Mangel als Normalität

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Drei Schneeflocken und der Bahnbetrieb steht hierzulande auf der Kippe: Eigentlich ein Aufreger. Aber längst ist dies Normalität – und keiner regt sich mehr auf. Schade eigentlich …

Neulich: Warten auf einen Freund. Er reiste mit der Bahn an. Mehrmalige SMS von ihm: Es wird später, noch später – eventuell noch noch später. Fangt schon mal ohne mich an. Es gäbe wohl Probleme mit dem Stellwerk. Etwas, was problematisch klingt, wovon der Bahnkunde gemeinhin aber keine Ahnung hat. Muss er auch nicht. Knapp zwei Stunden später schlug er endlich auf. Er wirkte dennoch entspannt, weswegen ich fragte: Ärgerst du dich gar nicht?

Er tat es nicht. So sei das nun mal mit der Bahn in Deutschland, erklärte er. Man kenne das ja, warum also aufregen? Wenn man sich ein Ticket kaufe, weiß man doch, worauf man sich einlasse. Das entbehrt nicht einer gewissen Logik, scheint aber dennoch ein viel zu milder Ansatz zu sein, dem viele frönen. Denn irgendwie gleichen sich die Aussagen in meinem Umfeld. Die Bahn kommt oft zu spät oder gar nicht? Isso!, gibt es als Antwort. Gerade so, als müsse es so sein.

Kälte, Hitze und unzählige andere Gründe

Im Nahverkehr ist es nicht so viel anders als im Fernverkehr. Selbst die Tram fällt phasenweise aus, wenn im Winter etwas Unglaubliches geschieht: Wenn es schneit – oder auch nur so tut als ob. Bei Hitze gibt es ebenfalls Verspätungen. Es gibt für jede Lebenslage einen Ausfallgrund. Zuletzt fiel in Frankfurt eine Linie monatelang wegen Personalmangel aus. Wenn man sich unter Freunden und Bekannten empörte: Achselzucken. Was will man da machen?

Das ist ja richtig, im Alltag kann man dem wenig entgegensetzen. Außer sich beklagen. Aber wer sich häufig beklagt, gilt schnell als unangenehm. Zudem glauben viele, positive Gedanken seien besser, als negativ zu sein. Sich zu empören sei gewissermaßen destruktiv. Doch es den Mobilitätsunternehmen durchgehen zu lassen: Ist das etwa konstruktiv?

Nur 65 Prozent der Fernzüge erreichten 2022 ihr Ziel pünktlich. Wobei »pünktlich« meint: In einem Zeitfenster von Zielankunft plus sechs Minuten. Was den Nahverkehr betrifft: Statistisch ist da wenig erfasst. Zwar sollen 87,8 Prozent aller S-Bahnen im Jahr 2022 im Rhein-Main-Gebiet pünktlich gewesen sein: Wie aber Straßen- und U-Bahnen abschneiden, darüber gibt es keine Auskunft. Eine Million Euro hat man beim RMV letztes Jahr an Strafgebühr entrichten müssen. Im gesamten Gebiet gibt es die sogenannte 10-Minuten-Garantie. Verspätungen in dieser Größenordnung kann man anmelden. Die wenigsten tun dies, die Meldung ist gezielt aufwendig gehalten. Eine private App, die das Prozedere erleichterte, verschwand schnell wieder vom Markt.

Isso!

Diese Straf-Million ist also bestenfalls ein Bruchteil von dem, was wirklich viel länger gewartet werden musste. Das wäre zugegeben ein konstruktiver Ansatz, sich empören und dort Meldung machen. Aber wen ich auch in meinem Umfeld auf die 10-Minuten-Garantie aufmerksam mache: Fast alle sind einfach nur froh, überhaupt angekommen zu sein. Kaum jemand möchte sich weiter mit der Verspätung befassen, indem man sich durch die Meldemaske der RMV hangelt: Um dann oftmals auch noch dargelegt zu bekommen, dass eine Verspätung gar nicht vorlag, weil man den Bus hätte nehmen können, der einen zu einem anderen Bus gefahren hätte, der wiederum einen Bus frequentiert hätte, der fast zum Zielort führe.

