Oscar und die Konsequenz

Queer-Marx.
FULBERT, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

In den Staaten gibt es keine Kultur des Cancelns mehr: Dort nennt man das jetzt eine Konsequenzkultur. Hätte die DDR auch in den USA funktioniert?

Mein Pfad führte mich neulich zu der Miniaturausgabe der Oscars. In New York. Die echten Oscars finden in einem riesigen Theater in Los Angeles statt, am Hollywood Boulevard; 6.000 Menschen passen in das Theater, und wenn sie dürften, würden auch 60.000 kommen. Auf dem roten Teppich lustwandeln Stars im Ballkleid oder Smoking; Tom Hanks, Michelle Yeoh, Steven Spielberg, Cate Blanchett, Colin Farrell, Jamie Lee Curtis, Brendan Fraser, die der goldenen Trophäen erwarten.

Wir in New York trafen uns in der Town Hall, das ist ein ehemaliges Broadway-Theater, das für Broadway-Musicals nicht mehr groß genug ist, und wir hatten genau einen Star. Tina Fey, ein New Yorker Star, bekannt aus dem Fernsehen. Ich trug ein schwarzes T-Shirt bedruckt mit einem roten Drachen, aber Tina kam im Kleid.

Schwarz, afrikanisch, queer, muslimisch und behindert

Sie bekam einen Preis für Bestes Schreiben für eine Performance, was heißt, fürs Fernsehen. Sie war selber ganz verlegen, sich unter lauter richtigen Schriftstellern wiederzufinden, aber sie tat ihr Bestes, um der Veranstaltung Glamour zu verleihen.

Verliehen wurden allerdings auch nicht wirklich Oscars, sondern Preise für Schriftsteller, die PEN America, der Schriftstellerverband, alljährlich vergibt; für die besten Bücher, den besten Roman, die beste Biographie, das beste Buch einer Woman of Color, das am engagierteste Buch, das diverseste Buch … you get the idea.

Aber wirklich, sonst war es wie die Oscars: Buchtrailer mit den Covern und mit dramatischer Musik, die die fünf Nominierten vorstellten, Dankesreden, ein Segment „Die Toten des Jahres“, wechselnde witzelnde Conférenciers und ein Host, Kal Penn, ein indisch-stämmiger Autor, der für das Weiße Haus unter Obama gearbeitet hat und Sprüche über die Windsors und den Britischen Imperialismus machte.

Dekolonisierung war ein wichtiges Thema. Ein preisgekröntes Buch handelte von der „Dekolonisierung der Zeit“ (in Los Angeles). Auch den Non-Binären wurde gedacht und den queeren People, vor allem denen of Color. Es waren mehrere Non-Binäre im Publikum, erkennbar an den Abendkleidern und dem Vollbart. Fast zuletzt kam Hafizah Augustus Geter auf die Bühne, die – wie sie sich vorstellte – alles symbolisiert: Schwarzsein, Afrikanischsein, Queerness, den Islam und Behindertsein.

Weiße sollten lieber unter sich bleiben?

PEN wurde gegründet, um nationale und ethnische Grenzen zwischen Schriftstellern niederzureißen, aber auch, um missliebige Schriftsteller vor Verfolgung zu schützen, vor allem von der Staatsgewalt, und um für Meinungs- und Pressefreiheit einzutreten, vor allem an Universitäten. Amerika ist in diesen Tagen aber ein bisschen konfus: Was ist besser, richtige Meinungsfreiheit oder die richtige Meinung zu haben?

Auch Kal Penn eierte ein bisschen hin und her. Er erwähnte das prominenteste PEN-Mitglied, Salman Rushdie, nicht aber, dass der von einem Islamisten niedergestochen wurde und nun halb blind ist und nicht mehr auftritt. Freie Rede sei schön, sagte er, könne politisch aber auch Unheil anrichten. Dann warf er den Namen „Dilbert“ ein.

Dilbert, vielleicht kennen den einige, ist eine Comic-Figur, die den kafkaesken Arbeitsalltag auf die Schippe nimmt, seit 1989 und vor allem im Silicon Valley. Nicht nur ein Comic-Strip – in 25 Sprachen –, auch ein Videospiel, eine Fernsehserie und allerlei Merchandise. Der Zeichner ist Scott Adams. Sein Comicstrip wurde nun von vielen US-Zeitungen gekündigt, denn Adams propagiere Segregation.

