Der Sohn, der Laptop und die amerikanische Presse

Fotomontage: Joe Biden in einer Corvette.
Unknown – Hubert Burda Media, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Die demokratische und die republikanische Presse schenken sich nichts: Beide berichten sie einseitig. Und übrigens: Joe Biden fährt eine Corvette.

Dies ist die Woche, in der das Empire zurückschlägt. In der amerikanischen Politik wird viel gezankt, und ganz besonders um Donald Trump, Präsident oder nicht mehr Präsident. Viel Flak kriegt Trump, meistens auch zu Recht, aber nun scheint die Woche der Rache gekommen zu sein.

Wir haben erfahren, dass Joe Biden geheime Akten in einem Büro stapelt, das er zwischendurch gemietet hatte. Und in seiner Garage, neben seiner Corvette. Joe Biden fährt eine Corvette? Und auch in seinem Haus sind Akten. Davon fünf Seiten Geheimnisse. Und wer weiß, was noch kommt.

Der Geschäfts-Hunter

Mir selber ist das ziemlich egal, aber für das Trump-Camp ist das selbstredend ein innerer Reichsparteitag. Und natürlich können sich die Demokraten nun den Mund fusselig reden, dass das gaaaaaanz anders ist wie neulich bei Trump, der die Liebesbriefe von Kim Jong-Un vor dem FBI in seiner Wintervilla versteckt hat, gleich neben der Speisekarte von Burger King in Washington, D.C. Joe Biden fährt eine Corvette? Wo denn? Wann denn? Wie schnell? Das müsste ich wissen, bevor ich das nächste Mal einen Mietwagen nach Washington nehme.

Sicher, die Republikaner haben George Santos, den Zelig von Washington. Der Mann hat sich sein Leben zurechterfunden, als Holocaust-, World-Trade-Center- und Gehirmtumor-Überlebender, trans-schwuler Immobilienmillionär und Wall Street Genie aus Brasilien. Inzwischen kursieren Bilder, wo er als Drag Queen auftritt. Oder ist er wirklich eine Frau? Und ist er überhaupt Amerikaner? Gut, das war falsch von ihm, aber man freut sich doch, dass man in all den Kriegen, Krawallen und Klimawandel wenigstens mal was zu lachen hat. Joe Biden fährt eine Corvette?

Welches Auto fährt eigentlich Hunter Biden, Joes Sorgenkind? Einen Lamborghini? Auch den Ärger mit Hunter haben die Demokraten nun am Hals. Hunter Biden, der seinen Nachnamen „Gold wert“ findet, hat Geschäfte mit Gott und der Welt gemacht, von Mexico über China bis Ukraine, dort mit dem ukrainischen Energieriesen Burisma – und immer versprach er seinen Geldgebern, bei seinem Präsidentenvater ein gutes Wort einzulegen. Ähnliches haben auch zwei Brüder von Sleepy Joe versucht. Ja, bei den Irish-Americans hält die Familie noch zusammen.

Hunter Bidens Laptop: Nur eine Verschwörungstheorie?

Hatte Hunter Erfolg? Hat sich sein Vater beeinflussen lassen von dem Wunsch des missratenen Filius, ein paar Millionen extra Kröten zu verdienen? Und wenn ja, wie? So im Detail wissen wir es immer noch nicht, und darum geht es hier nicht, denn das würde recht gründlich den Rahmen sprengen, was ich so leisten kann. Worüber ich aber erzählen kann, das sind Hunter und die amerikanischen Medien.

Die Geschichte kam heraus, weil Hunter, selten nüchtern, so blöd war, einen Laptop mit belastendem Material in einem Reparaturshop zu vergessen. Natürlich stürzte sich die Murdoch-Presse sofort darauf, die New York Post, Fox News und dessen neuer Star Tucker Carlson, auch Breitbart oder Newsmax und andere.

Aber die sind, wenn nicht gleich Faker, dann Cherry-Picker. Sie suchen sich das, was in das Narrative passt – und das Narrativ heißt: Biden ist ein korrupter, seniler Schurke – und fügen es zu einem eigenen, ihnen genehmeren Puzzle zusammen.

Aber die liberalen Medien fallen ins andere Extrem: Sie behandelten die Hunter-Biden-Laptop-Story wie eine Verschwörungstheorie, vorzugsweise eine, nach der Bill Clinton die Mondlandung gefakt haben soll, um den Mord an JFK durch Außerirdische zu vertuschen. Vielleicht waren die großen Blätter ja auch von inner-demokratischer Solidarität getrieben, so ähnlich wie diese italienischen Sportkommentatoren, die den Mittelstürmer bemitleiden, der den sterbenden Schwan macht, um zu vertuschen, dass er neben das Tor geschossen hat und nicht drauf.

