Das endgültige Ende der Politik

Plenarsaal Bundestag.
Times, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons, bearbeitet

Wer heute in die Politik geht, muss nicht zwangsläufig Politik machen. Es reicht, wenn er sich als Aktivist begreift. Die Zeitenwende schafft vieles ab: Unter anderem die letzten Reste des Politischen – auch wenn man uns dieses Entpolitisierung, diese Nolitik, politisch verbrämt andrehen möchte.

Dass es nach den Merkel-Jahren nicht viel schlechter kommen könne: Diese Einsicht galt vielen als ausgemachte Tatsache. Mittlerweile schwant einigen, dass die Zeit unter der Bundeskanzlerin, wenn sie schon nicht gut, schon nicht sozialverträglich und weitsichtig war, so doch wenigstens noch von einem Rest Realitätssinn getragen war. Unter Umständen werden die, die nach uns kommen, irgendwann im Jahre 2057 oder 2081 Rückschau halten und festhalten: Als jene Kanzlerin mit ihrer Regierung abtrat, da hat sich ein eklatanter Wandel im politischen Betrieb vollzogen: Politikerinnen und Politiker waren von da ab nicht einfach nur Volksvertreter, mit einem Mandat ausgestattete Erfüllungsgehilfen des Volkswillens, sondern auch Straßen- und Guerillakämpfer.

Wenn sie auch selbst nicht auf den Straßen aktiv waren, so wird man in diesem zukünftigen Szenario festhalten, so doch von ihrer Mentalität her. Aus reinen Funktionären wurden so Aktivisten. Leute, die Taktiken anwandten, die nicht dem Hohen Haus entsprachen, sondern denen vorbehalten waren, die nicht umsichtig die Interessen im Lande abwägen mussten, sondern im Grunde als Lobbyisten des Aktivismus auftraten. Vor 2021, so die vermutliche Analyse aus 2057 oder 2081, verstanden sich Abgeordnete, Staatssekretäre und Minister noch halbwegs als ausführende Exekutoren, die wenigstens mal auf die Realitäten schielten.

Haltung: Journalismus als Aktivismus

Vor einigen Jahren hat Jan Fleischhauer seine Kollegen gerügt. Er schrieb in seiner Kolumne, damals noch beim Spiegel und noch nicht beim Focus: »Ich würde immer sagen, die Aufgabe von Journalisten ist nicht Ermunterung oder Anfeuerung, auch wenn einen das dem Verdacht aussetzt, kalt und herzlos zu sein. […] In Zeiten, in denen der Signetbegriff von auszeichnungswürdigem Journalismus Haltung lautet, muss man den Journalisten als Fan als eine konsequente Fortschreibung des Medienmenschen als Aktivist begreifen.«

Damals ging es um die Sympathisierung einer breiten Medienfront mit Greta Thunberg. Was das noch für harmlose Zeiten waren! Seine Einordnung des Journalismus war damals fast schon einzigartig. Fleischhauer war einer der wenigen seiner Zunft, die dem Phänomen eines Journalismus, der nicht mehr nur erfasst, berichtet und darlegt, sondern beeinflusst, prägt und Schwerpunkte setzt, eine zutreffende Beschreibung gab: Journalismus hatte sich zum Aktivismus gewandelt. Für ihn war das keine Arbeitsmoral: Sein Beruf fungiert schließlich nicht als Cheerleader etwaiger Interessen, Bewegungen oder Einzelakteure. Er sollte abseits stehen und begutachten. Meinungsjournalismus kann es deswegen dennoch geben, doch die Tagesschau oder die Tagesthemen sollten keine Sympathiebekundungen absetzen.

Dass der Medienmensch ein Überzeugungstäter ist, also letztlich auch ein Aktivist: Seit dem Text von Fleischhauer ist einige Zeit ins Land gegangen – und was für eine Zeit! Mehr denn je war erkennbar, dass die Branche stärker dem Aktivismus verfallen war, als man das annehmen wollte. Man denke nur, mit welcher Penetranz man Menschen der medialen Hatz aussetzte, die an Maßnahmen gegen das Virus zweifelten, sie für unangemessen hielten. Teilweise hat die Justiz die Unangemessenheit mittlerweile bestätigt. Der Medienmensch ignoriert das: Aktivisten haben selten Einsehen, sie machen immer weiter und weiter. Sendungsbewusstsein nennt sich dieser Drang.

