Ungiftig Denken

Jean-Jacques Rousseau
Jean-Antoine Houdon, Public domain, via Wikimedia Commons

Ich stoße beim Nachdenken an die eigenen Grenzen. Dann bin ich dankbar dafür, dass Andere aus Weisheit geschöpfte Aussagen zur Verfügung stellen.

So geht es mir mit dem Genfer Gelehrten Jean-Jacques Rousseau (1712 – 1778). Gewachsen sind seine philosophischen Erkenntnisse auf dem fruchtbaren Boden, der von Vorläufern vergangener Kulturen bis zu seiner Zeit gepflegt worden ist. Ihm verdanke ich die Titel dieses Artikels.

Wissen wird, gleich dem Stab bei einem Staffellauf, weitergegeben. Im Laufe der Zeit verändern sich soziale, technische oder politische Bedingungen, doch die Erde, auf der wir leben bleibt, dieselbe. Interessant zu beobachten, ob diese philosophischen Axiome standhalten.

Der Mensch ist von Natur aus gut, gleich und glücklich

Das trifft auch auf die Pioniere der frühen Industrialisierung zu. Zweifellos glaubten diese Macher mit ihren Produkten zum allgemeinen Wohlstand beizutragen. Nach dem damaligen Wissensstand dürften sie die massiven Schäden, die zum „Schatten der Industrialisierung“ führten, kaum erkannt oder gar bewusst in Kauf genommen haben. Im gleichen „Schatten“ veränderte und erneuerte sich die Zivilgesellschaft. Die Lebenserwartung lag im 19. Jahrhundert für Männer und Frauen unter 40 Jahren. Das lag hauptsächlich an der hohen Kindersterblichkeit. Allein dieses – statistische – Beispiel ist ein positives Zeichen. Heute werden wir über 80 Jahre alt. Zugleich haben im Laufe der letzten 200 Jahre zahllose Entwicklungen in natur- und geisteswissenschaftlichen Bereichen unsere reale Existenz positiv verändert. Natürlich gibt es immer wieder Rückschläge, doch objektiv betrachtet haben wir uns diesem Idealbild des guten, gleichwertigen und glücklichen Menschen stetig angenähert.

Besitz und Gier sind die Wurzel allen Übels. Kein Zufall, dass die marxistischen Lehren in diesen Tagen neu gelesen und interpretiert werden. Der Raubtierkapitalismus mit seiner „Jeder ist sich selbst der Nächste“-Dogmatik ist dabei grandios zu scheitern. Ein menschenfreundlicher Umgang mit uns selbst wird unumgänglich. Die Klassengesellschaft ist kein zivilgesellschaftliches Modell mehr. Zeitenwende. Doch wie ein verseuchter Boden mit Millionenaufwand wiederhergestellt werden muss, so gilt es für eine neue Zeit zu kämpfen. Dazu gehören die Auswüchse von Cancel Culture, Genderverwirrungen, Wokeness etc. Bevor es sich neu einpendelt, schießt es erstmals übers Ziel hinaus. Gut so.

Freiheit ist, den eigenen Willen auszuüben, solange man tut, was man will

Als Herdentiere sind wir in der Lage zu erkennen, dass das, was wir als eigenen Willen definieren, Teil des Ganzen ist. Wir dürfen uns nicht vernebeln lassen durch die Verführungen des agonisierenden Kapitalismus. Obacht: Wehrpflicht, Nasenkorrekturen, Bargeldabschaffung und Schlankheitsspritzen sind nicht wahre Wegweiser zu goldener Zukunft. Künstliche Intelligenz spielt keine vordenkende Rolle, es ist die Mühle, die den Einheitsbrei mahlt, den wir uns per digitalem Einlauf verpassen lassen. Selbst denken darf man nicht verlernen.