Complex and very different in important ways

Erst hieß es, dieser Hunter-Laptop, das sei alles bloß russische Desinformation. Dann meinte das Weiße Haus, also Biden – die Presse solle still sein, denn Hunter Biden sei eine „Privatperson“. Eine Privatperson, die mit dem Regierungsjet nach Mexiko mitflog, und auf deren Initiative hin sich der Präsident mit Burisma-Managern getroffen hat. Tatsächlich haben Facebook und Twitter die Story unterdrückt.

Das mit dem Still-sein, das geht heute aber nicht mehr, denn erstens haben die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus und damit ein größeres Megaphon. Und außerdem macht sich die liberale Presse inzwischen langsam lächerlich. Die New York Times berichtet also, aber anders. The real Hunter Biden story is complex and very different in important ways from the narrative promoted by Republicans — but troubling in its own way, schrieb nun gleich ein Dreierteam aus Reportern.

Die ganze Geschichte ist detailreich und gebremst meinungsstark, gleichzeitig zäh und blumig, sie liest sich mehr wie die Beschreibung einer Netflix-Serie im Mafia-Milieu denn wie eine harte Recherche. Hunter tut einem ein bisschen leid, er braucht die Millionen schließlich, um seine Frau zu unterstützen, die er verlassen hat, und außerdem war er sowieso die meiste Zeit betrunken, der Arme. Und eigentlich sei das auch lange her. Klar, aber wie es rauskam, habt ihr nicht berichtet, schon vergessen?

Faschisten und Kleptokraten

Anderes die Washington Post; dort haut Marc Thiessen auf den Tisch, ein Neokonservativer und ehemaliger Bush-Redenschreiber, der von einem Skandal spricht und die Medien beschimpft, die die Story damals unterdrückt hätten. Aber die Post ist auch nicht ein verkapptes demokratisches Parteiblatt, die gehört Jeff Bezos.

Warum macht die Times sich so angreifbar? Als New Yorker können sie Trump so richtig gar nicht ausstehen. Und ältere Semester bei der Times sind noch spät-traumatisiert, weil sie insgeheim fürchten, dass ihre Berichte über die Clintons und deren Verfehlungen – von Lewinsky über Whitewater bis E-Mail-Gate – den letzteren und vor allem Clintons Vize Al Gore Wahlniederlagen beschert haben.

Vor allem aber wollen das die Leser so. In den Kommentarspalten schimpft nur eine kleine Minderheit auf Hunter, die Mehrheit meint, Trump wäre aber doch viel schlimmer und seine Kinder viel korrupter und kassierten größere Brocken von ausländischen Investoren. Darauf solle sich die Times konzentrieren. Und überhaupt, wenn der Faschist vor der Tür stehe, sollte man dem Kleptokraten was nachsehen.

Der imaginäre Wettlauf

Noch verärgerter sind die Leser der Washington Post: Alles nur Gerüchte und Propaganda. Selbst wenn es Beweise geben würde, na und? Einige drohen gar, das Abo zu kündigen, wenn die Post weiterhin so einen Mist drucke. Ja, lieber Leser, wenn ihr das so wollt, dann kriegt ihr das halt. Beschwert euch nicht.

Ich selber traue gerade der Times nicht mehr so richtig. Aber der Murdoch-Presse natürlich auch nicht. Vor allem würde mich interessieren, ob es irgendeinen, egal wie entlegenen Zusammenhang gibt zwischen der Geschäftemacherei auf allen Seiten und der Tatsache, dass sich die Demokraten in das Ukraine-Lager geschlagen haben und die Republikaner, naja, nicht mehr offen Putin, aber doch gegen Selenskyj stellen. Das alles kostet uns ja auch ein paar Märker, und vielleicht auch ein bisschen Sicherheit.

Das aber steht nicht im Focus der amerikanischen Presse, denen geht es um den imaginären Wettlauf zwischen Biden und Trump. Die Fronten sind gebildet. Die Biden-Akten auf dem Rücksitz seiner Corvette? Die sind mir egal.

