Die Leere des 80-jährigen Jahrestages des Kriegsendes

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War Opa ein Nazi? Das treibt zum 80-jährigen Jahrestag des Kriegsendes deutsche Medienschaffende an. Opa war in jedem Falle ein Opfer von Menschen, die Krieg wollten – wie Opas Urenkel auch bald, wenn wir nicht alle gehörig aufpassen.

80 Jahre nachdem der Spuk vorbei war, fragen sich deutsche Journalisten in ihren Mittzwanzigern und Mittdreißigern immer noch, ob Großvater vielleicht ein Nazi war. Oder Urgroßvater. In den Sechzigern wusste man, dass Vater bei der Wehrmacht war. Aber wie hat er gedacht und gefühlt? Stimmte er in den frühen Tagen für Adolf Hitler? Hegte er Sympathien für marodierende SA-Rotten? Die Motivationen kannte man nicht – da die Kriegsgeneration lieber schwieg, interpretierte man die Stille etwas wohlfeil als Zuspruch. Traumata ließ man nicht gelten, Soldaten der Wehrmacht kennen keinen Schmerz – die jungen Leute, die mit ihren Altvorderen abrechneten, teilten diese Ansicht von der Härte des Gemütes mit denen, die die Altvorderen einst in den Krieg schickten.

War Opa also ein Nazi? Warum eigentlich nur der Opa? Warum nicht die Oma? Die saß tendenziell eher in einem Luftschutzkeller und zitterte, nicht verschüttet zu werden. Die deutsche Geschichtsdeutung will also, dass die Mütter der Erziehungsberechtigten Opfer der Umstände waren, während die Väter der Erziehungsberechtigten einen Krieg ausfochten, den auch ihre Frauen auszubaden hatten. Etwa sechs Prozent der NSDAP-Mitglieder waren weiblich. Fürwahr eine Minderheit! Aber da man Minderheiten bekanntlich nicht einfach ausblenden darf, so stellt sich die Frage auch hier: War Oma ein Nazi? Schön ist indes, dass Nazi genderneutral ist.

Opfer, wie einst der Großvater

Unbedingt bestellen!

Das Problem ist jetzt nur: Opa ist tot. Oma starb im Regelfall danach. Das ist eine der Ursachen, weshalb wir heute so beschwingt über Kriegsnotwendigkeiten und Kriegsbereitschaften sprechen. Wir haben ja schon gehört, die Altvorderen schwiegen lieber, wenn es um den Krieg ging, den sie an der eigenen Haut erlebten. Sie hatten genug davon gesehen und gespürt. Warum längst verflossene Erinnerungen wiederbeleben, an die man nicht mehr denken mag und die einen in ein emotionales Loch werfen? So kann man doch nicht leben! Wer über den Krieg spricht, wer über ihn zumindest nicht schlecht spricht, der hat ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht am eigenen Leib erfahren – und sich offensichtlich auch keine tiefergehenden Gedanken dazu gemacht.

Jetzt noch den Großeltern nachforschen, ob sie damals nationalsozialistisch waren oder nicht, ist nicht nur eine Idee, die um Jahrzehnte zu spät kommt. Sie ist in dieser Zeit irgendwie auch seltsam deplatziert. Denn egal ob Opa Nazi war oder nicht, am Ende war er einer, der in einen Einsatz geschickt wurde, den er ganz sicher nicht für sich erdacht hätte: In den Krieg, an die Front, in den Graben und in den Städtekampf. Die Generation damals, so wurde berichtet, brach nicht jubelnd in den Krieg auf, wie es noch deren Vätergeneration 1914 tat. War also Opa ein Opfer des Krieges? Das kann man bejahen, ohne sich mit ihm besprechen zu müssen. Und das wäre auch eine Frage, die eine gewisse zeitgenössische Ergiebigkeit zeitigte. Denn hier zeigten sich Parallelen und Kontinuitäten: Mag Großvater auch wie ein Fremder auf seinen zurückgelassenen Enkel von heute wirken – was beide verbindet, ist mächtigen Entscheidern ausgeliefert zu sein, die einen Waffengang einfädeln.

