Der goldene Mittelweg

Konfuzius-Statue
Quelle: Pixabay

Chinesische Jugendliche sind anders als deutsche: sie schreien weniger rum, verfallen aber eher mal in Depression. Warum wohl?

Wie andere Völker auch, können Chinesen sehr unterschiedliche Verhaltensweisen an den Tag legen. Während sich die Leute in Peking schon mal auf der Straße wegen Meinungsverschiedenheiten anschreien, scheinen die Menschen in Jinan, unserer Stadt, ziemlich friedliebend zu sein. Was dem mit deutschen Verhältnissen vertrauten Beobachter aber durchweg auffällt: wie gut erzogen chinesische Kinder und Jugendliche im Vergleich zu ihren deutschen Altersgenossen doch sind. Kaum irgendwelche Wutanfälle, kein Herumgeschreie, keine Heulerei. Wunderbar! Wir haben schon spontan an eine Adoption gedacht. Wenn Kinder nur nicht älter würden …

Was also ist hier los? Diese kulturelle Besonderheit ist vor allem für Lorenza interessant, die auch als Psychotherapeutin tätig ist und über pathologisches Verhalten forscht. Bei vielen Pathologien ist es wichtig, zwischen sogenannten externalisierenden und internalisierenden Verhaltensweisen zu unterscheiden.

Depressionen oder aufs Maul hauen?

Externalisierende Verhaltensweisen richten sich nach außen, auf die physische oder soziale Umwelt. Häufige Beispiele ist aggressives oder impulsives Verhalten gegenüber anderen Menschen. Internalisierende Verhaltensweisen richten sich vielmehr nach innen, auf das eigene Selbst. Häufige Beispiele sind Angstzustände, Depressionen und sozialer Rückzug. Aber auch Selbstverletzungen und Magersucht.

Auch wenn richtig gute, eindeutig zu interpretierende Zahlen noch nicht vorliegen, gibt es doch Hinweise auf ein interessantes Muster. Während beispielsweise in Deutschland Externalisierungs- und Internalisierungsprobleme etwa gleich häufig bei Kindern und Jugendlichen auftreten, scheint die Internalisierung in China deutlich häufiger zu sein als die Externalisierung. Es ist also nicht unbedingt so, dass es mit der geistigen Gesundheit bei jungen Leuten in China besser bestellt ist. Vielmehr scheint sich der kulturelle Hintergrund darauf auszuwirken, in welcher Weise sich Psychopathologien im Verhalten äußern.

Warum könnte das das so sein? Warum sollten chinesische Jugendliche anfälliger sein für Depressionen, während der deutsche Jugendliche den anderen eher mal aufs Maul gibt? Ein bestimmendes Merkmal der chinesischen Kultur, insbesondere in dem Teil Chinas, in dem wir leben, ist der übergreifende Einfluss des Konfuzianismus. Tatsächlich stammt Konfuzius (eigentlich Kǒng Fūzǐ, also Lehrmeister Kǒng) aus Qufu, einem Ort ganz in der Nähe unserer Stadt, und er war ungewöhnlich prägend für die ganze Provinz Shandong.

Konfuzius sagt …

Konfuzius war der Begründer eines philosophischen und ethischen Systems, das in China während der Zeit der östlichen Zhou-Dynastie um das 5. Jahrhundert v. Chr. entstand. Der Konfuzianismus legt großen Wert auf Harmonie und soziale Ordnung, und fordert, dass der Einzelne dem Wohl der Gesellschaft Vorrang vor seinen eigenen individuellen Wünschen einräumen sollte. Aus konfuzianistischer Sicht wird offen aggressives Verhalten als inakzeptabel angesehen, da es gegen das Prinzip der sozialen Harmonie verstößt. Das große Interesse an der Regulation von sozialem Verhalten hat in China also weniger mit dem Kommunismus (wie von der westlichen Presse oft unterstellt) als mit der konfuzianistischen Tradition zu tun.

Auch die sogenannte „kindliche Pietät” ist ein wichtiges konfuzianisches Konzept. Es betont die Pflicht und den Respekt, die man seinen Eltern, den Ältesten und Vorfahren schuldet. In der chinesischen Kultur gilt kindliche Pietät als Tugend und als einer der grundlegenden Werte, die sowohl der persönlichen als auch der gesellschaftlichen Harmonie zugrunde liegen.

Im Kern beinhaltet kindliche Pietät ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit, Ehrfurcht und Verpflichtung gegenüber den Eltern und Ältesten. Dazu gehört, seinen Vorfahren Respekt zu zollen, sich um betagte Eltern zu kümmern, familiäre Verpflichtungen zu erfüllen und den Lehren und Ratschlägen der Älteren zu folgen. Nach dem Konfuzianismus stärkt die Ausübung der kindlichen Pietät nicht nur die Bindungen zwischen den Familienmitgliedern, sondern fördert auch die soziale Harmonie und Stabilität.

Lebenszufriedenheit, die auch Schuldgefühle nähren kann

Was könnte nun die kindliche Pietät mit den Kindern machen, die nach diesem Konzept erzogen werden? Einerseits, so stellen wir uns vor, kann die Praxis der kindlichen Pietät dem Einzelnen ein Gefühl von Sinn und Zweck geben, was zu einer höheren Lebenszufriedenheit und zu mehr Wohlbefinden führt. Darüber hinaus kann die Erfüllung der eigenen Pflichten und Verpflichtungen gegenüber Familienmitgliedern ein Gefühl der Zugehörigkeit und der sozialen Unterstützung vermitteln, was sich positiv auf die psychische Gesundheit auswirken kann.