In der globalisierten Welt, in der uns ständig Nachrichten von Ouagadougou oder Patagonien erreichen, genügt es nicht gutbürgerlich an die eigenbrötlerische Wohlanständigkeit zu glauben. Genauer betrachtet ist es damit leider nicht weit her. Unsere Börsen, die uns zu klug ergaunertem Reichtum verholfen haben, sind alles andere als sauber. Und der Schokoladenhase zu Ostern wird mit Kinderarbeit in Ghana alimentiert. Gemeinwillen ist nicht durch Landesgrenzen eingezäunt. Liebe Mitcitoyen, lasst uns also Weltbürger werden. Im Gedenken an Jean-Jacques Rousseau.

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26 Kommentare

  1. ein letztes stossgebet zum höchsten, möge er sich in seiner wahren gestalt als WELTREGIERUNG zeigen, dann kann man endlich wählen ohne deutschland weil da wird einem ja schlecht! nur ein bisschen freundlicher spass, herr höner!

    1. es ist doch einiges konsequenter, als guerot, die mit der gleichen einstellung zu europa „betet“. aber ich habe von ihr gerade gelernt, dass der erste name für die finanzielle unterstützung unter dem namen „sparta“ lief LOL. es gibt viel zu lachen!

      1. Bei der Ausdehnung auf die Welt hat man leider häufig den Eindruck, dass die hiesigen Weltverbesserer zuerst die Welt perfektionieren wollen und dann vor der eigenen Haustür zu fegen vorhaben – oder nicht.

        Die EU wird wie bei der Vorratsdatenspeicherung gerne als Umgehungsstraßenmöglichkeit genutzt, wenn der Widerstand im eigenen Land zu sicher wäre und die EU mehr Erfolgsaussicht beim reduzieren der Schutzrechte verspricht.

        Seit die Aussicht besteht, Russland weiter zu zerteilen wird überdeutlich, dass all die schönen Reden von Klimarettung, Menschlichkeit und großem Zusammenleben auf Null schrumpft, wenn das US-Imperium zum Kampf ruft. Aber schon beim Bekämpfen von Syrien, Libyen und nicht zuletzt Afghanistan konnte man merken, dass die schönen Reden nur dazu da waren, Bündnisse zu schaffen, die dann mit größerer Schlagkraft gegen Lieblingsfeinde eingesetzt werden.

        Die UNO wird auch nach der Auflösung der Sowjetunion von den USA und seinen Helferlein unterminiert und selbst, wenn die UNO sich mal zu mäßigen Maßnahmen breitschlagen lässt, nutzt der Westen es wie 2011 gegen Libyen aus, um den Beschluss blutig umzuinterpretieren und ein weiteres Land zum failed state zu machen.

        Sprachregelungen pendeln sich dann ein, wenn sie von der Bevölkerung kommen, nicht wenn sie von kleinen akademischen Splittergruppe in die Welt gedrückt werden. Die inneren Widersprüche dieser Aktivisten werden der allermeistens uninteressierten Allgemeinheit zugemutet und die Blasenbewohner muss man sogar wachrütteln, wenn die unverstandenen bunten Vögel, als Märchentanten die Kindergärten erobern wollen.

  2. Starker Artikel, hat bei mir direkt was ausgelöst. Nicht, weil ich Rousseau jetzt dauernd lese oder irgendwo zitiere, sondern weil ich damals – als ich an Bitcoin gearbeitet hab – genau an dem Punkt war: Ich hab irgendwann festgestellt, dass Geld eigentlich nix anderes ist als ein Gesellschaftsvertrag. Und da war die nächste logische Frage: Okay, was genau ist denn ein Gesellschaftsvertrag?

    Ich hatte keine fertige Theorie im Kopf, keine ideologische Mission. Ich wollte nicht meine persönliche Meinung in Code pressen. Mir war eher wichtig: Es muss was Fundamentales sein, was möglichst viele Menschen nachvollziehen können – ohne dass man erst ein halbes Philosophiestudium braucht. Und da ist mir Rousseau quasi über den Weg gelaufen. Nicht weil ich ihn gesucht hab – sondern weil seine Definition genau das beschrieben hat, was ich gefühlt hab, aber nicht benennen konnte. Ich hab seine Idee dann nicht genommen, um irgendwas draufzusetzen – ich hab versucht, sie einfach sauber zu Ende zu denken.