Der Wahrheit auf den Grund zu gehen, wenigstens versuchen, das einzufangen, was gemeinhin als Wahrheit gilt: Diesem Anspruch kann eine Branche, die sich immer stärker einem Leitbild, moralischen Vorgaben und Vorstellungen verhaftet sieht, gar nicht erfüllen. Es ist eben nicht die Aufgabe des Aktivisten, umsichtig zu dokumentieren und abzuwägen. Er kämpft für eine Sache. Für eine! Nicht für zwei oder drei. Er fokussiert sich auf das Interesse, das ihn steuert. Die Interessen, die nebenher gewahrt werden müssen, spielen dabei bestenfalls eine untergeordnete Rolle.

»Aktive« Politik

Fleischhauer hat seine damalige Kolumne gewissermaßen am Treppenabsatz einer Zäsur geschrieben. Medienleute waren schon längst zu Aktivisten mutiert. Politiker jedoch noch nicht – oder noch nicht völlig. Bis zum letzten Regierungswechsel wurden wir natürlich nicht ausschließlich von politischen Cracks regiert und verwaltet, die ihren Auftrag verinnerlicht hatten. Nehmen wir nur mal Andreas Scheuer, ehemaliger Verkehrsminister: Dass der Politik für seine Klientel gemacht hat, steht außer Frage – freundlich formuliert. Dass er aber wie ein plumper Aktivist Parolen schwingt oder Symbole mit sich herumträgt, das war auch für diesen ministeriellen Rohrkrepierer ausgeschlossen.

Dass Politikerinnen und Politiker einen Lehrauftrag in sich tragen, den sie aktivistisch und unter Einsatz ihrer gesamten Energie entfalten, um die Bevölkerung nicht nur zu regieren, sondern zu beschwören, einzulullen, von oben herab zu belehren: Das hat sich erst im Kabinett von Scholz zur vollen Blüten entfaltet.

Eine Innenministerin, die in ein muslimisches Land fährt, sich dort auf die Tribüne eines Katarer Fußballstadions setzt, angezogen als sei sie eben von der Gartenarbeit zurück, mit freien Oberarmen, schlecht sitzendem Oberteil, dazu als Symbol ihrer vermeintlichen Progressivität eine Armbinde tragend: Das wäre noch 2021 nicht denkbar gewesen. Im letzten Kabinett mag es viele wirklich miserable Minister gegeben haben, die nicht die hellsten Kerze auf der Torte waren. Aber so einen Auftritt hätte es nicht gegeben. Da war noch ein letzter Restimpuls davon übrig, sich als Politiker nicht zum Aktivisten aufzuschwingen. Dann war Bundestagswahl und dieser Rest ist einfach verpufft.

Die Außenministerin ist ein Ausbund dieser Verpuffung. Kaum im Amt stellte sie klar, wie sie Außenpolitik machen wolle: Nämlich feministisch. Sie hätte auch sagen können, dass sie die Außenpolitik einstellen wolle: Das wäre dasselbe gewesen. Seither missbraucht sie das Amt als Moralapostolat. Sie wird dabei ganz offensichtlich vom selben moralischen Furor angetrieben, dem sich Klimaprotestler oder Sekundenkleberempörer unterwerfen. Der Unterschied zwischen Politik und einer Aktivistenkarriere wäre demnach, dass Politik bei allem populistischen Gepränge, immer einen sachlichen Blick auf das was ist behält – behalten sollte. Der Aktivist braucht diese Realitätserdung gar nicht erst. Er fordert, die Realitäten sollen dann andere abchecken: Politiker vielleicht? Fällt beides zusammen, funktioniert diese ganz spezielle »Gewaltenteilung« nicht mehr.

Nolitik: Das Ende der Politik

Wikipedia definiert den Unterschied übrigens so: »Ein Aktivist unterscheidet sich vom Politiker vor allem darin, dass er seine Ziele nicht über direkte Teilhabe an dem formellen politischen Prozess erreichen will, etwa durch Anstreben eines politischen Amts oder Mitarbeit in einer Partei, sondern auf eher informelle Art und Weise – etwa durch Öffentlichkeitsarbeit, Demonstrationen und Internet-Aktivitäten wie Online-Abstimmungen (auch als Cyberaktivismus).« Problem ist an dieser Auseinanderhaltung ja nur, dass sich beides offenbar nicht mehr auszuschließen scheint.