Auf der anderen Seite kann die kindliche Pietät aber auch Stress und psychische Belastung bei den betroffenen Kindern auslösen, zu Schuldgefühlen, dem Erleben von Unzulänglichkeit und Überforderung führen. Der Druck, familiären Verpflichtungen gerecht zu werden und gleichzeitig persönliche Ziele zu verfolgen, kann zu inneren Konflikten führen, die wiederum zur Entwicklung angstbezogener und depressiver Symptome beitragen können.

In Deutschland leben Kinder und Jugendliche hingegen in einer individualistischen Gesellschaft. Dies könnte erklären, warum Kinder und Jugendliche im Vergleich zu China ein höheres Maß an externalisierendem Verhalten zeigten. Eben weil eine individualistische Gesellschaft individuelle Befindlichkeiten, Ziele, Leistungen und Erfolge über kollektive Werte stellt. In derartigen Gesellschaften werden die Menschen oft ermutigt, ihre eigenen Interessen und Bestrebungen zu verfolgen, und der soziale Wettbewerb wird als Mittel zum persönlichen Erfolg gefördert.

Gleichgewicht zwischen individuellen Wünschen und Gemeinwohl

Dies reduziert zwangsläufig die Sorge um das Wohlergehen anderer und mündet nicht selten in einem verminderten sozialen Verantwortungsbewusstsein. Es ist wahrscheinlicher, dass sich Einzelpersonen Verhaltensweisen leisten, die ihnen selbst auf Kosten anderer zugute kommen, wie z.B. Aggression oder Regelverstöße.

Darüber hinaus haben die Menschen in individualistischen Gesellschaften oft mehr Freiheit und Autonomie in ihren Entscheidungen und Handlungen, was zu einem Gefühl des Anspruchs und einem Mangel an Rechenschaftspflicht für das eigene Verhalten führen kann. Dies dürfte die Wahrscheinlichkeit der Externalisierung von Verhaltensweisen weiter erhöhen.

Um die psychische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen sowohl in China als auch in Deutschland zu verbessern, könnten wir uns an einem chinesischen Sprichwort orientieren: “zhong yong” (中庸, wobei “zhong” (中) für “Mitte” steht, “yong” (庸) für “ausbalanciert”), dass nämlich die Wahrheit oft in der Mitte liegt. Das Konzept von Zhong Yong betont die Bedeutung des Gleichgewichts und der Vermeidung von Extremen im Denken und im Verhalten; ein Konzept, dass man in Deutschland als “goldenen Mittelweg” kennt. Vielleicht ist also ein gesundes Gleichgewicht zwischen individuellen Wünschen und dem Gemeinwohl ein guter Ausweg, um unserer Jugend zu helfen, psychischen Belastungen erfolgreich zu begegnen.

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31 Kommentare

  1. “Im Kern beinhaltet kindliche Pietät ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit, Ehrfurcht und Verpflichtung gegenüber den Eltern und Ältesten.”

    Es ist ja nicht schwer zu erkennen, dass dieses angeblich so tiefe Gefühl der Dankbarkeit nicht von den Kindern kommt, sondern von den Erwachsenen, die von ihnen Wohlverhalten verlangen. Wofür sollten Kinder denn dankbar sein, schließlich sind sie für ihre Existenz nicht verantwortlich. Die Eltern wollten das Kind und die Eltern wollten es großziehen. Es ist ja nicht so, dass das Kind die Eltern gebeten hätte, es in die Welt zu setzen. Und nachdem sie das getan haben, muss es dankbar sein. Nein die Plagen sollen keine Probleme machen und deswegen wird ihnen eingeimpft Dankbarkeit und Respekt vor den Eltern zu zeigen.

    Und bevor man einen goldenen Mittelweg zwischen individuellen Werten und Wünschen und den Werten und Verpflichtungen des Gemeinwohls vorschlägt, sollte man sich vielleicht diese Individuellen Werte und das Gemeinwohl inhaltlich näher anschauen, statt unbesehen vorzuschlagen beides in einen Ausgleich und Harmonie zu bringen, d.h. beiden Anforderungen nachzukommen. Meine Vermutung ist ja, dass in einer kapitalistischen Gesellschaft weder das Gemeinwohl noch das individuelle Interesse eine gute Sache sind und stattdessen kritisiert gehören. Deswegen wäre natürlich auch die golden Mitte zwischen zwei schlechten Dingen abzulehnen.

    1. Stimmt. Dankbarkeit ist nicht nötig, wenn Eltern Kindern die Existenz ermöglichen.
      Das spricht mehr Bände darüber, wie wenig Sie von Ihrer Existenz halten, als das es ein Ärgerniss sein sollte.

      Vielleicht versuchen Sie es noch einmal Liebe im Leben zu finden. Denn für die Liebe von Eltern können Kinder nur deshalb dankbar sein, weil diese Eltern für ihre Kinder über mehr als ein Jahrzehnt die volle Fürsorge übernommen haben. Kinder brauchen 110% und Eltern haben ein Recht für ihre Liebe Dankbarkeit zu ernten.