Überhaupt ist »Isso!« zum einem stillen Lebensmotto im Lande geworden. Die medizinische Versorgung darbt, als Patient liegt man ewig auf einem Krankenhausflur, weil die letzten Pflegekräfte es nicht schaffen, einen ins Zimmer zu schieben: Aber keinen befremdet das mehr, das ist Normalität, man nimmt es hin, ist froh, überhaupt behandelt zu werden. Oder es fallen Unterrichtsstunden aus und wie honoriert man das: Isso! Was will man machen?

Der Mangel ist längst kein Skandal mehr. Man hat sich an ihn gewöhnt, scheint jene Zeiten vergessen zu haben, in denen man nicht funktionierende Systeme noch als unangemessen für einen wirtschaftlich erfolgreichen Standort wie Deutschland hielt. Man war arrogant genug anzunehmen, dass es solche Verhältnisse nur im Ausland geben könne. Aber hierzulande niemals! Nun hat man im Stadtpark keine Internetverbindung, zuckt resigniert mit den Achseln, erträgt das und wundert sich, dass man in der bulgarischen Pampa jederzeit surfen kann. Dass es dort funktioniert: Isso!

Die Bahn hat es ausgesessen

Vor Jahren schrieb ich für das »Neue Deutschland« einen kleinen Artikel. Er handelte vom Wörtchen »irgendwie«: Man hört es immer in Betrieben und Belegschaften, die am Rande der Erschöpfung arbeiten. Es wird schon gehen … irgendwie. Es wird schon klappen … irgendwie. Wir schaffen das … irgendwie. In jenem Umstandswort schwingt die Austerität mit, die sich ja irgendwie sprachlich zeigen muss. Wie man dem Mangel beikommt, weiß man nicht. Man weiß nur: Irgendwie.

Die andere Seite der Medaille ist das »Isso!«. Die einen werkeln irgendwie und die anderen gucken zu und nehmen es mit diesem Wort hin. Und obendrüber stehen die Sparfüchse, in diesem Falle die Deutsche Bahn und der Bund, die genau das gemacht haben, was mindestens zwei Kanzler im Lande in Perfektion beherrschten: Ob Kohl, ob Merkel – aussitzen konnten beide ganz ausgezeichnet. Die neoliberalen Sparbrötchen haben die Skandalisierungen und Empörungen einfach ausgesessen. Sie ahnten wohl: Irgendwann ist es normal, dass man von uns einen Scheißjob erwartet. Und dann mosert auch keiner mehr. Und die, die den Job für uns tun, zerreißen sich irgendwie.

Vor einigen Jahren war ein kleines Büchlein namens »Empört euch!« ein Bestseller. Dass Bücher die Welt verändern, war wohl immer idealistischer Optimismus. Hier sieht man es. Bis zum Februar 2011 wurden europaweit mehr als eine Million Exemplare verkauft. Auch in Deutschland war es sehr erfolgreich. Und hat es gefruchtet? Wir wursteln weiter … irgendwie. Und wir empören uns eben gerade nicht mehr. Wir haben verinnerlicht, dass es so wie es jetzt ist, schlecht organisiert, unzureichend geplant und gezielt verknappt, immer weitergehen wird. Und dass das Heute die gute alte Zeit von morgen sein wird, in der wir sagen können: Damals ging es noch halbwegs … irgendwie. Und zukünftige Zuhörer werden antwortet: Isso!

