Ursache und Folgen der Demokratiedemontage

Keine Lobbyisten!
Daniel Huizinga, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Es reicht bei den Demos gegen rechts nicht, auf die Straße zu gehen. Man muss in die Köpfe – und in den Bauch.

Die Straßen sind voll. Mit Hunderttausenden Menschen, die ein Zeichen gegen Rechts setzen wollen. Irgendwie auch für die Demokratie. Fast gleichzeitig präsentiert ein von der Politik offiziell eingesetzter Bürgerrat seine Ergebnisse zur Lebensmittelpolitik. Hier verhallt die Wirkung allerdings schneller wieder, als die jedes Traktors vor dem Brandenburger Tor. Petitionen, Unterschriften sammeln, das hat eh Hochkonjunktur. Dazu eine Parteigründung und im Januar viele Neueintritte in Parteien. Sind das nicht alles Zeichen für die Widerstandskraft einer lebendigen Demokratie?

Demos für was eigentlich?

Ich frage aber zunächst: was müsste die Demonstrationen und Signalen der Bevölkerung begleiten? Was ihnen folgen? Und vor allem, warum ist es so schwer einen Zusammenhang herzustellen: zwischen der schleichenden Demontage der Demokratie seit vielen Jahren, der gesteigerten Unzufriedenheit mit der herrschenden Politik und dem Zulauf rechter Ideologien und Parteien?

Vor mittlerweile gut 15 Jahren attestierte Colin Crouch so ziemlich als Erster dem Westen eine sogenannte Postdemokratie. Eine aufrechtgehaltene, demokratische Fassade mit freien Wahlen. Dahinter eine schleichende Demontage, zerfallende Diskurs- und Resonanzräume, übermächtige Lobbys. Danach kamen unzähligen Soziologen und Politikwissenschaftler mit langen Analysen und anderen Begriffen zu einem ähnlichen Urteil. Ausgerechnet Angela Merkel prägte den passendsten Begriff: Die marktkonforme Demokratie. Eine Demokratie, welche die Interessen von großen Marktplayern und dem vermögendsten zehn Prozent der Menschen verteidigt und diejenigen vernachlässigt, die keine starke Lobby haben, die sich nur mit der Stimme wehren können. Doch marktliberal und lobbynah rücken die meisten Parteien zusammen. Regierungsalltag hat nichts mehr mit den Grundsätzen der Parteien und deren Wahlkämpfen zu tun.

Die Zehn-Prozent-Repräsentanz

Dr. Lea Elsässer und Professor Armin Schäfer kommen bereits 2018 mit ihren Untersuchungen, welche Regierungen wem nutze und wem nicht, zu einem klaren Ergebnis: „Die Ergebnisse der empirischen Studie haben belegt, dass die politischen Entscheidungen des Deutschen Bundestages in den letzten 30 Jahren systematisch zulasten unterer Klassen verzerrt waren. (…) Das Gefühl weniger privilegierter sozialer Gruppen, kein Gehör bei den in der Politik zu finden, wird hier folglich empirisch belegt.“ (Lea Elsässer: „Wessen Stimme zählt – Soziale und politische Ungleichheit in Deutschland“, Frankfurt a. M.). Dies ungeachtet der Parteien und Koalitionen, die gerade regieren. Schon hier wird ein wachsendes Bauchgefühl zu einer belegbaren Tatsache, die meine Erfahrungen im Bundestag nur bestätigen. Aber es werden in der Politik und den Medien eben keine Zusammenhänge hergestellt und der Einzug der AfD in den Bundestag galt als Unfall. Ich mutmaße, dass bei einer Untersuchung der letzten Jahre festzustellen wäre, dass auch die Interessen der mittleren Einkommensgruppen immer weniger berücksichtigt wurden.

Immer mehr Menschen werden auch im Bundestag nicht repräsentiert. Der jetzige Bundestag weist einen Akademikeranteil von 87 Prozent auf – Rekord! Aber niemanden macht dies zum Thema. Es sitzen demnach Frauen und Männer an der Schaltstelle der Macht, die soziale und finanzielle Notsituation nie erleben mussten. Die Sparsamkeit, Bildungsferne und Chancenungleichheit kennen sie nur vom Hörensagen. Deshalb kommt wohl eher Freude auf, wenn gerade diejenigen immer weniger wählen gehen, die aus den unteren Einkommensgruppen stammen, die sich im Stich gelassen fühlen.

Der Bundestag – die eigentliche Entscheidungsmitte – ist zu einem reinen Mehrheitsbeschaffer der Regierung geworden. Die Politik der Regierungsfraktionen besteht darin, die Mehrheit für die Regierungsvorlagen zu sichern, Lobbyistengespräche zu führen und wenn es hochkommt, den eignen Parteien dies vor Ort zu verklickern. Oppositionsanträge werden per se abgelehnt, es wird nur für die Öffentlichkeit kritisiert, um dann selbst wieder in der Regierung jede kritische Debatte abzublocken.

Absterbende Resonanz

Gerade die Parteien und damit auch die Politiker ignorieren die generelle Unzufriedenheit und leugnen die Krise des politischen Systems. Wenn es gar nicht anders geht, wird es als Zeitgeist, als Kritik gegen die aktuelle Regierungspolitik abgetan. Dabei geht es nicht um um die Politik der Parteien allgemein. Parteien, die versuchen, mit immer weniger Menschen in völlig veränderten Rahmenbedingungen, immer noch so Politik zu organisieren, wie vor 60 Jahren. Alle Parteien zusammen haben in den letzten 25 Jahren etwa die Hälfte aller Mitglieder verloren. Die Aktivenbasis schmilzt rapide und der Altersschnitt schnellt nach oben. Eintrittswellen sind kurzfristige Erscheinungen und kehren sich meist schnell wieder um.