Das wäre ein Ansatz gewesen, den man zum 80-jährigen Jahrestag hätte wählen sollen. Auf den vermeintlichen oder tatsächlichen Nazi-Opa auszuweichen, darf man da getrost als Ablenkungsmanöver wahrnehmen. Ebenso wie das wohlfeile Geschwätz, dass einem weismachen will, dass sich das von damals nie wiederholen dürfe, um gleich nach dem Sonntagsgerede wieder über Waffenlieferungen und Kriegsfähigkeit gegenüber Russland zu sprechen. Natürlich fehlte auch nicht der Fingerzeig auf der AfD, die man ja immer dann meint, wenn es heißt, dasselbe wie damals dürfe sich nicht nochmals ereignen. Damals ereignete sich aber auch ein Krieg, der forciert war von jenen Altvorderen, von den nationalsozialistischen Führungsfiguren: Wer forciert heute? Und warum sind es ausgerechnet diejenigen, die heute forcieren, die vor damals mahnen?

Unbesonnen Besonnenheit wünschen

Deutschland hat sich zu einem seltsamen Land entwickelt, zu einem Ort voller Wahnsinn und kognitiver Dissonanzen – richtig schlüssig ist kaum noch etwas, was der Bevölkerung vermittelt werden soll. Man windet sich, duckt sich weg – und zwar immer dann, wenn Ereignisse dazu geeignet wären, einen klaren Gedanken zu fassen. Das Gedenken zum 80-jährigen Jahrestag des Kriegsendes, wäre so ein Anlass gewesen. Natürlich hatte Deutschland jenen Krieg verbrochen. (Lassen wir außer Acht, dass das Land durch die Bürde und die Maßlosigkeit des Versailler Vertrages nicht ausreichend stabil war und ein Stück weit zum Scheitern verurteilt war.) Aber nachdem Gatten, Söhne, Enkel, Brüder, Freunde, Verlobte und Vereinskollegen nicht mehr nach Hause kamen, fragte doch keiner mehr nach der Schuld oder der politischen Haltung, die die »Gefallenen« hatten. Da war nur noch der Tod – auf allen Seiten, bei den Siegern und den Besiegten, bei den Schuldigen und Unschuldigen. In den Sturzbächen, die der Blutrausch verursacht, spielt Moral keine große Rolle.

Ab einem bestimmten Punkt geht es nur noch um die Vermeidung von Leid, um das Ende des Schlachtens – für Schuldfragen ist man ab einem gewissen Moment viel zu ermüdet. Es erzeugt nach dem Ringen keinen Mehrwert, wenn man der Schuld auf den Grund geht. Natürlich kannte dieser Krieg, der vor 80 Jahren ein Ende fand, viele Täter. Doch am Ende stand die Erkenntnis: Opfer waren alle – nicht unbedingt die Staaten und Supermächte, die aus dem Krieg hervorgingen. Aber die normalen Menschen, über die der Krieg und seine todbringenden Folgen kam, waren und blieben Opfer. Ganz egal, auf welcher Seite des Schlachtens sie um ihr nacktes Überleben rangen.

Das wäre eine Erkenntnis für so einen tragischen 80. Jahrestag gewesen. Europa hat die Hölle durchgemacht – Millionen verloren ihr Leben. Noch mehr verloren ihre Lieben. Traumatisiert gingen sie zurück in ein bürgerliches Leben. Verschlossen das erfahrene Leid, die Zeit, in der der Tod ihr zuverlässigster Begleiter war, tief ins sich weg. Nie wieder: Das hätte man sagen können und auf die aktuelle politische Lage verweisend. Nie wie Krieg! – Papst Leo XIV. hat am Wochenende dafür gebetet. Aber jene Politiker in Deutschland, die dem Oberhaupt der Katholischen Kirche in völliger Vermessenheit »Besonnenheit« mit auf dem Weg geben, während es ihnen daran mangelt, fanden diese Worte nicht 80 Jahre nach Kriegsende. Stattdessen lenkt man damit ab, nochmals den politischen Status von Großeltern zu inspizieren, die ohnehin nicht mehr unter uns verweilen. Damit gewinnt man aber für die Zukunft nichts. Auf diese Weise generiert man lediglich die Rechtfertigung, einen drohenden großen Krieg in Europa sehenden Auges in Kauf zu nehmen. War Opa also ein Faschist? Die Frage des Augenblickes lautet eher: Ist Opas Urenkel einer? Oder mindestens einer, der den Faschisten anstandslos folgt, wenn sie ihn losschicken?