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26 Kommentare

  1. Aber, aber Herr De Lapuente,
    an dieser Stelle muss ich z.B. den ÖPNV und die Räumdienste in Schutz nehmen. Eines der größten Mysterien wurde bisher noch nicht gelöst: wie kann es alljährlich, und dies spontan, im Winter zu Kälte und Schneefall kommen, im Sommer zu hohen Temperaturen?! Unheimlich!
    Nun gut, dass es an allen Ecken und Enden krankt – ja, auch durch wachsendes menschliches (Des)Interesse – ist eine offenbar nicht aufzuhaltende Marschrichtung. Aber wenn „Isso“ die Grundhaltung ist, die das Heute prägt und das Schmiermittel für Morgen ist, dann isses eben so!😳

    1. Meldeportal? Ernsthaft? Was soll das bringen, wenn der Zug eh zu spät ist? Nun, zumindest könnte man die Coronameldeportale dafür recyclen.

      1. 1. Die, die nicht dabei waren erfahren so, dass auch anderswo keine Pünktlichkeit herrschte
        2. Die Zeit wäre zudem besser genutzt, als nur zu stagnieren, wenn die Verspätung bereits im Geschehen gemeldet würde
        3. Ein erhebendes Gefühl der Kompensation des Gefühls eh nichts dagegen machen zu können
        4. Statistiken ermöglichen, die andere fehlinterpretieren, um die Pünktlichkeit 5% aller Verkehrsmittel nachzuweisen
        5. Den Menschen im Stau des Individualverkehrs zeigen, dass es den anderen auch nicht besser ergeht und die Rechtfertigung für den Individualverkehr argumentativ untermauern
        6. Rausfinden wie so ein Meldeportal funktioniert und warum es beim letzten Schritt immer zu kryptischen Fehlermeldungen kommt und die Seite crasht
        7. Im Laufe eines Lebens riesige Beträge an Erstattungen als passive Einnahmen generieren

        Also ich würde alles melden, wenn ich so ein Portal für Verspätungen auf der Autobahn hätte.
        Gerne auch während der Fahrt.
        Züge sind mir zu abgefahren.

  2. Alles kein Wunder, dass Netto-Anlagevermögen der DB geht seit Jahren zurück, vor alles das der Infrastruktur, heißt alles, es wird in diesem Bereich auf Verschleiß gefahren, also eigentlich ja nicht gefahren. Dass S21 eine einzige Fehlinvestition ist pfeifen mittlerweile die Spatzen von den Dächern. 2018 meinte die DB, dass 2025 alles fertig sei. Ich tippe auf 2030. Die Bahn schätze zuletzt die Kosten auf 9,2 Mrd. Ich schätze, dass es 15 werden mindestens. Macht aber nichts, denn Frau Monika Stemmer meinte hier bei OT sinngemäß, dass der Staat immer genug Geld habe, er müsse es nur drucken.

  3. 1. Die Deutschen – sind im Prinzip mit ihrem Staat so was von sturzzufrieden. Kritisieren, besser: Jammern, tun sie schon auch, den ganzen Tag lang, am Stammtisch bzw. in diversen Internetforen. Das ist ein verbreitetes Hobby.
    Dann wird sich aber auch wieder abgeregt und abgefunden.

    2. Wer sich noch erinnern kann: Vor einigen Jahren wurde für g e n a u s o l c h e Zustände, wie die im Artikel beschriebenen, der S t a a t kritisiert und als komplett unfähig oder sogar korrupt bezeichnet. Aber damit waren die Staaten des Realen Sozalismus und insbesondere die DDR gemeint.
    Dass diese Zustände etwas mit dem Deutschen Staat zu tun haben, ist mindestens fraglich, aber es wird auch nicht nachgefragt, w i e es dazu kommt.

