Die Alternative zum Karlspreis

Selenskyj erhält den Karlspreis zu Aachen.
Foto: Screenshot

Nachdem die Klatscheliten den ukrainischen Präsidenten Selenskyj gefeiert hatten, erhielt unweit dieser Inszenierung Eugen Drewermann die erste Aachener Auszeichnung für Menschlichkeit.

Ein Dutzend Polizeifahrzeuge, ein weiteres Dutzend Edellimousinen mit abgedunkelten Scheiben, gefolgt von nochmal einem weiteren Dutzend Polizeiwannen, Rettungswagen nebst sonstigem Rattenschwanz und begleitet vom ohrenbetäubenden Geflattere dreier Polizeihubschrauber im Tiefflug: So präsentierte sich der Auftritt des baldigen Karlspreisträgers auf unserer Friedenskundgebung am altehrwürdigen Aachener Elisenbrunnen.

Diplomaten statt Granaten

Bei einem knapp vierstündigen Programm mit politischen Reden des Bündnisses „Diplomatie statt Waffen und Sanktionen“, der Uraufführung eines grandiosen Friedensappells des Theologen Dr. Eugen Drewermann, umrahmt von musikalischen Beiträgen der Friedenssängerin Blue Flower und der Gesangsgruppe um den lokalen Liedermacher Jochen feierten anfänglich zwischen 500 und 1.000 Mitglieder der Menschheitsfamilie ihren gemeinsamen Wunsch nach Neutralität und Frieden, nach einer gerechteren und menschlicheren Welt.

Nach dem Defilee der Limousinenparade diffundierten dann mehr und mehr Menschen Richtung Hochsicherheitsbereich rund um Dom und Rathaus. Dort war der Protest der „Nicht-Selenskyj-Fans“ laut Augenzeugen mit Schildern und Plakaten auch deutlich sichtbar – so wie beim letzten Karlspreis an die belarussischen Kämpferinnen für freiheitlich-westliche Werte, wo wir mit Free-Assange-Plakaten auf die Absurdität derselben hingewiesen haben.

Sowohl Olaf Scholz, der mit Selenskyj inzwischen beim kumpelhaften „Du“ angekommen ist, als auch Uschi von der Leyen, deren herzliche Küsschen für Selenskyj in anderen Zusammenhängen schon hart an der Grenze zur sexuellen Übergriffigkeit lägen, schlossen ihre Lobpreisungen für den frisch gebackenen Karlspreisträger mit einem knackig-faschistoiden „Slawa Ukrajini“ – dem Gruß der „Organisation Ukrainischer Nationalisten“, kurz OUN um Stepan Bandera.

Sankt Selenskyj

Als Aachener Bürger wundert es mich eh, dass nicht schon längst in ukrainischer Tradition ein Platz oder eine Straße nach Stepan Bandera umbenannt wurde – anbieten würde sich da etwa die Oppenhoffallee, benannt nach Franz Oppenhoff, dem ersten nicht-faschistischen Bürgermeister nach der Eroberung Aachens als erster deutscher Großstadt, der nach wenigen Monaten Amtszeit von einem SS-Werwolf-Kommando als Kollaborateur ermordet wurde – und nach dem Besuch von Seiner Heiligkeit wird es wohl auch nicht mehr lange dauern, bis der Aachener Dom zur Sankt-Selenskyj-Kathedrale umgewidmet wird.

Schlimmer als das waffenstrotzende 2,7 Mrd.-Gastgeschenk plus zukünftigem Rundum-Sorglos-Paket von Olaf Scholz, die dank Karlspreis-Hype weitgehend unterm dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung durchgeflutscht sind, wäre das jedenfalls wohl kaum. Passend dazu ein Zitat des sowjetischen Marschalls Schukow: „Wir haben sie vom Faschismus befreit; das werden sie uns nie verzeihen!“

Auszeichnung für Menschlichkeit

Doch zurück von der Sowjet-Nostalgie zum Hier und Jetzt, wo wir vor wenigen Stunden am Himmelfahrtstag, dem traditionellen Tag der Karlspreisverleihung (die wohl wegen Selenskyjs Terminkalender um vier Tage vorverlegt wurde, oder weil man am Himmelfahrtstag keinen Preis an ein Himmelfahrtskommando vergeben wollte), die „1. Aachener Auszeichnung für Menschlichkeit“ an Dr. Eugen Drewermann verliehen haben für seinen Friedensappell, hier nochmal der Link, den man nicht oft genug verbreiten kann: Schauen Sie hier!