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23 Kommentare

  1. Bei mir war’s nicht der Opa, der eine brauchte nicht, sondern der Bruder der Oma. Wegen Antiquierter Moralvorstellungen wurde seine Karriere in der Reichsmarine beendet. Dieses und seine Deutschnationale Erziehung waren es dann die ihn dazu gebracht haben, dem Verein eines gewissen Heinrich Himmler, der SS beizutreten. Dort wurde er dann ganz schnell zum Organisator dessen was heute als der Nazi-Terror bezeichnet wird. Damals nannte man das Öffentliche Sicherheit und Ordnung. Und der war zu Anfang kein Überzeugter Nazi, das lief eher unter dem üblichen „wessen Brot ich Esse, dessen Lied ich Singe“.
    Und an diesen Mechanismen hat sich bis heute nichts geändert.
    Die Führer sind auch Heutzutage wieder auf Koks und Gesetze stehen nur auf Papier und dieses ist Geduldig. Ansonsten, siehe Cum Ex, Cum Cum, Wirecard und und und spielen Gesetze eher eine Untergeordnete Rolle. Insbesondere die Angeblich ja so Unabhängige Justiz, also wenn man Junkies als Heroinunabhängige bezeichnet, passt es. Also diese real Existierende klassische zutiefst politische Gesinnungs- und Unterschichtenjustiz, kennt eigentlich nur ein Gesetz, par Ordre du Mufti, die Anweisung von Oben.
    Und somit war auch das 3 Reich keine Ausnahmeerscheinung, wir sehen ja wie sich innerhalb weniger Jahre das 4 Reich herausgebildet hat. Sehr Hilfreich waren dafür die Fundamente die Generationen Antidemokratischer Innenminister extra dafür angelegt haben.
    Und nun haben wir sie, die totalitäre Faschistische Despotie und bezeichnen sie als Demokratie. Wenn das der Führer wüsste.
    Faschismus das ist die Einheit von Staat und Kapital!
    Benito Mussolini von Beruf Duce und als „Erfinder“ des Faschismus wird er es wohl gewusst haben.

    1. „Und nun haben wir sie, die totalitäre Faschistische Despotie und bezeichnen sie als Demokratie.“ Noch nicht ganz, aber der charakterlich völlig ungeeignete Kanzlerdarsteller und seine Helfershelfer werden jetzt den Sack zumachen bzw. uns die Gurgel zu schnüren – und die devote Ebert-Noske-sPD wird einfach zuschauen und die vergauckelten Amtskirchen ihren Segen dazu geben. Wie immer… Nein, nicht ganz, diesmal mit Bio-, Öko- und Gender-Schischi.

  2. „Das Problem ist jetzt nur: Opa ist tot. Oma starb im Regelfall danach. Das ist eine der Ursachen, weshalb wir heute so beschwingt über Kriegsnotwendigkeiten und Kriegsbereitschaften sprechen.“

    Weil Oma und Opa tot sind, reden wir auf einmal von Kriegsnotwendigkeit.
    Was ein Geschwätz.

    Vielleicht mal kurz überlegen, seit wann davon im Westen gesprochen wird, von der Kriegsnotwendigkeit.
    Seit Feb 2022. Sind da auf einmal alle Omas und Opas tot umgefallen?

    Oder hat da, ganz zufällig, eine Invasion zur Erweiterung der RF begonnen?

    Die Frage kann sich jeder selbst beantworten.

    1. Von der Kriegsnotwendigkeit wird vor allem massiv seit ca. Herbst 2024 gesprochen, seitdem in nahezu jeder politisch angehauchten Sendung von ARD/ ZDF, selbstredend auch von unseren Politikern. Zuvor wurde zwar schon reichlich kolportiert, dass Putin persönlich bald im Panzer am Brandenburger Tor stünde, aber seit vorauszuahnen war, dass Trump eine womöglich andere Politik verfolgt, ist die Kriegvorbereitung Tagesgespräch.