Große politische Debatten finden dort nicht mehr statt – es regiert Show, Wahlkampf, Taktik und eine Abwehrschlacht gegenüber den Konkurrenten. Die Basis kommt allein mit den Organisationsaufgaben nicht mehr hinterher. Auch inhaltlich bluten sowohl Sozialdemokratie, Liberalismus und Konservativismus aus. Es geht fast nur noch um Machtgewinn oder Machterhalt. Wer das Spiel nicht mitmacht, kann selbst nicht profitieren und wird schnell entsorgt. Ich war deshalb wohl einer der wenigen aktiven Politiker, der die Verhältnisse beschrieb und veröffentlichte. Ich musste die Postdemokratie immer mehr als Fakt bestätigen. Ich stelle dies viel ausführlicher im Buch und im Podcast „Lobbyland“ dar. Vor allem auch die Rolle des Profitlobbyismus, der die Regierungen genau zu dieser marktkonformen Postdemokratie getrieben hat.

In vielen Medien – vor allem mit hoher Reichweite – sieht es nicht viel anders aus. Themen werden beleuchtet, wenn sie aufploppen, aber sie werden meist nicht in den Gesamtzusammenhang gerückt. Für differenzierte Analysen bleibt oftmals keine Zeit und die teilweise guten Dokumentationen laufen unter ferner liefen, wo sie eh nur bereits informierte Menschen schauen. Zudem sitzt ein großer Teil der Hauptstadtpresse mit im Boot einer elitären Klasse, mit einer pikanten Nähe zur Profitlobby. Die hartnäckigen, kritischen Journalisten haben es dort schwer. Demokratie wird also leider gerade hierzulande nur zu einem Thema, wenn Klimaaktivsten Straßen blockieren, Rechte zum Marsch auf den Bundestag blasen oder gewählte Staatschefs wie Trump, Orban und Co. Demokratiefeindlichkeit offen ausleben.

Auch 2024 reicht die Analyse kaum weiter, als dass man den Rechten nun doch mal Einhalt gebieten, eine zu erfolgreiche Partei verbieten sollte. Die Union zeigt auf die Ampel und die Parteien der Ampel auf die Union und ihre eigenen Koalitionspartner. Gleichzeitig kürzen sie sämtliche Haushalte (außer für die Verteidigung), ebenso die politische Bildungsarbeit und haben angeblich kein Geld mehr für die versprochene Mini-Entlastung der breiten Bevölkerung – dem Klimageld. Während sich die Superreichen gerade in den Krisenjahren stark bereichert haben. Allein das Gesamtvermögen der fünf reichsten Deutschen wuchs laut Oxfam seit 2020 inflationsbereinigt um fast 74 Prozent von etwa 89 auf rund 155 Milliarden US-Dollar.

Wir haben mehr als eine Repräsentationskrise. Während eine kleine Minderheit und einige Profitlobbyisten überrepräsentiert werden, muss sich die breite Mehrheit mit einer trügerischen Hoffnung (mit der nächsten Regierung wird es besser) und dem kleineren Übel zufrieden geben. Als würde es keine Demokratie geben, in der man dieses Missverhältnis mit der Stimmabgabe beheben könnte. Dafür kann man auch nicht mal die FDP verantwortlich machen. Die ist schließlich nicht dafür gewählt worden, diejenigen zu vertreten, die keine stake Lobby haben.

Verlust der Akzeptanz

Die Bertelsmann Stiftung präsentierte in diesem Monat eine Umfrage zum Vertrauen der 18- bis 30-jährigen Deutschen in die Demokratie und die Politik. Eine Mehrheit von 52 Prozent  gab an, der Regierung nicht zu vertrauen, während 59 Prozent der Befragten der Demokratie ihr Vertrauen aussprachen. Immerhin mal Zahlen, die auch in die Medien transportiert wurden (wahrscheinlich, weil dahinter eine Lobbyorganisation steht). Spannend ist dann die Einordnung. Der Deutschlandfunk berichtet ausgiebig und der Moderator und der zugeschaltete Korrespondent wiesen besonders auf die Diskrepanz hin, dass so viele ja der Demokratie vertrauen, aber nicht der Regierung. In anderen berichtenden Medien kommt ebenfalls der Hinweis, auf die vergleichsweise hohe Akzeptanz der Demokratie. Die Politik reagierte gewohnt – also so gut wie gar nicht. Nicht ganz, der NRW-Landtagspräsident äußerte – mit den Zahlen konfrontiert – man müsse die jungen Menschen mehr in die Parlamente einladen…

Sowohl die Umfrage, als auch die Reaktionen und Einordnungen, zeigen das ganze Dilemma unserer Demokratie und der Debatte darüber. Mehr fällt einem nicht ein, als junge Erwachsene ins Parlament einzuladen? (Davon abgesehen, dass dann noch mehr ihr Vertrauen verlieren würden.) Im Ernst? 59 Prozent Vertrauen in die Demokratie ist ein hoher Wert? Es ist eher besorgniserregend, wenn im Umkehrschluss bereits 41 Prozent dieser Altersgruppe der Demokratie nicht mehr vertrauen. Und die dennoch klare Diskrepanz zwischen der Demokratie und dem Vertrauen in die Politik ist natürlich gut zu erklären, wenn man sich mal etwas länger mit der Demokratiedemontage und mit den Zuständen in der Politik auseinandersetzen würde. Hier offenbart sich die ganze Ignoranz. So wie eine deutlich nachlassende Wahlbeteiligung und andere Umfragen nie ins Zentrum einer politischen Debatte gerückt werden, egal wie besorgniserregend sie sind.