    3. Ganz anders sieht das in Frankreich aus, wo die Bewegung der Gelbwesten und gerade die Proteste gegen die Rentenreform zeigen, dass ein massenhaftes Aufstehen und auf die Straße gehen der Untertanen erfolgt. So eine Art öffentlich geäußerter Kritik gegen staatliche Zustände, die das eigene Leben einschränken und z T verunmöglichen, ist in Deutschland undenkbar.
    Die Franzosen sehen wohl viel eher den Staat als Verantwortlichen für die miserablen Zustände, in die er sie bringt! Was fällt den Deutschen dazu ein: Der Französische Präsident muss durchregieren und sich über die Interessen seines Volkes hinwegsetzen.

    Das nenne ich ordentlich erzogenes Volk. Das kann so schnell nichts erschüttern. Wer hat ihm das wohl beigebracht?

    1. Was den Franzosen eine Demonstration ist, wird hier gern als Landfriedensbruch gesehen, § 125 StGB.
      Was in Frankreich eine Meinungsäußerung ist, wird hier als Beamtenbeleidigung verfolgt.
      Es wurden viele kleine Normen verschärft und inzwischen ist auch eine abweichende Meinung schnell mal ein Delikt, Straftaten gegen die öffentliche Ordnung (§§ 123 – 145d).
      So wurde es domestiziert, dieses Völkchen. Aus dem Gewitter wurde ein Wölkchen.
      Also lieber jammern in geeigneten Kreisen, als sitzen in engen Kammern, verurteilt von rechtschaffenden Greisen.
      Ja, uns täte etwas mehr Frankreich gut, mehr Genuss, weniger Stuss oder eine kürzere Lunte im Umgang mit dem Staat.

      1. Und was hat das Demonstrieren in Frankreich gebracht?
        Der WEF gesteuerte Marcon ignoriert die Menschen einfach,
        wie die WEF gesteuerten Habeck, Bärbock und die Führungen in
        Finnland, Kanada usw.
        Solange eine handvoll Supermächtiger durch ihren maßlosen Reichtum
        sich jeden kaufen können, wird sich gar nichts ändern. Dazu noch die Handlanger
        vom CIA und NSA und Medienkonzerne, die in den vergangenen 70 Jahren
        gezeigt haben, dass Wahlen völlig überflüssig sind. Es wird leider wohl nur
        mit Gewalt möglich sein, sich gegen diese Herrscher zu wehren.

  4. Hieß es nicht schon in den 1970ern: die 4 Feinde der Deutschen Bahn sind Frühling, Sommer, Herbst und Winter?
    Daran hat sich nichts geändert. Dazu kommen nun marode Infrastruktur, Personalmangel und Desinteresse. Am „Allerbesten“ finde ich, dass wir durch latenten Busfahermangel in WI/MZ seit Anfang Oktober 2022 die ganze Woche den Samstagsfahrplan haben. Für Berufstätige eine wahre Bereicherung, insbesondere für Leute, die früh anfangen müssen.

  5. Ist da nicht hinter herausgekommen, was man vorne hinein getan hat? Manm muss halt etwas tun für die Bahn, wie etwa die Schweizer, die an die 400 Euro pro Jahr in den Bahnkilometer investieren. Bei uns sind es 88 Euro und da müssen wir uns schon bedanken, denn 2014 waren es nur 48 Euro. Die Schweizer schaffen das, was bei uns für unmöglich gehalten wird: eine Bahn, die auch die kleinen Orte erreicht, leise und komfortable Züge betreibt, gut ausgelastet ist und – Krönung – auch noch Gewinn macht. Eine Staatsbahn eben.

    Was hat uns die Privatisierung gebracht? Das Management wird jetzt so bezahlt, wie ein Konzernvorstand, also fürstlich, völlig unabhängig von der Leistung. Die Bahn sollte an die Börse kommen, aber diese Aktie will niemand. Das Management hatte die großartige Idee, unrentable Strecken zu schließen. Aber wie kommt man dann zum Bahnhof?

