Ich will nun nichts weiter verraten. Seien Sie tapfer. Lesen Sie trotz alledem!
Ich gehe mit der Zeit und ihren Moden, und so stelle ich nun einen Warnhinweis vor diesen Text.
Also, lieber Leser und liebe Leserin*: „Der nun folgende Text, als Bestandteil meiner Erfahrungen des vergangenen Jahres, enthält Passagen mit diskriminierender Sprache und Haltung, vor allem am Ende, die zu fröhlich stimmen könnten“.
Im April ließ ich Sie hier in einem Essay wissen, dass ich vor einem Jahr mit einem Schlag aus meinem bisherigen vertrauten Leben katapultiert worden bin durch diese Diagnose: Krebs. Terror des Zufalls. Damals, von einer Sekunde auf die anderen, so empfand ich es schrecklich schmerzlich, ging eine Schranke runter zwischen mir und der anderen Welt.
Und nun, vor ein paar Tagen, ging diese Schranke wieder hoch.
Der Tag meiner Wiedergeburt
Ich will Sie teilhaben lassen an diesem Glück – auch weil ich weiß, dass allein hier in Hamburg 15.000 Mitbürger jährlich eine Krebsdiagnose bekommen, dass 150.000 Hamburger an dieser gemeinen Krankheit leiden.
Für mich ist nun – plötzlich – ein Jahr vorbei, in dem mein Leben, mein Alltag, einfach alles einem strengen Regime unterworfen war: einer Abfolge von Untersuchungen, von Besprechungen, Bestrahlungen, Chemotherapien, Operationen. Immer in der ungewissen Hoffnung, dass es gut ausgehen möchte – mit mir und diesem Mistviech in meinem Körper.
In meinem Buch „Rauhnächte“ versuche ich dieses Erleben einzufangen. Es sind Tagebucheintragungen, und dort findet sich am 2. Oktober 2022 dieser Satz: „Alle sagen zu mir: Du schaffst es. Tief in meinem Inneren das Gefühl: Es geht nicht gut aus.“
Doch so wie es nun aussieht, ich wage es kaum hinzuschreiben, geht es gut aus.
Donnerstag, der 17. August, ich sag das nun etwas pathetisch: Es ist der Tag meiner Wiedergeburt. Die Last, der Stress, die Ängste von einem Jahr – sie fielen an diesem Tag ab.
Ein paar Tage zuvor hatte ich nochmals eine kleine Operation gehabt, bei der die Ärzte eine Biopsie machten, also checkten, ob doch noch bösartige Krebszellen in mir seien? Wie würde das Ergebnis der entnommenen Gewebeproben sein?
Danke!
Tage später, es waren Tage voller Anspannung und Aufregung, eben an diesem 17. August, kam endlich der Anruf aus dem Krankenhaus: „Ich habe gute Nachrichten für Sie, Herr Luik, sehr gute sogar“, sagte der Arzt, „wir haben nichts gefunden!“ Es war das allerbeste Telefonat meines Lebens. Eine unendliche Last fiel ab. Ich freute mich und war doch erschlagen.
Am Tag danach bin ich nochmals ins Krankenhaus, um den „Port“, durch den bei den Chemos die Giftheilstoffe in meinen Körper tröpfelten, aus meinem Körper entfernen zu lassen. Ich will keine Erinnerung an das Ding, keine Erinnerung an die Qualen, die Ängste des vergangenen Jahres.
Nach der kleinen OP bin ich im Krankenhaus am „Raum der Stille“ vorbeigegangen. Hab dann umgedreht und mich für einige Zeit reingesetzt, versucht, mich zu sammeln, innere Ruhe zu finden, auch einige Tränen verdrückt.
Dieser Raum war für mich sehr wertvoll. Ein Buch lag aus, wo man seine Gedanken notieren konnte. Ich habe einfach nur „Danke“ hineingeschrieben.
Ich weiß natürlich, dass der Krebs, dieses Mistviech, in meinen Körper zurückkommen kann. Ich weiß natürlich, dass meine Zukunft unter einem Damoklesschwert steht.
Dinge, mit denen ich leben kann
Ich weiß, vor allem das, dass ich viel Glück gehabt habe – ein Glück, das ich all jenen so sehr wünsche, die an Krebs erkrankt sind, die leiden, vielleicht drauf und dran sind, die Hoffnung zu verlieren.
