Ende einer Dienstfahrt

Steven Colbert
Montclair Film, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Steven Colbert verliert seine Night-Late-Sendung. Wegen seiner Trumpfeindlichkeit? Deutsche Medien glauben das. Aber die Wahrheit ist wohl weitaus langweiliger. So langweilig wie Colbert.

CBS will Steven Colbert entlassen. Oder genaugenommen, seine Show einstellen, die The Late Show with Stephen Colbert. Ab Mai 2026 ist CBS nicht nur ohne Colbert. Das vormitternächtliche Comedyprogramm, das seit mehr als drei Jahrzehnten läuft, soll es überhaupt nicht mehr geben. Keinen Nachfolger, nichts.

Seit 2015 moderiert Colbert die Show, die an der Ostküste um 23:35 Uhr anfängt (22:35 Uhr im Mittleren Westen). Seine Karriere, jedenfalls den Teil, der zählt, begann er als Sidekick von Jon Stewart in der Daily Show, auf Comedy Central. Danach kalauerte er im Colbert Report. Das war eine Parodie auf den rechten Fernsehmann Bill O’Reilly und deutlich peppiger als Colbert auf CBS.

Medien mit ukrainischen Wurzeln

Colbert löste die Legende David Letterman ab, der seinerseits 1993 die Bühne von der Ed Sullivan Show übernahm; von dem Mann, der die Beatles in Amerika berühmt machte. Das Theater wurde am Broadway von Arthur Hammerstein erbaut, für seinen Vater Oscar Hammerstein I; Arthurs Sohn war Oscar Hammerstein II, der viele berühmte Musicals schrieb, darunter The Sound of Music.

Ähnlich wie in The Sound of Music flüchtet auch nun wieder das singende und schauspielernde Volk vor den Faschisten, glauben viele in Amerika. CBS, der Sender, der so berühmte Journalisten wie Walter Cronkite, Edward R. Murrow, Dan Rather und Murphy Brown hervorbrachte, sei von Donald J. Trump eingeknickt.

Die offizielle Begründung ist, CBS müsse sparen. Aber das glaubt keiner. Nichts ist billiger als Late-Night-Comedy. Die prominenten Gäste kommen umsonst, weil sie irgendwas bewerben wollen, das Theater steht sowieso herum.

CBS, 1927 von William Paley gegründet, ein ukrainisch-jüdischer Immigrant, ist heute Teil des Medienkonzerns Paramount Global, zu dem auch Paramount Pictures gehört, die Produzenten von Star Trek und anderen Erfolgsprodukten wie Titanic und die Big Bang Theory; auch Comedy Central gehört zum Konglomerat.

Oberste Vorsitzende ist Shari Redstone, die Tochter des verstorbenen Konzernchefs Sumner Redstone, der seinerseits von Viacom kam, mit dem CBS einst fusionierte. Seine Vorfahren kommen ebenfalls aus der Ukraine. Die Welt ist klein.

Cringe Colbert

Aber sie hat gigantische Medieninteressen. Seit einiger Zeit will CBS mit Skydance Studio fusionieren; was machen die? Keine Ahnung, irgendwas mit AI und Animation, mit Apple und Oracle. Dazu braucht es die Genehmigung von Donald J. Trump. Es geht um viele Milliarden Dollar, wie viele, hängt vom Zuschnitt ab.

Schnitt zurück zu Colbert. Colbert ist kein Freund des Präsidenten, ganz und gar nicht; er hat Trump oft beschimpft und sich dabei gerne als die Spitze des Widerstands inszeniert. Würde CBS Colbert opfern für acht bis zehn Milliarden Dollar? Ist die U-Bahn in New York nicht wasserdicht?

Nicht wasserdicht war auch ein Vergleich, nach dem Paramount an Trump 16 Millionen Dollar zahlen muss, wegen eines albernen, parteipolitischen Prozesses. Colbert hat das kritisiert. Auf Sendung. Und ein US-Präsident, der die Medien wegen Majestätsbeleidung geldhalber anzapft, ist ein Problem. Aber nicht das einzige.

