Während sich im Westen Zeit als Linie vorgestellt wird, begreift China sie als Kreis. Den Unterschied zwischen linearer und zirkulärer Zeit sollte auch die Außenministerin kennen.
Es ist für uns eine aufschlussreiche Erfahrung, seit fast zehn Monaten in einer chinesischen Universität zu arbeiten. Einer der faszinierendsten Beobachtungen, die wir machen konnten, betrifft die sehr unterschiedliche Zeitwahrnehmung von Chinesen und Deutschen. In Deutschland haben wir uns daran gewöhnt, unsere Anweisungen an Mitarbeiter auch dann als Vorschläge zu formulieren, wenn wir eigentlich wollen, dass die auch tatsächlich angenommen werden und zwar bei der nächst besten Gelegenheit: „Könnten Sie vielleicht bei Gelegenheit dies und jenes erledigen?“. In China kommen wir damit nicht weit, denn was wie ein Vorschlag klingt, wird als bloße Idee interpretiert, die man nur dann ausführt, wenn man wirklich gar nicht anderes zu tun hat. Was praktisch nie passiert.
Nun läge es vielleicht nahe, dieses Scheitern der Kommunikation mit kulturell unterschiedlichen Werten zu erklären. Vielleicht sind wir eben pünktlicher, pflichtbewusster als Chinesen und haben einfach zu hohe Maßstäbe. Aber so einfach liegen die Dinge nicht, denn Chinesen können ganz außerordentlich pünktlich und zuverlässig sein. Aber sie funktionieren ganz anders und warum das so ist, hat sehr viel mit ihrer Konzeption der Zeit zu tun. Die sich dann eben doch sehr von der unseren unterscheidet.
Das Gesicht wahren
Ja natürlich, Pünktlichkeit und Effizienz haben in Deutschland, wie in den Niederlanden, wo wir auch lange gearbeitet haben, einen hohen Stellenwert – und Zeit wird als kostbare Ressource angesehen. Daher ist es üblich, Aufgaben und Termine nach der Verfügbarkeit von Zeit zu strukturieren. In den Niederlanden ist es sogar üblich, nicht spontan zum Kaffee vorbeizukommen, sondern diesen Besuch eine Woche vorher mit gezücktem Terminkalender zu vereinbaren.
Die chinesische Kultur legt hingegen viel mehr Wert auf zwischenmenschliche Beziehungen, Harmonie und Flexibilität. Die Zeit wird viel ganzheitlicher betrachtet. In dem Verständnis, dass sie vielleicht berücksichtigt und verwaltet, aber nicht kontrolliert werden kann. Zeit ist also nicht unbedingt etwas, das man besitzt, sodass die Bitte, eine Aufgabe zu erledigen “wenn man Zeit hat”, nicht auf einer bestimmten Zeitachse lokalisiert werden kann. Der Ausdruck signalisiert dementsprechend eher, dass der Auftrag keine Dringlichkeit oder gar Priorität hat.
Darüber hinaus spielt in einer sogenannten „Honor-Kultur“ wie in China das Konzept des “Gesichts” eine wichtige Rolle. Das Gesicht muss unbedingt gewahrt bleiben, das eigene und das des anderen. Achtet man nicht darauf, signalisiert man einen Mangel an Respekt, was einen selbst wiederum als nicht ernst zu nehmenden Gesprächspartner kennzeichnet. (Ganz nebenbei: wie viel fruchtbarer hätte der Besuch von Frau Baerbock in China sein können, wenn ihr das vorher jemand gesteckt hätte…). Chinesen sind also nicht deswegen pünktlich, weil sie damit einem inneren Wert Genüge tun, sondern wenn und weil sie damit anderen Menschen eine Freude bereiten und zur Aufrechterhaltung der sozialen Harmonie beitragen können.
Zirkuläre Zeitwahrnehmung
Im Gegensatz zum westlichen Konzept einer linear ablaufenden, niemals wiederkehrenden Zeit sieht die chinesische Kultur Zeit als eine Art Kreis. Diese Perspektive ist stark von den Philosophien des Konfuzianismus und Taoismus sowie der traditionellen chinesischen Kosmologie beeinflusst. Das zirkuläre Zeitverständnis kreist um die Idee der Vernetzung und des kontinuierlichen Kreislaufs der Natur. Es wird oft durch das Yin-Yang-Symbol repräsentiert, das wiederum für das Gleichgewicht zwischen gegensätzlichen Kräften und der zyklischen Natur des Daseins steht.
