Die Vereinigten Staaten sind gespalten wie nie zuvor. Dabei mangelte es dem Land in seiner Historie nie an Extremismus. Braucht das Land eine Teilung in mehrere Amerikas, in denen Demokraten und Republikaner jeweils unter sich bleiben können?
Mögest du in interessanten Zeiten leben, heißt es (angeblich) in einem alten chinesischen Sprichwort: Das ist aber nicht als guter Wunsch, sondern als Fluch gedacht. Das gilt vielleicht für China, aber wir in Amerika lieben interessante Zeiten. Für uns ist eher der New Yorker Medienwissenschaftler Neil Postman zuständig, der postulierte, Amerika amüsiere sich zu Tode.
Leider lebt Postman nicht mehr, aber selbst er würde es erstaunlich finden, was wir in diesen Tagen aus Washington D.C. hören: Ein Ex-Präsident, der sein Essen an die Wand wirft, sodass der Ketchup von den Wänden tropft wie das Blut in einer Halloween-Episode der Simpsons – und der den Männern vom Secret Service ins Lenkrad greift, damit die ihn zum Kapitol fahren, wo gerade die Aufständischen mit Schamanenhörnern durchlaufen, um seinen handgewählten Vizepräsidenten aufzuknüpfen; dazu seine hübsche blonde Tochter, die ihn zurückhalten will, während der betrunkene Rudy Giuliani ihn dabei anfeuert, derweil die rechten Medien brüllen: »Lüge!«
Was die Demokraten einfach können: Verlieren!
Wer könnte ein dramatischeres Szenario erfinden? Nicht einmal Hollywood könnte das überbieten— okay, Hollywood gelänge das vielleicht, aber wir stellen uns unseren Präsidenten eigentlich nicht so vor, wie er mit wehender Machete einen Mob anführt. Was nun? Bedeutet das, dass Trump im Gefängnis landen wird wie weiland der New Yorker Parteiführer und Strippenzieher William Marcy Tweed? Oder dass die Demokraten mit wehenden Fahnen die Midterms, die Wahlen mitten in der Legislaturperiode gewinnen und dass Sleepy Joe 2024 wiedergewählt wird? Nein, nein und nochmals nein.
Die Demokraten werden es, wie immer, schaffen, den sicheren Sieg in eine knatternde Niederlage zu verwandeln. Das können die einfach. Vielleicht ernennen sie einen Kerl mit Vollbart zur Regierungsbeauftragten, um ein neues Abtreibungsrecht für alle Gender zu entwickeln, oder sie fordern eine zusätzliche Bundessteuer auf Benzin, oder irgendein führender Demokrat erklärt öffentlich, wer weiß sei und arm, sei selber schuld. Oder vielleicht machen sie auch gar nichts und erzählen einander bloß, alles in Amerika wäre großartig und freuen sich, wie demokratisch gesinnte Komiker im Fernsehen Witzchen über die dummen Landpomeranzen machen, die das nicht begreifen.
Und noch eins ist klar, wie auch immer die Hearings über den 6. Januar 2020 ausgehen, niemand wird deshalb seine Meinung ändern. Das blaue und das rote Amerika — ich weiß, überall auf der Welt bedeutet rot sozialistisch, aber man misst ja auch überall auf der Welt Milch in Litern und nicht in Tassen — also, das rote und das blaue Amerika leben in zwei Welten, mit getrennten Medien in getrennten Informationsblasen. Während CNN und MSNBC nonstop über die Hearings berichten, kommen sie bei Fox News, das mehr Zuschauer hat als die beiden vorgenannten zusammen, kaum vor.
Gespalten durch Social Media?
Diese Zweiteilung ist nicht neu in Amerika, aber noch nie war das so krass. Gut, früher bestand ein Teil der Bevölkerung aus Sklaven in Lehmhütten und ein anderer Teil lebte in Villen mit einer von Marmorsäulen umrahmten Terrasse, aber es war nicht so LAUTSTARK. Es war krass, aber man blieb für sich. Dass es heute anders ist, liegt, keine Frage, an den Social Media. Früher dachten viele sogar noch extremer – vor hundert Jahren hatten wir in New York echte Marxisten, die Bomben auf Wall-Street-Banker warfen, die ihr Geld mit Aktien verdienten, deren Ausgeber mit Kinderarbeit reich wurden – aber heute haben die alle ein Megafon. Und zwar eines, das im Zweifel von New York bis Bisbee, Arizona reicht, ohne dass man brüllen muss.
Amerika heute ist wie in der Anhalter-durch-die Galaxis-Serie von Douglas Adams, wo die blutigsten Kriege ausbrechen, nachdem der im Ohr lebende Babelfisch ungefragt alles übersetzt, was zuvor ausländisch und unverständlich war. Und, apropos übersetzt, natürlich können sich heutzutage auch Leute in allen Sprachen anbrüllen. Und es wird nicht beim Brüllen bleiben. In Amerika gibt es mehr als 400 Millionen Gewehre.