Nun bin ich selber nicht der ganz große Trump-Freund, ich denke aber nicht, dass er der neue Adolf ist. Und wenn er das tatsächlich wäre, dann würde Colbert seinen Gratismut nicht täglich spazieren führen so wie gewisse Frankfurter Juden ihre Klugheit, die munter umher bellt und an jedem Baum ein bisschen Pipi macht (nein, das ist nicht von mir, das habe ich von Tucholsky geklaut).

Es gibt eine feine Linie zwischen Widerstand und Cringe, und Colbert steht zwei Meter links daneben. Gut, das hat ihm einst aus einem Quotentief geholfen, aber nun ist er ein ein-Trick-Pony. Ich habe manchmal das Gefühl, diese amerikanischen Comedians bekommen ihre Witze über ein AI-animiertes, Oracle-gesteuertes Interface direkt ins Gehirn gepustet, das mit der Parteizentrale der Demokraten verbunden ist. Wenn die Demokraten denn eine Parteizentrale hätten.

Es ist überall das gleiche: Orange Man Bad, Transfrauen sind Frauen, die Erde wird jeden Tag ein Grad wärmer, israelmäßig halten wir uns fein raus und Immigranten aus dem lateinamerikanischen Süden sind wertvoll. So wertvoll, dass wir sie nicht an das Desk eines der Late-Night-Comedians lassen. Das sind unsere Jobs.

Witze über Donald Schicklgruber

Seth Meyer auf NBC ist das gleiche wie Colbert, nur in schneller. Ditto Jimmy Kimmel. John Oliver; denke dir den britischen Akzent weg, und er ist nicht einmal mehr komisch, geschweige denn edgy. Trevor Noah? Der versuchte es mit einer nicht-amerikanischen Perspektive, und scheiterte. Jon Stewart, das ist der letzte, wo ich das Gefühl habe, den hat das Dominion noch nicht gekriegt, der denkt noch selber.

Es ist gar nicht die Comedy selber — naja irgendwie schon, muss man jeden Witz fünfmal machen? Wie oft kann man Trump Mango Mussolini nennen? — sondern der damit einhergehende fake Mutigkeitsgestus. Der geriert sich, als sei man Weiß-Ferdl im München der Dreißigerjahre und mache Witze über Hermann Göring.

Aber das seid ihr nicht. Und ist das überhaupt schlau von den Sendern, potentielle 50 Prozent ihres Publikums vor den Kopf zu stoßen? Tatsächlich sind die Webeeinnahmen und die Einschaltquoten von Colbert drastisch gesunken. Wenn man nur einzigen Witz über Donald Schicklgruber draufhat, dann passiert das halt.

Bill Maher auf HBO ist ein bisschen anders, aber nur ein bisschen. Auch er kokettiert ein klein wenig zu oft mit seinem potentiellen Opferstatus, insbesondere, als er vom Sender ABC gefeuert wurde, nachdem er meinte, die Terroristen von 9-11 seien böse gewesen, aber gewisse nicht feige, wie es dauernd heißen würde. Oder wenn der Donald ihn verklagt.

Gut, Maher wurde gefeuert, heute hat er wieder eine Show, auf HBOMax, und Stewart, mit dem ich einmal sprach, meinte dazu: „Bill Maher ist nicht Solschenizyn.“ Colbert auch nicht. Er wird eine Abfindung bekommen, und irgendwie finde ich es auch besser, wenn die Komödianten, die Witze über Die da Oben machen, keine Millionäre sind und die Demokraten nicht aussparen.

Damals, und zu Ehren seines Vaters hatte Arthur Hammerstein eine lebensgroße Büste im Theaterfoyer errichten lassen. Die landete beim Umbau des Theaters für die Late Night Comedy im Bauschutt. So vergeht der Ruhm der Welt.

Eva C. Schweitzer

Eva C. Schweitzer pendelt zwischen Berlin und New York, wo sie eine Dissertation über den Times Square verfasst hat; sie arbeitet als Buchautorin und freie Journalistin über Medien, Entertainment und Politik. Ihr letztes Buch war „Links Blinken, rechts abbiegen“ beim Westend Verlag; derzeit schreibt sie ein Buch über die Tucholsky-Familie. Sie leitet auch den Verlag Berlinica Publishing, der Bücher aus Berlin nach New York bringt. Zuvor war sie Redakteurin beim Tagesspiegel in Berlin.
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15 Kommentare

  1. Im Ernst? – das ist ein Artikel im deutschsprachigen Overton?

    Ihrseidjanichtmehrganzsauber.

