Ohnwort des Jahres

Ohnwort des Jahres

Am vergangenen Dienstag präsentierte man erneut das Unwort des Jahres. Regierung und Zeitgeist waren mal wieder fein raus: Das war erneut zu erwarten. Machen wir doch einfach unser eigenes Ohnwort des Jahres.

Klimaterroristen also: Das ist das Unwort des Jahres 2022. Wieder mal ein vorhersehbarer Begriff, einer, der politisch korrekt in diese Zeitenwende passt, der nicht aneckt, die Machtverhältnisse nicht antastet, aalglatt ins Konzept passt und vor zeitgenössischem Moralismus nur so trieft.

Das ist in diesem Jahr vielleicht noch tragischer als üblich, wenn das Unwort des Jahres präsentiert wird: Denn selten gab es so viele prädestinierte Wörter, die beachtenswert gewesen wären. Dabei war aber keines.

Zeitenwende

Nehmen wir nur jenes, das hier im vorvorletzten Satz schon vorkam: Die Zeitenwende nämlich. Sie suggeriert unangemessen, dass Remilitarisierung und allgemeine Kriegszustimmung einfach nur Ausdruck einer Normalität sich verändernder Zeiten darstellt. Und zwar dem Sinne nach, dass sich eben alles ändert und man nichts dagegen tun könne.

Als Euphemismus verdeckt Zeitenwende, dass sich hier nicht einfach nur Zeiten wertneutral verändert haben: Sie wurden politisch motiviert verändert. Das Wort überdeckt eine außen- wie innenpolitische Neuausrichtung und kaschiert die Großmannssucht, die den Zeitgeist der Stunde dominiert.

All das wird mit dem Wort Zeitenwende nicht adäquat gewürdigt wird.

Doppel-Wumms oder Doppelwumms

Mit diesem zusammengesetzten Nomen wurden 2022 gewisse Maßnahmen im Rahmen der sogenannten Energie-Krise der Bundesregierung bezeichnet. Das lautmalerische Wort suggeriert ein Knallgeräusch, offenbar in der Absicht, den durchschlagenden, explodierenden Erfolg von Gaspreisbremse und Co. zu simulieren.

Dieses Wortkonstrukt kann aus zweierlei Gründen als unangemessen begriffen werden. Erstmals hat Olaf Scholz es benutzt. Der Medienbetrieb hat den Begriff danach unhinterfragt benutzt und so eine kritische Begleitung etwaiger Maßnahmen schon rein terminologisch untergraben. Denn der wörtliche Wumms zeigte bereits an, dass da »etwas durchschlägt« und letztlich erfolgreich ist.

Gleichzeitig serviert man dem Souverän, sprich: den Wählern, eine infantile oder zumindest infantilisierende Sprache. Sie lehnt sich an jenen Sprachgebrauch an, den man als Erwachsener benutzt, wenn man Kinder ruhigstellen möchte.

Werteorientierte Außenpolitik

Auch häufig war die Rede von der werteorientierten Außenpolitik, hin und wieder auch als feministische Außenpolitik bezeichnet. Beide Varianten spiegeln eine falsche Grundannahme wider: Nämlich, dass Außenpolitik und damit die Diplomatie, es sich leisten kann, unter strikt weltanschaulichen Prämissen betrachtet zu werden.

In der Realität kollidiert dieser Anspruch dann auch recht schnell mit den tatsächlichen Verhältnissen, siehe Gas-Deal mit einer rigiden Monarchie im arabischen Raum. Außenpolitik kann sich eine ideologische Verhaftung bestenfalls bedingt leisten – und schon gar nicht als ihren Hauptschwerpunkt.

Gleichzeitig stellt die Gleichsetzung vermeintlicher Wertebasiertheit und des Feminismus heraus, dass Feminismus an sich immer mit Werten handelt, die richtig und anständig sind.

Unwort des Jahres ist out, das Ohnwort des Jahres ist in

Das Unwort des Jahres hat in den letzten Jahren recht häufig Wörter gekürt, die eines nicht tun: Die Richtlinienkompetenz der Bundesregierung und die von ihr geförderte Stimmung im Lande zu hinterfragen. Eher versucht es jene in ein schlechtes Licht zu rücken, die den Vorgängen im Lande trotzen.