Adams hatte – öffentlich und auf YouTube – gesagt, Afro-Amerikaner seien eine „Hate Group“ und Weiße sollten sich so schnell und gründlich wie möglich von denen trennen und lieber unter sich bleiben. Adams hatte sich auf eine Umfrage des Rasmussen Instituts bezogen, wonach nur 53 Prozent der Afro-Amerikaner glaubten, es sei in Ordnung, weiß zu sein. Fast die Hälfte glaube das also nicht.

Cancel Culture heißt jetzt Consequence Culture

Nach der Kündigung meinte Adams, die Redefreiheit sei bedroht. Nun ist es wirklich hochgradig dämlich, sowas im Amerika von heute zu sagen, insbesondere, weil die Phrase „Es ist in Ordnung, weiß zu sein!“ oft von Rechten benutzt wird. Und wenn eine Zeitung einen Comicstrip nicht mehr veröffentlichen will, hat sie definitiv das Recht dazu. Es kommt erschwerend hinzu, dass er sich als Trump-Fan geoutet hat.

Andererseits, dass Weiße in Amerika unter sich bleiben wollen – unter sich und unter hellhäutigen wohlhabenden Indern und gebildeten Asiaten – insbesondere, wenn sie es sich leisten können, ist ziemlich normal. Es spricht nur keiner offen aus.

Fey ist – laut der TV-Sendung Finding Your Roots – 94 Prozent europäisch, 3 Prozent mittelöstlich und 3 Prozent kaukasisch, also 100 Prozent weiß. Sie lebte lange an der Westend Avenue und ist nun nach Tribeca gezogen, nahe dem World Trade Center, beides ziemlich weiße (und teure) Gegenden. Die Afro-Amerikaner dort sind in der Regel Servicearbeiter. Aber natürlich hat sie sich dort kein Apartment gekauft, um nur von Weißen umgeben zu sein, sondern weil sie es sich leisten kann.

Auch das Silicon Valley, das so stolz auf seine Diversity ist, beschäftigt zwar viele Inder und Chinesen und Australier, aber wenige Afro-Amerikaner. Und was sagt PEN beziehungsweise Kal Penn dazu? Gar nichts. Penn wirft das Wort „Dilbert“ kurz und flockig ins Publikum und dann geht es gleich weiter mit Witzen über Melania Trump. So schnell hätte ich gar nicht den Stift zücken können, wenn ich noch auf Papier schreiben würde. Ist es von PEN eigentlich zu viel verlangt, eine Meinung zu haben?

Wenn heutzutage jemand gecancelt wird, der nicht „einer von uns“ ist, sondern einer von denen, dann heißt das nicht mehr „Cancel Culture“, sondern „Consequence Culture“. Das ist die neueste newspeak des links-liberalen Amerika. Denn der Betreffende trägt ja nur die Konsequenz davon, dass er so blöd dahergeredet hat.

Die DDR hätte in Amerika funktioniert

Woran erinnert einen das? Richtig, an die DDR. Also, die linken Amerikaner erinnert es nicht dran, die glauben ja, im Sozialismus musste man nicht arbeiten und alles war kostenlos, aber uns, die wir das noch kennen. Das ist in einer Reihe mit „Selbstkritik üben, Genosse“ und „Revisionismus“ als Synonym für Abweichen von der Parteilinie.

Inzwischen denke ich, die DDR hätte in Amerika funktioniert. Die Nomenclatura dürfte weiterhin reisen, die Mittelschicht kann sich das eh kaum leisten. Außerdem können Amerikaner keine Fremdsprachen und werden von ausländischen Währungen, Maßeinheiten wie Kilometer oder Celsius und Gewohnheiten leicht irritiert und bleiben schon deshalb Zuhause. Eine Mauer würden sie also gar nicht bemerken.

Dass Amerika das großartigste Land der Welt ist, ist ebenfalls Konsens, dazu bräuchte es gar keine Plakate, hinter den Inlandsgeheimdiensten kann sich die Stasi verstecken und der Long Island Expressway ist nur geringfügig besser als die Autobahn von Leipzig nach Hof. Während der Arbeitszeit einkaufen zu gehen, ist ebenfalls Usus, und die Wirtschaft würde auch ohne Importe funktionieren. Und die Intellektuellen haben die karrierefördernde Doublespeak bereits voll drauf.

Nur bei den Oscars würde dann der einzelne ausländische Film fehlen, aber vielleicht kann man den aus einem Bruderland importieren. Divers müsste er natürlich sein.