Und ja: Die Chemos, also diese massiven Giftheilangriffe auf meinen Körper, haben ihre Spuren in mir hinterlassen. Ich hoffe natürlich, dass sie irgendwann wieder verschwinden. Ich habe ein Kribbeln in den Fingerspitzen, kein Feingefühl mehr. Wenn ich ein Buch mit dünnen Seiten lese, habe ich Schwierigkeiten beim Umblättern. Wenn ich am Laptop arbeite, treffe ich manchmal die Buchstaben nicht. Auch in den Fußsohlen habe ich ein Kribbeln, es fühlt sich an, als würde ich auf Wasserblasen laufen. Ist manchmal lustig.
Das sind alles Dinge, mit denen ich leben kann, sehr gerne sogar lebe.
Es ist einfach so, und nun hebe ich den unsinnigen Warnhinweis vom Anfang natürlich auf: Sie haben gerade den Text eines Menschen gelesen, der sein Glück kaum fassen kann.
Lieber Arno Luik, ich freue mich unendlich mit Ihnen über Ihre Genesung und wünsche Ihnen für die Zukunft dass Sie weiterhin gesund bleiben um noch viel von Ihnen zu lesen und zu hören.
Das Gleiche wünsche ich natürlich auch ALLEN die ebenfalls erkrankt sind.
Herzlichste Grüße Otto0815
Herzlichen Glückwunsch und alles Gute, Arno Luik! Ein schöner, menschlicher Text. Wir alle brauchen einander, jeder sei dem anderen Stütze und Halt. Wir brauchen Kooperation und Kommunikation, wie die Luft zum Atmen. Das sollten sich die Machthabenden wieder in Erinnerung rufen, bevor sie andere “ruinieren” wollen. Möge auch diese Krankheit geheilt werden…
Lieber Herr Luik, ich freue mich für sie über die positive Entwicklung bei Ihnen und hoffe, dass es in dieser Richtung weitergeht. Wir alle (Betroffenen) wissen, wie sehr die Psyche bei dieser teuflischen Krankheit mit steht und fällt. Das geht so weit, dass bei einer guten Botschaft die Schmerzen fast auf Anhieb verschwinden.
Leider gibt es auch schlechte Botschaften. In meinem Falle wurde nach mehrjährigem Krebsleiden vor zwei Wochen ein PET-CT durchgeführt, an das sich nach Möglichkeit eine fortschrittliche Therapie anschließen sollte. Leider ergab diese Untersuchung, dass nicht nur das Knochengerüst, sondern auch meine Leber von Metastasen durchsetzt ist und ich mir keine Hoffnungen mehr zu machen brauche. Dass man nach so einer Botschaft in ein unendlich tiefes Loch fällt – muss ich das erklären?
So gehen die Wege auseinander. Dass in meinem Falle eine unglaubliche Schlamperei und Verschleppung durch Ärzte mich in diese Situation gebracht haben, ist letztlich auch kein Argument mehr.
Ihnen nochmals alles Gute!
“und ich mir keine Hoffnungen mehr zu machen brauche”
Puh. Das tut mir leid!
DANKE ♥️ für Ihr Mitgefühl.
Ich bin leider furchtbar schlecht im “Trost spenden”, weil ich das Leben ziemlich negativ sehe. Wenn ich zum Beispiel beobachte, wie sehr Menschen, die niemandem ernsthaft etwas getan haben, leiden müssen, dann fällt mir immer dieser Satz von Richard Dawkins ein:
“Das Universum, das wir beobachten, hat genau die Eigenschaften, mit denen man rechnet, wenn dahinter kein Plan, keine Absicht, kein Gut oder Böse steht, nichts außer blinder, erbarmungsloser Gleichgültigkeit.”
Man hat eigentlich schon Glück, wenn man vom Leben nicht zu sehr gequält wird, bevor endlich Ruhe ist …
… in Gedanken so sehr auch bei Ihnen!
Vielen lieben Dank💛!
Lieber Arno Luik, ich freue mich mit Ihnen und allen, die dieser Krankheit ein Schnippchen schlagen 🙂 und fühle mit denen, die es nicht schaffen. Das Leben, nicht nur unser menschliches, ist unendlich wertvoll und wir alle sollten es jeden Tag feiern und wertschätzen.
Ich freue mich ebenfalls!
