgen und NGO-Pöstchen ganz am Ende irgendwie ein ganz kleiner Nutznießer deutsch-europäischer Hegemonie ist; dass man seine kleinen Privilegien und Honorare der Gutmeinenden nicht an eine alternative Mannschaft (Alternative für D… z.B.) verlieren möchte; dass man mit angesagten Moralismen ein bisschen seinen Status aufpolieren möchte, wenn das Einkommen schon nicht so toll ist; oder ganz einfach das Wissen, dass man ohne Wenn und Aber abhängig vom Erfolg des ganzen Ladens gemacht worden ist, so dass sich das Mitmachen zwar nicht wirklich lohnt, aber allein als ‚vernünftig‘ erscheint.
    Auf der Basis kann der langweiligste und widersprüchlichste Käse in ‚Süddeutsche‘ ‚Zeit‘ oder ‚Frankfurter Rundschau‘ als intellektuelles Niveau durchgehen…

    1. Das Wort „Intellektuelle“ ist an dieser Stelle fehl am Platz. Die ursprüngliche Definition von Intellektuellen beinhaltet das Wort „kritisch“, kritische Auseinandersetzung mit Themen.

      Propagandisten, Sprachrohre und Papageien sollten deshalb nicht als intellektuell bezeichnet werden.

      Die Definition wurde in verschiedenen Propagandaorganen inzwischen umgeschrieben. Aber in alten Lexika findet sich die ursprüngliche Definition.

      Anhand der jeweiligen Definition des Wortes Intellektuelle lässt sich sofort erkennen, ob es sich um ein anti-aufkläerisches Propagandaorgan handelt, siehe auch Wikipedia.

      Alte Lexika sind eine sinnvolle Anschaffung, um Definitionsfälschungen zu erkennen.

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