So auch dieses Jahr: Denn das Wort Klimaterrorist würde von Leute benutzt, die versucht sind, »Aktivisten und deren Proteste für mehr Klimaschutz zu diskreditieren«. Auf diese Weise würden »Aktivisten mit Terroristen gleichgesetzt und dadurch kriminalisiert und diffamiert werden«, heißt es in der Begründung.

Gleichwohl empfinden aber viele Menschen im Lande die Protestformen der Klimaaktivisten als genau das: Sie werden auf ihrem Weg zur Arbeit terrorisiert, verpassen wichtige Termine, weil sich jemand auf den Asphalt gepappt hat oder müssen sich anhören, dass sie Klimasäue seien und endlich auf das Auto verzichten sollten. Und das während gleichzeitig das Angebot des öffentlichen Nahverkehrs zu wünschen übriglässt – um es mal freundlich zu formulieren.

Wenn schon ein zu kürendes Unwort, so doch bitte mit dem Anspruch, die Verhältnisse nicht einfach nur solidarisch zu unterstreichen, sondern sie aufzuspießen. Eines das Worte aufgreift, die die Ohnmacht, in der sich dieses Land in Raum und Zeit befindet, in sich tragen. Ein Ohnwort des Jahres tut gewissermaßen not.

Ihre Vorschläge bitte!

Das Overton Magazin hat sich dazu entschieden, einmal jährlich das Ohnwort des Jahres zu präsentieren. Und das nicht im Alleingang, sondern mit Ihrer Hilfe, liebe Leserinnen und Leser. Fühlen Sie sich also aufgerufen, Ihren Vorschlag bei uns einzureichen. Gerne auch mit einer kurzen und knackigen Begründung. Sie können hier oder bei Twitter kommentieren – oder Sie mailen an die Redaktion: redaktion@overton-magazin.de

Vielleicht wollen Sie aber auch nur für einen der drei oben genannten Vorschläge unsererseits bestätigen. Auch das ist natürlich möglich.

Eines scheint jedenfalls im Hinblick auf weitere Prämierungen sicher zu sein: Worte, die die Ohnmacht widerspiegeln, in die wir uns gesellschaftlich immer mehr hineinmanövrieren, werden nie zur Neige gehen. Ganz im Gegenteil, wir leben im Zeitalter der (sprachlichen) Manipulation. Denn so steuert man heute Menschen und Völker. Das ist wohl ganz normal in einem System, das von der psychologischen Kriegsführung gelernt hat.

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26 Kommentare

  1. Welcome to the Drom of simulations.
    Willkommen im Dom der Simulationen.
    Als ‚Biodeutscher‘ sind mir gewisse Ausdrucksformen fremd, aber in Postpolitischen Zeiten eine Genugtuung!
    Da auch ich anpassungsfähig bin in meinem Domizil, fällt mir das lästern um so leichter…
    Aber ich möchte gestehen, das unsere Simulation Millionen von Menschen zusetzen, von daher wünsche ich mir eine göttliche ‚Erleuchtung‘!
    Ja, ich bin mir dessen bewusst, nicht jeder kann mit diesen Worten leben…
    Wieder ein Aber, aber warum stellen sich die Mehrheit der Bürger so doof an, um ihre zugeschriebenen Rechte wahrzunehmen?
    Das Unwort des Jahres ist Grün!

  2. „Grün“ hat tatsächlich seine Bedeutung gewechselt. Früher hat man damit Positives assozieren können: Hoffnung, Natur, Frieden …
    Mittlerweile fällt mir Braunkohle, Tarnoliv, Blutrot ein.

    Evtl. sollte man das Wort streichen und folgende Definition bedenken:
    Die Wellenlänge von Grün-Tönen liegt etwa zwischen 500 – 570 Nanometer.

  3. Also für mich sind es die Begriffe „Regelbasierte Ordnung“ gefolgt von der „Feministischen Außenpolitik“

    „Unwort“ könnte auch aus dem Neusprech der Gedankenpolizei stammen. „Ohnwort“ ist schon akzeptierter Doppeldenk der eigentlichen Verhältnisse!

    Aber das Schlimmste ist daß Johnny Rotten beim ESC auftreten wird; eben No Future !!!