Die Zusammenlegung von Aktivist und Politiker, dieser Zeitenwende-Coup, ist nicht bloß eine modische Erscheinung, sondern eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Wenn sich Politik und insbesondere die Regierung mehr und mehr als aktivistische Gruppe begreift, ist der Schritt zu einem Staatswesen, in dem die politische Macht immer stärker mit der pädagogischen Bevormundung verschmilzt, nicht mehr nur nicht mehr weit: Er verstetigt sich, wird zur Normalität. Es ist zu befürchten, dass diese Politiker-Generation, die jetzt Ämter belagert, Schule machen wird und die nachfolgende Politikerschaft prägt.

Man könnte also behaupten, dass eine Generation, die mehr und mehr die eigentliche politische Arbeit aufgibt, um mit Symbolik und Stimmungsmache Emotionen freizusetzen oder zu erzeugen, an der Abschaffung der letzten Bestände dessen arbeitet, was wir Politik nennen. Wenn man sich daran gewöhnt, sich später in die Politik begebende Menschen daran orientieren, dann werden wir mehr und mehr in einen Staat hineingedrückt, in dem Politiker Ämter innehaben, die sie an sich gar nicht mehr zu Politikern machen, sondern zu mandatierten Aktivisten, die keine Rücksicht mehr auf Lebensrealitäten und Weltwirklichkeiten nehmen müssen, weil sie schlicht gar nicht wissen, dass das ihr eigentlicher Auftrag wäre.

Diese Regierung der Zeitenwende: Sie ist das Ende der Politik, wie wir sie kannten und wie sie zuletzt noch – auch unter der Regierung Merkels – in Ansätzen noch vorhanden war. Sie schiebt eine Nolitik an, ein scharfes Nein zur Gestaltung der Gesellschaft. Sie macht eine Politik der Entpolitisierung, ersetzt wesentliche Fragen des gesellschaftlichen Lebens durch Emotionalisierung und Fokussierung auf Randthemen, kokettiert mit Symbolik, Erbauungsrhetorik und macht keine Realitätschecks. Kurz und gut: Sie löst die ohnehin morschen Werte der ehemaligen Bonner Republik auf, um sich in ein neues »Feeling der Politik« zu begeben. Wir schauen dabei zu, wie das Primat der Politik endgültig beerdigt wird.

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9 Kommentare

  1. „Aktivismus“ ist nichts weiter als eine moderne Art des prekären Beschäftigungsverhältnisses. Wer nichts kann, nichts gelernt hat, zu nichts taugt, wird heutzutage eben Aktivist. Bis jetzt ist noch genug Geld da von den Zigmultimilliardären und vor allem von den von diesen gelenkten Steuermittel-Geldern, unseren Steuergeldern!

    Aber der Ofen ist auch bald aus.

    Eine Gesellschaft, die nichts mehr als nur noch heiße Aktivistenluft erzeugt, ist schnell am Ende.

    Mit Kids und Kittys, die nicht einmal begreifen, dass von hohlem Aktivismus-Gedönse nichts auf den Feldern wächst, nichts zu Lebensmitteln wird, nichts in die Läden transportiert wird, nichts zu kaufen angeboten wird, ist eben kein Staat, keine Gesellschaft, keine Gemeinschaft zu machen – sondern nur Verstörung, Zerfall, Ruinen. Das eigentliche, übergeordnete Ziel all diesen induzierten und offen und heimlich geförderten Aktivismus.

  2. „Hunger Games“ hat doch filmisch geradezu 1:1 vorhergeseht…
    Russlands aufoktroyierter Krieg, ist eben auch eine politische Arbeit und zwar in der Form, das die ‚belehrten“ einen Zugewinn an Erkenntnisse erreichten um ihren Widersacher Paroli bieten zu können.
    Natürlich haben wir heute ein Generationswechsel und die jungen schauen gespannt auf das „trendweb“, wo hingegen die älteren mit seelisch gespannten Verhältnis ihre Position inne haben möchten…
    Wer wahrhaftig was ändern möchte, der muss den „GOTT“ Kapital zur waren Zwecksmässigkeit zurückführen!
    Das kann m. A. n. nur ein Staat der militärisch, national souverän ist und in der Lage ist das
    zu bewerkstelligen.

