Selbstkritische Essayistik: Ein Börne-Preis für Robert-Habeck

Robert Habeck
Heinrich-Böll-Stiftung from Berlin, Deutschland, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

Kurz vor Karneval und in sicherem Abstand zum 1. April durfte man erfahren: Robert Habeck bekommt den Ludwig-Börne-Preis. Das ist nicht leicht zu kommentieren, denn wer das einigermaßen seriös tun möchte, muss Robert Habeck lesen. Der Autor dieser Zeilen erbarmt sich.

Der Anlass ist schräg genug: Der amtierende Wirtschaftsminister Robert Habeck, ein Mann, der sich nach mehreren verunglückten Formulierungen von Twitter und Facebook zurückgezogen hat – v.a. erstere Plattform nebenbei bemerkt ein Tummelplatz jenes pseudolinken Gesinnungsmobs, der seiner Partei bei der Wahl Prozente bringt (der Merkur sprach vom „Habeck-Paradox“) – dieser Habeck wird nun mit dem Namen Ludwig Börnes geehrt, von dem die nach ihm benannte Stiftung sagt, er sei ein „Virtuose der deutschen Sprache“ gewesen. (Börne selbst hätte es wohl locker genommen: „Minister fallen wie Butterbrote: gewöhnlich auf die gute Seite.“) Er könne, sagte Habeck damals über Social Media, seine Argumente einfach nicht so vortragen, wie er wolle. Was meint er: Ohne Widerspruch? Ohne Kürzungen? Zum Glück gibt es das Buch.

In der Kategorie politischer Essayistik – und um die geht es beim Börne-Preis – kommen aus den letzten Jahren drei Elaborate in Buchlänge in Frage. Das erste, „Wer wagt, beginnt. Die Politik und ich“ von 2016 vergessen wir gleich wieder. Dass ein siebenundvierzigjähriger (!) Landwirtschaftsminister (!!) meint, er müsse eine Art politischer Autobiographie unter die Leute bringen – das lassen wir mal so stehen und holen es nicht mehr ab.

Allianz großbürgerlicher Transatlantiker mit olivgrünen Moralisten

Bleiben der schmale Band „Wer wir sein könnten“, ein sprachphilosophisch verziertes Brevier zur politischen Rhetorik von 2018, und das 2021 erschienene opus magnum et arduum „Von hier an anders“. Um es gleich zu sagen: Virtuoses sucht man vergeblich. Stilistisch sind beide Werke enttäuschend und ein bisschen enttäuscht darf man doch sein: Der Mann kommt immerhin mehr vom Kinderbuch her und firmiert offiziell als Autor.

Enttäuschend aber auch der Inhalt, gerade für den Kritiker: Vieles von dem, was da in meist schmucklosen, manchmal auch übermütigen Sätzen (Politik als „Streit über mögliche Welten“) aneinandergereiht wird, sind verständliche Ansichten und diskutable Vorschläge. So viel kann kein vernünftiger Beobachter bestreiten: Ängste gehen um, alte Lager wanken, alles wird immer schneller immer anders und Kompromisse gehören zum Kern der Demokratie.

Vor allem, das ist Thema des ersten Buches, gibt es sprachliche Entgleisungen in der Politik und auch wenn Habeck sich öfters als überparteilicher Analytiker gibt, kommen die Beispiele für solche Verfehlungen ganz überwiegend von der Gegenseite. Von der AfD klar, aber auch von der CSU, die auffällig von der restdeutschen Schwesterpartei abgerückt wird. Es liest sich wie Sondierungen einer schwarz-grünen Koalition. Dazu passt, dass es ausgerechnet der FAZ-Feuilletonchef Jürgen Kaube war, der den diesjährigen Preisträger bestimmt hat: eine unheilige Allianz großbürgerlicher Transatlantiker mit olivgrünen Moralisten?

