Deutschland ohne Erzählung

Symbolbild: Gesellschaft - Streichhölzer stehen um ein abgebranntes Streichholz
Quelle: Pixabay

Jede Gemeinschaft braucht Erzählungen, die den Sinn und das Ziel der eigenen Existenz in den Blick nehmen. Welche sinnstiftende Erzählung den Westen zusammenhält? Na, keine!

Was ist der Sinn des Lebens? Diese Frage ist freilich verbrannt, zu oft wurde sie über Generationen behandelt und eine befriedigende Antwort, eine die nicht individuell verschieden ausfällt, konnte nie ermittelt werden. Es ist auch leidig, nochmals auf Douglas Adams zurückzukommen, der in seinem Roman »Per Anhalter durch die Galaxis« die Frage nach dem Lebenssinn als »endgültige Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest« stellte. In seiner Geschichte berechnete ein Computer 7,5 Millionen Jahre das Ergebnis. Die Antwort, die herauskam — mittlerweile legendär: 42. Adams persiflierte damit die Philosophie, die seit Menschengedenken versucht, dieser Frage eine klare Antwort zu verpassen — was ihr natürlich nie gelang, ja nicht gelingen konnte.

Dennoch muss man dieser Tage über den Sinn sprechen, der in Gesellschaftsmodellen des Westens steckt. Jeder stellt diese Frage nur mit anderen Worten. Etwa so: Welche Erzählung steckt eigentlich in unser aller Zusammenleben? Noch moderner ausgedrückt: Welches Narrativ? Wohin soll unser Zusammenleben und Zusammenwirken denn führen? Und wie wollen wir leben? Vielleicht überlegen Sie gerade selbst, was Sie antreibt, warum Sie jeden Tag aufstehen. Und viele von Ihnen werden morgens nur aus dem warmen Bett schlüpfen, weil sie etwas tun müssen, um auch weiterhin über die Runden zu kommen. Aber ist das der Lebenssinn? Für Sie und für die gesamte Gesellschaft? Denn genau das sagt die deutsche Politik über das hiesige Gesellschaftsleben seit Jahren; die Parolen lauten: Weitermachen, wettbewerbsfähig bleiben, Gürtel enger schnallen und Schlimmeres vermeiden. Aber mit solchen Erzählungen lässt sich doch niemand für das Gemeinwesen begeistern. Ganz im Gegenteil.

Der Niedergang des Westens

Die neoliberalen Reformen der letzten Jahrzehnte haben einen strikten Individualismus gefördert und, wo er noch nicht vorherrschte, auch erzeugt. Wirtschaftspolitisch bedeutete das, dass man die Gewerkschaftskultur hinter sich ließ und die Werktätigen stark vereinzelten. Unterfüttert wurde das mit ideologischen Narrativen. Diese setzten an verschiedenen Stellen an: Einerseits hieß es beispielsweise, dass man nicht über den Verhältnissen leben dürfe — was für die Mehrzahl der Arbeitenden ohnehin nie zutraf. Andererseits wurde die Isolierung des Individuums von der Gesellschaft untermauert — Wahlspruch hier: Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied. Plötzlich war das, was man erreichte, nicht auch immer das Ergebnis der Möglichkeiten, die die Gesellschaft bot. Es war alleine der Erfolg des Einzelnen — genau wie ein Rückschlag dessen persönliches Scheitern war: Eine eintretende Arbeitslosigkeit etwa.

In der neuen Ausrichtung der gesellschaftlichen Agenda schwang stets mit, dass die Gesellschaft nicht mehr maßgeblich sei. Ja, drastischer noch, um es mit Margaret Thatcher zu sagen: »There is no such thing as society.« So etwas wie Gesellschaft gab es also gar nicht — oder sollte es nicht mehr geben für die marktradikalen Reformer. Daher waren Narrative, wohin ihre Reformen die Gesellschaft bringen sollten, schlicht nicht vorhanden oder doch zumindest unterkomplex. Eines dieser Ziele war, dass man die Wettbewerbsfähigkeit erhalten wolle. Doch wozu genau, was es den Bürgern bringt, außer einer wachsenden Zahl von Arbeitsplätzen, die miserabel bezahlt sind — Stichwort: Niedriglohnsektor —, wurde nicht thematisiert.

Die Gesellschaften des Westens, die sich den angelsächsischen Wirtschaftsreformern der neoliberalen Schule angeschlossen haben, erleben allesamt dieselbe Entkernung ihrer Wirklichkeit. Der Individualismus hat Schritt für Schritt den Gemeinsinn sturmreif geschossen. Erst vereinzelte das Subjekt am Arbeitsmarkt, auf dem Unternehmen, Politik und Medien ein für den Angestellten und Arbeiter feindliches Umfeld schufen.

Dann schickten sich die Kinder dieser Vereinzelungsprägung an und etablierten die Identitätspolitik als gesellschaftlichen Ableger dieser Tour: Dort wird viel von Vielfalt gesprochen. Gemeint ist aber eine Einfalt, die sich auf die Einzelperson fokussiert und sie zum Nabel der Welt erklärt. Die Identität meint hier keine Stellung innerhalb einer Gruppe mehr, sondern das eigene Ich wird zur möglichen Ego-Identität erhoben — man denke nur an die ideologische Auflösung der Zweigeschlechtlichkeit. Die Wokeness ist das Produkt eines wirtschaftspolitischen Klimas, das schon vorher in vielen westlichen Ländern herrschte. Daher adaptieren Unternehmen diese Kultur auch gerne — sie bietet neben guter PR zudem die besten Chancen, die Belegschaft zu spalten.

Community als Gemeinschaft

Über Spaltung wird in den letzten beiden Jahren viel gesprochen. Landläufig gilt, dass es der politische und mediale Umgang mit Corona war, der das Land spaltete. Das stimmt bestenfalls zur Hälfte. Die pandemischen Jahre haben den Riss sicher vertieft. Aber schon vorher waren die Gesellschaften des Westens in sich zerrissen. Sie waren das Produkt einer Kultur, die Gemeinschaft auflöste, um das Subjekt zu isolieren und somit schachmatt zu setzen. Die neoliberale Agenda atomisierte den Gemeinsinn – und das war kein Kollateralschaden, sondern ein Hauptziel.