Zeit wird demnach nicht als eine Reihe von separaten, linearen Momenten gesehen, sondern als ein fortwährender Prozess der Veränderung und Transformation. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft werden als miteinander verbunden und untrennbar betrachtet. Die Handlungen und Ereignisse der Vergangenheit haben einen anhaltenden Einfluss auf die Gegenwart und Zukunft, und die Entscheidungen, die in der Gegenwart getroffen werden, haben auch Konsequenzen für die Vergangenheit und Zukunft.
Diese zirkuläre Zeitwahrnehmung schätzt die Harmonie und das Gleichgewicht zwischen verschiedenen Elementen und fördert ein Leben in Harmonie mit den natürlichen Rhythmen des Lebens. Es betont, wie wichtig es ist, die zyklischen Muster der Natur, wie z. B. den Wechsel der Jahreszeiten, zu verstehen und sich an sie anzupassen. In der Praxis zeigt sich diese zirkuläre Zeitwahrnehmung in der Betonung von Traditionen, Ritualen und Ahnenverehrung in der chinesischen Kultur. Es beeinflusst auch die chinesische Herangehensweise an Beziehungen, bei der Verbindungen zu Familie und Gemeinschaft als grundlegend angesehen werden.
Im Gegensatz zur chinesischen Kultur wurzelt das westliche Zeitkonzept in jüdisch-christlichen Traditionen und der Idee eines Ablaufs von Ereignissen auf einer historischen Zeitachse. Zeit vergeht, sie kehrt niemals wieder. Jede Minute, Stunde, jeder Tag und jedes Jahr wird als eigenständig und getrennt voneinander betrachtet und bildet eine lineare Progression von der Vergangenheit in die Zukunft. Diese lineare Sicht auf die Zeit betont den Fortschritt, die Leistung und das Streben nach Zielen.
Wertschätzung für den gegenwärtigen Moment
Dieses westliche Zeitkonzept ist stark von der Aufklärung und dem Aufkommen des wissenschaftlichen Denkens beeinflusst. Es betont Ursache und Wirkung, wobei die Gegenwart durch vergangene Ereignisse und Handlungen geprägt und die Zukunft durch die in der Gegenwart getroffenen Entscheidungen und Handlungen bestimmt wird. Dieses lineare Konzept hat alle Aspekte der westlichen Kultur durchdrungen, wie z. B. die Bedeutung von Pünktlichkeit, Termintreue und Zukunftsplanung. Es unterstützt die westliche Betonung von Produktivität, Effizienz und Zeitmanagement. Aber auch die Entwicklung historischer Narrative, fortschrittsorientierter gesellschaftlicher Strukturen und einer Fokussierung auf individuelle Leistung.
Beide Ansätze der Zeitwahrnehmung haben ihre speziellen Vor- und Nachteile. Die Einführung eines zirkulären Zeitbegriffs ermöglicht eine größere Flexibilität und Anpassungsfähigkeit bei der Bewältigung der Herausforderungen und Veränderungen des Lebens. Was man heute verpasst, kann man vielleicht morgen wieder erleben. Umstände und Gelegenheiten können sich immer wieder ergeben. Gleichzeitig kann diese Sichtweise zu Selbstgefälligkeit, voreilender Genügsamkeit oder einem Gefühl der Unvermeidlichkeit führen. Einzelne fühlen sich unter Umständen weniger motiviert, ihre Zukunft aktiv zu gestalten oder Chancen im gegenwärtigen Moment, und nicht erst morgen zu ergreifen.
Umgekehrt hat das lineare Zeitkonzept den Vorteil, dass es durch den Fokus auf Effizienz und Produktivität die bessere Nutzung der verfügbaren Zeit erlaubt. Dies kann den Antrieb verbessern, Aufgaben effizient zu erledigen und dies auch sofort zu tun. Andererseits verringert diese Perspektive die Anpassungsfähigkeit an Veränderungen und die Wertschätzung für den gegenwärtigen Moment. Die Sicht und die Vorfreude auf das Morgen können leicht den Genuss des Moments verhindern.