Wahlprogramm mit Füllsätzen

Aber Habeck wäre nicht der Philosoph, zu dem die Medien ihn erklärt haben, könnte er seine Beobachtungen nicht mit den richtigen Referenzen unterfüttern. Das obligate Namedropping von Schiller, Goethe, Hegel über Celan bis Levinas und Arendt rahmt mitunter echte Perlen: “Die Welt ist widersprüchlich.” Sag bloß! Auch die seltsam deutschlandfixierten Räsonnements über das Nationale und die Entstehung der deutschen Nation aus einer „ästhetischen Schönheitsvorstellung“ (sic!) haben Unterhaltungswert. Aber lesenswert macht es das nicht, keine Sorge, denn das Wesentliche steht nicht im Text. Es wird erst erkennbar, wenn man sich vor Augen führt, dass es derselbe Robert Habeck ist, der in seinem Buch die Auswüchse politischer Sprache, die hohlen Phrasen, die hölzernen, um- und unverständlichen Verlautbarungen seiner Kollegen kritisiert und selbst nicht einmal das allgemeinverständliche Wort „Insolvenz“ über die Lippen bekommt.

Ganz ähnlich möchte man all das, was da in kritischer Absicht zum Konzept der „Nation“ gesagt wird, gerne in Anwesenheit Habecks mit einem beliebigen Vertreter der Ukraine diskutieren. Und man wüsste auch gerne, wie Habecks Kritik einer auf Angst gründenden Politik sich zu den Corona-Maßnahmen oder der Rhetorik der Klimakrise stellt. Selten wurde offener mit Panik argumentiert und Politik gemacht. Andere Widersprüche sind eher lustig: In den ungelenken Formulierungen vermeintlich gendergerechter Sprache eine politische Kommunikation zu finden, die „unserer Leidenschaft weckt“, ist definitiv etwas für Fortgeschrittene.

Noch deutlicher ist das zweite Buch ein Wahlprogramm mit Füllsätzen. Man findet den üblichen Strauß an Talkshowthemen: Populismus, Bildung, Klimawandel, Globalisierung, Wählermilieus, Landwirtschaft, Digitalisierung und immer wieder Demokratie, Demokratie, also „wir“. Was da zu Corona steht, ist spätestens mit dem großen Zurückrudern der letzten Wochen obsolet geworden; es fehlt dem Text, was Habeck an der damaligen Regierung vermisst: „Vorsorge und Verbindlichkeit“. Nicht nur, aber vor allem die Auseinandersetzung mit Kritikern der Coronapolitik in diesem Buch liest sich wie eine Kostprobe des mittlerweile regierungsüblichen Paternalismus. Wie das zusammengeht mit der Feststellung, dass Demokratie ganz wesentlich Schutz von Minderheiten und abweichenden Meinungen bedeutet, lässt der Autor großzügig offen.

Pia Lamberty statt Kant

Insgesamt ist das Niveau im zweiten Buch etwas abgerutscht. Arendt gibt es noch, aber sonst rücken statt Philosophen jetzt eher Experten an: statt Kant Pia Lamberty. Fast zu leicht wäre es, dem Minister argumentative Mängel und Ungereimtheiten vorzurechnen, etwa die damals noch angeprangerten Waffenexporte in Kriegsgebiete. Ja, klar, will man meinen, das eine ist eben nachdenkliche Essayistik, das andere die schonungslose Realität des Politikbetriebes. Umso verstörender mutet es an, einem amtierenden Politiker (erstmalig übrigens) einen Preis für „hervorragende Leistungen im Bereich Essay, Kritik und Reportage“ zu verleihen.

Es ist hier nicht der Ort, das Wesen des Essays zu diskutieren, aber man sollte meinen, dass gerade politische Essayistik, will sie kritisches Potenzial entfalten, von einer gewissen Distanz zum politischen Tagesgeschäft lebt, jedenfalls Distanz zur Macht wahrt. So war es bei Börne, so war es bei Heine, seinem Zeit- und Exilgenossen, und so war es, um nur einen der früheren Preisträger zu nennen, bei dem im letzten Jahr verstorbenen Kreuz-und-Querdenker Hans Magnus Enzensberger.