Heute sind die Gewerkschaften so schwach wie nie zuvor — Gemeinschaftsgefühl erlebt der westliche Mensch des frühen 21. Jahrhunderts nur, wenn er sich bei X oder anderen Netzwerken mit anderen zusammen auf einen Shitstorm gegen einen Dritten verabredet. Dabei sitzt er alleine in seinem Kämmerlein. Dass jeder in der virtuellen Blase etwas bewegen könne: Das ist das letzte Narrativ, an das sich viele Menschen offenbar noch klammern.

Sonst gibt es ja auch keines mehr. Kommen wir mal zurück auf die Wettbewerbsfähigkeit, die wir unbedingt erhalten sollten und die man uns in den Reformjahren als Erzählung auftischte. Sie hatte als sinnstiftende Erzählung ja gar keine Qualität. Für was will man denn wettbewerbsfähig bleiben? Fragt man große Unternehmen, dann werden sie antworten: um Profite zu machen. Aber auch das hat keine Qualität — denn Profite kann man erstmal nicht essen. Ebenso wenig wie Wettbewerbsfähigkeit. Eine Erzählung wäre es gewesen, wenn deren Folgen als Erklärung aufgeführt hätte: Dass man eine bessere Lebensqualität mit dem Vorhaben gefestigter Wettbewerbsfähigkeit ermöglichen wolle.

Etwa die Schiene stärken, den Nah- und Fernverkehr ausbauen oder Schulgebäude sanieren wolle. Würde man die notwendig zu erhaltende Wettbewerbsfähigkeit damit erklären, dass man die Bildung an sich reformieren wolle, damit der Nachwuchs in Zukunft bessere Chancen hat, ja vielleicht sogar noch besser leben könne, als die Vorgängergenerationen: Das wäre ein Gesellschaftsnarrativ gewesen, hätte Sinn gestiftet. Das war jedoch nie geplant, man schaue sich im Land nur einmal um, fahre Bahn — oder warte besser lange, noch länger auf sie —, betrachte mal ein Schulgebäude und dazu gleich noch die Schulbücher: Dann wird klar, warum es keine Erzählung gab. Es wurde schlicht nicht ins Auge gefasst. Sparen war das Narrativ. Damit begeistert man nicht nur keinen Menschen — man zerstört auch die Infrastruktur des Landes. Genau da stehen wir jetzt auch.

Vermeidung als Erzählung

Seit Jahren mangelt es unseren Gesellschaften, speziell auch der deutschen Gesellschaft, an sinnstiftenden Ideen. Dabei ist es nicht unwesentlich, dass auch Gesellschaften eine Identität benötigen. Wir reden in diesem Land viel von Identitäten. Aber gewisse Identitäten werden einfach ausgeblendet. Die Menschen aus vergangenen Zeitaltern arbeiteten täglich zur höheren Ehre Gottes — keine Frage, dass das oft verlogen war, sich eine Kaste dieses Narrativ zu eigen machte und damit die Menschen gängelte. Dennoch war die Idee eines Gottes sinnstiftend und prägte den Umgang untereinander, brachte eine eigene Kultur hervor. Hätte man den Menschen im Mittelalter Wettbewerbsfähigkeit als Erzählung an die Hand gegeben, so wären architektonische Meisterwerke wie das Straßburger Münster wesentlich spartanischer und bescheidener ausgefallen.

Es ist also kein Wunder, dass Neubauten heute immer den Charme von Multifunktionshallen ausstrahlen. Später kamen andere Ideen auf, nämlich die Vorstellung, dass Gesellschaft das Ziel verwirklichen müsse, alle Menschen innerhalb einer Gesellschaft zu hören, ihnen also sukzessive Bürgerrechte zu erteilen. Die beiden Nachkriegsdeutschländer bauten neu auf, wollten eine neuerliche Katastrophe verhindern und ihre Kinder und Enkel sollten es mal besser haben. Das europäische Haus war Teil dieses Narrativs der Nachkriegszeit. Friedenssicherung war ein Auftrag an alle. Welche Geschichten über uns erzählt man sich heute in diesem Land und wohin wir als Gesellschaft streben? Die letzte Idee, die offenbar noch zieht, ist die Vermeidung als Narrativ. Denn das ist es, was von oben gepredigt wird. Zu viele Schulden sollen vermieden werden. Der Rechtsruck. Der Klimawandel. Den Zugriff von Wladimir Putin müssen wir ebenso vermeiden wie die Desinformation. Ganz egal, welches Medium man liest, welchem Politiker man lauscht: Deutschland ist eine einzige Vermeidungsstrategie.

Ausschließlich destruktive Erzählungen, ja Ausweichmanöver, dominieren den Diskurs. Es gibt kein klares Ziel, das man anpeilt, kein konstruktives Element. Alles ist negativ behaftet. Wie soll man Aufbruch generieren in so einem Klima? Das kann nur Gesellschaftsverdruss und damit Abkehr vom Gemeinsinn erzeugen. Aber selbstverständlich ist das nicht ungewollt. Das Ideal eines Republikanismus‘, der die öffentliche Sache in den Mittelpunkt rückt, ist lange schon nicht mehr aktiv. Die postmoderne Dekonstruktion hat die Idee einer sich verbessernden Gesellschaft zum Wohl aller längst in ihre Einzelteile zerlegt und gewissermaßen zu Tode hinterfragt. Die Dekonstruktion hat eine Sinnlosigkeitsphilosophie entstehen lassen, ja eine Depression, die keine Erzählungen mehr begünstigt, weil die ja immer irgendwie konstruiert und erfunden seien. Das mag noch nicht mal falsch sein: Aber Menschen bilden sich dauernd was ein, um Dingen Sinn zu verleihen. Oft sogar wider aller Vernunft.