    Und natürlich hat sich das neoliberale Parasitentum eingenistet: sie schwatzen dem Staat Wahnsinnsprojekte wie Stuttgart 21 auf, bei denen sie unendlich verdienen. Zwei Milliarden sollte es kosten, jetzt ist man bei 10. Und das wird noch mehr: der Staat kann ja nicht sagen, dass Stuttgart 21 nicht fertig wird. Er wird um weitere Milliarden erpresst werden.

    Vielleicht mal so ein Gedanke wie der, dass man ja brauchbare Bahntechnik braucht, um mit den Chinesen mitzuhalten? Da sind Züge mit 350 kmh unterwegs und es sind Videos im Netz, bei denen eine aufgestellte Münze nicht umfällt. Ich versuchte dasselbe im ICE, bis mir die Mitreisenden deutlich machten, dass es nervt, wenn die Münze immer umfällt.

    Die Issos sind tatsächlich von erstaunlicher Gleichmut und ihre Leidensfähigkeit scheint unbegrenzt. Meine letzte Langstreckenfahrt ging nach Hamburg, da waren zwei ICEs ausgefallen und wurden zu einen, kleineren zusammengelegt. Völlig überfüllt, kein Bistro und die Toilette war unerreichbar. Aber die nahmen das hin wie wenn sie nichts anderes erwartet hätten. Früher wäre das der Ausgangspunkt einer Revolution gewesen.

    1. „Issos sind tatsächlich von erstaunlicher Gleichmut und ihre Leidensfähigkeit SCHEINT unbegrenzt“
      Man kann ihre Leidensfähigkeit nur schrittweise ans Limit bringen:
      1.) Kein WLan. Vorbei eilender Schaffner: Isso!
      2.) Kein 4G, 5G, 6G… Freundin voller Mitleid: Isso! Soll ich Dir stattdessen einen blasen?
      3.) Handy-Akku leer, E-Ticket kann nicht angezeigt werden. Kontrolleur im Erfolgsfieber: Isso! Machen Sie bitte Ihre Unterarme frei, damit ich die Handschellen anlegen kann!
      4.) Eine Mutter muss Windel wechseln („Toilette unerreichbar“), gezielter Urinstrahl trifft genau ins Auge. Mutter: Isso! Können sie mal bitte die gebrauchte Windel halten?
      5.) Bisher ‚zügige‘ Fahrt endet abrupt durch sattes Aufprall-Geräusch und Notbremsung, nach 5 Minuten Stillstand kommt die zittrige Durchsage: Wegen eines medizinischen Notfalls müssen wir die Fahrt leider auf unbestimmte Zeit unterbrechen; Hat vielleicht jemand ein Valium für mich? Thank you for suiciding with German Eisenhans! Chor: Isso!
      6.) Ad libitum…

  6. Lieber Roberto J. de Lapuente,

    stimmt, aber ist das nicht schon immer so gewesen? Wie war das als Heinrich Mann „Der Untertan“ schrieb? War das nicht damals schon so, dass man „isso“ sagte, und 1933 erst recht, sowie später in Honeckers DDR und der BRD? Nein, ich denke du liegst falsch, wie schon oben gesagt der deutsche Michel/die Michelin, und die eingewanderten Menschen, die sich anpassen, um deutscher noch als Deutsche zu sein – sind die perfekten Duckmäuser und überaus obrigkeitstreuen Untertanen – auch, und gerade, leider 2023 immer noch.

    Vom der Ex-DDR mal abgesehen, aber da steckt ja manchen die Erinnerung noch in den Knochen von Ulbricht, Honecker & Co. – das Vorzeichen ist heute ein anderes, aber die Volsv…e ist die selbe wie früher….