    1. Wobei die abgelutschte „regelbasierte Ordnung“, eine leere Worthülse ist, da es tatsächlich keine festgeschriebenen Regeln GIBT! Dieser vermeintlich „wertebasierte“ Kanon, ist nur eine heuchlerische Umschreibung für „das Gesetz des Stärkeren“. Man könnte auch zynische sagen: „Peace through superior firepower.“

      „Feministische Außenpolitik“, ist ebenso in doppelter Hinsicht eine Totgeburt. Denn weder „empathisch“ weiblich, noch wirklich sinnvoll. Denn eine Außenpolitk, sollte den Staat repräsentieren – und nicht nur eine Gruppe= Frauen bevorzugen. Das ist ja schon wirklich allen – pardon“ – alten weißen „Schwanzträgern“ gegenüber mehr als „diskriminierend“ und die Hybris einer – abermals „pardon“ – völlig durchhysterisierten „Mösokratur“!!!

      1. „Regelbasierte Ordnung“ ist zudem auch ein Pleonasmus, weil: gibt es überhaupt eine sinnvolle Ordnung, die nicht auf Regeln basiert? Wie ordne ich denn Dinge, wenn ich keine Regeln habe? Alles lediglich Worthülsen, die der Politik einen edlen Anstrich geben sollen.

    2. Angeblich werden in England bereits Wetten entgegen genommen, ob Johnny Rotten beim ESC:
      A.) Der wenig überraschten Moderatorin einen Handkuss verpasst und dann so tut, als würde er (noch gebückt) furzen.
      B.) Versucht, um einen Takt verfrüht zum Playback zu singen, aber sich wegen seiner langen Leitung alles normal¹ anhört.
      C.) Er, sobald das Scheinwerferlicht auf ihn fällt, schlagartig seine Lippen entblößt und viele Zuschauer durch das überhelle Strahlen seines Gebisses geblendet werden, manche für den Rest ihres beschissenen Lebens.
      D.) Er im Kostüm des Vorletzten beim Elvis-Imitator-Wettbewerbs 2012 in Northhumbershirechester auftritt, aber zu faul ist mit den Hüften zu kreisen und sich stattdessen liebevoll in den Schritt greift; Worauf der ESC in mehreren Ländern von den KI-Wächtern als Alters-Pornografie eingestuft und sofort abgeschaltet wird.

      ¹Musikantenstadl-Niveau

  4. „Neue Verantwortung“ Deutschlands, denn z. B. Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet abzulehnen, wird dadurch als geradezu unverantwortlich verantwortungslos definiert.

    Damit, ergänzt durch „aktive Verteidigungspolitik“ und „effektiv drohen für den Frieden“ bietet die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, der deutsche Ableger des Councils on Foreign Relations, unserer Regierung sprachliche Unterstützung – und nicht nur das, denn sie ist seit Gründung bestens mit Wirtschaftskreisen vernetzt.
    In der Zeitschrift der DGAP werden diese (und in anderen Artikeln zahlreiche weitere) Sprachschöpfungen genau erklärt:
    https://internationalepolitik.de/de/was-genau-heisst-neue-verantwortung

    1. PS: Der verlinkte Artikel ist schon 2017 veröffentlicht worden, denn die DGAP denkt vorausschauend.
      Im vergangenen Jahr hat sich die „Neue Verantwortung“ Deutschlands inhaltlich zu voller Blüte entfaltet und wird auch auf der Münchner Sicherheitskonferenz in aller Munde sein.

    2. Dann gehört aber auch die „deutsche Führungsrolle“ dazu. Wenn jemand gerade nicht in der Lage ist zu führen, dann ist es Deutschland. Die Führung dieser Ampelkoalition beansprucht den Kanzler schon genug.

  5. Sondervermögen wäre recht passabel, … also Schönsprech für Schulden für die Mehrheit und Vermögen für die Shareholder. Ist auch gleichzeitig nah an Krieg ist Frieden, also Frieden schaffen mit noch mehr Waffen.

    Oder Bürgergeld, die aufgehübschte Version von Hartz IV, also Armut und Niedriglohn. Was ja auch irgendwie zur bürgerlichen Klassengesellschaft passt.

    Wie wäre es im Rahmen des exponentiellen(sic) Wachstums an Wortvergewaltigungen und Schöpfungen, anstelle der Kür eines Wortes, jährlich einen Katalog herauszugeben.

    Ach gab’s ja schon … Neusprechdiktionär.