      Nun gibt es für dieses Recht keinen irdenen Gerichtshof, schon klar. Trotzdem obliegt es dem Nachwuchs mit sich Selbst und seinem eigenen Sein in Einklang zu kommen. Wer das schafft, schafft es auch immerhin ein Mindestmaß an Dankbarkeit selbst eher überforderten wenig liebevollen Eltern zukommen zu lassen.

      Wer an seiner Selbstliebe scheitert, hat da natürlich auch wenig für die Eltern übrig.

      1. Bella (alias Anti-Wort) ich hör dir trapsen. Sie stimmen mir erst heuchlerisch zu, um dann den Grund meiner Ansicht in einer gestörten Persönlichkeit zu suchen: Hält seine Existenz für ein Ärgernis – verbittert, findet keine Liebe im Leben – einsam. Sie kennen mich doch gar nicht. Anscheinend fühlen Sie sich verletzt, dass Sie meinen solche Breitseiten abfeuern zu müssen. Merke: Wer nicht der Ansicht ist, das Kinder für ihre Existenz dankbar sein müssen, der muss irgendwie gestört sein, muss eine krankhafte, pathologische Persönlichkeit besitzen.

        Denn für die Liebe von Eltern können Kinder nur deshalb dankbar sein, weil diese Eltern für ihre Kinder über mehr als ein Jahrzehnt die volle Fürsorge übernommen haben.

        Was denn jetzt? Müssen die Kinder für die Fürsorge der Eltern dankbar sein oder für ihre Liebe oder für beides? Natürlich stimmt beides nicht. Gegenfrage: 1. Ist es tatsächlich Liebe, wenn sie als Gegenleistung Dankbarkeit verlangt. Sie postulieren ja sogar ein ideelles Recht auf Dankbarkeit. 2. Eltern werden vom Staat dazu verpflichtet für ihre Kinder bis zur Volljährigkeit zu versorgen. Wenn sie das nicht tun, wird ihnen das Kind vom Jugendamt weggenommen. Muss das Kind also dankbar sein, weil sich die Eltern an Gesetze halten. Oder muss das Kind dem Staat dankbar sein, weil der die Eltern zur Fürsorge zwingt. Wenn Eltern ihre Kinder nicht versorgen wollen, dann sollen sie halt keine Kinder in die Welt setzen. Verdammt nochmal. Und wenn Eltern ihre Kinder versorgen wollen, gibt es keinen Grund für Dankbarkeit.

        “Trotzdem obliegt es dem Nachwuchs mit sich Selbst und seinem eigenen Sein in Einklang zu kommen. Wer das schafft, schafft es auch immerhin ein Mindestmaß an Dankbarkeit selbst eher überforderten wenig liebevollen Eltern zukommen zu lassen.”

        Sind die dann weniger überfordert, wenn sie einen ideellen Lohn in Form von Dankbarkeit ernten. Und wieder die Behauptung, diesmal umgekehrt formuliert, dass eine harmonische Persönlichkeit automatisch dankbar sei und demzufolge nur eine kranke Persönlichkeit ohne Einklang keine Dankbarkeit zeigt. Das ist natürlich gar keine Begründung, sondern die moralische Beschuldigung, jemand sei ein schlechter Mensch, der keine Dankbarkeit zeigt. Die Anklage ein “schlechter Mensch” zu sein wird China offenbar auf gut konfuzianistisch, als Mangel an Harmonie ausgedrückt.

        “Wer an seiner Selbstliebe scheitert, hat da natürlich auch wenig für die Eltern übrig.”

        Man könnte auch umgekehrt postulieren, dass wer nur sich selbst liebt, nichts für seine Eltern übrig hat. Hauptsache die Botschaft stimmt. Im übrigen liegen Welten zwischen der Gleichsetzung von keiner Dankbarkeit und “nichts für die Eltern übrig haben”. Dass sie das gleichsetzen, spricht dafür, dass sie das ganze Verhältnis zwischen Eltern und Kind auf das Recht auf Dankbarkeit reduzieren. Ich finde das abstoßend.

  2. Der Mensch, die Menschheit ist ein Gemeinschaftstier und kann nur als Kollektiv überleben! Der Einzelne auf sich allein gestellt, ist nicht überlebensfähig und verkommt zum Tier. Ist man im Westen nicht stolz darauf, daß der Mensch ein soziales Wesen ist? Der Konfuzianismus trägt dieser Tatsache Rechnung und berücksichtigt, in China lebt man enger beisammen.
    Im Westen hat sich ein übertriebener Individualismus breit gemacht, der sich ausgezeichnet mit kapitalistischer Profitgier verbindet. Außerdem wird im Westen – das ist ein neuer Trend – alles übertrieben psychologisiert. Das ist gut für den Berufsstand der Psychologen, aber was ist damit gewonnen?
    Vielleicht sollten die jungen Leute mal wieder lernen, Schmerz und Leid zu ertragen und nicht wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt zu rennen. Die Elterngeneration mußte Krieg und Naziterror ertragen und hat angepackt und weniger geklagt. Vielleicht wäre RESPEKT vor dem Alter auch im Westen eine erstrebenswerte Tugend!

    1. “Der Einzelne auf sich allein gestellt, ist nicht überlebensfähig und verkommt zum Tier. “

      Also erst stirbt er, da nicht überlebensfähig und dann verkommt er zum Tier. Oder verkommt er zum Tier und stirbt dann, obwohl Tiere ja durchaus überleben.