Aber vielleicht lassen sich beide zeitlichen Perspektiven auch verbinden – das glaubt jedenfalls die französische Philosophin und Mystikerin Simone Weil. Sie war davon überzeugt, dass wir durch die Kultivierung eines tiefen Gefühls von Präsenz und der ganz bewussten Konzentration auf das Hier und Jetzt die Grenzen sowohl der kreisförmigen als auch der linearen Zeitwahrnehmung überwinden können. Ein dementsprechend gesteigertes Bewusstsein, so ihre Überlegung, könnte uns helfen, uns tiefer und sinnvoller mit der Zeit auseinanderzusetzen.
Das Auswärtige Amt und die notwendige Einsicht
Weils Perspektive überbrückt die kulturellen Unterschiede in der Zeitwahrnehmung, indem sie starre Dichotomien transzendiert. Ihr Ansatz respektiert die Bedeutung der Zyklizität, ermöglicht Anpassungsfähigkeit und erkennt das Potenzial für Neuanfänge. Gleichzeitig regt sie zur Wertschätzung für die lineare Natur der Zeit an und betont, wie wichtig es ist, unsere Zukunft aktiv zu gestalten und das Beste aus unserer endlichen Existenz zu machen.
Im Wesentlichen lädt Weils Zeitkonzept dazu ein, über die Einschränkungen kultureller Perspektiven hinauszugehen und einen ganzheitlicheren und achtsameren Umgang mit der Zeit zu etablieren. Es ermutigt uns, in jedem Moment präsent, aufmerksam und bewusst zu sein und die Verbundenheit und das transformative Potenzial der Zeit zu erkennen. Indem wir Weils Einsichten in unser eigenes Verständnis integrieren, können wir sensibler mit kulturellen Unterschieden in der Zeitwahrnehmung umgehen und eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Begriff der Zeit selbst entdecken.
In jedem Fall hat uns das Verständnis dieser kulturellen Unterschiede ermöglicht, unseren Kommunikationsstil und unsere Erwartungen an die Zusammenarbeit mit Kollegen aus China oder Deutschland anzupassen. In China haben wir gelernt, wie wichtig es ist, unsere Anfragen expliziter und spezifischer zu formulieren, klare Fristen und Erwartungen festzulegen und starke persönliche Bindungen aufzubauen, um die Zusammenarbeit und das gegenseitige Verständnis zu erleichtern.
Der Umgang mit kultureller Diversität ist also alles andere als einfach, aber er ist auch alles andere als langweilig. Je kulturell vielfältiger das Umfeld, desto größer die Bedeutung der Fähigkeit, zwischen unterschiedlichen Sichtweisen hin und her zu wechseln und fremdes nicht voreilig abzulehnen. Allerdings wäre zu hoffen, dass sich diese Einsicht auch im Auswärtigen Amt stärker durchsetzt.
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„Allerdings wäre zu hoffen,dass sich diese Einsicht auch im Auswärtigen Amt stärker durchsetzt.“ Hoffen darf man immer.Aber wir sollten Realisten sein und verstehen,das mit diesem Personal im AA diese Hoffnung vergebens ist.Wer sich und seine kleine Welt als Zentrum des Universums ansieht,um das sich Alles zu drehen hat,der wird keine andere Zivilisation/Kultur als gleichwertig ansehen wollen/können…
“Wer sich und seine kleine Welt als Zentrum des Universums ansieht”
Ich denke, Frau Baerbock weiß schon, dass sie selber nicht wirklich ein Zentrum für irgendwas ist oder sein könnte, deshalb ist sie strikter Parteigänger der Starken, was sie von Situation zu Situation dann auch anpasst.
So lange sie in der Partei Karriere machte, sprach sie Grünen Ideen das Wort. Seit sie Außenministerin ist, ist sie Sprecher der USA. Sie sagt selbst deutlich, dass ihr ihre Wähler bei konkreten Zielen der USA, wie Waffenlieferungen egal sind.