  6. Ich plädiere unbedingt für „Doppelwumms“.
    Wie sehr richtig bemerkt, richtet sich dieser Ausdruck (ich weigere mich, dies als „Wort“ zu bezeichnen) an eher unbedarfte Gemüter und betreibt gleichzeitig eine Infantilisierung der etwas anspruchsvolleren. Der Propaganda-Abteilung bzw. Marketing-GmbH, die für diese Kreation verantwortlich zeichnet, ist sicherlich von höchster Stelle höchstes Lob zuteil geworden (mal abgesehen von der Donation), denn es ist die ultimative Vernebelung des Umstandes, dass es sich bei den irrsinnigen Beträgen, die sich Scholz und Regierungsfraktionen stolz an die Brust heften, um nichts weniger als Kredite von der derselben Bevölkerung handelt, die damit beglückt (um nicht zu sagen narkotisiert) wurde. Und zwar Kredite, die ohne Befragung (gar Abstimmung oder Genehmigung) des Kreditgebers Bevölkerung ausgereicht wurden, und eine saftige Verzinsung beinhalten dürften – die auch nicht offen gelegt wurde.
    Hätte jemand in diesem Kontext auch nur einmal das Wörtchen Kredit fallenlassen, wären womöglich sogar bei unbedarftesten Gemütern irgendwann kleine Fragen aufgedämmert: „Hä? Kredit? Wer soll das denn zahlen? Und wìeso wurde ich nicht gefragt?“
    Das könnte wohl die Bevölkerung verunsichern? Oder gar aufwecken? Ruft da etwa jemand „Aufstehen, verdammt noch mal!“? Wo doch gerade so süße Träume von bedingungslosen Grundeinkommen und warmen Wohnungen durch die Hirne wabern… ach und nun raus aus dem warmen Bettchen zu müssen – welche Alternativen stellen sich? „Augen zu und durch“ oder „Augen auf und drauf“ ? Oder noch mehr?

    1. Hi Hoffi, du meinst bestimmt Socialengineering!

      Beim Social-Engineering werden menschliche Eigenschaften wie Hilfsbereitschaft, Vertrauen, Angst oder Respekt vor Autorität ausgenutzt, um Personen geschickt zu manipulieren!

      Aber was sind Chemtrails? Frage hier für ein Reptiloiden Freund.

  7. Danke für den Artikel. Leider kann ich zur Begriffsfindung überhaupt nicht beitragen, da mir Schlagwörter ebenso wie Unwörter ein Gräuel sind, und Anglizismen, die beeinducken sollen, erst recht.

  8. „Nukleare Teilhabe“ finde ich schon ziemlich krass, da ich Teilhabe mit einem sozialen Aspekt verbinde, nicht mit einem Vernichtungsaspekt. Klassischer Euphemismus. Allerdings ist der Begriff nicht wirklich neu und Doppelworte sind für ein Ohnwort vielleicht auch weniger geeignet.

    1. Wenn nur noch Schatten von einem Übrigbleiben nach einer Nuklearen Explosion: Daß, ist denn fürwahr die persönliche Teilhabe.

      !!! Ein echtes Ohnwort !!!

  9. Passt zwar nicht so ganz, aber übertragen dann schon.
    Mich nervt zunehmend die mE inflationäüre Verwendung des Wortes „einzigartig“
    Als wenn es irgendetwas auf dieser Welt 2x geben würde

    (Selbst Serienprodukte sind höchstens gleich – nicht dieselben – und somit auch einzigartig)

  10. Mein Vorschlag: „Meldestellen, die Vorfälle auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze erfassen“.
    Vgl.: https://www.land.nrw/pressemitteilung/aufbau-von-vier-meldestellen-zu-queerfeindlichen-und-rassistischen-vorfaellen

    Begründung: In einem Rechtsstaat gilt, dass alles erlaubt ist, was nicht explizit verboten bzw. strafbewehrt ist. Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze im Sinne der verlinkten Pressemitteilung sind folglich absolut legale Handlungen oder Unterlassungen.
    Die Aufforderung des Staates absolut legale Handlungen oder Unterlassungen an eine staatliche Stelle zu melden, wo sie „dokumentiert und analysiert“ werden, ist übergriffig in der Tradition der Stasi. Es ist der Versuch, legitimes Verhalten zu kriminalisieren.

