Freie Rede vom Teleprompter

Donald Trump vor dem Teleprompter
Quelle: Dieses Bild wurde mittels KI entwickelt.

Ohne Teleprompter geht auch für Politiker nichts mehr. Freie Rede ist längst zur Ausnahme geworden.

Eine kleine Randnotiz bezüglich des UN-Treffens lässt aufhorchen:

„He twinned his complaint with personal complaints about the U.N. infrastructure, saying he and first lady Melania Trump were briefly marooned on a malfunctioning U.N. escalator and that his teleprompter was not initially working.“

Zu Deutsch:

„Er verband seine Beschwerde mit persönlichen Beschwerden über die Infrastruktur der UNO und sagte, er und First Lady Melania Trump seien kurzzeitig auf einer defekten Rolltreppe der UNO gestrandet gewesen und sein Teleprompter habe zunächst nicht funktioniert.“

Die Redewendung „briefly marooned“ erinnert fast schon an Macron, der ein bisschen blockiert wurde, weil Trump wichtiger war, wie es in der Trivialpresse zu finden ist. Und es erinnert auch an Instant Karma. Aber, was so unauffällig daherkommt und scheinbar völlig alltäglich geworden ist, der Teleprompter hatte eine Verzögerung.

Ist das Redefreiheit?

Wow! Ich kann das ja für Nachrichtensprecher nachvollziehen. Ich kann das sogar als Musiker nachvollziehen, ich habe immer unten meine Texte gehabt, nicht weil ich sie nicht kannte, sondern weil ich sie als Sicherheit deponiert hatte, falls mir der Faden reißt. Um wenigstens das erste Wort der nächsten Strophe zu erhaschen, das reicht ja schon.

Aber das ist Performance, so tun als ob. Künstler machen das täglich, andere verlieren sich in Soaps um so zu tun als ob. Und Nachrichtensprecher, ja, die wissen nicht was kommt und lesen ab. Klar, ist ja live, keine Inszenierung.

Aber Regierende? Sprecher für das Volk, wie es heißt? Sollten die nicht wissen, was sie sagen oder sagen wollen? Okay, ein Zettel mit Stichworten. Ja. Falls man den Faden verliert oder einen Aspekt vergessen hat. D’accord.

Aber vom Teleprompter ablesen? Brauch ich da einen Regierenden oder einen Nachrichtensprecher? Vielleicht ist der Nachrichtensprecher sogar noch besser, der hat Übung in seinem Job.

Kleines Stichwort: Freie Rede.

Heutzutage ist sie so eingeschränkt, dass Heerscharen von Anwälten vorher einen Text analysieren müssen, bevor er veröffentlicht werden darf. Ist das freie Rede?

Nachrichtensprecher statt teure Parasiten

Und wenn die Sprecher für das Volk, die Regierenden, nicht mehr sagen können, was sie eigentlich meinen und wollen, weil dieses und jenes halt heute nicht mehr gesagt werden darf. Wenn schon die Vorzensur greift. Wozu bitteschön brauch ich dann noch Regierungs-Nachrichtensprecher, die jede Menge Geld kosten und billiger zu haben wären?

Die Demokratie-Simulation versagt sobald jemand basisdemokratische Rechte einfordert, der nicht zu den Herrschenden gehört. Das ist kein Einzelfall, das ist Programm. Also viele zufällige Einzelfälle, sozusagen.

Wenn ich Regierende, die vom Teleprompter ablesen, durch beliebige Schauspieler oder Personen ersetze, ändert das rein gar nichts an der verbreiteten Nachricht, Propaganda machen ja nur die anderen, sondern nur am Unterhaltswert. Witzig oder nicht, extrem formuliert.

Wozu ein ganzes Parlament, wenn man nur vordefinierte Antworten und Reden bekommt? Wer immer diese definiert hat.