    Wann berichtet ihr endlich über den rostigen Nagel der in Washington aus einer Gartenbank herausragt und Menschen gefährden könnte?

    1. Ähm… dieser künstliche „Skandal“ um Colbert hat es gestern in die deutschen Hauptnachrichten geschafft! Da bin ich schon froh, hier mal zu erfahren, wie schlecht die Tagesschau mal wieder gelogen hat, und was die wahren Hintergründe sind. Denn morgen werden die ÖR-Zombies wieder kommen mit Sätzen wie „Der Trump feuert jetzt schon Moderatoren, die ihm nicht gefallen, das ist der neue Hüttläääär!!““.

      1. Vielleicht habe ich es überlesen.. aber wurde denn widerlegt, dass der Karotten-König dafür verantwortlich ist, weil dessen sensiblem Ego missfiel, was seine Durchlaucht zur nächtlichen Stunde da sah?
        Dass er einen seiner best people, der irgendwo einen great job macht, anrief, um einen Ketzer loszuwerden, erscheint nicht gerade unwahrscheinlich.

  2. „Cringe“ mußte ich googlen. Was war jetzt an dem Wort „Fremdscham“ so falsch? Warum braucht mal als Deutscher in Deutschland ein Englisch-Wörterbuch um einfache Medientexte zu entschlüsseln? Und daß das „Jugendsprache“ ist, macht es ja nun wirklich nicht besser. Auch die sollten vor allem die Landessprache erst mal fehlerfrei beherrschen, ehe sie sich zum Beherrscher der Sprache aufschwingen.

    Das ist auch so ein Problem dieser Zeit: Alles orientiert sich an einer imaginären „Jugend“, die bei genauem Hinsehen auch nur ferngesteuert ist durch Erwachsene (FFF etc.), Algorithmen auf Youtube, Frantzenbuch google etc. und demnächst wohl komplett von der Künstlichen Idiotie.

    Die Beschreibung des US-Comedy-Komplexes im Artikel macht mal wieder deutlich, wohin wir uns hierzulande bewegen, wo ja alles immer ein paar Jahre später kommt. Und das meist als schlechte Kopie eines gescheiterten „amerikanischen“ Originals. Oder einer Kopie der Kopie der Kopie von…
    Diese müden, bemühten und einseitigen „Gags“ auf Kosten von gerade offiziell zum Abschuß freigegebenen Politikern kommt mir aber doch schon sehr bekannt vor. Das ist das in heute-show und extra3 verfolgte Konzept inklusive humanoiden Klatschautomaten als Publikum, die man auch einsparen könnte, da es sich ja eh so anhört, als käme das inszenierte Ausrasten bei jedem Wort des „Moderators“ vom Band.

  3. Colbert ist einfach nur langweiliger Mainstream, mit den immergleichen flachen Jokes. Quasi der Stefan Raab des US TV. Kann also weg.

    1. Eher sowas wie die Blödzeitung in einfacher Sprache,
      allein die ständigen Z-Prommi`s , die auch noch
      umsonst kommen. Eine Show von Losern für Loser.
      Und mit so einem Schwachsinn sollen wir uns
      hier beschäftigen ?

      1. Da müssen Sie hier eine Beschwerde beim Politbüro einreichen, oder solche Themen meiden, oder eine eigene Homepage betreiben, wo Sie die Agenda vorgeben.

  4. Ich finde den Artikel ganz amüsant, da solche
    nicht ganz so heiklen Themen ansonsten an mir
    vorbeigehen – aufgrund fehlender MS Medien.

    Nun ja, Colbert ist halt alt geworden,
    früher beim Colbert Report war er noch bissig,
    bei seiner Rede auf dem White House Correspondents Dinner neben Bush irre gut.

    Aber was ist aus ihm geworden?
    Dachte er, dieser ganze Deep State Shit
    wird keine Konsequenzen haben?
    Ist er wirklich so naiv geworden,
    die Welt in Gut und Böse zu teilen?
    Glaubt er tatsächlich, Trump als Person
    wäre relevant?