Die Zigarette, die Sie gleich rauchen werden, wenn Sie sich durch diesen Artikel gekämpft haben: Sie wissen, dass Sie ihnen schadet. Aber wie oft haben Sie das Rauchen schon zu etwas erklärt, was Ihnen guttut? Sehen Sie: Jeder tut das. Warum sollte nicht auch das Zusammenleben einen — vielleicht auch konstruierten — Sinn ergeben dürfen? Denn wie es aussieht, fahren Gesellschaften nicht besser, wenn sie die Frage nach dem Sinn einfach nicht mehr stellen.

Dieser Artikel erschien erstmals bei Manova.

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44 Kommentare

  1. Wenn das Narrativ wäre, dass man für seine Nachkommen tatsächlich die Gesellschaft besser machen täte…
    Aber wenn man sieht, dass es seit gut 30 Jahren immer schlimmer wird und SciFi-Dystopien drohen Wirklichkeit zu werden, ist es den meisten klar, das ist alles nur noch, entschuldigt meine Ausdrucksweise, Scheißdreck. Ich setz(t)e deswegen keine Kinder in die Welt.
    Kinder bedeuten gar für die Mittelschicht im Prinzip häufig sozialer Abstieg. Man kann nicht einmal dafür sicher sorgen, dass die eigenen Kinder zumindest eine gute Chance haben aus sich etwas zu machen. Die Möglichkeit aufzusteigen wird immer schwerer und schwerer.
    Btw: Ich weiß jetzt schon dass ich im Alter in Armut leben werde, wenn ich denn das Rentenalter erreichen werde, was mit meiner schweren Krebserkrankung, bei welcher zum Glück zur Zeit der “Pauseknopf” gedrückt ist, auch nicht wirklich sicher ist.

  2. Rauchen? Altertümliche Sitte. So wie ich das sehe, sind Gesellschaften nicht getrieben von einer “Erzählung”, sondern umgekehrt. Die Erzählung entsteht aus der Funktionsweise der Gesellschaft, weil sich die Gesellschaft im nachhinein zurechtlegt, warum geschieht, was geschieht,, oder was sie meinen, was geschehen sollte, ohne sich die Mühe machen zu müssen, das Geschehen wirklich im Detail qualitativ wie quantitativ zu verstehen. Sobald Verhältnisse und “Erzählung” auaseinanderdriften, verschwindet die Erzählung, und die Verhältnisse setzen ihre Entwicklung fort. Siehe das Aufkommen und Absterben von Religionen. Der Weltgeist hat noch nie was in Bewegung gesetzt, er ist reines Schattentheater.
    Was ich dem Klagen über das Fehlen einer “Erzählung” also entnehme ist, dass die Verhältnisse mitten in einer gewaltigen Bewegung begriffen sind, die mal wieder “hinter dem Rücken” der Akteure vorgeht und von den meisten von ihnen nicht mal ansatzweise verstanden wird. Aufklärung ist die Befreiung aus selbst verschuldeter Unmündigkeit – und wenn man sich bemüht, dann durchschaut man die jeweilige “Erzählung” à la mode als bestenfalls naives, schlimmstenfalls mörderisches Märchen. Die Wahrheit ist wohl, dass der dünne Firnis der Zivilisation jedesmal abblättert, wenn das ökonomische Basismodell nicht reibungslos flutscht – ganz speziell in Deutschland, deshalb graut es mir schon vor jeder neuen deutschen “Erzählung”.

    1. pk schreibt :
      “…. und wenn man sich bemüht, dann durchschaut man die jeweilige “Erzählung” à la mode als bestenfalls naives, schlimmstenfalls mörderisches Märchen. ”

      Gut, dass Sie die deutsche Übersetzung des Begriffs gebrauchen; beim Begriff Erzählung denkt man spontan an die literarische Gattung, also eine meist fiktionale Geschichte, denn dieses Merkmal der Fiktionalität ist ja auch bezeichnend für das, was wir in Deutschland seit dem Historikerstreit erleben : Ein Schönfärben der neueren deutschen Geschichte; man denke nur an die Aussage unserer Außenminsterin, die sie im Bezug auf ihren NAZI-Opa ausgesprochen hat :
      “Wow, wir stehen nicht nur auf den Schultern von Joschka Fischer, sondern auch auf denen unserer Großeltern, die es möglich machten, dass Länder, die Feinde waren, erneut nicht nur in Frieden, sondern auch in Freundschaft zusammen sind'” .
      (https://derstatus.at/politik/baerbock-bereits-opa-kaempfe-fuer-osterweiterung-2100.html)

      Wir können nur versuchen, dieser Art der “Geschichtsklitterung von höchster Stelle” entgegenzuwirken, indem wir solchen “Erzählungen” Fakten entgegenstellen, die in Büchern wie diesen :
      “Verbrechen der Wehrmacht”, “Soldaten, Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben” und
      “Eroberungen, Sexuelle Gewaltarten und intime Beziehungen deutscher Soldaten in der Sowjetunion, 1941-1945”
      zusammengetragen wurden.

  3. Vor Jahrzehnten gab es einen Freiheitsbegriff, der Freiheit als Geld und Freizeit definierte. Mit dem Geld konnte man kaufen, was man will, in der Freizeit tun, was man will, sofern man Geld dazu hatte. Dafür lernte man, spuckte dann in die Hände und steigerte das Bruttosozialprodukt, wie es damals noch hieß. Das war das gemeinsame Ziel. Alle tüchtigen Menschen waren auch anständige Menschen. Mit der Wohlstandsgesellschaft geht es bergab, es gibt Dauerstagnation oder Rezession, man kann nicht mehr planen. Jederzeit kann der Ruin in Form von Arbeitslosigkeit oder Scheidung drohen. Die Arbeitsmoral schwindet. Aber es gibt sehr wohl ein Gemeinschaftsgefühl im Westen, es hat nur eine andere Basis als frühen. Ein Mitläufer zu sein, Scheinmoral und Haltung zu wahren, die Klimaapokalypse zu fürchten, Krieg für democrazy and freedom zu befürworten, an Globalisierung statt an Volk zu glauben, altmodische Tugenden abzulehnen, und besonders die rechten “Nazis” und Putinfreunde und die Russen zu hassen, das sind die Einstellungen, die ein Gefühl der Zusammengehörigkeit erzeugen, wobei der Hass das stärkste Band liefert.