Im September 2023 fragte Infratest/dimap nach der Zufriedenheit mit der Demokratie als Staatsform an sich – und mit der Art und Weise wie Demokratie gerade in Deutschland funktioniert: Während 85 Prozent aller Befragten die Demokratie als eine gute Regierungsform ansahen, war eine Mehrheit von 55 Prozent mit der Art und Weise, wie sie heute ausgeführt wird, weniger oder gar nicht zufrieden. Also noch schlägt sich die Unzufriedenheit mit der Politik und den Parteien nicht auf die ganze Staatsform nieder. Bei den Jüngeren bröckelt aber wohl auch da schon die Akzeptanz. Und genau das ist gefährlich, da muss man doch einhaken. Genau da müssen doch die Parteien auch ihre Verantwortung bekennen. Und genau dort ist ein wichtiger Grund zu finden, warum rechte Parteien, die es schaffen, sich als einzige, wirkliche Alternative zu präsentieren (hier liegt auch ein klares Versagen der linken Kräfte vor), so viel Zulauf bekommen.

Bei weitem nicht alle, die sich von der herrschenden Politik abwenden, lehnen per se die Demokratie ab. Und nicht alle, die sich mittlerweile vorstellen können, eine rechte Partei zu wählen, sind ideologische Nazis. Aber je mehr und je länger man solch eine Partei wählt und sich von allen anderen verraten fühlt, dann auch noch beschimpft wird, desto mehr solidarisiert man sich auch mit der Ideologie der Rechten. Es gab mal den klugen Spruch: Nazis raus – mit der Ergänzung: aus den Köpfen. Wir vergessen allerdings, dass viele Menschen vor allem durch ein Bauchgefühl geprägt werden. Es müssen Kopf und Bauch angesprochen und gewonnen werden.  Dafür reicht kein Beharren auf reine „Fakten“.

Aufbrechen der Ignoranz

Demokratie bezeichnet ein breites Spektrum von Möglichkeiten und sie wird gedehnt, verformt, sehr unterschiedlich interpretiert. Deshalb wird von vielen Politikern so getan, als hätten wir hier eine lupenreine Demokratie voller lupenreiner Demokraten und nur einige Radikale. Die Bevölkerung würde die Politik halt nicht begreifen, die Mühen nicht honorieren, sie wären mit der Demokratie unzufrieden. Nein, sie sind mit der herrschenden Politik unzufrieden. Sie sehen sich als Verlierer der neoliberalen Jahrzehnte, und sie glauben an keine Besserung, oder dass es gute Chancen für ihre Kinder gibt. Immer mehr glauben, dass die meisten Politiker unglaubwürdig, machtgierig und korrupt sind. Bisher sind die meisten vollständig ins Private geflüchtet, haben auf ihre Stimmabgabe verzichtet. Bisher waren dies überwiegend Menschen aus den einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen. Aber die Unzufriedenheit steigt auch bei Menschen aus mittleren Einkommensgruppen. Und immer mehr können sich zumindest vorstellen, rechte, antidemokratische Parteien zu wählen. Das ist genau der Zusammenhang, der nicht hergestellt wird.

Und wenn doch mal diese Analyse auf den Tisch kommt, dann wird gern von Verharmlosung der rechten Parteien, ihrer Anhänger und Ideologien gesprochen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Vieles auf den Osten oder auf ungebildete vorurteilsbehaftete Bevölkerungsteile zu schieben, ist verlogen und verharmlost die Gefährdung. Wir erleben mit der Demokratiedemontage  das Gegenteil von “Mehr Demokratie wagen“. Es ist ein wunderbarer Nährboden für Unzufriedenheit und für Extremismus. Natürlich gibt es reines rechtsextremes Gedankengut und dies nicht zu knapp. Und natürlich muss es bekämpft werden, aber auch da ist die Frage, wie entsteht es und wie bekämpft man es, nicht nur oberflächlich. Denn dieses Gedankengut ist auch in der ganzen Gesellschaft verankert. In vielen Parteien und Organisationen, bis in oberste Führungspositionen, da muss man ja nur mal an Hans-Georg Maaßen denken. Auch das hat man ignoriert. Es gibt und gab keine Brandmauern. Aber mittlerweile wächst der Zunder für diese Ideologie, weil die Politik so viel Unzufriedenheit erzeugt hat, weil so lange die Postdemokratie, der übermächtige Profitlobbyismus ignoriert wurde. Genau das muss erkannt werden, genau dies muss am Anfang stehen, um wirklich wirksam und langfristig reagieren zu können.

Demonstrationen, Petitionen, Signale sind nur dann wirklich wirksam für die Demokratie, wenn das ganze Ausmaß der Demokratiedemontage und -gefährdung erkannt und in das Engagement einbezogen wird. Wenn also nicht die vermeintlich leichten Lösungen im Vordergrund stehen. Demokratie ist dehnbar und anpassbar. Das kann gefährlich sein, aber es könnte jetzt auch umgekehrt und somit zu einem Vorteil werden. Die Demokratie besitzt einen großen Instrumentenkoffer. Nur wenige Instrumente nutzen wir aktiv. Die Menschen müssen zurückgewonnen werden und dafür müssen wir sie auch beteiligen, sie müssen zu Profiteuren werden. Dazu muss man sich nicht nur mit Nazis anlegen, sondern mit denen, die Politik für die obersten zehn Prozentgemacht haben und mit denen jener 10 Prozent, die gerade in Krisenzeiten noch mehr haben wollen, statt auch mal solidarisch zu sein. Dann erreichen wir vielleicht die Bäuche und die Köpfe.