    Bitcoin ist nicht der Vertrag. Der Vertrag war schon längst da – unausgesprochen, unausgewogen, irgendwo unter der Oberfläche. Bitcoin hat ihn nicht erfunden, sondern sichtbar gemacht. Es war wie: „Schaut her, das hier ist das, was wir alle eigentlich schon leben, aber nie gemeinsam verabredet haben.“ Ein Regelwerk, das für alle gleich gilt, ohne Tricks, ohne Hintertür. Und wer da mitmacht, tut das freiwillig. Genau wie Rousseau es beschrieben hat.

    Und ehrlich gesagt: Das ist nur ein Beispiel. Wer ein bisschen die Augen aufmacht, sieht schnell, dass es noch viel mehr von diesen „unsichtbaren Verträgen“ gibt. Nicht nur beim Geld. Bei Macht, Eigentum, Medien, bei der ganzen Frage, wie wir eigentlich zusammenleben. Wir tun oft so, als wär das alles halt so gewachsen. Aber ganz vieles davon basiert auf stillen Abmachungen, auf Dingen, die nie wirklich offen verhandelt wurden. Und genau da wird’s spannend.

    Man muss kein Wutbürger sein, um das zu erkennen. Im Gegenteil. Wut ist oft nur ein Zeichen dafür, dass man was spürt, aber noch nicht genau weiß, wie man’s greifen soll. Viel wichtiger ist, dass man versucht, Dinge sichtbar zu machen. Nicht alles einreißen – erstmal verstehen. Nicht ausrasten – sondern aufdecken. Nicht Barrikade – Bauplan.

    Ich glaube, wir brauchen mehr Projekte, die sowas tun. Die Strukturen zeigen. Die Verträge sichtbar machen, die schon längst unser Leben bestimmen. Bitcoin war vielleicht nur der Anfang.

    1. Das Wesen des Geldes ist seit mehr als 200 Jahren Gegenstand der sog. Wirtschaftswissenschaften. Wie sie ganz urwüchsig das Wesen des Geldes beschreiben ist wohl auch der Erkenntnisstand der derzeitigen VWL.
      Der Bitcon und die Kryptos sind in Grunde Privatwährungen, die sich der Kontrolle der Zentralbanken entziehen. Das hängt wohl mit dem Mißtrauen in die Macht der Zentralbanken zusammen,
      Mittlerweile ist der Bitcoin, ähnlich den Gold, zu einer alternativen Anlageform großer Vermögensverwalter geworden. Das Vertrauen in den Dollar sinkt, die BRICS plus diskutiert über eine eigene Währung mit Golddeckung und die Krisen mehren sich. Das treibt den Bitcoin, den Trump unterstützt. Mittlerweile hat sich auch die chinesische Zentralbank mit den Bitcoin abgefunden, nur Europa noch nicht. Europa hinkt wie immer hinterher!

  3. Wieder so ein typisch eurozentristischer Denker!

    Der Autor argumentiert ausschließlich aus der Sicht des Westens, den er für den Gipfel der Zivilisation hält.
    Er übersieht dabei völlig, das der sog. zivilisatorische Fortschritt des Westens auf der Ausbeutung und Unterdrückung der Mehrheit der Menschheit beruht.

    Jetzt ist der zivilisatorische Zyklus der westlichen Zivilisation abgelaufen. Diese Zivilisation versinkt in Dekadenz und Gewalt.

    Die Aufsteiger sind die Zivilisationen des Südens und des Ostens, allen voran die chinesische Zivilisation. Diese ist die älteste Zivilisation der Menschheit. Sie ist der westlichen Zivilisation in jeder Hinsicht weit überlegen und erlebt gerade ihren Wiederaufstieg.

    Den Westen bleibt nur in Demut diese neuen Realitäten anzuerkennen und endlich vom hohen eurozentristischen Roß abzusteigen!

    1. Diese Bewertung zeugt nicht von innerem Frieden.
      Da Menschen gleich sind 🙂 , handeln sie auch gleich. Nur die Umstände sind verschieden.
      Ob Ost oder West, die Menschen wiederholen ihre Fehler.