    1. Wenn es tatsächlich schon soweit ist wie Du sagst, dann sind wir schon auf der Rutsche steil nach unten….

      Ich lebe ja jetzt auf dem Land und habe eher den Eindruck, daß diese “Einigkeit” eher der Angst vor Denunzianten geschuldet ist. ( da haben Einige Erfahrungen aus Corona gemacht) Außerdem lebt es sich hier anders: Man hält so eine Art “Burgfrieden” mit dem bekannten Teil des Dorfes, denn: Jeder braucht jeden mal für einen Gefallen oder umsonst Äpfel und Nüsse oder sonstiges Gemüse, ein Anderer ist Metzger oder hat Eier oder Enten günstig, der Nächste ist begnadeter Heimwerker, usw……..Aber tatsächlich reden die Allerwenigsten über Politik – im Gegensatz zu früheren Zeiten…..Das Thema wird strikt vermieden . Für mich ein Alarmzeichen bezüglich des Zustandes des Landes !

      1. @ Luisa
        6. Dezember 2024 um 15:35 Uhr

        Sie haben das gut skizziert, allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass das auf dem Lande vor 150 Jahren, vor 100 Jahren oder vor 50 Jahren nicht großartig anders war.

      2. “Aber tatsächlich reden die Allerwenigsten über Politik – im Gegensatz zu früheren Zeiten…..Das Thema wird strikt vermieden . Für mich ein Alarmzeichen bezüglich des Zustandes des Landes !”

        Genau das. Ich hab noch andere Zeiten erlebt, und ich bin noch keine 60 oder gar älter.

  4. Sehr schön. Ich sage ja immer wieder, dass “uns” die Zielvorstellung abhanden gekommen ist. Es gibt nur noch Krisenmanagement, keine Gestaltung mehr.
    Die Frage, wie wir leben wollen und wozu wir den ganzen Klimbim, den wir so veranstalten, eigentlich veranstalten, ist irgendwie unter die Räder gekommen….

    1. Danke! Kurz und prägnant auf den Punkt.

      Es fühlt sich alles so…. leer an, finde ich. Die Dinge wurden ihrer Bedeutung beraubt. Ein anderer Begriff dafür wäre Depression. Gesellschaftliche Depression.

      1. Ja, Beliebigkeit durchdringt alle Bereiche immer mehr. Fängt bei der Sprache an, dass jeder seine private Definition von Begriffen hat, die teilweise weit neben der eigentlichen Bedeutung liegen. Und man kann nachher immer sagen, dass sei ja ganz anders gemeint gewesen.

        Alles ist beliebiger und weniger verbindlich irgendwie…

  5. Ja, wir leben hier im sog. Westen in einer radikal nihilistischen Zivilisation. Eine Kultur, die so vollständig ohne eine verbindende Erzählung, und gänzlich ohne moralischen Kern existiert, hat es in der Menschheitsgeschichte sicher nicht oft (oder noch nie?) gegeben.
    Ich will nicht behaupten, dass jede sinnstiftende Erzählung stets zum Guten führt – die Geschichte hat oft genug das Gegenteil bewiesen.
    Dennoch ist mir diese tiefe Leerstelle in der Mitte unserer Kultur zutiefst unheimlich. Dieser Abgrund ist eine perfekte Brutstätte für Monster aller Art.

  6. Na und ob der Wertewesten Werte hat. Börsenwerte. Der Profit ist das einzige, was angebetet wird als unfehlbarer Gott. Alles andere wird wegoptimiert und effizienzgesteigert, wenn es dem kurzfristigem Profit im Wege steht. Wrnn dann abet mal schlechtes Wettet ist und zum Beispiel der Hochwasserschutz weggespart wurde, dann ist der neue Teufel Klimawandel die Ausrede für alle Versäumnisse. Klimaeandel. Da kann man nichts machen. Außer natürlich, man will etwas neues verkaufen. Dann kann der Mensch natürlich etwas machen und mit mehr Konsum die Welt retten.

    1. @ Alfred Nonym
      Spontaner Gedanke: Klimawandel ist Klimahandel.
      (Ablasshandel des 21. Jahrhunderts). Bei Verweigerung/Verunglimpfung/Lästerung der Reinen Lehre droht schon zu Lebzeiten das Fegefeuer in Gestalt eines Scheiterhaufens.

  7. Was tun?

    Wenn die Krisenmacher sich auf eine Höllenfahrt begeben wollen, lässt man diese auf Nimmerwiedersehen ziehen. Liebe Leute ihr seid Erwachsene Menschen oder würdet ihr freiwillig zu einem durchgeknallten Killerclown ins Auto steigen?

    1. Die Räuber auch. Ach der ganze Sturm & Drang ist immer nich ziemlich revolutionär. Aber den liest außer ein paar verstaubten Germanistikprofessoren niemand mehr.

  8. Lieber Roberto,
    stets lesens- und empfehlenswert sind deine Artikel. Dafür sei dir Dank gesagt.
    Aus Überzeugung achtsam bleiben, ist in jedem Fall eine verläßliche Haltung, in my humble opinion.
    Daher:

    1 Überzeugungstäter

    Mag es sein, wie es ist;
    mag es kommen, wie es will;

    wir werden
    jedenfalls
    vorbereitet sein:

    bis an die Zähne
    vergnügt und mit
    reichlich Wasser
    für alle Mühlen.

    2. Achtsam

    Zu paraphrasieren,
    die Bedeutung eines Lebens
    sei sein Gebrauch
    in der Liebe,
    analysiert und atmet,
    lebt und nimmt
    jede Gelegenheit wahr
    zu lieben.