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24 Kommentare

  1. “Bisher sind die meisten vollständig ins Private geflüchtet, haben auf ihre Stimmabgabe verzichtet. Bisher waren dies überwiegend Menschen aus den einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen. Aber die Unzufriedenheit steigt auch bei Menschen aus mittleren Einkommensgruppen. Und immer mehr können sich zumindest vorstellen, rechte, antidemokratische Parteien zu wählen. Das ist genau der Zusammenhang, der nicht hergestellt wird.”

    Ja, der Zusammenhang zwischen der Politik der Kartellparteien und der abnehmenden Bereitschaft der Bevölkerung sie zu wählen ist wichtig und es ist wirklich erfreulich, dass ein “Insider” das thematisiert.

    Trotzdem möchte ich dieser Aussage in zwei Punkten widersprechen. Erstens erlebe ich, spätestens seit Corona, eine extreme Unzufriedenheit auch bei Menschen, die eher zu den Privilegierten gehören. Aber die haben eben auch andere Möglichkeiten als sich ins Private zurückzuziehen. Das Ärzteehepaar, das sich “sicherheitshalber” ein Haus in der Schweiz gekauft hat oder der Unternehmer, der parallel versucht seinen Firmensitz ins Ausland zu verlegen oder es zu verkaufen, sind nur zwei Beispiele aus meinem Bekanntenkreis. Und sogar die Bedienung beim Metzger hat mich schon gefragt, ob ich auch solche Menschen kenne, das scheint also nicht auf meinen Bekanntenkreis beschränkt zu sein!

    Zweitens sind “antidemokratisch” und “rechts” keine Synonyme. Als gesichert antidemokratisch würde ich die Grünen, die CDU, die SPD und die FDP betrachten. Einfach weil freie Meinungsäußerung die Basis jeder Demokratie ist und NetzDG und DSA ein Versuch sind, der breiten Masse die Möglichkeit sich frei im Internet zu äußern und so weit mehr Menschen zu erreichen als das zuvor möglich war, wieder zu nehmen.

    Das heißt natürlich nicht, dass Restlinke, BSW, Werteunion und AfD sich nicht auch als antidemokratische Parteien entpuppen könnten, falls sie die Gelegenheit dazu bekommen sollten. Aber warum der Autor den beiden Rechten dieser Parteien pauschal unterstellt “antidemokratisch” zu sein, verstehe ich nicht. Eine Begründung wäre nett gewesen!

    1. Noch deutlicher: AFD und BSW sind die letzten Parteien, die die kümmerlichen Reste an Demokratie in Deutschland noch verteidigen.

    2. Bei mindestens einem Punkt muss nun wiederum ich widersprechen:
      Auch ich kenne Menschen, von denen Sie schildern, obwohl ich diese nicht zwangsläufig im herkömmlich gemeinten Mittelstand verorten würde!

      Es besteht jedoch ein erheblicher Unterschied zwischen einem veränderten Wahlverhalten begründet in “mit Rücken an der Wand stehen” oder der vorsorglichen Sicherung der “eigenen Felle”, wenn “alle Stricke reißen”.
      Signifikanter Unterschied!😉

      1. Richtig, die erwähnten Bekannten wählen alle noch, nur eben andere Parteien als früher. Ich bezog mich auf “Aber die Unzufriedenheit steigt auch bei Menschen aus mittleren Einkommensgruppen.”

        Und die Unzufriedenheit ist eben auch oberhalb der mittleren Einkommensgruppen mittlerweile extrem ausgeprägt!

        1. klingt zwar wie ne pauschalunterstellung, aber die, die jahrelang am meisten davon profitiert haben, den “anderen” die grube graben zu lassen, haben natürlich auch am meisten angst, selbst mit reinfallen zu können. die, die heute das maul am weitesten aufreißen, sind die, die ihre schäfchen längst ins trockene gebracht haben.

  2. Wer wirklich für die Demokratie eintreten will, der darf sich nicht mit einer Regierung, die für Demokratieabbau, Aufrüstung, Krieg Kolonialherrschaft, Hass gegenüber unliebsamen Ländern, Abschiebungen und Drangsalierung von nicht gewollten Asylbewerbern und Migranten und Sozialraub teht, gemein machen!

    Wäre das der Fall, wäre es ganz schnell vorbei mit dem Auftreten der Politiker bei diesen Demonstrationen, ja, sie würden sogar die Demonstranten verteufeln weil ein Volk keine eigene Meinung mehr haben darf / soll.
    Deomokratie, Frieden und Gerechtigkeit muß für alle Völker der Welt gelten!