    2. Ottono, im Artikel steht: „Das ist eine der Ursachen…“
      Eine der Ursachen dafür, dass man heute etwas leichtfertiger über Krieg, Kriegsnotwendigkeit und Kriegstüchtigkeit redet, als man das noch getan hatte, während diejenigen, die WK2 erduldet mussten, noch lebten.

      Und natürlich ist das einer der Gründe! Wie kann man das bestreiten? Allen Älteren in meiner Familie, und waren sie am Kriegsende auch nur ein paar Jahre alt, kannst du mit sowas wie „Kriegstüchtigkeit“ nicht kommen.

      1. Quatsch, Deutschland war zwischen 1955 und 1990 auch Kriegstüchtig.
        Erheblich Kriegstüchtiger als heute oder in 5-10 Jahren.
        Und das obwohl Omi und Opi damals noch pupsgesund durch die Republik liefen.

        Wie kann man nur soviel Realität ausblenden?

        Die Hauptursache, warum D aufgehört hat die 30jährige Friedensdividende einzustreichen ist der Angriffskrieg der RF gegen ein Nachbarland. Das schreibt der liebe Roberto nicht, aber Oma und Opa exhumieren für seine Zwecke, das kann er. Völlig verlogen dieser Autor.

      1. Bei aller Kritik an seiner Haltung muss der Gerechtigkeit Willen gesagt werden, dass er sich im Wesentlichen korrekt ausdrückt und nicht unflätig und primitiv-sexualisiert wie andere Kommentatoren (verzichte auf Namen, sonst fühlt sich mancher noch geehrt).

    1. Der englische Titel fasst es besser zusammen „War is a Racket“. Krieg ist Abzocke.

      Für jeden neuen Betrug denkt sich der Betrüger natürlich eine neue Lügengeschichte aus. Deswegen jetzt alles grün-öko-regenbogen bunt angepinselt. Und das Gerede von einer Zeitenwende. Alles nur um Gau viel Geld den bedürftigen Gierschlunden zuzuschaufeln mit der Ausrede man befinde sich im Krieg. Und die Mehrheit der Menschenmasse fällt darauf herein oder macht zumindest mit. Tja 🙁

  3. Klar war Opa Nazi..und Oma auch. Jahrzehntelang lag auch noch ein Bild des Führers in einer Schublade in der guten Stube. Der Hang zum Faschismus wird vielleicht weitervererbt, auch Mutter wünschte so manches Pack noch ins Gas. 2020 und in den folgenden Jahren konnten wir erleben, wie sehr dieser Hang in die DNA des deutschen Volkskörpers eingraviert ist. Wer in dieser Zeit auch in anderen Ländern verweilte, konnte den Unterschied hautnah erleben. In der Mehrzahl können die Deutschen nicht anders. Es ist in ihnen.

    1. „Es ist in ihnen.“

      Dan muss der Volkskörper eben (als ganzes) medienwirksam auf die Couch. Und da reichen nun mal nicht 24 h Ausnahmezustand mit Sightseeing tour durch die Konzentrationslager aller Einwohner von 12 bis 80 Jahren. Dan muss man tiefer gehen.

      1. Das will doch aber keiner. Die Machthabenden wollen eine autoritär führbare Masse um sie unter Kontrolle zu haben. Dafür wäre es ja Quatsch gegen Faschismus wirklich vorzugehen. Der Kampf gegen Faschismus wird nur zur Volksunterhaltung herausgeholt.

    2. Das ist keine Eigenschaft „der Deutschen“. Eine ziemlich rassistische und am eigenen kleinen Tellerrand endende Sicht der Dinge. Hat man doch die letzten paar Jahre gesehen, daß autoritärer totalitärer Staat sich unter dem Deckmantel der Gesundheit breit gemacht hat überall auf der Welt. Besonders in der sogenannten ersten. Damit keine Fragen gestellt werden wird der nächste Butzemann in Russland aufgeblasen. Dann soll international das Bargeld durch Digitalgeld mit zentraler Kontrolle ersetzt werden. Dann kann keiner kehr aufmucke, weil das Geld plötzlich nicht mehr funktioniert. Das ist international und nicht allein deutsch.