  3. Die heutigen tonagebenden „PolitikerInnen“ sind Aktivisten im Sinne ihrer (geopolitischen und kapitalistischen) Auftraggeber, Einflüsterer und Lobbyisten im Hintergrund. Sie sind Marionetten an den Fäden dieser eigentlichen Akteure. Man erkennt es, wenn Habeck, Baerbock und Co. nach handfesten politisch-ökonomischen Problemen gefragt werden. Dann beginnen sie herumzustammeln oder irgendeine Unsinn von sich zu geben. Das macht sie so gefährlich, weil sie in ihrer doppelmoralischen Hybris tatsächlich meinen, die Wahrheit für sich allein gepachtet zu haben, ihre Unfähigkeit halten sie gar für moralische Überlegenheit. Sie agieren mit Schlagworten und reagieren auf Schlagworte wie Pawlowsche Hunde. Zu eigenem Denken und Handeln sind sie nicht in der Lage, ob gezwungen oder aus Dummheit, das ist die Frage, auf die ich auch keine Antwort weiß. Sicher ist jedoch, dass sie Getriebene sind und über kein echtes Selbst-Bewusstsein verfügen. Das woke Geschwurbel kann das nicht ersetzen.

  4. Der Wandel kam nicht plötzlich oder zumindest nur für jene plötzlich, die immer fest die Augen zugemacht haben. Ist wie beim Klimawandel, es gibt auch in der Politik Kipp-Punkte. Wenn das GG geschleift ist und feudale Macht wieder greifbar und nutzbar, dann kippt das System halt.

    Es waren alle die kleinen kleinen Schritte in der Demontage der Demokratie, die dies ermöglicht haben. Die sogar von der Mehrheit der Bürger (ein bisschen medial Angst einjagen) mitgetragen wurden und die mit Corona und der Wehrlosigkeit der Bevölkerung ihren Höhepunkt und auch Kipppunkt erreicht hatten.
    Es war auf einmal glasklar, dass mit etwas Medienunterstützung über 2 Monate 60% der Bevölkerung überzeugt werden konnten, etwas zu tun was ihnen persönlich und allgemein schadet.

    Da wäre doch jeder dumm, wenn er/sie/es in der Politik ist und nicht mit vollen Händen zugreifen würde.

    Liebe Grüsse
    das kleine Dummerchen

  5. Primat der Politik? Im Neoliberalismus gibt es nur das Primat des frei zirkulierenden Kapitals, das von der Politik möglichst nicht behelligt werden soll. Das Primat der Politik ist schon lange Illusion. Genauso wie das Primat der Moral, das hier postuliert wird. Der moralbasierte Aktivismus basiert in Wahrheit auf Pseudomoral und Doppelmoral. Auch das Primat der Moral ist ein Etikettenschwindel. Wir dienen nur noch den Interessen des (westlichen) Kapitals. Politik ist Firlefanz, war es schon immer. Das globale Machtzentrum befindet sich im angelsächsischen Finanzsystem. Dort spielt die Musik. Nur dort.

  6. „Politikerinnen und Politiker waren von da ab nicht einfach nur Volksvertreter, mit einem Mandat ausgestattete Erfüllungsgehilfen des Volkswillens, sondern auch Straßen- und Guerillakämpfer.“
    „Fleischhauer war einer der wenigen seiner Zunft, die dem Phänomen eines Journalismus, der nicht mehr nur erfasst, berichtet und darlegt, sondern beeinflusst, prägt und Schwerpunkte setzt, eine zutreffende Beschreibung gab:“
    Beide Zitate behaupten einen Bruch, den es so nicht gibt. Selbstverständlich waren mandatierte Politiker noch nie ‚Volksvertreter, Erfüllungsgehilfen des Volkswillens‘, sondern im bürgerlichen Zeitalter, Systemlegitimierer, Demokratiedarsteller, in ihren Entscheidungen nicht so sehr von einem hypothetischen Volkswillen – wer will was? – gesteuert, als von Einfluss-, Lobbygruppen, Eigeninteressen, innerparteilicher Taktik. Ebenso waren Journalisten noch nie primär Erfasser, Berichter, Darleger, sondern, analog Politikern, Knotenpunkte eines Interessennetzes, gewoben aus denjenigen der Medien, diverser Kapitalfraktionen, Machtvertretern in Politik, Wirtschaft, Kirche und nicht zuletzt eignen, Karriere, Einkommen, ideologische Überzeugungen.