  3. Die Politiker wissen nicht mehr weiter. Deshalb ignorieren sie die generelle Unzufriedenheit und leugnen die Krise des politischen Systems. Wenn eine bestehende Herrschaft nicht mehr legitimiert werden kann, kommt es zu einem “narrativer Zusammenbruch”. (Malcom Kyeyune) Die Folge davon ist nach Kyeyune eine Abwendung von der Vernunft und eine Hinwendung zu Ritualen, Aberglauben und Tabus.
    Im Westen gibt es einen narrativen Zusammenbruch infolge der Globalisierung. Die Hyperglobalisierung der letzten Jahrzehnte nützte am Anfang Deutschland. China wuchs in rasendem Tempo und brauchte Autos und Maschinen und Deutschland lieferte beides. Die EU-Erweiterung nach Osteuropa eröffnete neue Märkte für deutsche Exporte. Deutschland prosperierte.
    Die Wirkung des Wirtschaftsmodell der vergangenen drei Jahrzehnte schlug zwangsläufig ins Gegenteil um, nachdem China durch die Lieferung von Produktionsmitteln aufgestiegen war und es sich erlauben konnte, weniger deutsche Produkte zu importieren. Das gilt auch für andere Länder. Und besonders problematisch war die Verlagerung von Produktion ins Ausland, um dort billig produzierte Produkte mit hohem Gewinn im Inland zu verkaufen, was zu hoher Arbeitslosigkeit führte. Weitere Probleme entstanden durch die Masseneinwanderung Unqualifizierter.
    In dieser Situation kam es zu dem narrativen Zusammenbruch, den Kyeyune folgendermaßen beschreibt.
    “Die Zukunft, die ihnen versprochen wurde – und die sie dem Rest von uns versprochen haben – eine Zukunft des anhaltenden westlichen Fortschritts, des Wohlstands und der geopolitischen Dominanz, erscheint immer weniger plausibel und weder mögen sie die Zukunft, die in Sicht kommt, noch verstehen sie diese.” (zitiert nach RE DE)
    Eine einzigartige Chance zur Lösung dieser Probleme wäre die Zusammenarbeit mit dem an Energieressourcen reichen Russland gewesen, die angeboten und abgelehnt wurde. Stattdessen wurde Deutschland in einen Krieg mit Russland getrieben.
    Nun wissen die Politiker nicht mehr weiter. Deshalb unterliegen sie heute Tabus und Aberglauben, die sich besonders in Gesundheits-, CO2-, Klima- und Energiepolitik manifestieren. Das sind sozusagen die wirtschaftlichen Wunderwaffen, während sie den Krieg gegen Russland mit militärischen Wunderwaffen gewinnen wollen, so wie ihr Vorgänger, der auch nicht mehr weiter wusste. Für die Politiker gibt es nur noch Korruption und Lobbyismus.

    1. @ Torwächter
      Gut beschrieben.
      Was die toxischen Machthaber der BeeRDigt und EUrOpa seit etwa drei Jahrzehnten praktizieren waren doch permanent ökonomische Eigen-Kopfschüsse mit Ansage. Und wie meist ist dann jeder Andere als man selber daran schuld. Als letzte Machterhalt-Rettungsleine faselt man derzeit von der äußeren Bedrohung um einen Krieg anzuzetteln.
      Da es das deutsche Bürgerlein vorzieht politisch und ökonomisch eifrig den Vogel-Strauß-Kopf-in-den-Sand zu üben, könnte dieser suizidale Schwachfug sogar funktionieren.
      Mir scheint Rationalität ist definitiv Vergangenheit, feministisch-Pippi-Langstrumpf-regelbasierte Emotionalität gibt das Begleitgezeter für die nähere Zukunft.

      1. “Die Politiker wissen nicht mehr weiter.”

        Wollen die das denn überhaupt?
        Geht es den meissten nicht nur noch um einen trockenen Unterstand für die eigenen Schäfchen statt einer Politik zum Wohle der gesamten Gesellschaft, also aller? Machen sie nicht deshalb eine Politik speziell für diejenigen, die ihnen diese trockenen Unterstände nicht nur bauen, sondern auch über die eigene Politikkarriere hinaus luxuriös ausstatten?

    2. Wie ist denn das zu verstehen?

      “… Aberglauben, die sich besonders in Gesundheits-, CO2-, Klima- und Energiepolitik manifestieren.”

      Besonders diese 3fache Erwähnung des gleichen Themas kommt mir verdächtig vor.

      Kontrollfrage:

      Die menschengemachte globale Erwärmung gibt es und die Forschung dazu ist richtig?

      Daraus ergibt sich dann die Energiepolitik von selbst, seien es Klimaleugner, Eike und AfD – oder die mildere Variante sind die Grüne, die auf grünes Wirtschaftswachstum setzen, also das Problem anerkennen, aber verharmlosen.

      Gerade hier scheitert übrigens Demokratie ganz besonders, denn die meisten Deutschen sind alt. Wenn die globale Erwärmung richtig hart zuschlägt, dann leben sie nicht mehr. Sie tun so als wären sie ach so kinderlieb, in Wahrheit halten sie die nur für Haustiere in Menschenform und leben nach dem Motto: “Nach mir die Sintflut”.

      1. Ich frage mich, welche persönlichen Ängste diese Klimahysterie auslösen und darin untergebracht werden. Ist es die Angst um den Job, oder funktoniert die Ehe nicht, oder bestehen hohe Schulden. An diese Dinge denkt man nicht gern, sondern hat lieber Angst vor der Klimakatastrophe, die es auch in fünfzig Jahren nicht gibt.

        1. Ad hominem soll die mangelnde sachliche Kompetenz ersetzen.

          Ist aber nett, dass du dich geoutet hast mit dem Pamplet, sicherlich nicht zum ersten Mal, aber das hatte ich verdrängt. Vielleicht werde ich das nicht wieder vergessen. Nein, Typen wie du sollten keine Entscheidungsbefugnisse in Gemeinschaften bekommen, weder demokratisch noch sonst wie. Ist auch niedlich wie du dich über Aberglauben beschwerst, aber nicht bemerkst, dass du dem selbst frönst. Das meinte ich übrigens, dass die meisten Demokratieschreier gar nicht merken, wenn sie wirklich mehr Demokratie und damit Verantwortung bekämen, dass das dann ein Rohrkrepierer würde, weil sie gar nicht damit umgehen können. Sie haben es nie gelernt wie man wissenschaftlich fundierte Entscheidungen trifft oder was ein valides ethisch-moralisches Wertesystem ist.