Bereits im Vorfeld der Veranstaltung hatte eine Gruppe namens QuerdenkenwatchAC auf Twitter dazu aufgerufen, uns die Preisverleihung zu „vermiesen“, weil Drewermann ein Anti-Amerikaner und ein Kriegsaktivist (sic!) sei – wer erinnert sich nicht auch an die Bilder, wie Drewermann nach dem unablässigen Segnen russischer Panzer erst mal ein erfrischendes Blutbad nehmen musste, bevor er dann wieder seinen Kriegsgott Jesus angebetet hat?! – und so kam es dann auch, dass die Laudatio von Dirk Pohlmann, Herausgeber von Free21, von krakeelenden „Nazis raus“-Rufen begleitet wurde. Das Megafon-Gekrächze des mickrigen Häufchens (12 bis 15 Transatlantifanten vs. rund 250 „Drewermänner und -frauen“) war zwar lästig, aber konnte durch unsere Lautsprecheranlage akustisch marginalisiert werden – und die Aachener Polizei hat es dankenswerterweise übernommen, diese auch physisch auf Distanz zu halten.

Exkurs am Rande: Wikipedia bezeichnet Dirk Pohlmann naturalmente als „Verschwörungsideologe[n]“ und als „einen „Aktivist[en], der die USA für Kriegstreiber hält“. Auf meine Frage, wie er denn auf diese abstruse Idee gekommen sei, antwortete er mit einem herzhaften Lachen und der Feststellung, dass er nicht zu den Analphabeten sondern zu den Alphabeten gehöre.

Bibelzitate vs. „Halt die Fresse!“

Die Krönung der Geschmacklosigkeit fand dann statt, als Eugen Drewermann live per Smartphone zugeschaltet war und seine Bibelzitate mit „Halt die Fresse!“-Sprechchören als endgültige geistige Bankrotterklärung seitens der teils vermummten Apologeten des US-Imperiums quittiert wurden. Nichtsdestotrotz war es eine ergreifende Veranstaltung mit einem tiefen Gefühl der Menschlichkeit und Zusammengehörigkeit (auch für mich als Agnostiker) und gegen Ende erbat sich eine Besucherin für einen einzigen Satz das Mikrofon und sagte: „Für mich ist Drewermann der Jesus der heutigen Zeit.“

Nun mag man über solche Vergleiche streiten, aber wir waren uns alle einig, dass das armselige Häuflein auf der anderen Seite des Marktplatzes zu den ersten gehören würde, die Jesus und/oder Drewermann auch heute wieder ans Kreuz nageln würden.

Es gibt viel zu viele gute Aussagen in Drewermanns Rede, um sie alle aufzuführen, aber meinen Favorit möchte ich Euch und Ihnen zum geistigen „Auf-der-Zunge-zergehen-lassen“ doch gerne noch kredenzen:

„Jedem Bürger verlangen wir ab, dass er sich einigermaßen verständigt mit seinem Nachbarn. Wir werden ihn nicht ausstatten mit Handfeuerwaffen und MGs, damit er seinen Nachbarn besser einschüchtern kann. […] Wenn wir das als Bürger lernen sollen in einem halbwegs zivilisierten Staat, dann können wir auch erwarten, dass die uns Regierenden nach den Regeln, die jedem Bürger vorgeschrieben sind, miteinander genauso umgehen.“

Fazit

So weit dazu, und für den Rest des verlängerten Wochenendes werden wir mit der Freien Linken auf einem Naturcamping im belgischen Exil über den weiteren Fortgang der Welt(r)evolution sinnieren –- (R)Evolution, weil im Alter wird man ja bescheidener, und heutzutage kann man schon froh sein, wenn die Devolution nicht allzu schnell fortschreitet und uns zurückwirft in finsterste zivilisatorische Abgründe des Dreißigjährigen Krieges (neun Jahre haben wir im Donbass schon rum – und in Afghanistan waren es immerhin 20) oder der verheerendsten Eruption menschlicher Unmenschlichkeit im Zweiten Weltkrieg.