    Mit der Charakterisierung Baerbocks kann man soweit einig gehen, allerdings fehlen einige Elemente. Nicht anders als ihre Kollegen gibt es auch bei ihr Fälle, in denen ihre Ideologie zugunsten übergeordneter nationalkapitalistischer Interessen zurückstehen muss und auch wirklich zurücksteht. Ein Beispiel dafür ist das Verhältnis zu Marokko.

    Kurz, De Lapuentes These ist ein Artefakt. Real nur im Einzelfall und auch da bloss bei oberflächlicher Hinsicht. Selbstverständlich ist auch die politische Phänomenologie stetem Wandel unterworfen. Es muss sich auch in dieser Beziehung alles ändern, damit es gleich bleiben kann, tempora mutantur. Aber nein, leider hat es keinen Bruch gegeben, sondern trotz Personal- und teilweisem Parteienwechsel in Deutschland eine nahtlose Fortsetzung der alten Politik. Es ist nicht anzunehmen, dass die ultraatlantische Merkel, wäre sie noch Kanzlerin, wesentlich anders agiert hätte, als es Scholz jetzt tut. Und auch sonst in Deutschland und den weiteren Machtzentren des Planeten – weiterhin die gleichen Interessenvertreter an den Hebeln, diesselben, die uns Lochbewohner ermahnen, nur ja nicht aufzuhören zu graben.

  7. Ich habe eine ganz andere Sicht auf die Situation. Die will ich hier darstellen, dazu werde ich auf den Schluss Nolitik: Das Ende der Politik Anmerkungen schreiben.
    Es ist doch die Rede vom bürgerlichen Parlamentarismus, der Politik unterstellt wird. Es wäre nett gewesen ein paar Zeilen über das Gebilde zu finden, in dem dann auch irgendetwas von Politik vorkommt, das auf dem Mist der Institution gewachsen ist.
    Ich gehe davon aus, dass die Aussagen richtig sind: „Und es gehört jene eigentümliche Krankheit dazu, die seit 1848 sich ausbreitet, der parlamentarische Idiotismus, der die Angesteckten in eine eingebildete Welt festband und Ihnen allen Sinn, alle Erinnerung, alles Verständnis für die raue Außenwelt raubt.“ MEW 8 Seite 178
    Es ist die Ökonomie, die vorgibt, was zu geschehen hat. Als das nationale Kapital mehr genug Profit machte, ist sogar einen Mann, Peter Harzt von VW der dann die Hartz Gesetze umsetze. Die Daseinsvorsorge wurde privatisiert und es muss jetzt auch noch Profit erwirtschaftet werden. Für alle der Bedürfnisse für das Kapital wurden Gesetze geschaffen. So kam es dann auch zu der Finanzkrise. Was davon ist gewählt worden? Was davon war demokratisch?
    Auch führte es dazu, der Staat hat sich verschuldet, um dem Kapital den Profit zu zahlen.
    Das führte dazu, dass die Heuschrecken in Deutschland wüten konnten, die Banken mit Geld spekulieren konnte und immer weniger Rücklagen halten mussten.
    Die Medikamente und Nebenprodukte sind ausgelagert worden, weil es den Profit erhöhte. Bei der Pandemie konnte dann gesehen werden, dass der Staat wieder Milliarden ausgab um Masken und Impfstoffe zu beschaffen, teilweise mit über 300 % Profit für das Kapital. Die Impfstoffe hat der Staat vollständig bezahlt, ohne Anteile der Firmen zu bekommen. Was war da demokratisch daran, inwieweit wurde der Bürger aufgeklärt? Wie wurde gelogen?
    Die Politik geht hin und stellt das Gas ab und erklärt, dass es die ganzen Verschachtlungen der Energiewirtschaft nicht versteht. Habeck
    da wird gesagt wie ehrlich er denn sein, ich Farge wie blöde kann man denn nur sein. Da reagiert das Kapital und will trotz Milliardensubvention abwandern.
    Es soll eine soziale Tat sein, wenn über das Konto der Bürger gezahltes Geld des Staates auf das Konto der Energieversorger kommt.
    Was auf keinen Fall zu finden ist, ist Nolitik, die „Politik“ macht genau das, was sie soll, sei immer. Nach GG §38,Abs.1 Wer kennt schon das Gewissen, was er wählen soll, die meisten haben davon die Schnauze voll.
    Gut erläutert es Alex Demirovic „Rätedemokratie oder das Ende der Politik“
    https://www.prokla.de/index.php/PROKLA/article/view/429