  9. Erzählungen hat der Westen doch genug, nur leider keine die zusammenhält. Alle entspringen der liberalen Ideologie, deren Kern die individuelle Freiheit ist – weil sich damit die Macht des Kapitals rechtfertigen lässt. Ich wüsste keine liberale Erzählung womit sich die Macht von Soros oder von Bezos einschränken ließe. Aber vielleicht kennt ja jemand hier im Forum eine derartige Erzählung.

  10. Nach aktuellen Umfragen stimmen ca. 69 Prozent für die GROKRIKO (Große-Kriegs-Koalition).
    Praktisch alle außer AFD und BSW…halt die Rechts- und Linksextremisten….die ganz Gefährlichen, vor denen man nicht oft genug warnen kann und die man unbedingt verhindern oder gar verbieten muss, weil die…..äh halt eben extremistisch sind oder so.

    Ist doch auch eine schöne Erzählung.

  11. Der Autor schreibt :

    “Seit Jahren mangelt es unseren Gesellschaften, speziell auch der deutschen Gesellschaft, an sinnstiftenden Ideen. Dabei ist es nicht unwesentlich, dass auch Gesellschaften eine Identität benötigen.”

    Ich behaupte, die deutsche Mehrheitsgesellschft braucht keine sinnstiftenden Ideen, denn sie hat eine gemeinsame, starke Leidenschaft, die einigender wirkt, als es eine gemeinsame humane Idee könnte, und zwar den HASS !

    Als den Masse-Deutschen nach dem WK2 der Judenhass verboten wurde, war das zunächst sicherlich ein harter Schlag für das Zusammengehörigkeitsgefühl der BIO-Deutschen Gesellschaft, aber “zum Glück” wurden der hass-süchtigen Masse flux Surrogate angeboten, Gruppen, die Michel/ine weiterhin hemmungslos und ungestraft hassen konnte : Die Kommunisten und insbesondere “die Russen” !, und diese Möglichkeit nutzten die Deutschen exzessiv, und tun dies bis heute.

    Zwar sind auch neue Hass-Objekte, die dem biodeutschen Kollektiv in den letzten Jahren zum legalen Hass angeboten wurden, dankbar angenommen worden – man denke nur an die Minderheit der Ungeimpften -, aber das bewährte Lieblings-Hass-Objekt der Deutschen waren und sind “die Russen”, und ich befürchte, dass die deutsche Mehrheitsbevölkerung auf ihr “Lieblingshassobjekt” nicht verzichte will, und vermutlich auch nicht kann, weil sie ein solches Hassobjekt braucht wie die Luft zu atmen.

    1. @ B.Hohl
      6. Dezember 2024 um 19:24 Uhr

      Sie mögen Ihre Landsleute nicht.
      Nehmen Sie es mir nicht übel, aber könnte es sein, dass Sie beim Thema “Hass” von sich selbst auf andere schließen … ?!

        1. @ Pablikman
          Bei meinem Einwurf ging es nicht darum, ob seine Aussage zutreffend ist oder nicht, darum ging es mir nicht – sondern es ging mir nur um ihn selbst.

  12. Offenbar ein lohnender Artikel, den ich nachher noch einmal genauer lesen will.

    Bisher nur so viel:
    Eine auf längere Sicht erfolgreich verbindende und Gemeinschaft stiftende Idee muss zwangsläufig ins Allgemeine, ja ins Metaphysische gehen. Ohne das geht es nicht.
    Nun rächt sich die “Ermordung Gottes” … !
    Ein gemeinsamer Konsum und Sozialstaat ist da ebenso wenig ausreichend wie ein sog. “Verfassungspatriotismus”.

    Ein sog. “Narrativ” reicht da für meine Begriffe nicht aus, weil jedes Narrativ ja letztlich doch nur eine recht willkürliche Reduktion der Wirklichkeit ist, oft sogar eine regelrechte Fälschung, wenn nicht gar Lüge. Und die meisten Menschen sind doch so vernünftig, dass ihnen das irgendwann – wenn auch verspätet – klar wird.

  13. Weitermachen, wettbewerbsfähig bleiben, Gürtel enger schnallen und Schlimmeres vermeiden. Aber mit solchen Erzählungen lässt sich doch niemand für das Gemeinwesen begeistern.

    Gegenfrage: Warum sollte man jemand überhaupt für dieses Gemeinwesen begeistern wollen?

    „Das Geld ist … das reale Gemeinwesen, insofern es die allgemeine Substanz des Bestehens für alle ist, und zugleich das gemeinschaftliche Produkt aller.“ „Die wechselseitige und allseitige Abhängigkeit der gegeneinander gleichgültigen Individuen bildet ihren gesellschaftlichen Zusammenhang. Dieser gesellschaftliche Zusammenhang ist ausgedrückt im Tauschwert, worin für jedes Individuum seine eigene Tätigkeit oder sein Produkt erst eine Tätigkeit und ein Produkt für es wird; es muss ein allgemeines Produkt produzieren – den Tauschwert oder, diesen für sich isoliert, individualisiert, Geld. Andrerseits die Macht, die jedes Individuum über die Tätigkeit der anderen oder über die gesellschaftlichen Reichtümer ausübt, besteht in ihm als dem Eigner von Tauschwerten, von Geld. Es trägt seine gesellschaftliche Macht, wie seinen Zusammenhang mit der Gesellschaft, in der Tasche mit sich.“ (Marx)

    Wenn diese Gesellschaft also eine Gesellschaft von Geldbesitzern ist und diese so ihren gesellschaftlichen Zusammenhang auf ihrem Bankkonto horten und in ihrem Portemonnaie mit sich herumtragen, dann kann eine Erzählung ihrer Gemeinsamkeit nur Ideologie sein, also eine verkehrte Rechtfertigung von Verhältnissen, in denen das Ausmaß der Verfügung über Geld über die Klassenzugehörigkeit entscheidet. Wer viel Geld besitzt, benutzt es als Kapital um es zu mehren. Wer wenig Geld besitzt muss seine Arbeitskraft verkaufen um das Kapital der Geldbesitzer zu vermehren. Es handelt sich also, um einen gesellschaftlichen Gegensatz. Der Reichtum der Geldbesitzer beruht auf der Armut der Geldlosen. Warum sollte man jemanden für so ein gegensätzliches Gemeinwesen begeistern wollen. Soll man, wie RDL fordert, tatsächlich Lügenmärchen erfinden, die einen Zusammenhalt vorgaukeln, den es nicht gibt? bzw. ganz anders gibt als man glaubt? Ich halte das für einen Fehler.