    Anscheinend. Aber dann ist es völlig OK,
    wenn er sich zurückzieht…

    1. „…nicht ganz so heiklen Themen ansonsten an mir
      vorbeigehen – aufgrund fehlender MS Medien.“

      Wohin muss man gehen, um in den Genuss fehlender MSM zu gelangen? Wir schlagen uns noch damit herum, abstinent – mit geplanten Ausnahmen – leben zu müssen.😉

      Zum weiteren Amüsement steuere ich folgende Neuigkeit bei: der aktuelle Kiss-Cam-Gau bei einem Konzert in Übersee. Direkt und global verbreitet, weil beim Fremdgehen erwischt!
      Der Blick* – unbezahlbar! 👍👍👍

      Nun könnte man sagen: dies ist nicht der Rede wert, da ein kastenübergreifender Normalzustand, dass täglich mit Begeisterung gelogen, betrogen, hintergangen, manipuliert, übervorteilt etc wird.
      ABER: wenn sich schon ein CEO, also die selbsterklärte „geistige Creme“, noch nicht einmal mehr die Mühe macht, sich NICHT erwischen zu lassen, sondern stattdessen die Öffentlichkeit sucht; tja was sollte man dann noch vom allgemeinen Intellekt der „niederen Chargen“ und für die Zukunft sowie deren Gestaltung erwarten können?! 😬😂

      * Ungeschlagen jedoch der des Macaron, als dieser sich bewusst wurde, dass der „liebevolle Gesichtswischer“ gefilmt worden war.🤣🤣🤣

  5. „Linke Comedy“ ist zum Oxymoron geworden. Alles nur noch cringe af. Danke für Artikel. Kein Erbarmen für den Mann, der mit den C-Spritzen tanzt. Die jungen, coolen, netzaffinen Selbstdenker wissen, was ich meine.

  6. Politische Comedy muss nicht links sein, aber von unten kommen. Politisch korrekt ist sie sowieso tot. In der BRD war sie in ihren besten Tagen Teil einer echten gelebten Gegenkultur, die jetzt genaugenommen noch dieselbe ist wie früher, und auch dieselben Gegner attackiert (Kulturkonservative, wie sie halt heute eher in der AfD zuhause sind), aber Sie ist halt heute die Kultur der politisch Mächtigen (zu denen in Amiland die Dems natürlich immer noch gehören). Das macht das alles so öde und falsch. Hier würde ich auch sagen, dass das in Deutschland mit seinem Staatsfunk ausnahmsweise mal schneller ging als drüben. Seit Corona ertrage ich kein Kabarett mehr, obwohl ich das vorher immer sehr gerne schaute.

  7. Weil der erste Kommentar die Frage stellt, ob die Story denn relevant wäre für Overton, ploppte in mir (dem coolen netzaffinen Selbstdenker) folgendes auf:

    Overton müsste als nächstes einen ausführlichen und absolut nicht-neutralen Artikel über diese dämliche Coldplay-Konzert-Geschichte bringen, die Musks X/Twitter-Bubble derzeit beherrscht. Die Bigotterie der Amis kommt hier wunderbar zum Ausdruck.

    Wer ist dieser CEO? Was produziert „Astronomer“ überhaupt, hat deren Produkte bisher jemand vermisst? Warum verdienen beide, der CEO und die HR-Dame (HR steht für „Human Resources“), Fantastilliarden an Kohle? Wäre es legitim, diese Fantastilliarden ihnen wegzunehmen und an anderer Stelle, etwa in Deutschland, zu verwenden? Und wenn wir schon einmal dabei sind: Hat Kalifornien oder Coldplay überhaupt noch ein Existenzrecht (Achtung, Späßle!).

    Dieses Pärchen – es sind höchstwahrscheinlich Democrats-Wähler – sind „die da oben“, gegen die sich politische Comedy wenden sollte und eben nicht MAGA, der bekannte „Basket of Deplorables“. Politische Comedy heutzutage bezieht Stellung für die Somewheres und gegen die Anywheres.

    Jedoch: Ist politische Comedy in den Medien denn nicht schon längst Geschichte und wäre es nicht besser, sie kehrte mit all ihrem Sarkasmus zurück zu den Stammtischen? Kann man ein Merz-Sommerinterview, eine Haßelmann oder gleich den gesamten Berliner Medien- und Politbetrieb überhaupt noch satirisch verarbeiten? Wie denn, es ist nun einmal die komplette Realsatire.

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