      1. Nein, kulturell war die Menschheit nie gleich und wird es wahrscheinlich auch nie werden. Ziel kann es nur sein die Gleichheit ALLER Kulturen und Nationen zu akzeptieren und auf Augenhöhe Austausch zu betreiben. Bis dahin hat der Wertewesten noch einen langen Weg!

    2. Na ja ich denke die indische Zivilisation ist noch älter.
      Ausserdem erlebte der Hinduismus seit seines Entstehens keine Veränderung und besteht seit Urzeiten.
      Die persische,ägyptische,germanische,griechische ,chinesischen Religionen sind alle untergegangen.
      Somit erhebt der Hinduismus mit Recht den Anspruch die älteste Religion und Kultur zu sein

      1. Man mag darüber streiten, ob die hinduistische oder chinesische Zivilisation älter ist. Mir gefällt am Hinduismus, wie er derzeit in Form von Indien auftritt, die Neigung zu Faschismus und Gewalt nicht. Indien ist doch wenig tolerant und hindunationalistisch. Es ist kein Zufall das der Hinduismus den Nazis gefiel.
        China dahingegen erlaubt eine friedlich Form des Volksbuddismus unter den großen Mantel des Konfuzianismus. Und wer der Nächste Dalai-Lama wird, da wird die KP Chinas verdeckt mitreden!

        Das Hackenkreuz freilich ist ein buddhistisches Sonnensymbol. Man sieht es an zahlreichen buddhistischen Tempeln. Die Nazis haben es als okkultes Symbol aus Asien/Tibet importiert.

    3. Absolute Zustimmung!
      Nur auf die Demut müssen wir warten, bis bei uns Vernunft eingekehrt ist. Ich fürchte, eher lange.
      Zu hoffen ist, dass wir durch politische Entwicklungen wie BRICS+ zur Vernnft bekehrt werden und nicht durch kriegerische Entwicklungen.

  4. Was den Handel und die Wirtschaft betrifft, hier mag die Welt global sein!
    Was die Kultur, die Weltsicht, natürlich auch die Sprachen und sogar das Essen betrifft, da war nicht Welt NIE global!

    Die Welt zerfällt in verschiedene Kulturkreise. Diese durchlaufen zyklisch Zeiten des Aufstiegs und des Niedergangs. Der Niedergang der westlichen Zivilisation ist klar ersichtlich, der Aufstieg des asiatisch/chinesischen Kulturkreises ebenso.

    Als Koch müßte der Autor wissen, Asiaten sind von der europäischen Küche nicht besonders begeistert. In Frankreich ißt man halbrohes, blutiges Fleisch in großen Stücken mit mittelalterlichen Esswerkzeugen. Die asiatische Küche ist da viel feiner, mit unzähligen Düften und Geschmacksrichtungen…. und natürlich auch viel gesünder als die europäische Küche. Vielleicht lebt man auch deshalb in Asien länger?

    Auch deshalb wird die Zukunft der Menschheit eher asiatisch als global sein. Aber wer gerne halbrohes Fleisch ißt soll es gerne weiter tun!

  5. „Ich stoße beim Nachdenken an die eigenen Grenzen.“
    Ui. Wenn schon die Fähigkeit des Nach/Denkens begrenzt ist und fremder Hilfe bedarf, kann’s nicht stimmen, dass Mensch sich durch Denkfähigkeit auszeichnet.

    „Die Lebenserwartung lag im 19. Jahrhundert für Männer und Frauen unter 40 Jahren. Das lag hauptsächlich an der hohen Kindersterblichkeit.“
    Ah ja.
    Wären weniger Kinder gestorben, hätte sich das Durchschnittsalter Erwachsener signifikant erhöht?!
    Ergo müssen Boomer und Menschen aus Ländern mit enormer Geburts- und Überlebensrate alt wie Methusalem werden.