    Über Spaltung wird in den letzten beiden Jahren viel gesprochen. Landläufig gilt, dass es der politische und mediale Umgang mit Corona war, der das Land spaltete.

    Eigentlich ist es der Kapitalismus der das Land in zwei gegensätzliche Klassen spaltet.

    Für was will man denn wettbewerbsfähig bleiben? Fragt man große Unternehmen, dann werden sie antworten: um Profite zu machen. Aber auch das hat keine Qualität — denn Profite kann man erstmal nicht essen. Ebenso wenig wie Wettbewerbsfähigkeit. Eine Erzählung wäre es gewesen, wenn deren Folgen als Erklärung aufgeführt hätte: Dass man eine bessere Lebensqualität mit dem Vorhaben gefestigter Wettbewerbsfähigkeit ermöglichen wolle.

    Man muss sich auch nicht künstlich blöd stellen.
    Es ist doch offenkundig, dass mit Wettbewerbsfähigkeit Unternehmen gemeint sind. Und selbstverständlich haben die etwas davon. – Profite. Und zum essen sind die auch nicht gedacht, sondern zur Kapitalvermehrung – dem Zweck dieser Ökonomie. Also ist doch schon von vornherein klar, dass Wettbewerbsfähigkeit gar nicht auf die lohnabhängige Klasse gemünzt ist und die auch nichts davon hat. Die andere Klasse ist der Nutznießer und diese hat durchaus etwas davon. Heute morgen kam im Deutschlandfunk, dass die Anzahl der Milliardäre weltweit um das doppelte angestiegen ist. Und dass deren “Lebensqualität” gestiegen ist, braucht man ja nicht zu bezweifeln.

    Also statt Pipi in die Augen zu kriegen, weil es angeblich an Narrativen fehlt, sollte man sich vielleicht mal anschauen, wem die Narrative nutzen, die es gibt und nicht gleich schließen, dass es keine gibt weil der Normalo in die Röhre schaut. Vielleicht gibt es für die lohnabhängigen Normalos deshalb immer weniger ideologische Narrative, weil man mit zunehmender Macht über sie, auf sie scheißen kann. sinngemäß: Wir haben es gar nicht mehr nötig euch überhaupt noch Lügen zu erzählen – Ihr habt doch eh keine Wahl als nach unserer Pfeife zu tanzen.

    Die letzte Idee, die offenbar noch zieht, ist die Vermeidung als Narrativ. Denn das ist es, was von oben gepredigt wird. Zu viele Schulden sollen vermieden werden. Der Rechtsruck. Der Klimawandel.

    Das kann man ja alles auch positiv ausdrücken. z.B. die Energiewende. Der ökologische Umbau der Wirtschaft, die Rettung des Planeten, der Demokratie usw. Ist doch alles super positiv. Der RDL ist bloß ein alter Miesepeter.

    Die postmoderne Dekonstruktion hat die Idee einer sich verbessernden Gesellschaft zum Wohl aller längst in ihre Einzelteile zerlegt und gewissermaßen zu Tode hinterfragt.

    Na jetzt ist es plötzlich eine “Idee” und kein ideologisches Narrativ mehr. Die Idee war aber schon immer eine Lüge. Soll man tatsächlich trauern, dass es keine neue Lüge/ kein neues Versprechen gibt, das die Leute hinters Licht führt. Wenn es nur so wäre. Es werden doch nonstop neue Narrative verbreitet.

    Die Dekonstruktion hat eine Sinnlosigkeitsphilosophie entstehen lassen, ja eine Depression, die keine Erzählungen mehr begünstigt, weil die ja immer irgendwie konstruiert und erfunden seien. Das mag noch nicht mal falsch sein: Aber Menschen bilden sich dauernd was ein, um Dingen Sinn zu verleihen. Oft sogar wider aller Vernunft.

    Aber was ist die Konsequenz? Soll man sie tatsächlich in ihrem unvernünftigen Tun bestärken? Oder wäre es vernünftiger ihre Unvernunft zu kritisieren.

    Aber wie oft haben Sie das Rauchen schon zu etwas erklärt, was Ihnen guttut? Sehen Sie: Jeder tut das. Warum sollte nicht auch das Zusammenleben einen — vielleicht auch konstruierten — Sinn ergeben dürfen?

    Erstens glaube ich nicht, dass viele das Rauchen zu etwas erklären, das ihnen gesundheitlich guttut. Raucher wissen, dass das Rauchen ihnen schadet. Sie tun es aber trotzdem.
    Zweitens. Bloß weil es jeder tut ist es nicht richtig. Bloß weil “jeder” Putin für die Inkarnation des Bösen hält, stimmt es nicht. Einen Sinn sollte man also für das Zusammenleben nicht konstruieren, weil das eine Lüge wäre. Und einen Zweck hat diese Gesellschaft. Kapitalvermehrung der Kapitalbesitzer. Ein Sinn soll also diesen Zweck vernebeln. Natürlich kann ich RDL’s Plädoyer für die ideologische Lüge nicht unterstützen.

    Denn wie es aussieht, fahren Gesellschaften nicht besser, wenn sie die Frage nach dem Sinn einfach nicht mehr stellen.

    Schlechter fahren sie aber auch nicht. Sie würde übrigens besser fahren, wenn sie statt nach dem Sinn nach dem Zweck des gesellschaftlichen Zusammenlebens fragen würden. Da gäbe es nämlich einige Wahrheiten rauszufinden. Und die Konsequenz wäre auch eine ganz andere. Die bestünde nämlich darin das gesellschaftliche Zusammenleben einem anderen Zweck entsprechend zu organisieren.