Auch bei Habeck seinen LNG-Terminals, den Öl- und Gas-Deals mit Katar und Aserbaidschan spielen die Grünen Ideen von während seiner Karriere innerhalb der Partei keinerlei Rolle.
Wenn es bei den Regierungsgrünen wieder grün wird, handelt es sich um Innenpolitik und da dann nur, wenn es nicht gegen die CO2-Großemmitenten geht, die bekommen spezielle Strom- und Gaspreis-Deals, sondern wenn es gegen die schwächsten der Gesellschaft geht, die eh schon die geringste Kaufkraft haben, die dann die CO2- und die AA-Politik-Aufschläge bezahlen müssen.
Bei denen soll der Wohlstandsverlust herbeigeführt werden, weil der dann zu CO2-Einsparungen führt. Womit sich die Grünen dann gerne schmücken. Die CO2-Steuer ist von Beginn an nicht darauf konzipiert, dass neue Technik entsteht, sondern dass Kauftkraftschwache noch weniger konsumieren.
Dass das Energiegeld nicht ausgezahlt wird, ist nur logisch.
Die Autoren schwurbeln esoterisch und wiederholen sich oft, weil sie jeden Augenblick neu erleben.
Interessant welche Anti-Intellektualität hier ungestraft/unkommentiert zur Schau gestellt werden kann.
Erbärmlich!
Zeit ist immer eine Linie. Wir kommen nicht zurück.
Das einzige, was der Mensch überhaupt hat, ist Zeit.
Hier geht es nur um Termine mit denen man die Zeit überdeckt.
Ich stimme den Autoren zu. Ich kenne mich zwar nicht mit dem chinesischen Zeitgefuehl aus, obwohl ich schon mal darueber gelesen habe. Jedoch weiss ich aus eigener Erfahrung, dass es mehr als eine Wahrheit auf dieser Welt gibt und die westliche Sicht nicht die allein seligmachende ist. Andere Laender halten ihre Sicht der Dinge fuer ebenso wahr und richtig, wie wir unsere.
Kultur hat viel mit Sprache zu tun. In anderen Laendern / Sprachen gibt es Begriffe fuer die wir keine Definition kennen und umgekehrt. Das ist einer der Gruende, weshalb Diplomatie so angebracht ist. Zumindest der Versuch, sich in den anderen hineinzudenken, ist oftmals schon ein Kraftakt, wuerde aber dazu fuehren, dass auch Frau Baerbock einsehen muss, dass ihr Ansatz der “feministischen Aussenpolitik” nicht nur ins Leere laufen wird, sondern von anderen Laendern als Affront oder laecherlich angesehen werden muss. Je nachdem.
Als Auslandsdeutsche empfinde ich das, was von Politik und Medien so ueber die deutschen Grenzen schwappt, oftmals mehr als peinlich und beschaemend. Ich weiss auch nicht, woher seit Jahren die Attituede kommt, dass wir den Rest der Welt belehren muessen. Nicht nur belehren, wir missionieren regelrecht. Und dann auch noch falsch. War schon mit der schwaebischen Hausfrau so, oder der Schuldenbremse, oder aber mit unseren vermeintlichen “Reformen”, die ja nicht wirklich Reformen waren, sondern einfach nur Lohndrueckerei auf hohem Niveau. Die wirtschaftliche Katastrophe in Griechenland nicht zu vergessen, ebenso wie die Schwaechung der Gesundheitssysteme insbesondere in den Suedlaendern nach der Finanzkrise. Weiter gedacht, gehen viele Covid-Tote auf unsere Kosten. Wir als Land haben das forciert.
Wir halten uns fuer den Nabel der Welt und diese zeigt uns gerade sehr deutlich, dass wir genau das nicht sind.
Richtig so!
Kulturchauvinismus, Neokolonialismus, Weltverbesserungsattitüde, Bessermensch-Aktivismus, Dein Name ist “Links”, Deine Idiotologie ist “Marxquarksismuskommunismus”, Dein Verdummungsschlachtruf ist “Hoch die internationale Solidarität”.
In jedem Land der Welt finden sich Unzufrieden, denen sich dann die “Linken” (ohne eine Ahnung zu haben) verpflichtet fühlen um “Solidarität”, Geld, und wenn es sein muss militärische Interventionen zu fordern.