Wenn es so offenkundig Unsinn ist, von Robert Habeck erhellende Zeitdiagnosen zu erwarten und wenn er ebenso offenkundig Werte hochhält und Ideale formuliert, von denen in seiner politischen Praxis und der seiner Partei herzlich wenig zu sehen ist – was soll das dann? Was tun solche Bücher? Vielleicht hilft ja eine kleine kopernikanische Wende (Kant und so!): Kann es sein, dass dieses Missverhältnis, dieser Widerspruch, diese Unfähigkeit zu tun, was man behauptet, selbst Programm ist? Der Juror Kaube begründet seine Wahl so:

„Wir leben in der steten Gefahr, dass im politischen Gespräch Argumente nichts mehr zählen, sondern „Narrative“. Habeck ragt unter denen heraus, die sich dem als Politiker und politischer Publizist widersetzen. Gesellschaftswissenschaftlich informierte (!) und lebensweltlich grundierte (!!) Reflexion prägen seine Äußerungen. In den Zwängen der Politik erkämpft er sich auf beeindruckende Weise Freiräume durch Nachdenklichkeit. Das lässt ihn in der Tradition des politischen Publizisten Ludwig Börne stehen.“

Fortsetzung der Alternativlosigkeit mit anderen Mitteln

Diese selbst preisverdächtige Lyrik ist aufschlussreicher als sie ahnt. Die arg feuilletonistische Gegenüberstellung von Argumenten und Narrativen mal beiseite, sind es tatsächlich die „Zwänge der Politik“, die in der Selbstdarstellung des Robert Habeck eine bedeutende Rolle spielen. Von den ersten Seiten an, sind seine politischen Einlassungen nämlich nicht nur als ganz persönliche Erfahrungen stilisiert; sie sind durchzogen von einer mitunter wehleidigen Rhetorik des Lernens, der Selbstkritik bis zur Selbstanklage. Man könnte meinen, hier schreibe jemand, noch bevor er an der Macht ist, eine hunderte Seiten lange Entschuldigung dafür, dass nachher alles anders kommt, als es vorher behauptet wurde.

Es ist dieses penetrante Verweisen auf die Grenzen der eigenen Möglichkeiten, auf Abstriche und Kompromisse, das Habeck bei erschreckend vielen zum Sympathieträger werden lässt. Er hat es nicht gewollt! Dass er es trotzdem tut, ist dann nicht so wichtig. Der Zauber, der diese Dissonanzen bindet, heißt bekanntlich Authentizität.

Auf einer kommunikationswissenschaftlichen Tagung in München wurde Habeck vor kurzem als Repräsentant eines neuen Verhältnisses von Politik und Medien untersucht. Seine Art, das eigene politische Handeln einer gleichzeitigen Kommentierung zu unterziehen, etwa wenn er Entscheidungen auf Social Media als zwar unangenehm, aber notwendig präsentiert (Katar), könne, so eine Vermutung der Forscher, Schule machen. Das steht zu befürchten, reiht sich diese Selbstinterpretation doch nahtlos in den seit einiger Zeit zu beobachtenden Trend ein, die klassische mediale Vermittlung politischer Inhalte und damit ihre mögliche kritische Brechung zugunsten von direkter Wählerkommunikation zu umgehen. Vor allem aber könnte diese um das eigene Scheitern erweiterte Selbstinszenierung von einer kritischen Politikbeobachtung nicht weiter entfernt sein. Es ist die Fortsetzung der Alternativlosigkeit mit anderen Mitteln.

Der Märtyrer des Kompromisses

Die politische Ikonographie des Robert Habeck folgt dem Typus des Schmerzensmannes. Ernst, mit schweren Schultern, bedrückt von der Last politischer Notwendigkeiten, ist er allenthalben gezwungen, das Gute, das er will, nicht zu tun, stattdessen manchmal das Böse, das er nicht will. Tapfer nimmt er alle Anfeindungen auf sich und wohl auch das schlechte Gewissen, das der einfache Bürger in so einer Situation haben müsste. Authentische Flapsigkeiten besiegeln die Aufrichtigkeit seiner Leiden. Wer im Sturm steht, hat keine Zeit für Gelaber.