    Sarkastische Grüße
    Bernie

    1. Veto!
      In einer derart „gesteigerten“ Version war es sicher in den vergangenen X? Jahren nie der Fall.
      Beispiel, das das Ausmaß des „sozialen und intellektuellen“ Verfalls dokumentiert.
      Heute geschäftlich unterwegs, sah ich eine alte Dame, die offenbar auf die Straße gestürzt war und aus eigener Kraft nicht mehr aufstehen konnte.
      NIEMAND hielt an. Mit ihren 90 Jahren war sie geistig fitter, als diverse andere je sein werden.
      Doch wenn dies allgemeine und pervertierte Verhalten das Fundament für eine Zukunft sein soll, dann sieht es nicht nur trübe aus. (Soll übrigens nur ein stellvertretendes Beispiel für den Oberbegriff: Mensch/Zukunft/Leben sein.
      Erinnere nicht, von wem dieser Spruch stammt, aber wahrer kann es nicht werden: „Es wundert mich, dass sich der Mensch nicht vor sich selber fürchtet „

      1. @Cui Bono

        Danke für dein „Veto!“ – hast natürlich auch Recht, aber mir ging’s mehr um die Untertanenmentalität unserer Mitbürger – nicht um die soziale Verrohrung die du völlig korrekt beschreibst, und die zunimmt.😥

        Bin halt ein „Landei“, und da fällt das, zum Glück noch nicht so oft auf. Mir fallen hierzu nur einzelne Dinge auf, denn wie schon gesagt auf dem „flachen Land“ gibt es das zwar auch, aber der Zusammenhalt ist eben doch noch ein anderer als in einer Großstadt, was nicht heißen soll das das „Ländle“.besser ist. Es fällt nur nicht so auf, und wenn doch sind alle entsetzt.

        Gab hier im Winter.den grausigen Fall eines Mumienfundes über einem geschlossenen Ladengeschäft. Der.Besitzer verstarb vor einiger Zeit und niemand hat es bemerkt, da der Mann öfters auf Reisen war. Tja, diesmal nur auf einer und niemand hat es bemerkt, da er alleine gewohnt hat – gruselig, und die Schlagzeilen erspare ich dir – so was habe ich 🤮 auch noch nie gehört – Verrohung 2022 eben 👎

        Gruß
        Bernie

        1. Danke für den Kommentar, auch wenn das „Ländle“ auf Dauer nicht hermetisch abgeschlossen sein wird.
          Es ging auch weniger um die allgemeine Verrohung, das Desinteresse an allem, sondern vielmehr um den Ausdruck des inneren (Nicht)Seins, der sich mittlerweile in jedem Bereich zu manifestieren scheint. Besser wird es nicht werden, denn dazu bräuchte es einer „Neu-Domestizierung“.
          Doch woher, wenn Flasche leer 😉.

  7. Mit der Bahn ist es wie mit der Post. Eigentlich waren das mal eine Art Behörden nicht ausgelegt Gewinne zu erwirtschaften, aber dafür äußerst wichtige Bereiche der Daseinsvorsorge. Dann wurde die Post privatisiert. Anschließend filetiert (z.B. um Telekom und Postbank erleichtert) und sofort wurde aus der Post ein globaler Logistikdienstleister namens DHL der damals günstig zum Verkauf stand. Seitdem dreht sich bei Post-DHL alles nur noch um Logistik, die Filialen wurden größtenteils abgestoßen selbst das Briefgeschäft spielt eine untergeordnete Rolle.

    Ähnlich bei der Bahn. Die machen jetzt auch in (Lkw)Logistik z.B. in den USA oder in Europa mit Schenker. Buslinien (Ariva) usw. Auch hier geht es um Logistik und das wird früher oder später zu einer Konkurrenz mit DHL führen. Lustig wenn sich zwei ehemalige deutsche Staatsbehörden um die Marktführerschaft im privaten internationalen Logistikmarkt streiten sollten, ob die Konkurrenz ähnlich amüsiert ist?