Mal sind es Kurden, immer Mädchen, mal Uiguren, mal Tibetianer, mal Ureinwohner (seltener, da der Obersheriff der “Linken” ja selbst Ureinwohner in Massen abgeschlachtet hat), … immer sind es Gruppen, deren Ziele gerade zumindest partiell mit den Zielen der USA-Supermacht zusammenfallen. Und die “Linken” immer weltweit vorn mit dabei, zumindest maulheldenhaft.
Nur vor Ort, nur bei den eigenen Mitbürgern, da ist man nicht “solidarisch”, weil ja alles Natsies – oder so.
„ Zeit spielt keine Rolle. Das Einzige, was zählt, ist das Leben. “ Das fünfte Element
Ein schöner und lesenswerter Artikel.
Soweit ich weiß, war ein zyklisches Zeitverständnis auch noch für die Völker der Antike und des Alten Orients der Normalfall. Wie es bei den diversen Naturvölkern anderer Kontinente war, weiß ich jetzt nicht so genau, doch ist anzunehmen, dass sie gerade wegen ihrer größeren Naturverbundenheit die unterschiedlichen zyklischen Abläufe der Natur zur Grundlage ihres Empfindens gemacht haben.
Vermutlich ist es so, dass überhaupt erst mit den drei abrahamitischen Religionen die Vorstellung eines linearen Zeitablaufs auf der Erde eine größere Verbreitung erfuhr: von der Schöpfung bis zum “Ende der Welt”, der Apokalypse, dem “letzten Gericht” usw.
Warum sich das entstandene lineare Zeitverständnis dann aber letztlich doch nur im abendländischen Bereich zu jener besonderen Ausbildung und Steigerung der Naturwissenschaft und Technik fortentwickelte, das ist nach wie vor eine kaum mit Gewissheit zu beantwortende Frage. Jedenfalls war das lineare Zeitverständnis für die gesteigerte Entwicklung von Naturwissenschaft, Technik und Produktion eine wohl unverzichtbare Voraussetzung. Dies allerdings zulasten sowohl der Natur als auch des entspannteren Umgangs der Menschen miteinander. So gibt es ja heute Menschen, die kaum noch ein Gespür dafür haben, ob jetzt gerade etwas passt oder nicht bzw. ob die Qualität der Zeit für etwas geeignet ist. Stattdessen die Diktatur der Terminkalender. Schön, dass es aber trotzdem auch heute immer wieder Verweigerer der Zeitdiktatur gibt: von “Momo”, über bewusste Langsamfahrer auf der Autobahn bis hin zu den den Verweigeren von Smartphone und Uhr.
—
Und nicht nur die Chinesen unterscheiden sich hier vom Westen. Die Unterschiede zwischen den Kulturen der Erde sind ja allgemein – nicht nur im Hinblick auf das Zeitempfinden – viel größer als es das einfache Weltbild der meist westlichen Globalisierungsfreunde vorsieht.
Ohne Empathie und so etwas wie eine grundsätzliche Bereitschaft zum Respekt für das Andersartige ist erfolgreiche Außenpolitik ohnehin kaum möglich. Nicht umsonst wird ja auch von einer “diplomatischen Art” gesprochen, wenn es darum geht, eine schwierige Sache mit einfühlsamen und angepassten Worten auszudrücken. Das betrifft natürlich jeglichen Kontakt.
Was mich hier etwas verwundert: Dass die chinesische Politik (mit zirkulärer Zeit) trotzdem fähig ist weit in die Zukunft zu planen. Etwas wovon die westliche Politik (mit linearer Zeitachse) nur träumen kann.
Aus meiner Sicht wieder ein etwas interessanterer Artikel des Autorenduos. Wenn es dazu auch noch das eine oder andere praktische, lebensalltägliche Beispiel geben würde, so wäre das noch anschaulicher.
Das Konzept der Wiederkehr (Kreis) ist allerdings nicht so außergewöhnlich sondern auch in anderen nicht abrahamitisch geprägten Kulturen zu finden.
Der Artikel ist eine Bereicherung, danke Ihnen dafür und die Mühe für ihre Erkenntnisse.