    1. Die Remilitarisierung begann schon sehr viel früher, eigentlich 1945.
      Im Buschfunk geistert heute noch die „absichtliches Verhungern lassen“ 1000er deutscher Soldaten zum Beispiel auf den Elbwiesen bei Magdeburg durch die USA -Armee. Mein Vater war dort auch in Gefangenschaft geraten und wunderte sich, dass die Massen an Soldaten frei kampierend überhaupt nicht bewacht waren. Die Antwort auf seine Frage, warum, lautete: Wir haben Befehl zu warten. Das konnte nur ein Befehl des OKW sein, es liefen wohl Verhandlungen mit den USA und GB zur Beibehaltung der Truppen zum Einsatz gegen die Rote Armee. Daraus wurde nichts, mein Vater machte unverblümt sofort die Fliege.
      Da die Westalliierten sich keinen offenen Bruch mit der SU leisten konnten, begann ihr Vasall Adenauer schrittweise die Remilitarisierung, euphemistisch „Rehabilitation des deutschen Soldaten“ genannt, und der Aufbau der BW, die Eingliederung in westliche ökonomische und militärische Bündnisse, gegen die SU gerichtet. Die Ostlandreiter gewannen nach und nach die Oberhand, immer die „Gefahr aus dem Osten“ vorschiebend.
      Noch in den 50er Jahren war die antifaschistische Bewegung stark vom Kampf gegen die Remilitarisierung bestimmt. Mit der systematischen Verfolgung, dem Verbot der KPD und anderer Organisationen wurde diese Gegenkraft neutralisiert.
      Das Ergebnis wirkt bis heute, die danach aufkommende Friedensbewegung ist antirussisch infiltriert und ausgerichtet.

  11. Viele der genannten Vorschläge eignen sich, gewählt zu werden, eigentlich alle.
    „Zeitenwende“ – absurd, selbst Grundschüleronen wissen um den Zeitpfeil, da gibt es nichts zu wenden. Allenfalls ließe sich das als die übliche Reaktion auf Krisen des Kapitals interpretieren: Rückfall in die Barbarei, Totalzerstörung, Vernichtung der Überschussproduktion, damit neu aufgebaut werden kann. „Zeitenwende“ = „Vernichtung“.
    „Doppelwumms“ = Kriegsmetapher = „Vernichtung“, also das gleiche Motto.

    Ich schließe mich denjenigen an, die für „regelbasierte Ordnung“ gestimmt haben. Oder – womit das gleiche Syndrom gemeint ist – „Wertewesten“, gesamt: „regelbasierte Ordnung des Wertewestens“, die ultimative Phrase zur Kennzeichnung einer vollkommen verblödeten Gesellschaft.
    Mit dieser Phrase gemeint ist, dass die gesamte Menschheit sich einer Riege narzisstisch gestörter Persönlichkeiten zu unterwerfen hat, die vom Wahnsinn durchgeknallter Pharmaunternehmen, der permanenten Besoffenheit von Rüstungsunternehmen und der gnadenlosen Raffgier und Umweltzerstörung von Energiekonzernen zu profitieren glaubt.

  12. Mein Ohn(machts)wort des Jahres – genauer gesagt der letzten zwei Jahre – ist das allgegenwärtige „Wir“ in all seinen Erscheinungsformen. Ich fühle mich wütend und ohnmächtig angesichts einer solchen anmaßenden Vereinnahmung. Wenn ich Floskeln wie „unsere Werte“ höre, wird mir übel. Überhaupt verlieren die geradezu inflationär beschworenen „Werte“ zunehmend an Wert.

  13. „Wertebasierte Außenpolitik“, das fiel mir heute morgen beim „The Pioneer-Briefing“ in die Hände.
    „die westliche Außenpolitik ist zum Tummelplatz von Moralisten geworden. Man will den Anderen nicht verstehen, sondern belehren. Und wenn das Belehren nicht fruchtet, will man den Anderen bestrafen.

    An die Stelle der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten – jenem Konzept, das uns half, den Kalten Krieg zu überleben – ist eine werteorientierte Außenpolitik getreten. Deren Instrumente sind Einreiseverbote, Wirtschaftssanktionen, Länderembargos, der Boykott von Sportveranstaltungen und, gewissermaßen als Krone der Schöpfung, die Lieferung von Kriegsgerät an befreundete Akteure.“ Gabor Steingart – eigentlich auch ein CFR-Journalist

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