Wenn man es marktwirtschaftlich angeht („Der Markt regelt das“ – Haha!), dann brauchen wir keine teure „Regierung“ alias Nachrichtsprecher. Das ist billiger zu haben. Wir nehmen einfach die Lobbyisten, lassen sie dafür zahlen, und geben ihnen das Recht einen billigen Nachrichtensprecher zu beschäftigen, der ihre „Weisheiten“ dem Volk schmackhaft macht. Wäre jetzt nicht unbedingt Demokratie, aber geschissen drauf, war es vorher ja auch nicht. Wir (das Volk) haben bloß zusätzliche Parasiten bezahlt, damit sie Nachrichtensprecher der gehobenen Klasse sein dürfen.

Will man es tatsächlich demokratisch angehen, naja, die Demokratie ist auf der Straße zuhause … allerdings, der Inhalt dieser Aussage könnte möglicherweise große Teile der Regierenden verunsichern …

Noch ein Nebensatz zu „Fakten“: Wir Menschen, mit unserem beschränkten Sensorium, nicht mit dem Scharfblick des Falken ausgestattet, ohne den Geruchssinn des Hundes etc., wir Wesen, die die Welt nur unzureichend wahrnehmen, maßen uns an, etwas, was für uns scheinbare Realität hat, auch absolute Realität zu nennen? Sie als unumstößlichen Fakt zu etablieren?

Michael Lindenau

Michael Lindenau ist zuerst Mensch und vielseitig interessierter Erdenbürger. Auf dieser Grundlage versucht er die Welt zu verstehen.
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8 Kommentare

  1. Der Begriff „Sprechpuppe“ kommt ja nicht von ungefähr. Mann versuche sich nur einen Helmut Schmidt vom Telepromter ablesend vorzustellen.

  2. Trump hatte keine Probleme, die Pause zu füllen, bis der Teleprompter wieder lief. Man kann ihm wohl viel vorwerfen, aber dass er als begnadete Rampensau ein Problem mit freiem Sprechen hätte, wohl eher nicht.

    Was passiert denn, wenn ein Politiker sich öffentlich äußert? Jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt, jeder Nebensatz wird analysiert, jeder Scherz von den Gegnern missverstanden und von den Befürwortern als Offenbarung behandelt … Wäre es nicht unverantwortlich, einfach wie normale Menschen frei zu sprechen, wenn man schon vorher weiß, dass einem daraus jeder nur erdenkliche Strick gedreht wird?

    Was passiert, wenn jemand frei spricht und dabei von einem Missgeschick ins nächste taumelt, kann man an Merz gut beobachten. Ausgerechnet der verzichtet regelmäßig auf den Teleprompter.

    1. Das stimmt natürlich, dass Trump ein guter Redner ist – wenn es um Anekdoten geht. Dumm nur, dass er angeblich eines der größten Länder der Welt regiert. Da müsste schon etwas mehr Evidenz kommen für das, was er sagt.

      Der Merz taumelt nicht wegen fehlendem Teleprompter in Missgeschicke! So ein Quatsch. Das liegt doch hauptsächlich an seiner schlechten Politik, bzw. seiner korrupten Partei, bzw. am kaputten politischen System.
      Was ist das überhaupt für eine völlig verquere Sichtweise? Politiker, die Teleprompter brauchen, sind grundsätzlich nicht ehrlich und halten ihre Zuhörer für Schäfchen. Viele sind das auch, aber die nützen das aus. Ein gutes Beispiel war dieser Vorfall hier:

      ARD-Panne Neujahrsansprache Bundeskanzler Kohl

      https://www.youtube.com/watch?v=MDQtO5FHC54

      Die ARD hat angeblich die Neujahrsansprache von fetten Kohl verwechselt. Kaum Jemand hat es bemerkt, nur am Ende waren manche Zuhörer etwas verwirrt, als er ein friedliches 1986 wünschte, Ende 1986.

      https://www.stern.de/kultur/tv/ard-vertauscht-kohls-neujahrsansprache–kaum-einer-merkt-s-9406112.html

      Denn viele Zuschauer hatten die Verwechslung gar nicht bemerkt. Diejenigen, die zuvor der Ansprache im ZDF gelauscht hatten (da wurde die richtige ausgestrahlt), wunderten sich häufig nur über Kohls anderes Jackett. Inhaltlich aber waren die Reden austauschbar: Frieden, Arbeitslosigkeit, Umweltschutz – die Themen für 1986 und 1987 ähnelten sich. Nicht mal die Erwähnung der Genfer Abrüstungskonferenz, die bereits 1985 stattgefunden hatte, ließ die Zuschauer stutzig werden.