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6 Kommentare

  1. „Das alles kostet uns ja auch ein paar Märker, und vielleicht auch ein bisschen Sicherheit.“

    Wer seid „ihr“? Die Amerikaner?
    Ich kann da beruhigen. Die Märker, also eigentlich Taler, druckt ihr euch wie bisher selbst und das einzige, was eure Sicherheit gefährdet, sind russische, chinesische oder vielleicht auch nordkoreanische Raketen und wenn „ihr“ die geschickt bekommt, dann habt ihr die definitiv selbst bestellt. Da ist nicht die Spur eines Zweifels.

    Immerhin habt ihr wenigstens noch zwei verschiedene Lager in den Medien. Auch wenn mir beide widerlich erscheinen. Wir haben nur noch wokeschistischen Einheitsbrei.

    Carlson übrigens habe ich kennengelernt, weil ich bei den hiesigen Wokeschisten las, dass er böse ist.
    Das ist er bestimmt. Unsere Wokeschisten werden doch nicht lügen? Auch wenn ich die abgrundtiefe Verworfenheit bei den vier fünf Clips die ich sah, nicht mitbekommen habe. Habe eben die falschen gesehen. Und, wenn ich selbst offenkundig nicht in der Lage bin, das richtige Urteil zu fällen, dann muss ich mich an die Vorgaben aus der Abteilung Agitation und Propaganda der Wokeschistischen Einheitspartei Deutschlands halten. Ist doch zu meinem besten. Oder?

    Irgendwie schade. Ich hätte mir die mediale Begleitung zum Untergang der Zivilisation, wenn ich schon live dabei sein darf, lustiger erhofft.

  2. der einzige vernünftige Kommentar aus der Presse, den ich dazu gelesen hab:

    „When It Comes to Mishandling Classified Documents, the Powerful Are Treated With Kid Gloves“
    – …“America increasingly has one justice system for the rich and powerful and another, far harsher system for everyone else“ :
    by Branko Marcetic
    https://jacobin.com/2023/01/biden-trump-classified-document-scandals

    Ausschnitt:
    „The true outrage about this whole affair is that if Biden and Trump weren’t wealthy, prominent, and politically powerful people, we wouldn’t be having any of this discussion at all — they’d simply be prosecuted and thrown in jail without anyone so much as batting an eye.

    The fact is, low-level violators of classification law who have mishandled secrets in exactly the careless and sometimes accidental ways that Trump and Biden, respectively, did are never let off the hook, nor given the kind of understanding, empathy, and excuse-making both of those presidents have benefited from.“

  3. Ein peinlicher Verharmlosungsartikel. Burisma war schon zu Obama-Zeiten ein übler Skandal. Biden hat geprahlt, dass er den ukrainischen Staatsanwalt, der die Korruptionsaffäre der Firma untersuchte, in der sein Sohn einen Frühstücksdirektorposten ergattert hatte (honi soit qui mal y pense), zum Rücktritt erpresst zu haben. Danach gab es keine Ermittlungen gegen Burisma mehr. Aber natürlich: „Alles Verschwörungstheorie“.

    In der Sache mit dem Laptop unterschlägt Frau Schweitzer die politisch üblen Tatsachen. Die Sache kam kurz vor der Wahl raus, und Demokraten, FBI und Internetmedien erreichten, dass alle Internetkonten der die Story untersuchenden New York Post gesperrt wurden. Alles, um die Wiederwahl Trumps zu verhindern. Stattdessen wurde die Lügenstory von der russischen Desinformation wieder einmal vorgeschickt.

    Es sind die Demokraten und ihre mafiosen Netzwerke in Massenmedien, FBI und Justizapparat, die hier Verfassung und Meinungsfreiheit mit Füssen treten. Dafür muss man keine Sympathien für die Republikaner oder Trump haben. Die FBI-Netzwerke der Demokraten haben verschiedene Verbrechen begangen, unter anderem mittels gefälschter Dokumente eine Abhörgenehmigung des FISA-Geheimgerichts erschlichen, mit der sie die Wahlkampagne der Republikaner abhören konnten. Das ist nichts anderes, als was Nixon erfolglos mit dem Watergate-Einbruch erreichen wollte, nur waren das Privatkriminelle, keine korrupten FBI-Beamten.

    Frau Schweitzer ist das egal, hauptsache es geht gegen die Bösen. Ok mir ist es auch egal, nicht mein Land, und die Demokraten sind mindestens genauso faschistisch wie die Republikaner, und oft, wie man sieht, krimineller. Mörderischer bei ihren Aggressionskriegen und der Schürung blutiger Konflikte sowieso.