      “Im Westen hat sich ein übertriebener Individualismus breit gemacht, der sich ausgezeichnet mit kapitalistischer Profitgier verbindet. “

      Der Profitgier kann ja nur erliegen, wer Profite macht. Die Kapitalistenklasse ist aber zahlenmäßig recht überschaubar. Könnte es nicht sein, dass das was als schlechte Charaktereigenschaft erscheint, nur der Reflex der Konkurrenz ums Eigentum ist, in der jeder gegen jeden steht.

      Aber nein, denn das wäre dann ja eine Kritik, die auch China treffen würde. Aber in China gibt es den Konfuzianismus, der dem entgegenwirkt. Im Westen gibt es dagegen das Christentum und Brüderlichkeit und Solidarität. Deshalb verkommen in West und Ost die sittlichen Traditionen zur Show, die kapitalistische Konkurrenz als Ideal nur begleiten.

      “Vielleicht sollten die jungen Leute mal wieder lernen, Schmerz und Leid zu ertragen und nicht wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt zu rennen. Die Elterngeneration mußte Krieg und Naziterror ertragen und hat angepackt und weniger geklagt. “

      Und vielleicht sollte die Schöne weniger Unsinn schreiben. Gegen Schmerz gibt es Ibuprofen, Paracetamol und Acetylsalicylsäure rezeptfrei ohne Arzt für wenig Geld. Schmerz muss man nicht ertragen und sollte es auch nicht, weil das zu chronischen Schmerzzuständen führen kann. Die Ursache des Schmerzes, wenn sie nicht von selbst verschwindet z.B. durch Heilung, sollte vom Arzt untersucht und nicht ertragen werden. Leid vom Kaliber Krieg und Naziterror ist vom Arzt eh nicht zu behandeln und in so einem Fall sollte man nicht anpacken und still sein, sondern sich laut gegen die Verursacher von Krieg wenden.

  3. Das konfuzianische Erbe spielt sicher eine Rolle in den Familienbeziehungen , würde aber nur das Verhalten älterer Kinder erklären.

    Mir fällt aber immer wieder auf, daß es auch bei den kleineren Kindern in Ostasien vergleichsweise wenig Weinen oder Gebrüll gibt. Bockige Kinder im Supermarkt etc. sieht oder hört man fast gar nicht. Die machen da in China in der Erziehung irgendwas besser als wir.

    Ich habe schon kleine Kinder gesehen, die sich sehr weh getan haben, wenn sie, was ja vorkommt, auf der Straße mal hinfallen. Zuerst weinen sie natürlich. Aber dann ist auch schon die Mama da und nimmt das Kind in den Arm. Dann kommt das, was mich immer verblüfft. Das Kind schluchzt noch vier, fünf Mal und das war es dann. Das Ende ist, daß es ein bißchen verdutzt aus der Wäsche kuckt.

    Ich bin mir leider ziemlich sicher, daß ich selbst als Kind Zeter und Mordio geschrien hätte.

    1. Wie soll man seine Kinder richtig erziehen! Man soll sie so behandeln, als wären sie die Kinder des Nachbarn. Denn wie die Kinder des Nachbarn richtig zu erziehen sind, weiß schließlich jeder ganz genau.

      Ich gebe eigentlich nicht viel auf eigene Beobachtungen. Das ist anektodische Evidenz und eben Beweis für gar nichts. Es gibt für alles Beispiel und für das Gegenteil auch.
      Nenne ich es einfach „Illustration” und ich habe auch den Eindruck, dass ich in Deutschland – und ich war und bin viel in anderen Ländern- sehr viel mehr hysterisch kreischende Kinder erlebe. Es wird gebrüllt, als würde gefoltert. An der Kasse, weil man von Spielplatz weg muss, weil man der Mutter folgen muss, wenn es ins Bett geht und ach was weiß ich. Ein Kind in meinem Haus brüllt wirklich jeden Tag einmal. Was mir auffällt, ist oftmals die Nichtreaktion oder die Hilflosigkeit der Eltern.
      Ist es wirklich sicher, so wie die Autoren es vermuten lassen, dass die später psychisch gesünder sein werden?

      Vor Tagen erlebte ich, wie ein kleiner Junge, schätze ihn auf vier Jahre, auf der Straße brüllte, schrie und auf seine Mutter einschlug und nach ihr trat. Ihre Reaktion war, ihm mit leicht vorwurfsvollem Ton zu sagen, dass sie mir ihm nicht mehr sprechen würde, wenn er weiter auf sie schlägt. Sie hat ihm nicht klar gemacht, dass es vollkommen inakzeptabel ist, sondern ihm im Prinzip die Wahl überlassen. Wenn du mich schlägst…

      Ich weiß nicht, was dabei für ein Menschenschlag rauskommt. Haben Narzissten weniger Depressionen? Ist das sehr sicher?

  4. @Krim
    “Wofür sollten Kinder denn dankbar sein, schließlich sind sie für ihre Existenz nicht verantwortlich. Die Eltern wollten das Kind und die Eltern wollten es großziehen. Es ist ja nicht so, dass das Kind die Eltern gebeten hätte, es in die Welt zu setzen.”