    Die Bahn stößt bahnnahe Bereiche wie z.B. MITROPA ab. Außerdem gibt es inzwischen jede Menge Personalmangel. Der Personalmangel (durch die Vereinigung von Reichsbahn und Bundesbahn bedingt wurde jede Menge Personal entlassen – neues nicht ausgebildet das jetzt fehlt) fehlt jede Menge Personal. Inzwischen werden ehemalige Lokführer als Subunternehmer mit eigenen (ehemaligen Bahn-)Loks eingesetzt.
    https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/die_nordreportage/Eine-Lokomotive-als-Lebenstraum,sendung1321754.html

    1. „filetiert“
      und den Haien (Erdnuss-Fressern) vorgeworfen…
      „ehemalige Lokführer als Subunternehmer“
      Wird nicht reichen; Demnächst ehemalige Fiaker-Kutscher mit einem Gespann von vor Glück wiehernden Bürgergeldlern oder Fahrgästen, die durch das Ziehen zum halben Preis reisen dürfen: Selbstgenügsam ist die erste Reisenden-Tugend!

  8. „Es gäbe wohl Probleme mit dem Stellwerk“
    Die Stellwerker sind damit beschäftigt, ihren FDP-Aufnahmeantrag auszufüllen; Mancher braucht ein zweites Blatt, um alle PKWs und Nummernkontos in seinem Besitz aufzuzählen – So wie es das neoliberale Gesetz verlangt.
    „ein Ticket kaufe“
    Oder eine Monats-Flatrate¹ wie beim Smartphone bewährt, alias 49€-Ticket mit InflationsGarantie, aber zum Ausgleich ohne bürokratische 10-Minuten-Garantie. Gilt aber nur für die de facto Dritte Klasse.
    Vielleicht werden zukünftige Historiker ein knappes Fazit ziehen: 9€-Ticket + „Isso!“ = Anfang vom Ende Bundesbahn-Gelände.
    „»Isso!« zum stillen Lebensmotto im Lande geworden“
    Isso! war auch der achselzuckende Kommentar des Wasserverkäufers in Mad Max 3, als der Titelheld einen Geiger-Müller-Zähler zückte und das – versprochen unkontaminierte – Wasser den Zähler zum Kreischen brachte.

    ¹So genial die Idee war, den herkömmlichen Monat auf spannende 4 Wochen zu verkürzen; Beim 49€-Ticket wäre es vielleicht besser, die Freitage (am meisten Betrieb) auszuklammern und an diesem einen Tag ein angemessenes Zusatzticket zu verlangen. Wer sich noch erinnern kann (auch an den Tonfall): Draußen nur Kännchen! … Freitags nur mit Zusatzticket!

  9. Hatte gerade einen Beitrag gelesen, der mit der so isses Generation ‚abrechnet‘

    Der Untergang des Abendlandes – Wie die neuen Weltenretter das Erbe von Generationen verspielen
    Aus rtde

  10. @Lapuente

    Lieber Herr de Lapuente:

    Find ich, weil so verdammt aus´m Alltagsleben gegriffen, preiswürdig, Ihren Feuilletontext zum Sozialtypus des Isso mit Ihrer bewußt verkehrten Beschreibung: keinen befremdet das mehr. Das ist Normalität. Schönen Gruß also von der wirkmächtigen alten Tina: there´s no alternative …

    Aus vergangenen Zeiten als ich noch Sozialforscher war erinnere ich eine Fallstudie aus Freiburg/Br. aus den 1980er Jahren mit einer Kosten-Nutzen-Dimensionierung bestimmter Alltagsdelinquenzen (auf Deutsch: alltäglichem formal abweichenden Verhaltens) wie zum Beispiel Schwarzfahren in öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Teilergebnis: Es rechnet sich. (Jedenfalls bei geringen Kontrolldichten.)

    Sollte das auch für Ihr Gebiet mit seinem Rhein-Main-Verkehrsverbund heute gelten: warum´s nicht wie´s ´n Köl´scher Rentner jahrelang praktizierte überhaupt auf Zahlungen im Verkehrsverbund verzichten? Dabei freilich immer die jeweils übliche Strafgebühr (damals in DM-, heute) in 5-Teuro-Scheinen parat haben falls sich´s Schwarzfahren im Einzelfall nicht rechnete und gegen Quittung höflich überreichen?