          Viel Spaß beim weiteren Backen aufblasen und ich habe sogar Verständnis für Jeden, der so Jemanden wie dich einfach ignoriert. Du hast das nicht anders verdient.

  4. Demokratie in einer Klassengesellschaft ist ein Widerspruch in sich. Die Aufgabe bestünde darin, Demokratie erst einmal wirklich möglich zu machen.

  5. Zu den Landtags- und Bundestagsbesuchen von Schulklassen kann ich nur aus eigener Erfahrung sagen, dass es nichts Abstoßenderes gibt für junge Menschen als das verbale Gemetzel und Mobbing von Parlamentariern untereinander oder Politikersprech und ihr pompöses Auftreten live zu erleben. Danach sind jegliche Illusionen, dass das was Tolles wäre, verflogen.

    Die Erfahrung empfehle ich wirklich jeder Schulklasse.

    Man könnte auch das Buch von Roger Willemsen dazu lesen.

    Da die Demokratie sakrosankt ist, ein gesellschaftliches Taboo, müssen eben auch alle, die daran glauben, weiterhin mit ihrer kognitiven Dissonanz dazu leben. Der Herr Bülow spricht sehr wahrscheinlich aus taktischen Gründen den Elefant im Raum, den Kapitalismus, nicht an. So wie es eben läuft, sollen dem ein paar Regularien als Ketten angelegt werden, damit die Korruption nicht ganz ausartet. Siehe auch hier, die Frage ob Demokratie mit Milliardären überhaupt möglichst ist:

    Soziologe Michael Hartmann über seine Elitenforschung – Jung & Naiv: Folge 691

    https://www.youtube.com/watch?v=HwnmjkfLgW4

    anderes Thema: Entscheidungsfindung bei politischen Fragen

    Worauf ich auch keine Antwort von Bülow bisher gesehen habe, wie man das eigentlich als Demokrat in einer idealen Demokratie machen soll, bei allen Fragen mitzuentscheiden oder alle relevanten Fragen in seine demokratische Entscheidungen, wem man seine Wahlstimme geben will, einfließen zu lassen – und natürlich auch überhaupt nichts dazu, ob es überhaupt Sinn macht so viele Entscheidungen demokratisch treffen zu wollen.

    Gerade wenn man versucht auseinander zu klambüsern, warum sich Wähler für bestimmte Kandidaten und Parteien entschieden haben, dann wird es doch zappenduster, was ihre Kompetenz angeht. Sei das jetzt Oma Erna, die Haider wählte, weil er so ein fescher Kerl war oder der gut verdienende Familienvater, der die SPD wählt, weil sie “sozial” wäre usw.

    Krass ist ja auch der immer weiter wachsende Anteil an Wechselwählern, die noch kurz vor der Wahl nicht wissen, welche Partei sie wählen sollen. Auf Die zielen immer teureren Wahlkampfkampagnen.

    Taktische Wähler sind auch eigentlich ein Widerspruch zu Ehrlichkeit und integerem Handeln, genauso wie taktische Totalverweigerer in der Regierung von Oppositionsanträgen.

    Wobei Bülow als ehemaliger Abgeordneter sicherlich mehr weiß zu den ihm genannten Beweggründen seiner Wähler.

    Das ist die Kehrseite und da wird doch auch Niemand glücklich mit. Natürlich gewinnt am Ende die Gruppe, die besser organisiert ist (und mehr Geld hat).

  6. Wir haben seit Jahren, nicht erst seit den Zeiten der Ampel, eine gotterbärmlich schlechte Politik, die vor allen die Interessen der Konzerne vertritt und nicht die der Bürger. Die eklatanteste Vertreterin dieser Politik: Ursula von der Leyen. Aber eben auch Merkel und Konsorten mit ihrer “marktkonformen Demokratie”. Märkte, die nicht da sind, sondern gemacht werden. Vom Kapital, das nachdem die alten Geschäftsmodelle ausgepowert sind, neue suchen. Stichwort Klimawandel, E-Auto, Wärmepumpe und anderer ideologischer Bullshit.
    Seit mehr als einem Jahrzehnt hat der Bürger das Gefühl, egal was er wählt, es komm Sch..ße dabei heraus. Etwas geändert hat sich nur, wenn rechts gewählt wurde. Also macht der Bürger das – wer kann es ihm verdenken. Die meisten sind nicht rechts, sie haben nur den Kanal voll von einer Politik, die gegen ihre Interessen läuft. Seit dem Ukrainekrieg ist das eklatant. Die eigenen Leute zählen nicht, das Geld wird mit vollen Händen dorthin verpulvert, schwachsinnige Sanktionen zum eigenen Schaden verursachen irreparable Schäden für die deutsche Volkswirtschaft. Auf moonofalabama.org wurde vorgestern darüber diskutiert, was die Deutschen doch für Idioten sind und wie lange die Bevölkerung das noch mitmacht.
    Die Deutschen sind Idioten und lassen sich etwas als Demokratie vormachen, was Demokratur ist. Das Correktiv -Spiel war der Gipfel von allem. Die Leute werden ver..scht ohne Ende und sie merken es noch nicht einmal. Wer bezahlt denn Correktiv? Die anglo-amerikanischen Eliten, zu deren Gunsten seit Jahrzehnten Politik gemacht wird, Damit sich auf keinen Fall etwas daran ändert.