    In diesem Punkt stimme ich absolut zu, allerdings sollte man beachten, dass, unabhängig von äußeren Umständen, die “Konditionierung” auf Respekt, Wertschätzung, Moral, Ethik, assoziatives Denken, kurz Erziehung, unabdingbar für die aktuelle und zukünftige Lebensqualität ist.
    Wer die teils gewalttätigen Auseinandersetzungen um ein Spielzeug im Sandkasten beobachten konnte, weiß, dass der (frei von “Zwängen”) Mensch keineswegs ein gegenüber anderen sozial agierendes Geschöpf ist.
    Nur durch Erziehung, Wertevermittlung und Kinderstube kann ein verträgliches Miteinander erreicht werden.
    Leider wurden diese in den letzten Jahrzehnten derartig durch die Verlagerung der eigenen Interessen/Zeit/Weitsicht entkernt, dass es eher einem “Konta” entspricht, das schlußendlich bereits jetzt zum Bumerang wird.
    Denn wenn ein Gros gleich agiert, wird die Welt in Summe keine bessere und ein Mittelweg ist obsolet.

    1. “unabhängig von äußeren Umständen, die „Konditionierung“ auf Respekt, Wertschätzung, Moral, Ethik, assoziatives Denken, kurz Erziehung”

      Ich finde nicht, dass man prinzipiell Respekt und Wertschätzung anerziehen sollte. 1. Man muss das doch nur anerziehen, wenn unabhängig vom Inhalt Respekt bezeugt werden soll. Wenn ich etwas für wertvoll halte oder eine Leistung respektiere, dann brauche ich das nicht anerziehen. Anerziehen muss man das nur wenn unabhängig vom Inhalt Wertschätzung und Respekt gefordert wird. 2. Für Moral habe ich sowieso nichts übrig.

      1. Nun ja. Wir werden erst zu verstehenden Menschen durch Erfahrung; bedingt durch Alterung und geförderter Freiheit im Denken.
        Der Weg dorthin muss geebnet werden, denn Kinder sind glücklicherweise noch keine Erwachsenen. Also woher, wenn nicht von Eltern, sollten sich Entwicklungen in die eine oder andere Richtung rekrutieren?
        Und Respekt beinhaltet: nicht nur den gegenüber anderen, sondern auch vor diesem komplexen Ökosystem/Welt, in der der Mensch eine zu vernachlässigende Variable ist.
        Moral kann man durchaus als überflüssig betrachten, aber dann gibt es für jeden Moralverneiner keinen Grund mehr, sich über IRGENDWAS aufzuregen und der Todschlag in jedweder Hinsicht wäre legitim. 🤔

        1. “Also woher, wenn nicht von Eltern, sollten sich Entwicklungen in die eine oder andere Richtung rekrutieren?” Ich bin schwer dafür, dass Eltern ihre Kinder erziehen. Bloß wie ist die Frage. Und eben nicht als inhaltlose moralische Regel. Also müssen Eltern erklären, was ihnen selbst einleuchtet.

          “aber dann gibt es für jeden Moralverneiner keinen Grund mehr, sich über IRGENDWAS aufzuregen” – Wieso das denn? Moral ist ja nicht das einzige, das verletzt werden kann. Interessen und Bedürfnisse können nach wie vor geschädigt werden und über den eigenen Schaden regt man sich auf und versucht ihn abzustellen. Mit der Moral ist es doch vielmehr so, dass man seine Interessen zuerst in ein übergeordnetes moralisches Recht verwandelt, das dann verletzt wird. Bringen tut das in der Regel auch nicht mehr, als gleich sein Interesse zu vertreten, weil sich das moralische Recht jeder individuell zusammenbastelt und dieses ausgedachte Recht nicht mit dem tatsächlichen Recht übereinstimmt.

  5. Warum das Kind den Eltern dankbar sein sollte bzw im Normalfall auch ist?

    Vermutlich, weil das Leben ein Geschenk ist? Die Eltern im Regelfall es mit ihrer Liebe stärken? Und ernähren? Weil sie und die Großeltern etwas geschaffen haben? Weil man nur im Verband überleben kann? Weil ein Kind ohne Eltern mindestens innerlich stirbt?

    Und Erziehung hat nichts mit Konditionierung zu tun, sondern ist die Voraussetzung für Individuation. Die Pädagogik spricht hier von der Autonomie durch Heteronmie.

    Der Gegenüber wird zum wichtigen Anderen, der Orientierung und Resonanz vermittelt. Hierfür sind soziale Nähe und erlebte Akzeptanz wichtig.

    Der Individualismus ist im Westen mittlerweile zu einem ignoranten und grotesken Egozentrismus verkommenen, in dem die eigene Befindlichkeit samt unverbildeten Horizont zum Maßstab allen Handelns geworden ist. Exemplarisch bei den Die Grünen zu beobachten.

    Verantwortlich hierfür ist eine Erziehung, die frei von emotionaler Nähe, eben Resonanz, ist – sowie eine Grenzenlosigkeit im Umgang mit Kindern; dies gilt auch für sogenannte Helikopter-Eltern. Die hierdurch vermittelte bzw anerzogene Haltlosigkeit kann sich dann in individualistischen Größenwahn und/oder sonstigen asozialen / anomischen / gewalthaften Verhalten äußern. Die inneren, individuellen Traumata führen sicher zu äußeren, sozialen Traumata.

    Bei genannten Politikern gern beides kombiniert und führt dann dazu, dass man sich sein Geschlecht frei wählen kann, aber nicht die Heizung. Oder die Abtreibung individuell entschieden werden kann, aber nicht die Impfung. Und dies für “normal” hält.