Ihn dafür anzugehen, ist unfein: er bemüht sich doch! Und so wimmelt es in seinen Werken von selbstkritischen Phrasen, schmerzlichen Kompromissen und heilsamen Belehrungen. Vor allem die eigenen blinden Flecken haben es Habeck angetan. Immer wieder betont er seine eigene Unzulänglichkeit, seine Irrtümer und sprachlichen Entgleisungen. Man wird den Eindruck nicht los, dass das Mitleid, das Habeck als moralischen Kompass politischen Handelns einfordert, nicht zuletzt für die Politiker selbst gedacht ist. Heldenhafte Steuermänner in Zeiten moderner Überforderungen, Märtyrer des Kompromisses unterwerfen sie sich selbstlos den Zwängen der Realität. Fast meint man, dass irgendwer gezwungen würde, Wirtschaftsminister zu werden.

Solche Bekenntnisliteratur hätte man früher nicht im Politikregal vermutet. Man verkennt diese Texte, wenn man sie der politischen Essayistik zuordnet; es sind (neben allerhand Wahlkampflyrik) Konfessionen, Betroffenheitsbekundungen, die jede äußere Kritik delegitimieren sollen. Und sie steuern die letzten Reste politischer Glaubwürdigkeit zielsicher auf die Klippen. Denn was es für eine Demokratie bedeutet, wenn die größte Sorge ihrer Agenten ist, die eigene Verantwortung in einem Brei aus guten Absichten und bösen Umständen aufzulösen, sieht man an der aktuellen Regierung.

Die primäre Wirkung der stets mitlaufenden Selbstkritik ist, dass sie das Tun und Sprechen von seinen Folgen entkoppelt. Der Habeck-Stil gehört wesentlich zu einer Politik der konsequenten Konsequenzvermeidung, die alle tiefgreifenden Veränderungen als bestenfalls träumerischen, potenziell rechten Radikalismus abwehren kann.

Selbstentlastung in Buchform

Sicher, Habeck ist da kein Einzelfall und auch Merkel hat hier nichts grundsätzlich Neues geleistet. In jedem politischen System und ganz besonders in einer Demokratie geht es nicht nur darum, Entscheidungen auszuhandeln, sondern auch darüber zu streiten, was überhaupt zur Entscheidung steht. Die „Mächte des Marktes“, das „Wesen des Volkes“, die „Natur der Geschlechter“, das „Weltklima“, das „Corona-Virus“, „Putins Aggressionen“: all das sind Notwendigkeitsbehauptungen, Gegenstände des politischen Diskurses, die in einer Demokratie selbst kontrovers sein sollten, wobei man schnell merken wird, dass die Umwelt der Politik tatsächlich eine Reihe von unangenehmen Alternativen diktiert. Wer das leugnet, dem droht am anderen Ende des Spektrums das herrische Pathos eines autokratischen Dezisionismus. Aber Politiker, die das (immer willkürliche) Moment der Entscheidung in ihrem eigenen Handeln auf äußere Bedingungen abwälzen, stellen die Grundlage der Politik als Organisation kollektiven Entscheidens und Handelns in Frage.

Diese Selbstentlastung in Buchform zur kritischen Essayistik zu verklären, ist ein fragwürdiges Verdienst, das keine Nachahmer finden darf, wenn denn Kritik und Essay in Zukunft noch etwas bedeuten sollen. Aber jetzt gehen erstmal 20.000 Euro an einen Mann, der nach eigenen Angaben mehr verdient als er ausgeben kann. Über die Lebenswelt, mit der so einer seine Reflexionen grundiert, kann sich jeder selbst ein Urteil bilden. Sorry, Alter.

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27 Kommentare

  1. “[…]Der Mann kommt immerhin mehr vom Kinderbuch her und firmiert offiziell als Autor.[…]”

    Das der, wie Herr Lindner, nichts für Kinder übrig hat hat ja die penible Sparerei bei der geplanten “Kindergrundsicherung” eindrucksvoll bewiesen, die auch Habecks “Grüne” mit zu verantworten haben, nicht nur die “Besserverdiener-Partei” FDP des Herrn Christian Lindner.