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13 Kommentare

  1. Stimmt, hätte so funktioniert. Trotzdem war die verblichene DDR irgendwie anders. Alle Beteiligten an dieserem Spiel wussten, dass es nicht erst zu nehmen war. Die Bonzen, die verkündeten, wussten , dass es Unfug war. Sie wussten , dass die Glaubensbekenntnisse der dazu genötigten nicht ernst gemeint waren. Und alle wussten , dass alle anderen wussten , dass sie selbst es wissen.
    Ob das von Anfang an so war, weiß ich nicht. Ich habe vor allem die Endphase bewußt erlebt und da war es so. Wir alle waren geradezu „zweisprachig“ Ein Deutsch für den praktischen Gebrauch und eins für rituelle Zwecke.

    Ich fürchte, dass ist bei den Wokeschisten anders, schlimmer. Die meinen das ernst. Und wenn sie bisher ihre Cyber SA unterwegs haben, was lästig genug ist, und den ekeligen Cancelmob, prognostizieren ich, dass die auch richtige Lager bauen werden.

    Achso, weil die Autorin sich auszukennen scheint: in der DDR, oder überhaupt im Sozialismus, wurde Literatur von bleibendem Wert geschaffen. Hier könnte ich jetzt stundenlang Namen nennen. Strittmatter, Ch. Wolf, Aitmatow, Bulgakow, um einfach ein paar meiner Lieblinge einzubringen. Der Wokeschismus hat das nicht. Nur Kitsch, unglaublich viel schlechten Geschmack und eine vollkommene schöpferische Impotenz.

    1. „Stimmt, hätte so funktioniert. Trotzdem war die verblichene DDR irgendwie anders. Alle Beteiligten an dieserem Spiel wussten, dass es nicht erst zu nehmen war. Die Bonzen, die verkündeten, wussten , dass es Unfug war. Sie wussten , dass die Glaubensbekenntnisse der dazu genötigten nicht ernst gemeint waren. Und alle wussten , dass alle anderen wussten , dass sie selbst es wissen.
      Ob das von Anfang an so war, weiß ich nicht. Ich habe vor allem die Endphase bewußt erlebt und da war es so.“

      Erzählen Sie doch bitte keine Märchen. In den 1970-er und 1980-er Jahren war das Wort Revisionismus, jedenfalls in tagespolitischer und nicht nur historischer Bedeutung, in der DDR verschwunden.
      Und „Selbstkritik üben, Genosse“? Das können bestenfalls die Parteimitglieder einschätzen. An öffentliche Selbstkritik von „Abweichlern“ oder spektakuläre Parteiausschlüsse kann ich mich in den 1970-er/1980-er Jahren jedenfalls nicht erinnern.

      In der Volksrepublik China waren die geschilderten Phänomene in den 1970-er Jahren noch weit verbreitet. Man denke an den Fall der sog. Viererbande.
      Oder natürlich MASSIV während der chinesischen Kulturrevolution (die ja von Mao als ein einziger Kampf gegen den Revisionismus proklamiert wurde), welche der maoistisch orientierte Teil der 68-er bis in die 1980-er Jahre hinein _nachahmte_.
      Komischerweise sieht Schweitzer aber die nicht diese näherliegende Analogie, sondern zieht eine auf die DDR bezogene an den Haaren herbei.

      —-
      und noch eins:
      „Wir alle waren geradezu „zweisprachig“ Ein Deutsch für den praktischen Gebrauch und eins für rituelle Zwecke.“

      Ich verstehe zwar, dass man zu Zeiten der DDR den Eindruck gewinnen konnte, dass die parolenhaft vorgetragenen Bekenntnisse zum Sozialismus „nur ein Ritual“ waren.

      Aber mehr als 30 Jahre später? Da muss man doch als ehemaliger DDR-Bürger gemerkt haben, dass diesen „bloßen Ritualen“ ein realer Inhalt innewohnte und dass nämlich in dem Moment, wo diese Bekenntnisse ausblieben, auch die DDR erledigt war.

      Es ist erstaunlich, wie wenig die DDR-Bürger von ihrer Vergangenheit wirklich begriffen haben.

      1. nu, s wochenende steht vor der tür, morgen wird noch „restmüll“ abtransportiert, aber dann….aber dann…

        dreieinhalb stunden „kommunismus tot“ mitm herrn decker
        https://www.youtube.com/watch?v=y29YiYTqYvM

        und/oder zwei stunden „kommunismus tot“ mitm herrn held
        https://www.youtube.com/watch?v=NviIWID36dw

        ansonsten: ja, eine andere sprache (die ich lange vermißte und nun eigentlich nur noch mit/bei meiner dementen korsakov-mutter finde/spreche -im rumalbern halt), aber eher ein reden in zwei-/drei-/fünfdeutigkeiten und zwar nicht „ängstlich“, sondern „fröhlich“ – spaß daran habend eben, so mitnander zu reden und „selbstverständlich“/“normal“ eben……das war punkt mauerfall vorbei und ersetzt durch gegröhle…
        rainald grebe kanns oder konnts zumindest bis zum „abschiedsconcert“, das war/is erholsam…
        https://www.youtube.com/watch?v=i7iFqf8Jhe8