Da ich selbst seit 17Jahren in Südostasien lebe, habe ich auch rege Kontakte zu Chinesisch assimilierten einheimischen. Was ich persönlich feststelle ist, das bei mir 10 Monate niemals ausreichten um zu solchen Erkenntnisse zu gelangen. Das kann natürlich damit zusammenhängen, das ich nicht im akademischen Umfeld täglich befinde, aber ab und an jedoch!
Meine persönliche Erfahrung mit Chinesen im fremden Lande ist, sie mögen die deutsche ‘Denke’ ,aber anders als das ‘Deutschtum’ verhalten diese sich mir gegenüber mit dem Faktor der chinesischen Zeit. Nichts wird zu schnell etabliert!
Mit ihrer vollkommenen Ignoranz gegenüber ihren ” jüdisch-christlichen Traditionen” haben die beiden Autoren leider ihr Gesicht verloren und sind als ernstzunehmende Autoren disqualifiziert.
Von jeher und über die Zeiten hinweg dachten unsere Weisen, insbesondere Rabbiner in der Zeit des Talmuds, durch ihre rechtlichen Überlegungen und Geschichten über den Zeitbegriff nach. Während es unzählige talmudische Diskussionen gibt, die sich mit bestimmten Zeitabläufen wie Sonnenauf- und -untergang oder Dämmerung befassen, gibt es auch Diskussionen über die übersinnlichen Aspekte der Zeit.
Mit »Zeit« meinen unsere talmudischen Weisen keine Messungen der Dauer wie Tage, Stunden oder Minuten. In den talmudischen Argumenten und Geschichten gibt es oft keine Grenze zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Die Zeit wird von den Weisen sehr unterschiedlich verstanden. Innerhalb der Zeitauffassung, die Bewusstsein und Kultur formte, ist die Vergangenheit ständig präsent, und die Gegenwart findet oft auf der Ebene der Vergangenheit statt.
Zeitliche Flexibilität im Babylonischen Talmud ist ein Mittel, um Rechtsunsicherheiten zu untersuchen und zu lösen, sowie ein Werkzeug, um Geschichten zu erzählen, die Ideen effektiv und dramatisch vermitteln.
phz (2000)
Ich halte den Artikel für einen Test-Ballon, der prüft, ob Menschen mitdenken…
Kreis und Linie sind nämlich das selbe: eine Linie ist ein abgewickelter Kreis – und vice versa…
Beide haben gemeinsam, daß es einen Ursprung und eine Richtung bzw. einen Drehsinn gibt. Es sind sclicht Vektoren (Betrag & Richtung). Der Zeit ist es nämlich egal, ob sie in Winkeln oder in Intervallen gemessen wird. Beides ist nur eine Abbildung, um eine Wirkung sichtbar zu machen.
Gestritten wird also nur über die (kulturelle) Auslegung – bzw. über die Deutungshoheit.
Dieser Streit ist ziemlich alt, da Zeit ein Kapital bzw. eine Ressource ist.
Wer es nun versteht, dieses Kapital der Menschen in seine Tasche zu lenken, ist eben im Vorteil. Im kapitalistischen Westen dreht sich alles um diese Umverteilung. Es ist ein Krieg um die Köpfe – also eine Machtfrage.
In Asien leben auch nur Menschen – nur steht hier der Mensch im Vordergrund.
Damit sind wir wieder bei den Prioritäten: in Asien ist Harmonie die Priorität (Mensch und Kosmos) – im Westen dient der Mensch der Produktion. Er ist Option – nicht Priorität.
Umverteilung, weil die meisten Menschen keinen Gewinn machen, sondern nur Lebenszeit gegen Einkomen tauschen.
Natürlich ist der Übergang fließend – und Streben nach Harmonie bzw. Profit in beiden Kulturen immanent.
Fakt dürfte aber sein, daß im Westen viele Menschen darüber klagen, daß ihre Arbeit keinen Sinn stiftet.
Ich kenne jedenfalls reichlich Leute, die noch nach Feierabend damit beschäftigt sind, den durch ihre Arbeit entstandenen Sinn-Mangel zu kompensieren…
Ich bin erstaunt:
“Kreis und Linie sind nämlich das selbe”
Nein!