Vielleicht wäre Amerika glücklicher, wenn die rote Hälfte die schreckliche blaue Hälfte los wäre, und umgekehrt. Die erzkonservativen Christen könnten ihren eigenen Staat haben; südlich der Mason-Dixon-Line, der alten Bürgerkriegsgrenze, mit der Ostgrenze westlich von Fort Worth, also durch Texas – El Paso schlagen wir zu New Mexico.
Lasst uns zwei, drei, viele Amerikas schaffen!
Bei den rechten Christen in Amerika sind inzwischen die Katholiken nicht mehr von den Evangelikalen zu unterscheiden, hingegen haben sie wenig Ähnlichkeit mit liberalen Katholiken oder Lutheranern. Warum nicht eine neue, konservative U.S.-Only-Kirche gründen, mit einem amerikanischen Papst an der Spitze? Kandidaten gäb es genug, von Jerry Falwell (Junior) über Mel Gibson bis Samuel Alito, der italienischstämmige Verfassungsrichter. Sitz des neuen Vatikans könnte Richmond, Virginia, sein, das hat Tradition.
Der Nordosten wäre auch sein eigener Staat, liberal, aber mit protestantischer Arbeitsethik, mit den Eliteuniversitäten, Fernsehstationen und Verlagshäusern, der Wall Street, aber auch den Hippiekommunen von Vermont. Der neue Staat würde im Süden bis Washington D.C. reichen, im Westen bis Minneapolis, Milwaukee, Chicago und St. Louis. Hauptstadt wäre, natürlich, New York. Der dritte Staat wäre die ganze Westküste, von Vancouver bis San Diego; dazu würden auch ein paar Städte im Südwesten gehören: Las Vegas, Phoenix, Tucson, Albuquerque, Santa Fé und unbedingt noch New Orleans, das wäre eine freie Stadt, umgeben von Ausland, so wie früher Danzig.
Und die Great Plains? Die geben wir den Indianern zurück. Wem es in seinem neuen Land nicht gefällt, könnte in den Nordosten ziehen, wo Bernie Sanders Präsident ist oder in den Westen, wo Tim Cook regiert. Oder in den Süden, das echte Erbe Roms. Wie schon die Bremer Stadtmusikanten sagen: Etwas Besseres als den Tod finden wir überall.
Regime-Change-Politik durch das richtige Kaufverhalten?
Die Baseballschläger-Politik der USA (Sanktionen / Regime Changes im Hinterhof der USA, also weltweit) muss hier nicht weiter erklärt werden.
Was der US-Regierung offenbar bis heute nicht wirklich klar ist: Auch die USA stehen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit vor einem Regime-Change. Dieser lässt sich von den, dem US-Imperialismus eher kritisch gegenüberstehenden Konsumenten – ja, Konsumenten (!) – mühelos herbeiführen. So zumindest meine Theorie!
Kalifornien, Hauptanbaugebiet von Pistazien und Mandeln, leidet seit Jahren unter extremer Dürre. Privathaushalte, Milchbauern leiden unter extremer Wasserknappheit.
Aggressive Lobbyisten konnten bis heute durchsetzen, dass die verbliebenen Wasserressourcen für den Erhalt von Mandel- und Pistazienbäumen aufgewendet werden.
Verständlich, dass diese von Lobbyisten geschmierte Politik mehr und mehr Kalifornier auf die Barrikaden treibt.
Ich erkannte dies frühzeitig und kaufte im zweiten Halbjahr des Jahres 2020 mehrfach XXL-Packungen an Mandeln und Pistazien im Supermarkt meines Vertrauens.
Anfang Januar 2021 dann der Sturm auf das Kapitol! Viele Kalifornier waren dabei.
Meine Theorie wurde somit bestätigt!
Nun möchte ich hier keine „klugen Ratschläge“ geben. Es sei mir jedoch erlaubt, darauf hinzuweisen: Pistazien und Mandeln schmecken nicht nur sehr, sehr lecker – sie tragen auch für eine gesunde Ernährung bei……….
Auch die enormen „Kollateralschäden“ bei der Förderung von Fracking-Gas sehe ich als wuchtigen Sprengsatz (Mutter aller Sprengsätze) für die USA. Der wütende Widerstand vieler Geschädigter (allen voran in Texas und Pennsylvania) hat großes Potential.
Ich vertraue Herrn Habeck. Er wird dafür sorgen, dass wir im Winter nicht frieren müssen.
In Deutschland macht US-Frackinggas wohlig warm, was eine große Freude ist. In und um das Kapitol herum könnte es jedoch bald für ungemütliche Hitzeentwicklungen sorgen…..
Die bürgerlichen und wirtschaftlichen Freiheiten und Belange haben in den USA stets den militärischen Bedürfnissen und Interessen weichen müssen. – Auf diesem Fundament ist dieser Staat aufgebaut – hunderttausend Indianerleichen, eben so viele Sklaventote und heute Kriegsopfer in den überfallenden ländern.
Skurriler Weise scheint es unmöglich zu sein, dass so ein Gebilde ins wanken kommen kann, denn für die Yankees stellt sich die Überlebensfrage mittels Teilung gar nicht, denn 8 Milliarden Menschen auf der Erde bieten eine quasi unerschöpfliche Ressource.