    Besten Gruß
    Ihr Richard Albrecht

  11. Ist es wirklich so eine Überraschung, dass sich die Verhältnisse so entwickeln, nachdem 1989 die DDR die BRD übernommen hatte?
    Hatten sie uns nicht welke Landschaften, Rohstoffmangel und die größte Pleite aller Zeiten versprochen?
    Und das Glück dies in Brüderlichkeit zu erleben?
    Offensichtlich hadert der Herr Lapuente mit der Geschwindigkeit von Gewöhnung seiner Landsleute.

  12. Und was hat das Demonstrieren in Frankreich gebracht?
    Der WEF gesteuerte Marcon ignoriert die Menschen einfach,
    wie die WEF gesteuerten Habeck, Bärbock und die Führungen in
    Finnland, Kanada usw.
    Solange eine handvoll Supermächtiger durch ihren maßlosen Reichtum
    sich jeden kaufen können, wird sich gar nichts ändern. Dazu noch die Handlanger
    vom CIA und NSA und Medienkonzerne, die in den vergangenen 70 Jahren
    gezeigt haben, dass Wahlen völlig überflüssig sind. Es wird leider wohl nur
    mit Gewalt möglich sein, sich gegen diese Herrscher zu wehren.

  13. Die Deutsche Bahn schafft es mit ihrem Chaos auch gut funktionierende Systeme in den Nachbarländern in Unordnung zubringen – Frankreich / Schweiz / Österreich.
    In folgender Doku werden die Systeme der anderen Länder vorgestellt. Es könnte auch hier anders laufen – „isso“ gut organisiert …
    Die Deutsche Bahn und die Verspätungen | ARTE Re:
    https://www.youtube.com/watch?v=xfnpBEa89Xo

    Deutsche Bahn ist verheiratet mit der Automobilbranche – was da all läuft hinter verschlossenen Türen möcht ich gar nicht wissen. (Um nur eine kleine Vorstellung zu bekommen, kann man sich den Fall Stuttgart 21 anschauen …)

  14. Die Schweizer haben sich von der DB schon abgekoppelt und warten die Züge gar nicht mehr ab…. 😀

    Die Verspätungen aus Deutschland wirken sich auch auf den Schweizer Verkehr aus. Deshalb ist für einen Fünftel der grenzüberschreitenden ICE-Züge bereits in Basel SBB Endstation.

    https://www.nzz.ch/schweiz/die-deutsche-bahn-kommt-zu-oft-zu-spaet-in-der-schweiz-an-passagiere-muessen-fuer-weiterfahrt-umsteigen-ld.1710593

    SBB versuchen, Verspätungen der Deutschen Bahn zu kontern. Züge aus Deutschland sind notorisch unpünktlich. Weil man die Verspätungen auf Schweizer Seite nicht übernehmen will, haben sich SBB und DB auf eine spezielle Lösung geeinigt.

    https://www.bazonline.ch/sbb-versuchen-verspaetungen-der-deutschen-bahn-zu-kontern-765054059354

  15. Die Wurzeln dafür liegen sehr tief. Schon Botho Strauß sprach davon, dass der ökonomische Erfolg der BRD-Deutschen auch auf ihrer politischen Gleichgültigkeit beruhte.
    Deutschland ist nach zwei verlorenen Weltkriegen und dem Kalten Krieg ein zutiefst gleichgültiges Land geworden, ohne Lebenswillen, ohne sich die „Restlaufzeit“ des eigenen Lebens mit Realitäten zu versauen.
    Diejenigen, die das für ihre revolutionär-destruktiven Visionen rücksichtslos ausnutzen, stammen aus der Minderheit der (fanatisch) Nicht-Gleichgültigen, Versprengte der Spät-68iger…

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