“und fühle mit denen, die es nicht schaffen.”
Siehe z.B. https://scienceblogs.de/nucular/2018/06/05/bloggender-strahlenphysiker-hat-jetzt-leukaemie/
(Anmerkung: Die Fotos des Blogs werden bereits nicht mehr geladen)
Die Freude möchte ich nicht
Trüben. Meine Erfahrung
Sie haben erneut eine bestimmte Zeit geschenkt bekommen, nutzen Sie es
In allen Zügen. Der Krebs
Ist selten besuegbar.
Wünsche ihnen und anderen eine schöne Zeit.
Lieber Herr Luik, ich freue mich sehr für Sie. Ihr Buch hat mich sehr berührt, um so schöner das wenigstens ihr persönliches Schicksal in eine gute Richtung abgebogen ist, wenn gleich das Schicksal unseres Landes weiterhin auf einem Geisterschiff durch hohe Wellen fährt. Alles Gute weiterhin für Sie und viele schöne Momente !
Danke, Herr Luik, für diese Zeilen!
Ich hatte mich hier nicht kraftspendend für Sie geäußert, nachdem ich von Ihrem Tiefschlag las, doch ich wünschte Ihnen fest und in aller Stille alles Gute (… vielleicht war das so eine Art Beten).
Ich lese Ihre Zeilen, während ich mit meinem 13-jährigen in der Greifswalder Tagesklinik sitze (Lymphom), und mir wird ein wenig feucht in den Augenwinkeln. Bei uns ist mittlerweile alles auf gutem Wege, wie’s scheint. Im Oktober letzten Jahres brach es mit Macht in unser Leben. Die bösen Geister scheinen sich aber zusehends zu verziehen.
Nochmals von Herzen alles Gute für Sie!
(Ich weiß nicht, ob ich in nächster Zeit den Mut finde, mir Ihr Werk zu Gemüte zu führen … mich nochmals erschüttern zu lassen)
Ich drücke Ihnen und Ihrem Sohn die Daumen. Möge noch ein schönes langes Leben auf ihn warten.
Das ist tatsächlich eine tolles ‘Achtung’, viel Gesundheit und ein friedvolles leben Herr Luik.
MfG PRO1
Kribbeln in den Fingerspitzen-daran ist dieses beschissene deutsche Gesundheitssystem schuld.😱🥁
Viel Glück Herr Luik.
Neues Leben, neues Glück –
Gib alles, Arno !
Schon die alten Griechen wussten, das Leben ist eines der schwersten und endet oft mit dem Tod. Jüngst fanden chinesische Wissenschaftler heraus, dass der Mensch länger tot sein als er je gelebt haben wird.
Ich halte mich an die Erkenntnis meines Vaters, dass der, der 100 Jahre Pfeife raucht, sehr alt wird.
Ich möchte auf diesem Wege allen direkt und indirekt Betroffenen dieser furchtbaren Krankheit alles Gute, und viel Kraft bei den ganzen Proben, körperlich wie seelisch, wünschen. Ich denke, sehr viele Menschen haben damit schon Erfahrung machen müssen, es kommt mir sogar so vor, als werden das mehr, als es noch vor 10 Jahren waren…
Ich freue mich so sehr für Sie und mit Ihnen, lieber Herr Luik. Weiter alles Gute.
Dann weiter alles gute ! Ihnen und denen die sich hier mit ähnlichen Sorgen meldeten.
Wenn es sowas wie Telepathie gibt, vielleicht kann man den “Staatsmännern/frauen” die gerade wieder tagen ja mal wenigstens für eine Sekunde einen Funken einer Ahnung übertagen, was wirklich wichtig ist im Leben.
Herzlichen Glückwunsch und beste Wünsche.
Also irgendwie vermutete ich da einen Hintersinn mit diesen Warnhinweisen. Um was geht es? Glück, Erleichterung, Zuversicht. Arno sagt Danke!, auch weil es in diesem Staat noch durchaus ansehnliche Sozialsysteme gibt, die es zu verteidigen gilt. Und er lobt die Wissenschaft. Das nun mit einem Warnhinweis zu versehen, wäre eine äußerst treffende Persiflage des Zeitgeistes gewesen.
Dann aber hat Arno doch noch abgebogen. Es ist ihm in dieser Situation nicht nach Sarkasmus.