  7. “… und wenn wir woanders hingehen?”, fragte mein Sohn mich letztens. Seltsam, denn wir haben hier alles, was wir zum Leben benötigen.
    Vor allem bereitet mir das Kriegsgebell Sorge, den Himmel durchziehen wieder Kondensstreifen, kaum ein Tag, an welchem nicht unsere stählernen Friedensengel durch die Lüfte fauchen, die Bundeswehr wirbt an vielen Ecken wie für die Teilnahme an einem Zukunftsunternehmen, entschlossene Blicke aus olivschwarzer Kriegsbemalung über Vollbärten, …. wer stört sich noch am Zeigen der Wolfsangel, Hysterie, Diffamierung, Denunziantentum, Polarisierung, Hetze, Sozialabbau, …
    Es ist durchaus wünschenswert, dass Deutschland Verantwortung übernimmt … nur … auf diese Art und Weise hatte ich mir das nicht vorgestellt, damals, um 1990 herum.

    “Militärische Drehscheibe Deutschland” … da muß ich an Fliehkräfte denken. Wenn das Ding irgendwann heißläuft, wird es mich und meine Familie in die Welt schleudern. Hier bleiben wir dann nicht.

  8. Liberale Demokratie mit ihren individuellen Freiheiten muss man sich leisten können. Wenn da nun ständig Abstriche gemacht werden, dann bedeutet das, dass man sich das immer weniger leisten kann, scheint also eine Folge von Wohlstandsverlust zu sein und den damit verbundenen Abstiegsängsten, die sich Populisten zunutze machen. Die wiederum die Rechtfertigung für den Abbau der liberalen Freiheiten liefern und in letzter Konsequenz den Weg zum Faschismus bedeutet.

    Es sieht also nicht gut aus für den Kapitalismus in Krise. Aber der muss ja in seiner liberalen Form (Freiheit für das Kapital) auf jeden Fall erhalten bleiben. Das Kapital hat den liberalen Rechtsstaat auf seiner Seite zu Lasten der Demokratie (gleich Herrschaft des Volkes, die hier im Widerspruch zur Herrschaft des Kapitals steht). Was nichts anderes bedeutet, als dass sich das Volk den Staat zurückerobern muss gegen den Widerstand der Kapital-Interessen.

  9. schon nach dem ersten satz war mir wieder klar, dass die weitere lektüre reine zeitverschwendung ist. derjenige, der mir schlüssig erklären, nee, brauch keine “erklärung”, also wer mir schlüssig nachweisen kann, dass sich aus dem ultraerzkonservativen ehemaligen verfassungsschutzpräsidenten maaßen quasi über nacht ein “rechtsradikaler” verfassungsfeind herauskristallisiert haben soll, bekommt von mir ne reichsmark geschenkt. der arme martin sonneborn tut mir manchmal echt leid, nee, auch nich, er hat sich dafür meinen allergrößten respekt verdient, dass er sich beim politischen kindergeburtstag immer wieder vor allem auch um die weniger hellen kerzen auf der torte kümmert. unser olle blödzeitung hatte in den 70ern glaubich (oder auch in den 80ern egal) eine kampagne mit dem titel “ein herz für kinder”. an gefühlt jeder zweiten heckscheibe damals pappte so ein herzfürkinderaufkleber. also auf denen, wo kein atomkraftneindankeaufkleber draufklebte (aaaber: es gab natürlich auch damals schon nicht nur zwei gehschlechter: einige hatten sogar beide aufkleber gleichzeitig aufpappen – ach, immer diese kinder!). die PARTEI sollte ihre herzige auswahl an sarkastischen sozialklimaaufklebern um einen mit der aufschrift “ein herz für politiker” erweitern. den witz verstehen mit sicherheit, nee, auch nich mit sicherheit, aber hoffentlich auch unboomer. am rande des endes meines heutigen kommentars frage ich nur noch die overton-redaktion, warum ausgerechnet jetzt immer mehr pappnasen hier als autoren zu wort kommen. da die erzkonservative schonzeit für narren gerade erst vorbei ist, hoffe ich, dass mir kein meinungszweifelnder el verrat für meinen kritischen kommentar hier jetzt gleich die hasskappe auf die zwölf setzt.