      Einen Tag später, am Neujahrstag 1987, wiederholt die ARD die Neujahrsansprache Helmut Kohls vor der „Tagesschau“. Dieses Mal mit dem richtigen Band und den richtigen Wünschen: „Ein friedvolles und glückliches Jahr 1987.“

      Aus dem Zitat kann man auch zwischen den Zeilen lesen, wie diese Reden von den Redenschreibern gemacht werden: 1985 wünscht er ein „friedliches 1986“ und 1986 wünscht er ein „friedliches UND glückliches 1987“. Adjektive als Füllworte, um die Zuhörer zu umschmeicheln. „richtig und wichtig“ ist auch so eine hirntote Dopplung, die Eindruck schinden soll – bei dummen Zuhörern. Die Themenwahl war natürlich auch möglichst lau und selbst beweihräuchernd.

  3. Einfach die Prompter zum Publikum drehen, Fall gelöst. Hat etwas von einem Verwaltungsjob, bei dem mir ein Mensch vorliest, was er auf dem Bildschirm sieht oder was er jetzt da eingeben muss.

    Bitte die Dinger rumdrehen, geht schneller.

  4. Naja kein Wunder bei der Elite der Schwachköpfe die wir auszuhalten haben.

    Bei sowas wie Putins dreistündiger Fragerunde jetzt gerade in Valdai würden westliche Berufspolitiker heulend zusammenbrechen.

  5. Eine gute freie Rede ist kein Garant für gute Politik. Klar ist es angenehmer einem Helmut Schmidt zuzuhören als irgendeiner Analena. Aber auch die beiden Josefs waren rhetorisch nicht untalentiert, doch was für Trümmerhaufen haben sie hinterlassen.
    Das Beispiel dass ein guter Redner auch ein Gaukler sein kann, liefert Gregor Gysi.
    Aber mit dem Teleprompter wird eine miese Politik auch nicht besser. Der Verzicht darauf wäre ehrlicher und ein Beweis dafür, dass man meint was man sagt, weil man es verinnerlicht hat.

  6. Wenn die offizielle Diplomaten Ausbildung immer mehr ins Abseits gerät, erhält man Turnschuhvertreter, Trampoline oder Kinderbuchautoren…
    Der Teleprompter ist dann schon die passive eingesetzte KI, der vorführende führt den Text aus.
    Herrlich nach ’sleepy Joe, they got sleepy Trumpi‘.

    All die westlichen Politiker entstammen von Netzwerken die kapitalistischen Interessen vertreten, aber niemals die Interessen der Wähler, ob Teleprompter, WEF ‚young leader‘, Philantropen etlicher ideologischer Gesinnung Wyckoff, alle besitzen das gleiche Interesse, „Ihre Interessen durchzusetzen“.
    Um den albanischen KI Minister „der“ ist auffällig schnell aus den Medien verschwunden.
    Warum weil die kapitalistischen Interessen leider entgegengestze Interessen vertreten, was bekanntlich die institutionnalisierte Korruption ist. Diese alte Welt und ’neue‘ Welt unterscheidet sich wesentlich um die Verteilung vom Kuchen der Korruption.
    Trump benötigt den leseapparat, weil ihm die internationale diplomatische Haltung und das entsprechende Wissen dessen nicht vorhanden ist. So sieht die gesamte westliche Politik aus, Darsteller stellen andere Darstellungen wieder.
    Oder anders ausgedrückt: in der Simulation simulieren die Simulanten die Simulation dem wählenden Volk vor.

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