    Die Welt wird quasi von den Füßen auf den Kopf gestellt. Nicht der Andere, der geminsame soziale Verband ist mehr der notwendige Bezugspunkt für das eigene Ich, sondern nur noch die schale Bühne für das eigene Größenselbst.

    Grenzenlosigkeit ist das Gegenteil von Containment. Ein Kind das sich gehalten fühlt, in der Welt aka der Familie geborgen ist, wird auch entsprechend mit Schmerz und Leid umgehen können und sich nicht verhaltensauffällig im sozialen Raum bewegen. Eben weil es in dieser Welt und nicht in einer individuellen Fiktion lebt.

    Ein Kind ohne dieses emotionale Fundament – der Erfahrung des Gehalten werdens und der Entwicklung von Autonomie durch Auseinandersetzung mit der Heternomie der Eltern – wird anfällig für soziale Manipulation. Entsprechend steht die Zerschlagung der Familie und sonstiger sozialer Verbände so im Fokus der Politik und der Wirtschaft.

    Ggf nachzulesen bei D. Winnicott und R.D. Laing ua.

    Das schließt natürlich nicht aus, dass es auch in der chinesischen Familie Dramen und Traumata gibt.

    1. Zustimmung, Frank D.
      Zu bedenken wäre auch, dass diese Lehre eine spirituelle Grundlage hat, in der jeder Mensch sich selbst und seine Umwelt zum Besseren, basierend auf Mitgefühl, entwickeln soll.
      Eine wichtiger Bestandteil von Nahtod-, bzw. von Jenseitserfahrungen ist die völlige Kehrtwende, die oftmals rein auf Äußeres, Reichtum und Konkurrenz fokussierte Menschen vollziehen, wenn sie zurück kehren.

    2. Dass ein formbares neues Menschenkind von Liebe, Zuwendung, Aufmerksamkeit, Geborgenheit etc. abhängig ist, sollte der speziellen Erwähnung nicht bedürfen!
      Aber: “Und Erziehung hat nichts mit Konditionierung….”
      Doch in bestimmten Bereichen. Andernfalls scheiterte z.B. schon das Töpfchentraining!
      Und Schlagen, Kratzen, Beißen, Spucken, anderen ihr Spielzeug entwenden, wird keineswegs durch liebevollen Dialog mit einem Brabbler als falsch diskutiert werden können.😊

      1. Da gibt es einen interessanten Artikel https://www.berliner-zeitung.de/ratgeber/erziehung-ratgeber-psychologin-diese-fehler-machen-wir-alle-bei-unseren-kindern-li.271072

        Und übrigens, es gibt eine interessante Versuchsanordnung mit Kleinkindern, die gerade laufen können, die aufzeigt, dass der Mensch von klein auf hilfsbereit ist: Der Versuchsleiter verliert etwas und kommt scheinbar nicht dran, das Kind geht sofort hin und hebt es ihm auf. Interessanterweise hört die spontane Hilfsbereitschaft auf, wenn das Kind ausgiebig gelobt wird und ihm übermäßig gedankt wird. Das ist die nachfolgende Beobachtung.

        Ich selbst habe als Kind mal überschwengliches Lob erfahren für meine Ehrlichkeit beim Bonbon-Kauf, es waren mehr als ich Pfennige hatte. Danach wurde ich taktisch ehrlich, habe jedes Mal nachgezählt und reklamiert um als Belohnung mehr zu bekommen. Es war keine aufrichtige Ehrlichkeit mehr, sondern “Profit”interesse.

        1. Nun ja, die Bonbon-Geschichte verbuche ich einfach unter Cleverness oder Schlitzohrigkeit und den ersten Schritt in Richtung Selbständigkeit.😊

          Zu den pädagogischen RatgeberExperten, die sich seit Jahrzehnten die noch warme Klinke in die Hand geben, muss man keinen Kommentar abgeben.
          Fakt: Kinder, die bereits laufen können, sind bereits direkt oder durch Beobachtung sozialisiert. Daher ist ein eindeutiger Schluss über Hilfsbereitschaft unmöglich – frei nach dem Motto: tun wir einfach so!
          Vor mindestens 15 Jahren gab es eine BBC-Reportage, die einige Kinder aus verschiedenen Milieus, mit unterschiedlichem sozialen und intellektuellen Hintergrund ,beginnend im Kleinkindalter, begleitete.
          Und die Verhaltensweisen WAREN NICHT konsistent!
          (Und in der von Ihnen erwähnten Versuchsanordnung sprachen Sie nicht von ALLEN Kindern, sondern von diesem Kind.

          Aber egal: ohne Standing Ovations und Lob am Töpfchen, wäre z.B. die Bodenpflege auf Dauer ziemlich besch…eiden, denn Lob, wem Lob gebührt!
          Und wie viele Erwachsene leben nach dem Motto “fishing for compliments” ?😉

    3. Zerschlagung der Familie haben auchvalke totalitären Systeme gemacht um eben die Menschen besser unter Kontrolle zu halten und am besten möglichst früh in den Einfluss des Staates zu holen. Ob das die Spartaner waren, die Eltern und Kind getrennt haben, DDR, drittes Reich, usw. usf. Im kleineren Maßstab sieht man das auch immer wieder bei Sekten, die Familien unter ihren Mitgliedern aufbrechen. Alles für das “höhere Wohl” und ähnlich schön klingende Zwecke.