      1. “ Das ist international und nicht allein deutsch.“

        Stimmt, International und seltsamerweise bricht diese Krankheit ausgerechnet bei Leuten aus die offenbar nicht im Stande sind ihre Gier zu stillen. Geht es hier überhaupt noch um Geld? Oder sind diese Leute krankhaft süchtig nach Macht? Wie witzeln Mafiosi wenn Sie unter vier Augen und mal unbeobachtet sind?

        „Macht ist geiler als Sex!?“

        Da war doch was. Ich erkenne hier langsam ein Muster.

        1. Auch ich stimme zu. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass der Deutsche im allgemeinen fanatischer, verbohrter und uneinsichtiger agiert, und stur an einer Sache festhält, auch wenn er merkt, dass das Pferd schon längst tot geritten ist.

  4. „Natürlich kannte dieser Krieg, der vor 80 Jahren ein Ende fand, viele Täter.“
    Ich konnte als Heranwachsender die seltsame Situation hautnah erleben.
    Kein männlicher Erwachsener sprach jemals über seine Erlebnisse vor allem an der Ostfront. Dadurch waren die Familien voneinander isoliert, es könnte ja einiges ans Tageslicht kommen, wo der Vater beteiligt war, freiwillig oder gezwungen. Die Eltern waren sehr dahinter her, fremde Kinder als Spielfreunde nicht ins Haus zu lassen.
    Mein Vater, als Nachschubfahrer ständig im besetzten Teil der SU unterwegs, erlangte in den Schreibstuben (Soldatenfunk) vielerlei Erkenntnisse über das mörderische Wüten
    auch der Wehrmacht. Davon träumte er nach späterem Bekenntnis jede Nacht, wohl bis zuletzt. Er nahm jede Gelegenheit wahr, allen Gesprächspartner, die im Krieg gewesen waren, faktisch zu verhören. Er war der Überzeugung, dass alle Soldaten von den Verbrechen wußten, teils mitmachten, aber das rigoros bestritten. Mir war das peinlich, aber viel später wurde mir klar, dass er gar nicht anders konnte, seine Träume.
    Es hätte eine gründliche schonungslose Aufarbeitung (eigentlich dämlicher Begriff) von Schuld jedes einzelnen geben müssen, um nicht wieder der Fortsetzung der Kriegshysterie als Basis herangezogen werden zu können. aber das war in der Situation der weltweiten Konfrontation nicht möglich. Große Teile auch der Arbeiter wären zur Verantwortung gezogen worden und die gesellschaftliche Konstruktion sowohl West als auch Ost hätte keine Basis gehabt.
    So kam es wie es kommen musste, denn der Schoß war fruchtbar noch.

  5. Da ich Baujahr 1976 bin habe ich diesen Krieg glücklicherweise nicht erlebt, aber meine Großeltern. Meinen Großvater habe ich nie kennengelernt dieser ist kurz nach meiner Geburt gestorben. Meine Großmutter hat bis kurz vor ihrem Ableben geschwiegen.

    Aber das was dann kam war heftig, denn wer bezahlt nochmal den Preis des Krieges?
    Der Krieg war verloren und die Menschen wurden unter Gewalt und Vergewaltigung aus ihrer Heimat vertrieben.
    Meine Familie stammt aus dem Örtchen Insterburg in der Nähe von Königsberg. Richtig, da kommt auch die Familie von Ingo Insterburg (Ich liebt ein Mädchen) her. Da wird es einem mit 16 Jahren auf einmal ganz anders wenn die „alte Frau“ auf einmal von -Engelsmacherinnen- erzählt. Von der körperlichen Gewalt reden wir gar nicht erst.

    Aber das alles ist wie weggewischt und wird versucht umzudichten. Das Leid und Elende haben bis weit nach dem WK II gereicht. „Fringsen“ war so ein Begriff den man mal wieder erklären sollte um es ins Gedächnis zu holen.

    Es sollte mahnen den gleichen Fehler nie wieder zu machen!
    Nie wieder darf von diesem Boden ein Kreig ausgehen!