    Mir ist da eine Astrid Lindgreen, aus Schweden, tausendmal lieber als ein gewisser Herr Habeck, der sich als Kinderbuchautor gibt, aber keine Empathie für seine kleinen Konsumenten und deren Eltern mitbringt – insofern die nicht der “grünen Elite” angehören….oder ganz viel Asche haben….auf dem Konto….

    Nichts für ungut, aber das muss man sagen, um den Ruf von echten, humanistischen KinderbuchautorInnen zu retten zu denen eben auch die lange schon verstorbene Astrid Lindgreen – aus Schweden – gehört hat und die, ganz im Gegensatz zum kriegsbesoffenen Habeck, und Ukraine-Waffenlieferanten, eine “Lumpenpazifistin” war – bis ins hohe Lebensalter hinein….die Krieg und Kriegstreiberei verabscheut hat…ihr Leben lang….

    Das darf auch nicht untergehen…..

    Gruß
    Bernie

  2. Er möge das zum Hauptberuf machen und als Minister abtreten. Dann belästigt er wenigstens mich und meinen Geldbeutel nicht mehr. Seine Bücher kann kaufen, wer will und die Käufer seiner Bücher, FAZ & Co, können von mir aus auch beliebig viele Preise verleihen, Hauptsache er verschwindet aus der Zukunftssicherung für meine Enkel.

  3. Das pseudogrüne Framing hat doch einen gewissen zynischen Charm..
    Den Vorgängerregierungen, die in Europa für Frieden, Wohlstand und Zusammenarbeit gesorgt haben mangelnde Diversifizierung vorzuwerfen um dann in führend-dienender Funktion Absagen oder Frackinggas übern Teich geschippert ums mehrfache Geld als Alternative zu bringen, mehr Kohle zu verbrennen und AKW Zeiten zu verlängern.
    Die völlige Abwesenheit eigenständiger Politik der EU und vor allem Deutschlands, die unsägliche Einfältigkeit sich für einem Abnützungskrieg gegen Russland einspannen zu lassen und damit jenen Ressourcen die einen wesentlichen Teil der Prosperität darstellten, tschüs zu sagen, damit der gefährlichsten Blockbildung Vorschub zu leisten..
    Krieg steht immer für Totalversagen der Politik, die ständige Beschleunigung der Gewalt und Waffenspirale
    hat neben hunderttausenden Toten und Verletzten, zerstörter Infrastruktur und Flüchtlingsströmen für die Verfasser des Drehbuchs den erhofften Gewinn gebracht – die gesicherte Energie wurde durch die kontrollierbare Ausfuhr von Öl und Gas ersetzt, Russland und die EU massiv geschwächt.
    Damit sich das propagandistisch anders liest, gibt es ein gut geschmiertes Mediennetzwerk, sollte man sich ansehen, wenn man wissen will, wo über Jahrzehnte die “eigene Meinung” produziert wird