  4. „The US-based Brown University estimated that the invasion of Afghanistan cost Washington more than $2.1 trillion overall“ Auszug aus rtde.
    Und heute werden weiterhin in Afghanistan Terroristen unterstützt!

    In D werden Millionen von Masken verbrannt und Impfstoffe entsorgt. (wie geschieht das,einfach so ins Abwasser?)
    Uschi v.d.L. durfte ihre Expertise aus der Zeit als Verteidigungsminister als installierte EU Vorsteherin mit einbringen und ist gut dotiert beschäftigt ihre Telefondaten zu löschen.

  5. Auf einem, ich glaube, englischen Blog war kürzlich zu lesen, wie Pressefreiheit bei den Angloamerikanern funktioniert. Bei sensiblen Themen bekommt der Redakteur einen Anruf eines Geheimdienstmitarbeiters, der mitteilt, dass „sie“ es lieber sehen würden, wenn ein bestimmter Sachverhalt nicht besprochen wird. – Keine Zensur.

    Bei Hunter Bidens Laptop setzten sogar zahlreiche Geheimdienstler ihren Namen unter einen öffentlichen Brief, der aussagt, dass _keine_ Beweise vorlägen, aber die Geschichte alle Merkmale einer russischen Desinformationskampagne* trüge. Dazu kommt, dass die Biden-Medien sich das sehr wünschten und vermutlich, sich gerne nicht erinnerten, dass in Fällen ohne jegliche Beweise Geheimdienste keine zuverlässigen Informanten sind.

    (*Die NJ-Uni hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, dass die russischen Tweets vor und nach Trumps Wahl in Billionen anderer Tweets homöopathisch verdünnt waren. BTW: Witzig, dass auch Homöopathie sehr überzeugte Anhänger hat.)

    Seit GW Bush den ABM-Vertrag 2001 gekündigt hat, liefen sämtliche Versuche russischer Diplomaten, neue Sicherheitsabkommen zu verhandeln, auf die Sandbank. Andere Verträge wurden gekündigt. Die Nato-Osterweiterung wurde ziemlich unverhohlen verfolgt und vorangetrieben – unter Ausschluss Russlands. Insbesondere dieser Punkt demaskiert das Argument, dass Russland sich davon nicht bedroht fühlen sollte. Wie bewusst die Absage aller Diplomatie kalkuliert war, wurde in fast jeder Talkshow mit dem Handgranaten-Argument, dass jedes Land selber wählen dürfen solle, welchem Militärbündnis es beitreten will (nur Russland nicht), demonstriert.

    Ein US-Militär hat es nach dem24. Februar ’22 sinngemäß so beschrieben: Wir hätten am Verhandlungstisch endlos über die Nato-Zukunft der Ukraine verhandeln können, oder einfach testen, wie viel Ungemütlichkeit sich Russland seine Selbstbehauptung als wieder erstandene Großmacht kosten lässt.

    Trump ist einer, dem Langfristpolitik à la Nato-Osterweiterung nicht sehr nah ist. Die Nato ist ihm (nach außen) viel zu partnerschaftlich. Damit er während seiner Präsidentschaft möglichst wenig Gelegenheit findet, dem Vorankommen bei der strategischen Feindschaft mit Russland zu schaden, wurde er mit unablässigen Shitstorms der US-imperialen Medien, Bürokratie und Geheimdienste beschäftigt. Dass sich der Tiefe Staat gegen ihn verschworen habe, wurde als unbegründete Theorie abgewimmelt.

    Ich denke, dass auch in der Redaktion der NYT viele Karrieristen sitzen, die sehr genau wissen, dass wenn sie während ihrer Karriere nicht (glücklicherweise) überwiegend auf der Seite der Gewinner gestanden hätten, ihr Lebensweg viel beschwerlicher und vermutlich lange nicht so erfolgreich verlaufen wäre.

    Wenn ein Anruf von einem Geheimdienstler kommt, wissen sie: Is’ gut gemeint.

    Beim Überfliegen der Geheimdienstler-Namen des öffentlichen Briefs zu Hunters Laptop ist mir keiner der Namen der Ex-Geheimdienstler aufgefallen, die während des Wahlkampfs Clinton/Trump befanden, dass sie _Beweise_ gefunden haben, dass kein Hack die Daten der Demokraten zu Wikileaks befördert hat, sondern ein Insider sie auf ein USB-Medium kopiert hat.
    https://www.politico.com/news/2020/10/19/hunter-biden-story-russian-disinfo-430276

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