Eigentlich war es doch immer nur der eine Herr Leck-mich-am-Arsch-was-bin-ich-Mächtig, der sich mit dem anderen Herrn Leck-mich-am-Arsch-was-bin-ich-Wichtig (beide natürlich umgeben von elaborierter Entourage aus Günstlingen und Hofschranzen) in die Wolle kriegte und jeder seine eigenen Untertanen opferte für etwas, was letzten Endes doch nur uns allen gehört.

In diesem Sinne…

SUPPORT YOUR LOCAL PEACE MOVEMENT

Video der Veranstaltung am 14.05.23 (Selenskyj)

Video der Veranstaltung am 18.05.23 (Drewermann)

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13 Kommentare

  1. @Hubert Heck

    Guter Text, dem man, mit einer kleinen Einschränkung, durchaus zustimmen kann, und dies schreibe ich obwohl ich auch ein „Fan“ von Eugen Drewermann bin – er kann nicht anders als mit der Bibel zitieren, als Ex-Pfarrer und Theologe, aber damit macht er sich auch angreifbar, denn es darf nicht vergessen werden, dass jeder religiöse Text, auch die Bibel des Neuen Testaments, vom absolut gewaltverherrlichenden Alten Testament gar nicht erst anzufangen, x-beliebig ausgelegt werden kann.

    Jeder Kriegstreiber kann sich auch auf Jesus – ohne Kitsch – berufen, da auch im Neuen Testament Stellen vorkommen, die Jesus als In-Group-Menschen beschreiben, der für seine Gruppe alles erreichen will, während er „Ungläubige“ und „Ketzer“ im besten Fall ausgrenzen, wenn nicht sogar mit „ewigen, immerwährenden Höllenqualen“ belegen will – übrigens entmenschlicht er auch „Heiden“….das sei noch angemerkt, als Ergänzung….

    Das Christentum, wie auch jede andere Religion, sehe ich, auch aus diesen Gründen, durchaus zwiespältig, wie schon gesagt, aber das Engagement für Frieden des Eugen Drewermann, oder sogar des lateinamerikanischen Papstes Franziskus im Vatikan in Rom , anerkenne ich als (altermilde gewordener) Atheist durchaus mehr als positiv an, und hoffe, dass sie diese friedliebenden Menschen durchsetzen, und nicht die Kriegstreiber aus den USA, deren Evangelikale sich ebenso auf die Bibel berufen – als „Gottes unversichtbare und einzige Nation….“

    Für Menschen, die gerne mehr wissen wollen, was frühe Evangelisten „Jesus“ so andichteten, empfehle ich das Buch „Jesus ohne Kitsch – Irrtümer und Widersprüche eines Gottessohns“ des Autors Heinz-Werner Kubitza – mehr über diesen Link, aber nur folgen, wenn man sich kritisch weiterbilden will (!): https://www.nomos-shop.de/tectum/titel/jesus-ohne-kitsch-id-84612/

    Ergänzend sei noch angemerkt, dass auch die russisch-orthodoxe Kirche des Patriarchen Kyrill nicht zu den Friedensstiftern im Ukraine-Krieg gehört, was auch, wenn nicht einer der zentralen, Gründe für eine eigenständig gegründete orthodoxe Kirche innerhalb der Ukraine gelten dürfte 😉 Wie schon gesagt, für mich zählt der einzelne Mensch, der friedensliebend ist, und wirklich pazifistisch, da sehe ich es ganz wie Daniele Ganser mit seiner „Menschheitsfamilie“, und nicht die Religion, die ebenso wie jede Ideolgie mißbrauchbar ist – für beide Seiten – die Kriegsgeilen ebenso wie für die Friedensbewegten…..und das gilt für jede Religion/Ideologie von Anbeginn an…..leider, muss man sagen 😉

    Was übrigens säkulare Menschen angeht, da sehe ich es gleich,, der friedensbewegte Mensch zählt nicht die Schriften, die Mensch zweifach auslegen kann – egal wie er die gerade braucht.