    https://swprs.org/die-propaganda-matrix/

  4. Kompromisse gehören zum Kern der Demokratie, behauptet Habeck. Das hat Börne nicht verstanden, denn er sagt: “Als Gott die Welt erschuf, da schuf er den Mann und das Weib, nicht Herrn und Knecht, nicht Juden und Christen, nicht Reiche und Arme.” Mann und Frau als die unveränderliche biologische Dichotomie als Axiom von Gesellschaftskritik schlechthin? Das ist gar nicht modern, sondern engstirnig, spaltend und ausschließend, und passt absolut nicht in das grüne Weltbild. Sogar der Duden sagt: Mit der nun geltenden Möglichkeit des Eintrags einer „dritten Option“ in den Personalausweis ist ein großer Schritt in Richtung Sichtbarkeit anderer Geschlechtsidentitäten als der beiden prototypischen getan” und setzt sich mit der Anrede auseinander. Entweder erkundigt man sich nach der Identität, oder man benutzt eine geschlechtsneutrale Anrede. “Eine andere Möglichkeit wäre die Anrede mit Vor- und Nachnamen – man kann etwa problemlos ausweichen auf „Guten Tag, Silke Segler“. ” Aus Schreiben von Ämtern habe ich gelernt, dass “Guten Tag” alleine genügt. Eher den Börne-Preis hätte jener Polizist verdient, der ein barbusigen Wesen fragte: “Identifizieren sie sich als Mann oder Frau?” Und als das Wesen “Frau” sagte, antwortete: “Dann müssen sie einen BH anziehen”
    Übrigens haben schon früher Politiker Selbstkommentierung betrieben. Ein anderer Märtyrer des Kompromisses sagte: „Von euch werden die meisten wissen, was es heißt, wenn 100 Leichen beisammenliegen, wenn 500 daliegen oder wenn 1000 daliegen. Dies durchgehalten zu haben, und dabei – abgesehen von Ausnahmen menschlicher Schwächen – anständig geblieben zu sein, das hat uns hart gemacht. Dies ist ein niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes Ruhmesblatt unserer Geschichte.“ Auch die Grünen als Neopazifisten sind sogar in solch einem Kompromiss selbstkritisch und anständig geblieben.

    1. Auch die Grünen als Neopazifisten sind sogar in solch einem Kompromiss selbstkritisch und anständig geblieben.
      ————–
      Satire, Zynismus? Oder bezeichnet man die Amnesie bezgl ursprünglich vorgegebener Werte jetzt so?

  5. Tja, mit den “Literatur”preisen ist das besonders hierzulande sone Sach … Also der Börne an den Habeck. Mehr als peinlich. Dessen TV-Auftritte wirken auf mich als wenn ein in jeder Hinsicht bedeutungsloser Mann in seiner mittleren Jahre-Lebenskrise seitdem er beim Doppelwummser den Doppelbundesminster geben darf seine life-crisis um jeden Preis hemmungslos auslebt. Grad so als ahnte Dr. H. tief im Innersten, daß das letztlich (s)eine einmalige Chance ist, um kurzfristig etwas medienwirksam darzustellen …

  6. “Es ist die Fortsetzung der Alternativlosigkeit mit anderen Mitteln.”
    Viel schlimmer: es ist weiße Gewalt!
    (Wie Eltern, die ihre Kinder schlagen und dann sagen: es hätte ihnen mehr weh getan!)

    Musste spontan an Palmers Satz -nach der Kretschmann und seiner Wenigkeit -Wahl denken: “S21 ist ein Fehler, den wir machen müssen!”

    Es tut mir leid dass ich die Grünen mit habe enstehen lassen.! (Seit Fischer kreuze ich sie allerdings nicht mehr!)

    Aber sie sind -aus Sicht der neuen PsychoMachtnehmer- geniale Handlanger!!
    So blöd und korrupt Strauß war: da hätte er sich vieles nicht gefallen lassen!!

    1. Mit dem zweiten Attribut zu Strauß gehe ich konform, aber blöd war der Mann wirklich nicht. Im Gegenteil – er war einer der hellsten Köpfe im damaligen Politikbetrieb. Bei dem heutigen Deppenauftrieb in Berlin wäre er eine wahre Leuchte…

  7. Es sind nicht die äußeren Zwänge, die Herrn Habeck einschränken, sondern seine inneren. Es ist halt nicht mehr drin. Die seichten Essays sind ein typischer Fall von Selbstüberschätzung. Das Problem dabei ist, nicht nur er fällt damit auf die Nase.

  8. Der „Schmerzensmann“ Habeck hat übrigens auch ein gewisses Faible für einen ganz anderen „Schmerzensmann“. Jenen Sozialdemokraten nämlich, der weiland in den Jahren 1918 bis ’20 kommunistische Aufstände blutig niederschlagen ließ und das dann mit den Worten kommentierte: „Meinetwegen! Einer muss der Bluthund werden, ich scheue die Verantwortung nicht!“.