    „…doch objektiv betrachtet haben wir uns diesem Idealbild des guten, gleichwertigen und glücklichen Menschen stetig angenähert.“
    Was? Ah: ein kleines Späßle.
    Witzig -danke. 🤣

    „Als Herdentiere..“
    Beutetiere, wie Wildrinder, Antilopen etc. sind Herdentiere, denen die Masse Schutz bietet.
    Gilt ebenfalls für Schwarmtiere/Beutetiere wie Heringe usw.
    Der Homo sapiens hingegen ist DAS Raubtier schlechthin und diese leben in überschaubaren Rudeln, jedoch nie in Herden. Außer sie bieten sich freiwillig als konkurrierende Blödschafe an, die andere auf jede erdenklichen Weise verunglimpfen, wenn es dem eigenen Vorteil dient.

    „Unsere Börsen, die uns zu klug ergaunertem Reichtum verholfen haben…“
    Wer ist UNSERE, UNS und was meint REICHTUM?
    Aber danke für den Hinweis.
    Dem Obdachlosen, werde ich künftig keinen Taler mehr geben – der reiche Schmarotzer.
    Und die Oma, die nur so tut, als reichte die armselige Rente (zum Sterben übrigens auch zu schmal, da diese Nachtodentsorgung üppigst zu Buche schlägt) niemals bis zum Monatsende, soll gefälligst aus dem prallen Sparstrumpf leben.
    Arme Kinder, Familien, Menschen und und und – Tendenz steigend – gehören unter Märchen verbucht.
    Au weia.

    Von wegen ausschließlich MSM würden Hirnerweichung Vorschub leisten.🤯

  6. „Gemeinwillen ist nicht durch Landesgrenzen eingezäunt. Liebe Mitcitoyen, lasst uns also Weltbürger werden.“
    Der Citoyen als Gegenpart zum Bourgeois ist aktiv gemeinwohlorientiert. Die Solidarität mit den nationalen Kämpfen der lohnabhängigen Klasse, hat seine Grundlage in einem universalistischen Menschenbild. Es wurde proletarischer Internationalismus, nicht weltbürgerlicher Kosmopolitismus genannt.

  7. Rousseau:
    „Der Mensch ist von Natur aus gut, gleich und glücklich“

    Dazu passt nur eine einzige Bemerkung:

    Wenn der naive Wunsch zur naiven Behauptung wird!

  8. Ich möchte dem bestimmt gutwilligen Autor dieses Textes nicht zu nahe treten, aber sein Text vereinigt wirklich so einige Ausssagen, die mich den Kopf schütteln lassen.
    Weiter oben hat das @ Ach so auch schon angesprochen.

    „Die Lebenserwartung lag im 19. Jahrhundert für Männer und Frauen unter 40 Jahren.“

    Da fehlt das Wort „durchschnittlich“, denn selbstverständlich war die Lebenswerwartung der Erwachsenen – also jener Menschen, die nicht schon als Kind gestorben waren – deutlich höher als 40 Jahre.

    „Zweifellos glaubten diese Macher mit ihren Produkten zum allgemeinen Wohlstand beizutragen.“

    Aha, „zweifellos“ glaubten sie das?
    Erstens ist das doch überhaupt nicht so exakt feststellbar und
    zweitens ging es „diesen Machern“ doch vermutlich zunächst um ihren eigenen wirtschaftlichen Vorteil. Weshalb sollten die „Macher“ vor 200 Jahren anders gesesen sein als heute??

    „Als Herdentiere sind wir in der Lage zu erkennen, dass das, was wir als eigenen Willen definieren, Teil des Ganzen ist.“

    Aha, tatsächlich??
    Und wer ist denn „wir“?
    Wer „wir“ schreibt, macht sich schon verdächtig …

    „Gemeinwillen ist nicht durch Landesgrenzen eingezäunt.“

    Wieder so ein Wunsch, der zur Behauptung umgewandelt wird.

    1. “ ‚Gemeinwillen ist nicht durch Landesgrenzen eingezäunt.‘

      Wieder so ein Wunsch, der zur Behauptung umgewandelt wird.“

      Ich würde sogar sagen, dass das Gegenteil der Fall ist, gerade dann, wenn man sich eine anthropologische Brille aufsetzt, wie der Autor.