    1. Darin liegt ja das eigentliche Problem, die eigenen Leiden, nicht die der anderen. Solange nicht gefragt wird, was haben wir denn da verbrochen, ist Wiederholen Programm.
      Interessant ist, dass auch hier noch die Goebbels Propaganda nachschwingt, die zu angeblichen Massenvergewaltigungen durch die Russen. Kann man gerade zu Ostpreußen nacherleben, wenn man sich die „Wochenschauen“ vornimmt. Vergewaltigungen in jeder Sendung das Hauptthema. Nur fällt auf, dass die Zeugen durch die Bank nicht aus eigenem Erleben berichten, sondern vom Hören-Sagen aus dem Nachbardorf.
      Zu dem Thema gab es in den 90-er Jahren eine staatlich beauftragte Untersuchung einer Gruppe von Historikern, um die Gerüchte nachträglich zu beweisen. Aber die Herrschaften wähnten sich noch zu sehr ihrem Ruf verpflichtet und der Schuss ging nach hinten los. Obwohl sie selbst die „Fakten“ der Propaganda akzeptierten und einrechneten, kamen sie zum Ergebnis, dass Vergewaltigungen von sowjetischer Seite pro eingesetzten Soldaten erheblich geringer waren als die durch die westlichen Alliierten, bei denen sogar ein systematisches und geführtes Vorgehen nachgewiesen wurde (Aufklärung, Kennzeichnung und Tat in Konmandostrukturen). Sie wiesen nach, dass ausschließlich in der Roten Armee Gesetze existierten, die Vergehen gegen die Zivilbevölkerung unter Strafe stellten. Später wurde sogar festgestellt, dass deshalb ca 5.000 Urteile gegen Rotarmisten erlassen wurden, in den westlichen Truppen kein einziges. Denkt man da nicht unwillkürlich an den jüngsten nicht geahndeten Mord eines Amis an einem „Eingeborenen“?
      Dabei blieb natürlich unberücksichtigt, dass bei den „Säuberungen“ und vor der Vernichtung Massenvergewaltigungen durch die Deutschen die Regel waren. Das hat höchstselbst der Reichsheini außer Strafe gestellt. Das war dann eben keine Rassenschande, weil er die Gefühle der Täter nachvollziehen konnte, die ihre schwere Aufgabe ohne zu murren und bis zu den Knöcheln in Blut watend, doch anständige Kerle geblieben waren.
      Es ist dann heute nicht so schlimm, Vergewaltigung und anschließende Ermordung. Die Opfer lebten ja nicht mehr. Schlimm war hingegen Vergewaltigung und Lebenlassen.
      Die SU machte aus diesem Teil der Verbrechen kein Aufheben, da sie ja aus politischen Gründen auf Verständigung setze. Erst in jüngster Zeit werden dazu Dokumente freigegeben.

      1. > Darin liegt ja das eigentliche Problem, die eigenen Leiden, nicht die der anderen. Solange nicht gefragt wird, was haben wir denn da verbrochen, ist Wiederholen Programm. <

        Doch, und das war eine Reaktion auf Das was die Deutschen verbrochen haben, deswegen möchte ich gar keine Schuldzuweisungen. Sondern, das man sich daran erinnert das ein Krieg auch menschlich verherende Folgen hat und kein Spiel ist bei dem man Figuren umherschiebt.

        Es war nicht das Nachbardorf im Krieg. Es war die Vertreibung der Verbliebenen aus Ostpreussen nach dem Krieg. Dieses wurde ein paar Monate später als "Zwangsaussiedlung" in Verträgen geregelt.

  6. Diese angesprochene Leere kommt meines Erachtens nach daher, daß diese sog. „Feiern zum 80. Jahrestag des Kriegsendes“ in Wirklichkeit dazu benutzt werden, um die Bevölkerung weiterhin auf Krieg einzustimmen und besonders auch das Feindbild Russland zu festigen.
    Man sieht ja, wie diese Feiern hierzulande abgelaufen sind: es ging eigentlich nur darum, Russland draussen zu halten.
    Daran wird man sich erinnern, aber nicht daran, daß es hier um irgendein Kriegsende gegangen wäre.
    Im Gegenteil, alles was einen mittlerweile umgibt, ist Mobilmachung, Militärwerbung, Große Zapfenstreiche, Kriegstüchtigkeit, Rüstungsindustrie und propagandistisches mediales Dauerfeuer.

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