    Diesem Musterbeispiel eines deutschen Sozialdemokraten hat der Herr Habeck zusammen mit der werten Gattin ein Theaterstück geschrieben – weil er den Mann so bewundert. Das passt!

    https://jacobin.de/artikel/noske-2-0-robert-habeck-gustav-noske-1918-revolution-in-kiel-matrosenaufstand-novemberrevolution/

    https://www.deutschlandfunkkultur.de/robert-habeck-ueber-sein-stueck-neunzehnachtzehn-das-herz-100.html

    1. Was ist die “Postmoderne”?
      Postmoderne herrscht, wenn eine Partei, deren Stiftung – zu Unrecht – den Namen Rosa Luxemburgs trägt, verzweifelt darum bettelt, mit einer Partei koalieren zu dürfen, deren Spitzenkandidat sich offen zum Bluthund Noske bekennt, welcher u.a. für die Ermorderung Luxemburgs verantwortlich war.

      Eigentlich ist das nicht “Postmoderne”, sondern ein Alptraum, der nicht vergehen will.

  9. Was für Preisträger will man denn erwarten in dergestalt gewendeten Zeiten, in denen strafwürdige Volksverhetzung mit dem “Friedenspreis des deutschen Buchhandels” geehrt wird?

  10. Der Mann ist nicht nur ein virtuoser Rhetoriker, er ist auch ein genialer Logiker.
    Seine Sprech- und Denkperle des Tages in der “Welt:

    “Die Ukraine wird an der Atomkraft festhalten. Das ist völlig klar – und das ist auch in Ordnung, solange die Dinger sicher laufen. Sie sind ja gebaut.”

    1. Vielleicht hätte er noch ergänzen sollen:
      Und solange sie nicht mitsamt den darin befindlichen Russen von Ukrainern beschossen werden…

  11. Die Partei wird wohl doch noch tiefer fallen, alle anderen sind schon gefallen, aufgrund ihres Verrats. Die Grünen besitzen den Vorteil, das IHR VERRAT wirklich außerordentlich begründet ist. Das ist schon ein toller Erfolg! Leider werde ich keine Zeit besitzen ihr den letzten Weg zu erweisen…

  12. Zur Zeit ist ja – völlig zu Recht – die “toxische Männlichkeit” hierzulande ein großes Thema; das artverwandte Psychovirus der “tötenden Eitelkeit” sollte in der deutschen Öffentlichkeit aber unbedingt parallel-diskutiert werden, weil dieses geschlechterübergreifend wütet und deshalb doppelt gefährlich ist ! So hat Dieses nicht nur Männer vom Schlage “Robert der Grüne” sondern auch Frauen der Sorte “Ursula die Braune” befallen ! Diese deutschen Herrenmenschen identifizieren sich dermaßen mit ihren ukrainischen Upperclass-Verwandten, dass eine Niederlage derselben für sie eine persönliche Niederlage bedeuten würde, und das darf einfach nicht sein ! Eine solche Demütigung würde diesen Erlauchten mindestens 1 Woche lang die gute Laune und den Appetit verderben – ein für Hardcore-Hedonisten unerträgliches Szenario ! So wohl-an, ihr ukrainischen Durchschnittsarmen, opfert euch weiterhin tapfer und zu 100tausenden für die oberen Zehntausend, auf dass diesen weiterhin der Kamm, der Bauch und der Denis / die Doris schwelle !

  13. Das Habeck ist wohl schon der Überflieger, kann man leider nichts machen.

    “Abschottung lässt uns in Inzucht degenerieren”.
    Zitat von Dr Wolfgang Schäuble

    Grüße an Telepolis ^^

  14. Der Mann ist ein klarer Fall von falscher Besetzung, noch dazu eines für ein ganzes Land resp. Volk außerordentlich wichtigen politischen Amtes. Dann ist er weiter ein Fall für den- oder diejenige oder diejenigen politisch Verantwortliche(n), dieser Fehlbesetzung ein schnellstmögliches Ende zu bereiten.

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