      2. Ob wir hier eine ernsthafte Debatte über die DDR führen können? Glaube ich mal nicht und die Autorin hat das auch nicht gemacht. Sie hat eine Analogie zu einem Aspekt unseres Lebens hergestellt, die ich gar nicht falsch finde. Und auch amüsant, was ich fast wichtiger finde, weil ich nicht sehe, dass das Ansehen der DDR zu schützen ist. Wozu? Wäre es das emanzipatorische Projekt gewesen, das wir uns erträumt hatten, gäbe es sie noch. Deshalb habe ich deinen Einwand eigentlich auch nicht verstanden und sie schrieb doch über den Wokeschismus, den ich bei all seiner Lächerlichkeit, seiner evidenten Dummheit für ungemein gefährlich halte. Das Potential ist angesichts der beschränkten intellektuellen Fähigkeiten der Handelnden und der dazu reproportionalen Emotionalität ungeheuer. Ist das Schwarzseherei? Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Als die Führung der Roten Khmer in ihren Pariser Treffs ihre Visionen entwickelten, gelten sie als Exzentriker der guten Sache. Als sie mit richtigen Waffen gegen Amis und weiß Gott wen kämpften, waren sie eh die guten. Und dann hatten sie das Land und die Macht in ihren Händen.
        Wer meint, dass den Wokeschisten dieses Potential nicht innewohnt, sollte zumindest darüber nachdenken, ob er das wirklich weiß oder nur hofft.

        Und die DDR? Ja, die gab es mal. Aber als dann zum letzten Mal, und eigentlich war es auch das erste Mal, richtig gewählt wurde, zeigte sich, dass die Zahl der Menschen, die sie behalten wollte, sehr gering war.

        Es gibt diesen wunderbaren Satz von Gunderman über die letzten Tage der DDR. Über diese nicht mehr politbürokratisch geführte aber noch nicht BRD ; “ Das Beste auf dem Weg vom Regen in die Traufe ist der trockene Moment dazwischen“

    2. Und nicht zu vergessen das große große Manko der DDR: sie hatte keine Milliardäre. Also komplett alles was den Mehrwertewesten ökonomisch antreibt, fehlte ihr völlig.
      Das konnte ja nicht gut gehen, meinen die Milliardäre. (Und ganz leise denken sie: das durfte auf keinen Fall gut gehen.)

      /sarcasm
      Eva Schweitzer scheint das noch nicht so richtig überdacht zu haben. Arbeitsproduktivität und demokratisch geplante Ressourcenaufteilung (aka Planwirtschaft) sind vielleicht doch noch Fremdwörter?

  2. Wenn ein Begriff im Westen salonfähig wird, muss man davon ausgehen, dass er im Begriff ist, missbraucht zu werden. Die hier erwähnte ‚Dekolonisierung‘ ist auch so ein Fall. Wenn das Establishment beginnt sich unter mea culpa-Rufen auf die Brust zu trommeln – ja, wir waren schlimme Kolonialisten, aber wir haben es überwunden und nun geht es darum, die Reste dieser bösen Verhältnisse zu beseitigen!‘ -, ist Misstrauen am Platz. Und tatsächlich, den Kolonialismus entdeckt man nun bei den geostrategischen Feinden – Russland und China, wohingegen die realexistierenden Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Erster und Dritter Welt keinesfalls Neokolonialismus spiegeln, sondern der regelbasierten Ordnung entsprechen und damit voll ok. sind. Russland und China aber müssen deokolonisiert, d. h. zerstückelt werden! Auf in den Kampf, die Moral ist mit uns (Gott selbstverändlich auch)!

  3. Ich kenne die DDR nur aus der Presse, dafür einige ehemalige sozialistische Länder. Vielleicht hinkt für mich der Vergleich deshalb so. In anderen sozialistischen Ländern war die Bevölkerung keineswegs bereit, die zur Staatsreligion erhobene Ideologie freiwillig und unkritisch zu internalisieren. In den sog. liberalen Demokratien verteidigen die Wokisten aber genaugenommen die herrschende Staatsideologie und sie machen das freiwillig! In Polen, in der Tschechoslowakei und in Ungarn z.B. hätten sich durchschnittliche Bürger niemals derart als nützliche Idioten des Staates betätigt.