  6. Konfuzius war vor langer Zeit in Deutschland mit dem Generationsvertrag angesiedelt.
    Der Liberalismus hat das zerstört! Beziehungsweise jede Generation komplett verwertet so daß man allen verdient und keinem Subjekt das nützt. Corona hat diese schon vorhandene Spaltung, final gespalten.

  7. “Vermutlich, weil das Leben ein Geschenk ist?”

    Ein Geschenk, das der Beschenkte nicht ablehnen kann, die aber trotzdem die Pflicht zur Dankbarkeit erzeugen soll. Außerdem stellt sich das erst noch raus, ob das Leben ein Geschenk ist. Für manche ist es ein Fluch. Es gibt ein große Weltreligion die das Leben als Leiden definiert.

    “Die Eltern im Regelfall es mit ihrer Liebe stärken?”

    So wie das Kind die Eltern mit ihrer Liebe stärkt. Müssen die jetzt auch dankbar sein? Oder gilt das nur in eine Richtung? Will die Liebe tatsächlich Dankbarkeit als Gegenleistung?

    “Und ernähren?”

    Du meinst so ähnlich, wie der Sklave seinem Herrn danken muss, dass er ihn ernährt? Das gehört nunmal zum Elternsein dazu. Wer das nicht will soll sich keine Kinder anschaffen. Außerdem übernimmt der Staat einen Teil der Unterhaltskosten. Müssen Kinder dann auch dem Staat dankbar sein. Oder eigentlich hauptsächlich dem Staat, weil der die Eltern per Gesetz verpflichtet ihre Kinder zu versorgen.

    “Weil sie und die Großeltern etwas geschaffen haben? “

    Was haben die denn geschaffen? Und wenn sie nichts geschaffen haben, müssen die Kinder dann auch dankbar sein. Dürfen die Kinder eigentlich über das verfügen was Eltern und Großeltern geschaffen haben? Meines Wissens nicht. Warum sollten sie dann dankbar sein.

    “Weil man nur im Verband überleben kann?”

    Kommt halt drauf an in welchem Verband. Im deutschen Fußballverband. Auch das ist höchstens ein Grund für gegenseitige Dankbarkeit, aber nicht für Dankbarkeit der Kinder gegenüber den Eltern. Wenn es außerdem eine Überlebensnotwendigkeit ist, dann ist der Verband im Eigeninteresse eines jeden und begründet keine gegenseitige Dankbarkeitspflicht. Was soll im Übrigen der Zirkus ständig Dankbarkeitsadressen gegenseitig auszutauschen. Hat was von Selbstlob, wenn man sich gegenseitig auf die Schulter klopft.

    “Weil ein Kind ohne Eltern mindestens innerlich stirbt?”

    Du willst sagen, Kinder müssen ihren Eltern dankbar sein, weil die sie nicht innerlich sterben lassen? Na dankeschön, das verweist dann aber auf ein ziemlich brutales Eltern Kind Verhältnis. Außerdem braucht ein Kind keine Eltern, aber es braucht eine Bezugsperson, die es liebt.

    “Und Erziehung hat nichts mit Konditionierung zu tun…”

    Kommt auf die Erziehung an – oder?

    “Der Individualismus ist im Westen mittlerweile zu einem ignoranten und grotesken Egozentrismus verkommenen, “

    Wo kommt das wohl her? Mal überlegen. Könnte das was mit Eigentumsverhältnissen zu tun haben? Könnte es also gar keine Charakterschwäche sein, sondern eine ökonomische Notwendigkeit die sich auf die Moralmaßstäbe auswirkt.

    ” und führt dann dazu, dass man sich sein Geschlecht frei wählen kann, aber nicht die Heizung”

    Der war gut.

    “der gemeinsame soziale Verband ist mehr der notwendige Bezugspunkt für das eigene Ich, “

    Das ist es was ich an der abstrakten Gerede nicht leiden kann. Welcher gemeinsame soziale Verband denn? Es kommt doch wesentlich auf den Inhalt dieses sozialen Verbandes an, wie dessen Mitglied sich darauf beziehen will.

    “Entsprechend steht die Zerschlagung der Familie und sonstiger sozialer Verbände so im Fokus der Politik und der Wirtschaft.”

    Also nein. Weder der Staat noch die Politik will die Familie zerschlagen. Beiden ist sie äußerst nützlich.

    “Das schließt natürlich nicht aus, dass es auch in der chinesischen Familie Dramen und Traumata gibt.”

    Ne. In China ist alles super, da gibt es sowas nicht. Wenn du mir nicht glaubst – frag Bella.

    1. Krim scheint ein intelligenter Kommentator zu sein.
      Aber wer einen Generationsvertrag ablehnt, wie soll dann die menschliche Geschichte fort geführt werden?
      Was sind deine Vorstellungen dazu?
      Das deutsche Modell der Spaltungen führt doch nicht zu einen Zusammenhalt.
      Dieser Artikel aus einer chinesischen Sicht, ist weit aus mehr verbreitet als Krim das wahrnehmen möchte…