      Der Gemeinwille, der für den Einzelnen praktische Bedeutung hat, endet an den Grenzen seiner Gemeinschaft, oder seiner „Herde“, um der Sprache des Autors zu folgen.

      Ein Gemeinwille der Weltgemeinschaft materialisiert sich nirgends als solcher. Praktische Relevanz erhält beispielsweise die UN-Menschenrechtserklärung nur dadurch, dass sie als Norm von den Staaten, den „Herden“, übernommen wird, und nur insoweit sie übernommen wird.

      Die Aufklärer des 18. Jahrhunderts wussten das sehr wohl. Sie hatten verschiedene Ideen dazu, aber es war eigentlich immer klar, und wir sehen es doch täglich, dass die für den Einzelnen nachvollziehbaren Normen des Zusammenlebens in ihrer Gemeinschaft sich nicht einfach auf das Zusammenleben zwischen Gemeinschaften übertragen.

      Das ist noch mal ein ganz eigenes Projekt der Zivilisierung, bei dem Westeuropa, im Großen und Ganzen, mit seinen Ausgründungen seit 500 Jahren Schlusslicht ist. Weil das so ist, ergab und ergibt sich überhaupt erst der Bedarf an Aufklärung, ohne den auch ein Rousseau keine Zeile geschrieben hätte.

      So gesehen sind die großen Schriften der Aufklärer vor Allem ein Beleg für die Trostlosigkeit der europäischen Lage.

  9. @ David Höner

    Bereits Aristoteles lässt (zwar nie direkt, aber erkennbar) durchblicken, dass er den Menschen für ein „vernunftbegabtes Tier“ hält, das im Wechselspiel mit der Gemeinschaft prinzipiell als Gut einzuschätzen ist.
    Ähnlich (aber bereits deutlicher) beschreibt es Cicero in seinem Werk „die Fünf Bücher über das höchste Gut und Übel“
    Hat der Mensch die Wahl, wird er sich für das entscheiden, was menschlich und moralisch richtig ist.

    Letztlich ist es aber das wirtschaftliche und soziale Ordnungsprinzipe „Kapitalismus“, dass den Menschen eher wieder zum Tier und damit instinktgesteuert, auf den eigenen Vorteil reduziert, mutieren lässt.
    (s. hierzu auch die Publikationen von Richard Wilkinson und Kate Pickett)
    Der vom Kapitalismus implizierte Gedanken einer permanenten Knappheit von allem, erzeugt Gier auf allen Ebenen und fördert damit einen zerstörerischen Egoismus zwischen den Individuen.
    Leider folgt man (deutlich erkennbar) immer mehr den Grundsätzen eines von Leuten wie Thomas Robert Malthus geprägten Raubtierkapitalismus.
    (s. auch Max Weber´s Schriften)
    Dieser (Malthus) konstatierte mal:
    „Ein Mensch, sagte er, der in einer schon okkupierten Welt geboren wird, wenn seine Familie nicht die Mittel hat, ihn zu ernähren oder wenn die Gesellschaft seine Arbeit nicht nötig hat, dieser Mensch hat nicht das mindeste Recht, irgend einen Teil von Nahrung zu verlangen, und er ist wirklich zu viel auf der Erde. Bei dem großen Gastmahle der Natur ist durchaus kein Gedecke für ihn gelegt. Die Natur gebietet ihm abzutreten, und sie säumt nicht, selbst diesen Befehl zur Ausführung zu bringen.“

    Das Schöne daran ist aber, dass durch die globalen Veränderungen, der Kapitalismus gezwungen ist, sich mich immer schnellerer Geschwindigkeit an die Veränderungen anzupassen, um Wachstum und damit Gewinne zu ermöglichen, immer schneller und immer mehr Schaden anrichtet und dabei eine deutlich erkennbare Schneise der Zerstörung zurücklässt.

  10. Die Ursachen für Gier und noch mehr Hass ist NARZISSMUS.
    Gier und Hass haben eine Ursache.
    Das das so wenige aushalten zu verstehen, denn schwer zu verstehen von der Komplexität ist überhaupt nicht.

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