Hallo Eckart,
die ökonomischen Interessen stehen immer an der ersten Stelle, was auch die bürgerlichen Interessen sind. Das Ganze würde klar werden, wenn die „militärischen Interessen“ definiert werden müssen. Das Fundament des Staates ist die Lohnarbeit. Dazu wird im Artikel nichts gesagt, Sklaven und Lehmhütten wurden mal benannt. Etwa so wie heute leben in einem Auto unter der Brücke. https://klartext-info.de/?p=729
Der Artikel sagt nichts über die tatsächlichen Widersprüche Amerikas, sondern lediglich über die Vielfalt von komischen Ideen. Die wahren Marxisten (wer sind die nicht „Wahren“ sind?) verdienten Ihr Geld dann mit Kinderarbeitsaktien. KluKlux Clan ist nicht erwähnt und wie lange das noch die Justiz bestimmt hat. Aber auch, nur wenn die heutige Polizei nicht mitgezählt wird. Es geht darum, dass der Kapitalismus in den USA auf dem absteigenden Ast ist. Das gilt es zu verschleiern, da helfen kein Aufspaltungen, dann gibt es eben nationale Kriege.
Die Vorstellung, die usa in mehrere Bestandteile zu zerlegen ist quasi die Spiegelung des feuchten Traumes der NeoCons Russland zu zerlegen. So positiv das in der Theorie aussehen mag – in beiden Fällen führten einschlägige Versuche mindestens zu Bürgerkriegen, keine der beiden Regierungen würde das zulassen. Die Gefahr wäre gross, dass sich daraus eine weitere globale Katastrophe ergäbe.
Was wir alle dringend brauchen sind nicht halbernst gemeinte Fantastereien, sondern die Erzeugung von Druck mit dem Ziel zwischen allen direkt und halbdirekt beteiligten Parteien unverzüglich Friedensverhandlungen einzuleiten. Der neue deutsche Aufruf, den u.a. Yogeshwar, Precht und Zeh unterschrieben haben, geht, was immer im Detail drinsteht, in die richtige Richtung, müsste aber dringend internationalisiert und durch öffentliche Happenings, Kundgebungen, Aktionen unterstützt und verstärkt werden.
Der angerichtete Schaden wächst täglich, schon heute ist absehbar, wer ihn kurzfristig schultern muss, wessen Zukunft regelrecht aufgefressen wird. Ins vollends Unerträgliche wirds dadurch versetzt, dass die massiven ökologischen Probleme erneut auf die lange Bank geschoben werden, schon nur durch die immense Reallokation finanzieller Mittel – die es ganz eigentlich gar nicht gibt, für die also die Schuldenberge weiter aufgetürmt werden müssen.
Gegenwärtig treibt alles in Richtung eines globalen Tilts. In Zustände, für die es keine historischen Vorlagen, also auch keine Erfahrungen gibt.
Niemand will Russland „zerlegen“. Gewollt ist, dass die Faschisten im Kreml abgeräumt werden und bestmöglich im Knast landen. Alles andere ist Propaganda.
Zumindest in der Führungsschicht der Russischen Föderation einerseits und bei den NeoCons in den USA haben Aufteilungsphantasien im eigenen Land absolut keinen Platz. Den NeoCons fehlt ja sogar die Phantasie für eine multipolare ‚Welt.
Dem Nordosten der USA entschlüpfen ja noch Vorstellungen, die man geneigt ist, sie als wissenschaftlich untermauert zu bezeichnen, wie man Krisen in Noch- oder vergangenen Imperien angehen könnte, wie zum Beispiel:
Krise: Wie Nationen sich erneuern können Gebundene Ausgabe – 22. Mai 2019
von Jared Diamond (Autor, geb. 10.09.1937 in Boston), Sebastian Vogel (Übersetzer)
• Herausgeber : S. FISCHER; 1. Edition (22. Mai 2019)
• Sprache : Deutsch
• Gebundene Ausgabe : 464 Seiten
• ISBN-10 : 3100002849
• ISBN-13 : 978-3100002846
• Original: Upheaval: How Nations Cope with Crisis and Change (ISBN 978-0316409131)
Diamond developed a third career in environmental history and became a professor of geography at UCLA, his current position. ( “The Prize Winner, 1998”. Expo-Cosmos. Archived from the original on May 3, 2009. Retrieved May 18, 2009.)
P.M. Magazin Published On: 2019-07-22: Diamonds Bücher [..] zeichnen sich generell durch enorme Faktendichte und kühne Argumentation aus, hier kommt etwas hinzu: Hoffnung.
Bei uns zuhause in der mit Kanzlerschecks gepäppelten EU und im 2+4-Deutschland mögen Medienschaffende wie Yogeshwar, Precht und Zeh ebenfalls bedenkenswerte Vorstellungen haben. Aber wir haben seit September 2021 Regierungsdarsteller, die nicht einmal differenzierte Auffassungen zur Kenntnis nehmen (können).