  10. an Marco Bülow, den Autor
    Ich ergänze das Thema gerne durch einen Leserbrief, der heute an “unsere” Monopoltageszeitung ging:
    Sehr geehrte Damen und Herren,
    als zeitweiliger freier Mitarbeiterin des KURIER sind mir die Entwicklungen im Wirtschaftssektor “Tageszeitungen” nicht entgangen.
    Deshalb bitte ich darum, den folgenden Leserbrief vollständig oder gar nicht abzudrucken. Deshalb geht er mit dieser Mail an Redaktion und Leserbriefverarbeitung.  Ich pflege meine Sprachhandlungen, zumindest die schriftlich ausgeführten, zu bedenken. Verkürztes Denken führt nur zufällig zu durchdachten Ergebnissen.
    Leserbrief
    Die beiden großen Überschriften der Seiten 15 und 16 des KURIER vom 20. Februar verraten genug. Auf Seite 15 wird behauptet, Arm und Reich seien im Geben vereint,  Seite 16 greift die Rede von attraktiven Verschwörungsmythen auf. Die Texte unter beiden Überschriften kann man sich im Detail eigentlich sparen. Warum?
    1. Eine der Ursachen der Verarmung von immer mehr Gemeinden  liegt in der deutschlandweit erzwungenen Umstellung der gemeindlichen Buchhaltung von der kameralistischen Buchhaltung auf die aktuell bei Unternehmen übliche Form, die Aktiva und Passiva unterscheidet und das Sachvermögen der Gemeinden einem gnadenlosen Zwang zur Abschreibung unterwirft. Kommunale Entscheidungsträger müssen  kommunalen Besitz abschreiben, statt dessen  praktischen, realen Wert für ihre Bewohner durch regelmäßige Instandsetzung zu erhalten.
    2. Mit Hilfe des Begriffs von Verschwörungsmythen werden politische Zielvorstellungen, die vom Unterschied zwischen Arm und Reich sprechen, ins Abseits gestellt. Absicht: Wir leben in einer durch und durch demokratischen Gesellschaft, die nur noch Gemeinsamkeiten kennt. Die unterschiedlichen Interessen von Armen und Reichen werden zusammengeführt in ein vorgeblich gemeinsames.
    Bereits im Vorfeld der Gründung des Bündnisses für Toleranz im Jahre 2005 in Bad Alexandersbad und auf der Gründungsversammlung wurde von Teilen der Bündnisse gegen Rechts davor gewarnt, den Faschismus durch ein Bündnis zwischen konservativen und wirtschaftsliberalen Kräften bekämpfen zu wollen. Das heißt  den Bock zum Gärtner zu machen.
    Nicht Hitler hatte nämlich die Macht ergriffen, wie die nazistische Propaganda tönte. Hitler kam an die Macht, weil sie ihm als Ergebnis geheimer Gespräche zwischen konservativen, nationalen und wirtschaftlichen Kräften im Januar 1933 zugesprochen wurde. In genau dieser politischen Tradition stehen FDP , CDU und CSU. Sie spielten sich nach dem Krieg als Nazigegner auf, obwohl dann am 23. März aus dem Weimarer Parteienspektrum nur die SPD gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt hatte, nicht die seinerzeitigen Vorläufer der Christlichen und Liberalen Parteien. Die Kommunisten konnten sich an der Abstimmung nicht mehr beteiligen. Mitglieder, Abgeordnete und Funktionäre der KP und der Gewerkschaften waren zum großen Teil schon nach dem Reichstagsbrand in Gefängnisse und Lager verbracht worden, oft unter dem Vorwand es handle sich um Kriminelle. 2021 haben 3 Parteien eine nicht handlungsfähige Regierungkoalition gebildet, die wegen zahlreicher politischer Ungereimtheiten auf wachsenden Unmut in der Bevölkerung stößt.
    Wer sich nicht allein Sitzverteilungen nach Wahlen anschaut, sondern Wahlbeteiligung und Zweitstimmenergebnisse unter Berücksichtigung der sog. Splitterparteien in den Wahlen, muss zu dem Schluss kommen, dass die aktuelle Regierung schlicht zu wenig Unterstützung findet. Die Leute wollen eben nicht rechts wählen, sondern sie bleiben wegen fehlender Alternativen zuhause. Sie wissen nämlich, dass von der AfD  weder eine soziale noch eine friedliche Politik zu erwarten ist.
    Ganz so leicht, wie sich das manche vorstellen, lassen sich Faschismus und Krieg nicht bekämpfen. Sie sind nämlich Brüder. Das wird dadurch nicht anders, dass man Befürworter einer auf Frieden orientierten Politik in einen Topf schmeißt, mit den Befürwortern weltweiter Herrschaft der wirtschaftlich Mächtigen. Seit langem treten alljährlich in den Manegen von Davos und München Clowns auf, verkleidet als `Politische Vernunft´. Garderoben der Auftretenden der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Dass es bei beiden Veranstaltungen nicht darum geht, Krieg, Armut und Hunger zu beenden, könnte sich mittlerweile trotzdem herumgesprochen haben.

  11. “Und immer mehr können sich zumindest vorstellen, rechte, antidemokratische Parteien zu wählen”

    Keine Ahnung ob die AfD antidemokratisch ist. Das müsste sich erst herausstellen wenn diese in Regierungsverantwortung sind. Man muss die AfD nicht mögen um das so zu sagen.

    Von den Grünen, SPD, FDP und auch der Union weiß ich das gesichert. Bei den Grünen bin ich mir gar sicher, dass diese Höcke soweit rechts überholt haben, dass letzterer nur staunen kann!

  12. Der Autor schreibt:
    “Bei den Jüngeren bröckelt aber wohl auch da schon die Akzeptanz. Und genau das ist gefährlich, da muss man doch einhaken. Genau da müssen doch die Parteien auch ihre Verantwortung bekennen.”

    Das ist eben der Denkfehler, weil damit ein veraltetes System irgendwie gerettet werden soll, angeblich eine Demokratie, theoretisch zumindest.

    Wo sind die Lösungen? Was ist mit echter Basisdemokratie und Rätesystemen? Dafür müsste es eine ganz andere Verfassung geben, aber vorher vor allem viel mehr Fantasie bzw. gesellschaftliche Kreativität durch das Ablegen von selbstgeschaffenen Denkblockaden.

  13. Kleiner Schreibfehler:
    “Als würde es keine Demokratie geben, in der man dieses Missverhältnis mit der Stimmabgabe beheben könnte.”

    Richtig ist:
    Als würde es eine Demokratie geben, in der man dieses Missverhältnis mit der Stimmabgabe beheben könnte.

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