  8. Eine möglichst präzise Sprache zur gesellschaftlichen Realität wäre hilfreich:
    Politiker sind Fachkräfte im Sektor Politik. Man darf sie nicht verwechseln mit politisch denkenden Menschen, die ein bestimmtes Interesse vertreten. Interessen durchzusetzen ist keine leichte oder einfache Arbeit. Auch für Lobbyisten nicht. Sie wird in diesem Sektor aber besser bezahlt. Gesellschaftliche Erfahrung ist, dass manche für die Arbeit der Interessenvertretung belohnt werden und andere nicht. Das verführt zu dem falschen Umkehrschluss, man könne die eigenen Interessen ohne eigenen Arbeitsaufwand durch passende Stellvertreter durchsetzen – nur weil die Mächtigen/Herrschenden dafür „ihre Angestellten“ haben und die eigenen Angestellten (die Funktionäre) nicht so erfolgreich funktionieren, wie man sich das erhofft.
    Selbstorganisation, das In-Besitz-nehmen des öffentlichen Raumes und die eigenen Interessen zu vertreten erfordert eigene Anstrengung. Das ist nicht von gewählten Repräsentanten zu erledigen.
    Die angesprochene Fehleinschätzung ist aus meiner Sicht der Hauptgrund für die derzeit relativ geringen Teilnahmerzahlen bei öffentlichen und betrieblichen Aktionen in Deutschland. Zu viele meinen, „Repräsentation“ würde Probleme lösen. Das ist falsch. Man muss den öffentlichen Raum, die Fabriken, die Verkehrsmittel, die Bibliotheken und Schwimmhallen … in Besitz nehmen. Das ist eine Anstrengung. Nichts was berufene und/oder ermächtigte Leithammel für mich erledigen könnten. Der Satz “ Die Befreiung der Arbeiterklasse muß das Werk der Arbeiterklasse selbst sein.“ ist kein ideologischer Ansatz, sondern ein praktischer. Diese Arbeit kann nicht delegiert werden. Man muss sie tun.

  9. Politiker als Aktivisten? Nach ein wenig Nachdenken, ist das zu meinen Ideen über Politiker kompatibel.

    Gerade an Grünen wie Habeck und Baerbock kann man bestens sehen, dass ihre Aktivisten-Parolen, mit denen sie in ihrer Partei erfolgreich Karriere gemacht haben, lautlos hinten runter fallen, wenn als Bundespolitiker das Interesse des übermächtigen Nato-„Partners“ nichts von Naturschutz, besonderer Klimaschädlichkeit von Frackinggas, Naturschutzgebieten oder Freilassung von politischen Gefangenen wie Assange wissen will.

    Ein aktivistischer Karrierist wird auch mühelos zum Kriegsunterstützer, ebenso wie er früher auf Friedensdemos mitlief, weil die Mitgliedschaft in einer Partei mit Pazifistenwurzeln das nahelegt. Das momentan höchste Interesse ist immer das, das mit der schönen Karriere am besten korreliert.

    Gedient wird stets dem mutmaßlich Mächtigsten, der mutmaßlich den Zermürbungskampf gewinnen wird. Falls sich abzeichnen sollte, dass die USA China doch nicht unten halten können und falls Deutschland nicht zum kompletten Helfershelferstaat wird, in dem keine politischen Freiheitsgrade mehr übrig sind, werden diese Leute sich wieder umorientieren.

    Insgesamt halte ich Karrieristen-Politiker für eine Begleiterscheinung des neoliberalen Gesellschaftsumbaus. Kein Begriff ist vor Umnutzung sicher, weil nichts eine Seele braucht. Gleichberechtigung verliert zu Gunsten glitzernder Spezial-Identitäten an allgemeiner Gültigkeit. Solidarität wird nicht gegeben, sondern bei speziellen Interessen unerbittlich eingefordert, und wenn sie stört, den Schwachen und Unterprivilegierten schlicht verweigert.

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