Eine Linie hat einen Anfangspunkt und einen Endpunkt
Ein Kreis hat hingegen keinen Beginn und kein Ende.
Das besondere der zyklischen Zeitvorstellungen beteht ja eben darin, dass man dort der Meinung ist, dass sich alles nur wiederholt wie die Jahreszeiten und dass es “nichts Neues gibt unter der Sonne”.
>>Eine Linie hat einen Anfangspunkt und einen Endpunkt
Und welches Ende hat die Zeit?
Was du meinst, habe ich schon mit dem Begriff “Intervall” beschrieben, denn die Zeit hat einen Takt bzw. eine Einheit.
>>Ein Kreis hat hingegen keinen Beginn und kein Ende.
Wenn du den Kreis von der Seite betrachtest, wirst du feststellen, daß er wie ein Gewinde einen Fortschritt hat. Ansonsten könnte man ja mit einem Kreis in die Vergangenheit reisen… 😉
Ob die Zeit linear oder zirkular verläuft, das ist doch uninteressant. Der Mond dreht seine Bahn bekanntlich um die Erde, doch wenn man sie über das Jahr betrachtet, ist sie eine Kreisbahn mit sinusförmiger Schwingung, wobei die Schwingungsamplitude mit 380000 km gering gegenüber dem Kreisradius von 150000000 km ist. Und wenn man dann noch den Kreis, den die Sonne durch die Milchstraße dazu nimmt, die bekanntlich alle ihre Trabanten mitschleppt, dann ist dieser Kreis schon fast eine Gerade, betrachtet man die geringe Lebensdauer der Menschen. Zumal ja noch die Milchstraße auf ihrem Weg all ihre Sonnen mitschleppt, was dann in der Lebensdauer der planetensysteme wiederum eine Gerade ist. Es ist also immer eine Betrachtungsweise, nie die Realität. Zudem, wer besitzt denn wirklich seine Zeit?
“Im Gegensatz zum westlichen Konzept” So ist das auch nicht richtig. es ist das MODERNE westliche Konzept. Das Konzept derer, die aus Ausbeutungsintesivierungsgründen Tageszeit, Wochengang und Jahreszeit obsolet zu machen versuchen. Der Mensch muss seiner kosmologischen und natürlichen (sowie spirituellen) Verbundenheit entfremdet werden um ihn zur völlig frei manipulierbaren, willkürlich ausbeutbaren, wehr- und widerstandslosen Verfügungsmasse zu degradieren.
Die “Sommerzeit”-Willkür ist zB auch so ein kleines Steinchen in diesem Mosaik. Viele Menschen merken nicht einmal mehr, wie sie damit willkürlich manipuliert und gesteuert werden. Der “Sinn” der Sommerzeit liegt schlicht darin den Menschen, uns, zu zeigen, dass DIE das mit uns machen können. So ähnlich wie auch der “Sinn” der Atemdepressionsmasken insbesondere in deren Signalwirkung bestand: die offen sichtbare Unterwerfung von Menschen unter völlig sinnlose, irre Regeln ist der totale Beleg für absolute Dominanz über diese Menschen.
Wenn ich jemanden dazu bringen kann, eine Klobrille um den Hals zu tragen (oder eine Grube auszuheben um sie dann sofort wieder zuschütten zu müssen, wie man es in Straflagern machte), oder eben eine Gesichtswindel zu beliebigen Zeiten und an willkürlichen Orten zu tragen, oder unsinnigerweise plötzlich dessen Lebensrhythmus um eine Stunde vor oder zurück zu verschieben – dann habe ich die totale Macht über denjenigen demonstriert.
Perfektioniert wird das Ganze, indem man uns sogar was wir reden und denken vorgibt. Ein Häftling mag noch seine geistige Freiheit bewahrt haben – wir hier sind großenteils völlig manipuliert bis in die letzte Gehirnzelle, – dank Solomon Asch und den vielen “Influenzern” PR-Bütteln und Asch-Trollen allerorten. Wer seine Sklaverei liebt wird im System belohnt, lief in KZs ja auch nicht viel anders. Ohne Häftlinge, die die anderen beaufsichtigten, zur Arbeit organisierten, bespitzelten, denunzierten, wäre so ein KZ nie möglich gewesen.