    1. @ Krim
      6. Dezember 2024 um 21:37 Uhr

      Sie haben sich Mühe gegeben und viel geschrieben, behandeln aber ein ganz anderes Thema.

      Mir scheint, dass Sie die eigentliche Problemstellung von De Lapuente entweder nicht als berechtigt akzeptieren wollen oder aber deren Relevanz schlichtweg nicht verstehen.

      Das wundert mich aber andererseits auch nicht, denn wer im Materialismus verhaftet ist, der kann ja nichts darüber hinausgehendes denken – geschweige denn akzeptieren.

      Nebenbei:
      Der Umstand, dass den Staaten des realexistierenden Sozialismus damals eben dieses übermaterielle Bindemittel ebenfalls fehlte – spätestens, als sich die marxistische Fortschrittstheologie in Rauch aufgelöst hatte – war ja eben kein Zufall …

      1. Ich verstehe die Relevanz von RDLs Frage genau, halte sie aber für falsch. Über Berechtigung rede ich nicht.

        Nebenbei: Dieses ideologische Bindemittel, wie sie es nennen, war tatsächlich kein Zufall, sondern die Konsequenz ihrer Kapitalismuskritik und das war zur Abwechslung mal kein Fehler. Dass ein materielles Bindemittel dann an seine Stelle treten sollte schon und das zeugt davon, dass man auf ideologische Rechtfertigungen nicht verzichten wollte, und das zeugt wiederum davon, dass die Wahrheit nicht zur Rechtfertigung getaugt hat.

      2. Ja, aber nur weil der Kapitalismus keine anderen Systeme neben sich schuldet und alle eben den Versprechungen des Kapitalismus hinterherlaufen.

  14. Im Grunde verdient jeder, der geistigen Kot wie “Narrativ” in den Mund oder auf die Tastatur nimmt, 100 Hiebe auf den nackten Arsch. Die kritiklose Übernahme dieses Auswurfs von Schwätzern und Ideologen im Sold der CIA ist in der Tat ein Zeichen des Niedergangs der westlichen Gesellschaften.

    NARRATIV SAGT MAN NICHT! Das schädigt das Gehirn.

    1. @aquadraht
      6. Dezember 2024 um 22:43 Uhr

      Sog. “Narrative” als “geistiger Kot”.

      Ich hab´s oben nicht gar so krass formuliert, aber Sie haben recht.

    2. Also sind sie “im Grunde” ein Faschist oder Stalinist, wenn Ihnen das lieber ist. Denn wie anders soll man das nennen, wenn sie Argumente durch Gewalt ersetzen wollen.

      So sehr ich auch ihre Abscheu gegen das Wort teile. “Narrativ sagt man nicht!” ist ein moralisches Verbot, das wem genau imponieren soll und wen genau davon abhalten soll es zu benutzen? Alle die es benutzen? – Weil sonst der Knecht Ruprecht kommt und das Christkind keine Geschenke bringt? Moral schädigt das Hirn, wegen der argumentbefreiten Vorschriften. “Offenbar sagt man “Narrativ” doch. Oder ist “Ideologie” besser?

      “He who must not be named” oder “it” – ändert es etwas, wenn der Name nicht genannt werden darf, aber die Sache weiterbesteht? Das ist doch magisches Denken, oder Fetischismus wenn man glaubt, dass ein Sprachverbot die Wirklichkeit zu ändern in der Lage ist. Sieht man ja am Gendern, wie gut das funktioniert.

  15. Ich denke auch, dass der Verlust der Aussicht, dass es die Kinder einmal besser haben werden, bzw. die Überzeugung, dass es ihnen schlechter gehen wird, der wesentliche Baustein dafür ist, dass die Mehrheitsbevölkerung sich von ihren Eliten nichts mehr verspricht.

    Eine Gesellschaft, die dieses Ziel nicht mehr in Aussicht stellen kann, wird für ihre Mitglieder wertlos, und das hat eine erhebliche Wirkung auf den Zusammenhalt. Dass Kinder Großziehen gemeinschaftlich besser funktioniert und Gesellschaft einen zentralen Zweck gibt, sollte einsichtig sein.

    Corona war ein Gift ganz eigener Art. Es wirkte im Kontext des Niedergangs auf eigene Weise spaltend. Da bin ich ganz beim Autor.

    Vielleicht hat Corona auch mithilfe von Angstpropaganda das Volk wieder ein bisschen hinter der Regierung versammelt – jedenfalls hat die Regierung mit ihrer Propaganda darauf hin gearbeitet. Den Glauben an den Wert von Gemeinschaft hat es aber nicht zurückgebracht, eher im Gegenteil. Und es war auch ein Verrat an den Kindern.

    Die positive Erzählung ist aber natürlich auch nur möglich, wenn entsprechende Werte gelebt werden, also Zusammenarbeit, Respekt, Rücksichtnahme, im Inneren wie zwischenstaatlich. Das hatten wir mal und ist jederzeit wieder möglich.

    Der aktuell erlebbare Blues ist also vielleicht nur ein Blues der lange dominierenden Elitenfraktion, der sich über das ganze Land legt. Der Neoliberalismus hat keine konstruktive Erzählung mehr, er kann weder plausible Zukunftsversprechen geben, noch basale Werte vorleben.

  16. Und nochmal: *Keine Herren, keine Sklaven*! (Anarchistisches Grundprinzip)
    So lange wir einem System frönen, indem alles dem kapitalistischen Verwertungsprozess unterworfen ist, wird sich nie etwas ändern!
    Erst wenn die Supereichen aus ihren Villen vertrieben und enteignet, die großen Firmen vergesellschaftet, die Nationalstaaten beseitigt und vor allem die Religionen vernichtet sind, kann es überhaupt besser werden.
    Das sage und schreibe ich seit 1974!
    Kapitalismus, Nationalstaaten und Religionen sind immer exkludierend und in keiner Weise sinnstiftend, denn, wir befinden uns bereits vollends in der gesellschaftlichen Autodestruktion.
    Ursache sein, nicht Wirkung…
    Den Spruch habe ich mir von einer Sekte 1984 abgekuckt… 😉

    1. “Das sage und schreibe ich seit 1974!” Respekt, da biss ich noch in Stofftiere.
      Im Prinzip haben Sie recht. Kapitalismus ist klar, der Glaube an dessen funktionieren, das ewige Waxtum , da reicht keine natürliche Dummheit, da muss diese schon vorsätzlich sein. Bei Nation und Religion frage ich mich aber manchmal ob diese an sich schlecht sind oder nur dadurch, dass sie so wunderbar zu missbrauchen sind.
      Da ja Menschen die Gabe haben alles zu beschmutzen, zu verhunzen, zu missbrauchen.