  4. Das große intellektuelle Paradoxon unserer Zeit. Da gibt es Menschen, die halten sich für gebildet, kritisch und aufgeklärt. Dabei stehen sie bei bestimmten Themen nur zufällig auf der einen oder anderen Seite der Barrikade. Was sie nie mitbekommen haben, ist die antikommunistische Tiefenindoktrination. So erklären sich auch solche Texte, die am Ende nur wieder dumpfen Antikommunismus verbreiten und in den Kreisen der Herrschenden für zufriedenes Schmunzeln sorgen. Es fehlt jegliches dialektisches Denken und vor allem Klassenbewußtsein.

  5. Einen DDR-Geborenen, in meinem Falle Jahrgang 1951 erstaunt immer wieder, mit welcher Unkenntnis, um nicht zu sagen Ignoranz sich gelegentlich und doch immer wieder über die DDR hergemacht wird. Denn hier wird sie ja in den Titel genommen, der Vergleich gibt also den Sinn des Beitrags. Und dabei ist es völlig abwegig, einen solchen anzustellen, denn hier werden Birnen mit Eiern verglichen. Die Welt, über die hier die Frau Schweitzer schreibt ist das Produkt einer mehr als dreißig Jahre fortgeschrittenen, will nicht sagen fortschrittlichen Entwicklung, in der vieles, was bei uns in der DDR selbstverständlich war über den Haufen geworfen wurde. Und dazu kommt noch, daß unsere damalige Gesellschaft, mag man das gut oder schlecht finden, auf einer ganz anderen Basis ruhte. Für wokeness und alles, was heutzutage damit verbunden ist hätten wir seinerzeit nicht das geringste Verständnis aufgebracht, ganz einfach weil uns solcherart Probleme unbekannt waren. Menschen waren Menschen, solche oder solche und nichts weiter. „Consequence Culture“ war nicht nur unvorstellbar, sondern auch unnötig, weil die Auseinandersetzungen mit anderen Meinungen und Haltungen auf einer anderen Eben stattfanden, es ging insoweit um Wesentlicheres. Das hat sich ja dann am Ende auch gezeigt, das System hat den Kampf verloren. Alles weitere ist Unsinn, wir kannten Fremdsprachen, hatten keineswegs Angst vor anderen Maßen und Gewichten und die Mauer haben wir schon bemerkt und hatten unsere Probleme mit ihr. Genau wie mit der Stasi. Was also soll dieser Beitrag weiter als die Verblichene wieder einmal zu verunglimpfen?

  6. Weil Frau Schweitzer die DDR erwähnt und weil ein Kommentator deren Literatur erwähnt und weil gestern Frauentag war und weil hier vielleicht auch mal Frauen oder Frau sein wollende hier lesen:
    Ich habe vor kurzem ein Buch gefunden. Hier in meiner Wohngegend stellen / legen die Mitbürger und -innen oft Dinge vor die Häuser die sie nicht mehr benötigen. Darunter eben auch Bücher. Das Buch, das ich mir mitgenommen habe, stammt von der DDR-Autorin Helga Königsdorf und trägt den Titel „Mit Klinschmann im Regen“. Es vereint etwa 10 Erzählungen, in denen es um Frauen und ihre Männer und ihre Kinder und ihre Berufstätigkeit geht. Den Lesern in der BRD wurde es 1983 durch den Luchterhand-Verlag zugänglich gemacht. Die Verfasserin des Klappentextes schreibt u.a. Königsdorf „…ist auf dem Gebiet der Mathematik tätig.“ Die vollumfängliche Wahrheit -sie war Professorin bei der Ost-Wissenschaftsakademie- hätte wahrscheinlich die Feministinnen in der BRD etwas verwirrt, so wie möglicherweise der Inhalt der Erzählungen die heutigen Feministinnen irritieren könnte.

  7. Bevor ich Schweitzers Texte lese, ziehe ich mich mittlerweile warm an … man weiß nie was kommt.
    Die saloppe Analogie zur DDR war unnötig und funzt nicht recht.

    nun zum Wichtigen:
    In New York’s Central Park Zoo gab es zwei männliche Pinguine die sich ineinander verliebten und ein Pinguinküken aufzogen.

    Aus diesem realen Ereignis (kein Einzelfall) entstand ein schönes Kinderbuch „ And Tango Makes Three“.
    Es folgte ein „Aufstand“ in konservativen Kreisen der USA – bis heute.
    Banned books for kids: https://en.wikipedia.org/wiki/And_Tango_Makes_Three

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