    Schade finde ich nur, und vielleicht bin ich da auch nur falsch informiert, dass es derzeit keine pazifistische, oder auch nur friedensbewegte, Stimme eines Menschen aus dieser Richtung gibt……kann mich jemand korrigieren? Oder ist euch das nicht auch schon aufgefallen, das Fehlen eines „Eugen Drewermanns“ oder „Papst Franziskus“ aus dem säkularen, kirchenfernen, humanistischen Bereich – Woran liegt das? Früher gab es doch durchaus auch bei diesen Organisationen große charismatische Freidenker, Friedensbewegte und Pazifisten, die unpolitisch waren, aber für den Weltfrieden eintragen – Wo sind die 2022/23 geblieben? Gibt es da nur noch politische Menschen wie Sahra Wagenknecht (ihres Zeichens Atheistin)…..sorry, ich hoffe ja so, dass ich mich irre, aber mir fällt das wirklich so unangenehm auf, es gibt keinen unpolitischen „Promi“ aus der organisierten humanistischen, oder freidenkerischen, Szene…..woran liegt das? Gerade hier sollte man doch gegen Krieg sein, da Humanismus doch alles sagt? Oder?

    Gruß
    Bernie

    1. Sehr guter Kommentar. Als Aachener bin ich zutiefst bestürzt und beschämt ob der Entscheidung des Karlspreis-Direktoriums. Wie so viele im Westen hat es den moralischen Kompass vollends verloren. Die Verleihung des Karlspreises an Selenskij ist eine Schande für die Stadt Aachen und desavouiert den Preis auf’s Schwerste. Selenskyj ist ein korrupter Despot und Antidemokrat, der mit Faschisten zusammenarbeitet, der die Oppositionsparteien verboten hat und die Oppositionellen verhaften und einsperren ließ. Dieses Regime ist weder demokratisch noch souverän noch erlaubt es die freie Meinungsäußerung und schon gar nicht kämpft es für Europas Freiheit und Demokratie.

  2. Auf wirklich erschreckende Weise ist es ja faszinierend, dass die „Antifanten“ sich stark machen, für Nazi2.0, in der Ukraine.

    Das kann doch nicht nur Gehirnwäsche sein – die graue Masse, scheint seit langem, völlig umprogrammiert zu sein.

  3. Frei nach Marschall Schukow könnte man den Deutschtümlern ins Nazimaul legen; Die böse Sowjetarmee hat uns unseren heissgeliebten Faschismus kaputt gemacht! Deutschland ist wohl die einzige Nation, die es ihren Befreiern übel nimmt, uns vor diesen Naziverbrechern gerettet zu haben!

  4. Besitzanspruch, wie das sehr teure ‚Investment Ukraine‘ wird genau so dem Volk vermittelt.
    Alternativlos heuchelt die Politik ihre rhetorische Sprüche und der „mündige Bürger“ hat das zu akzeptieren. Dieses Investment wurde mit Steuergelder reisend durch Europa und andere Staaten komplett finanziert, nicht ein einziges Wort dazu in den Medien.
    NS1-2 ist, aus den Augen aus dem Sinn, „WIR“ entscheiden und verfügen über euch.

  5. Passend dazu ein Zitat des sowjetischen Marschalls Schukow: „Wir haben sie vom Faschismus befreit; das werden sie uns nie verzeihen!“

    Wie recht er doch hatte….

      1. Dazu hatte sich Medwedew schon geäußert. Das ging in Richtung: Die können sich ihre Forderungen sonst wohin schieben….
        Der Mann hat Humor.

  6. Schaue ich mir die deutsche 3 farbige Flagge an, verstehe ich das schwarze aus dem Titelbild, aber schaue ich mir die 2 farbige Flagge der Ukraine an, sehe ich eine bitterliche Anbiederung seitens des Komikers, er trägt schwarz! Für die Trauer oder für die dunkle Energie?
    Diese letzte Tournee wurde komplett in schwarz getragen, was konträr zu früheren grünen Auftritten steht, Grübel…

  7. Guter, amüsant zu lesender Text, bei dem sich hin und wieder doch ein sarkastisches Lächeln einschleicht. Das ist aktuelle politische Literatur – wir brauchen die tagtäglichen Hitlerfilme nicht: Die zeitgenössischen Verbrecher:innen genügen uns zur Aufarbeitung.

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