  17. Welche sinnstiftende Erzählung den Westen zusammenhält?
    Ist doch klar :Putin muss weg, Wir gut – Russland, Nordkorea, China böse.
    Islamisten je nach dem, aktuell in Syrien wieder gut, da Hilfstruppe bei dem Angriff auf russische Stützpunkte am Mittelmeer. Die Eskalation an der Nahostfront gegen die Russen nimmt rasant Fahrt auf.
    Und alle zusammen vereint der neoliberale Traum, die Gier nach möglichst viel Reichtum auf Kosten anderer, nach immer mehr materiellen Besitz und der eiserne Wille zur Dummheit. Das ist so stark, da braucht es keinen weiteren Sinn dahinter.
    Sinnlosigkeit als Sinn an sich. Oder wie Lem es in seiner Philosophie des Zufalls so treffend schrieb: Wertvernichtung als Wert an sich. Alles was den Westen an Kultur groß gemacht hat existiert nur mehr an den Rand gedrängt, in Subkulturen. Es gibt, wie ein Kommentator an anderer Stelle richtig schrieb, nur technischen Fortschritt. Aller ethische, philosophische kulturelle Fortschritt war und ist ein Außenseiterprojekt ohne Chance die Mehrheit oder gar die Mächtigen jemals zu erreichen. Es schien im 18./18. Jh. mal so als könne das kippen, aber geschafft, die Dummheit und die Gier haben die Oberhand behalten.

  18. Hinter den Wörtern Sinn und Zweck verstecken sich idealistische und materialistische und Sichtweisen. Materialisten sind nicht allein Marx-Engels-Lenin-Stalin-Trotzki … -Leser und Kenner.
    Zweck ist der Name für den Inhalt der Forderungen von Individuen, die sie mit Bezug auf ihre eigene Lebensführung für nützlich halten. Von “Sinn” – meistens verbunden mit dem Wort “Ziel” – sprechen gerne Menschen, die ihre eigenen, persönlichen Zwecke verschleiern wollen. Nach meiner persönlichen Erfahrung vor allem auch Leute, die meinen, Sinngebung sei leichter, weil man dafür praktisch nichts leisten bzw. tun muss und angesichts der die Wirklichkeit übersteigenden Sinngebung keine Misserfolge registrieren muss, sondern ständig auf Annäherungen stolz sein kann. Forscher und/oder Konstrukteure hingegen müssen mit allzeitiger Anfechtung ihrer Ergebnisse rechnen.
    Was nicht ausschließt, dass gesellschaftlich-politisch denkende Menschen immer wieder versuchen, den Zweck ihres Tuns hinter der `Sinnfrage´ zu verstecken. Die hat so einen hübschen göttlichen Hauch der propagandistisch nutzbar ist.
    Es gibt Menschen, die die Frage nach dem Sinn ihres Lebens mit dem Satz beantworten “Ich repariere Autos” oder “Ich backe Brot.” Das sind mir die liebsten. In meinem früheren Brotberuf beantwortete ich die Frage gerne mit “Ich ärgere Kinder.”

  19. “Sinn” , wenn es um Ideologie geht, wie bei RDL oben ist, ist immer der “höhere Sinn”, der vom tatsächlichen Zweck, dem Wofür einer Sache ganz getrennt ist.

    Die Klage eines fehlenden Sinns einer Gemeinschaft ist, also die Forderung der Aufrechterhaltung der Trennung von Sinn und Zweck. Es ist also die Forderung nach Ideologie. Die Forderung dem bösen Spiel einen schönen Schein zu verpassen. Es ist die Forderung nach Selbstverarschung, da man ums Verrecken, siehe RDL, nicht von seinem guten Glauben an die Gesellschaft lassen will. Das Bedürfnis nach Sinn kommt nur auf, weil man feststellt, dass die realen Verhältnisse völlig hoffnungslos auf den Hund gekommen sind, unrettbar zerrüttet und verloren, und weil man gleichzeitig an eine gute Version dieser Verhältnisse glauben will. Der Wille zur Affirmation dieser Verhältnisse gebiert das Bedürfnis nach einem “Sinn”.

    1. Deshalb habe ich versucht die Frage vom Kopf auf die Füße zu stellen. Selbst real ausbrechende Revolutionen auf der Grundlage materieller Unzufriedenheit führen nicht automatisch zu einer materiell egalitär wirksamen Gesellschaft. Solches anzunehmen halte ich für eine ideologische Hoffnung.

  20. Gemeinschaft? Welche Gemeinschaft? Seit Jahrzehnten werden wir gegeneinander aufgebracht. Rentner gegen arbeitende Klasse. Arbeitslose/Arbeitsuchende gegen Arbeitende. Heterosexuelle gegen Homosexuelle. Männer gegen Frauen. Deutsche gegen Ausländer. Pazifisten gegen „Kriegstüchtige“. Putinversteher gegen Russenhasser. So landen viele bei Kleinstgemeinschaften, der eigenen Familie. Von Freundeskreis will ich gar nicht reden, da ist es oft kritisch seine Meinung ohne Anfeindungen zu äußern. Diese Spaltung in der Gesellschaft ist gewollt und durch die „Elite“ beabsichtigt. Es verhindert eben starke gesellschaftliche Gemeinschafen. Die Oligarchie ist am Ziel. Wer an demokratische Mitbestimmung glaubt, ist noch nicht aufgewacht. Nur sagt mir bitte die Alternative?

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