      1. Jedenfalls intelligent genug, um den potentiellen Zweifel rauszuhören. (“Scheint”)

        Um einen Generationsvertrag geht es im obigen Beitrag gar nicht. Der Generationenvertrag ist eine Ideologie, der die Praxis des Sozialstaates legitimieren soll, den Lohnabhängigen zwangsweise Teile von ihrem Lohn abzuziehen, um die Arbeiter in Zeiten, in denen sie keinen Lohn verdienen am Leben zu erhalten, also in Zeiten von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Alter. Es werden Teile des gesamten Lohns der Arbeiterklasse verkollektiviert und zu einem gesamtgesellschaftlichen Fond gemacht, um die Arbeiterklasse in Zeiten ohne Lohn, die notwendig zum Arbeiterdasein dazugehören, zu alimentieren. Damit wird das Kunststück vollbracht einen Lohn der eigentlich nicht für ein ganzes Arbeiterleben reicht, durch staatliches Zwangssparen, für den Erhalt der Arbeiterklasse tauglich zu machen. Und entsprechend bescheiden sieht das dann auch aus. Das ist übrigens keine Nettigkeit des Staates gegenüber der Arbeiterklasse, sondern die Art und Weise wie die Arbeiterklasse selbst für ihre Funktionalität für das Kapital sorgt und dafür vom Staat zwangsweise zur Kasse gebeten wird. Zu dieser Funktionalität gehört auch, dass diese Kosten niedrig sein sollen, da es Reproduktionskosten der Arbeitskraft sind , die in den Wert der Ware Arbeitskraft eingehen.

        Um die “menschliche Geschichte” sollte man sich im Übrigen nicht weiter kümmern. Immer wenn es um so hehre Titel geht, ist garantiert irgendeine Sauerei im Anmarsch. In der BRD wird nicht über die menschliche Geschichte entschieden. So eine Instanz, die über die menschliche Geschichte entscheidet gibt es nicht. Höchstens negativ. Wenn die Weltmächte einen Atomkrieg anzetteln und gegenseitig ihre Arsenale leeren, dann wäre in der Tat über die menschliche Geschichte entschieden.

        “Das deutsche Modell der Spaltungen führt doch nicht zu einen Zusammenhalt.” Willst du das Thema wirklich entlang solcher abstrakter Begriffe wie Zusammenhalt vs. Spaltung diskutieren. Also sagen wird du meinst mit Spaltung Alt gegen Jung. Die Alten liegen den Jungen auf der Tasche. Das wird natürlich unter die Leute gebracht um 1. die Renten zu senken 2. den Jungen zu sagen, ihr müsst auch noch privat vorsorgen. Ziel ist es das gesamtgesellschaftliche v zu drücken, indem man die Lohnnebenkosten drückt. Das ist also Klassenkampf von oben. Aber soll man jetzt für Zusammenhalt sein, also Klassenkampf von unten. Na ja – besser als Klassenkampf von oben. Aber die Funktionalität der sozialen Zwangsabgaben fürs Kapital wird damit auch nicht angetastet und damit wird das Prinzip, dass die Lohnkosten für die Wettbewerbsfähigkeit des nationalen Kapitals niedrig sein müssen, bestätigt.

        1. Du hast mit der deutschen Ansicht durchaus recht, denn ihre kapitalischen Prägungen sind ja noch nicht so alt wie der Herr Konfuzius. Der Artikel versuchte zwei Kulturen mit einem Kompromiss zu versehen, mehr nicht!
          Man kann aber auch wirklich alles intellektuell zerreißen, so das eben kein Kompromiss mehr zustande kommt!

          1. “Der Artikel versuchte zwei Kulturen mit einem Kompromiss zu versehen, mehr nicht!” Ja, aber das ist doch schon der Fehler. Denn von solchem, ich sag mal, kulturwissenschaftlichem Gequatsche hängt doch gar nichts ab. Das sind philosophische Schönrednereien. Es ist nur die Simulation eines Ausgleichs zweier Kulturen auf einer philosophischen Ebene. Mit der Realität hat das nichts zu tun.
            Und wenn du meiner Analyse oben zustimmst, weißt du das auch. Im Übrigen braucht es für den Kompromiss zwischen individuellen Wünschen und Gemeinwohl nun wirklich nicht China. Das ist schon seit ewigen Zeiten das Ideal hierzulande. Dass es im Westen angeblich bloß um Individualismus geht, ist doch Quatsch. Wenn sowas behauptet wird, dann nur zu dem Zweck vom Individualismus zu fordern, er müsse sich am Gemeinwohl relativieren.

  8. Ausschließlich abstoßend und niederschmetternd, diese moralischen Oden auf das gewaltträchtigste (was Mord, Totschlag, Körperverletzung, physische u. psychische (sexuelle) Gewalt betreffen) Dienstverhältnis und INSTITUT des inneren (hier,bürgerlichen) Staates.

    Familie, lateinisch familia „Gesinde“, „Gesamtheit der Dienerschaft“, einer Kollektivbildung von famulus „Diener“.

  9. Dieser Beitrag hört sich für mich reichlich pseudowissenschaftlich und mit einer ausgiebigen Portion von Esoterik an. Ich sehe keinerlei wissenschaftlichen Ansatz, ja nicht einmal den Versuch dazu. Ist wohl Absicht, denn das macht auch alles super einfach.

    Ich finde es traurig, das hier dem Gegenteil von Evidenz solcher Raum gegeben wird.

  10. Der Artikel gibt ein subjektives Stimmungsbild der zwei in China lebenden Autoren wieder, was ich ganz interessant finde. Er erhebt nicht den Anspruch wissenschaftlich zu sein.
    Etwas verstörend empfinde ich die darauf folgende Diskussion – mit doktrinären altmaxistischen Inhalt – die allgemein menschliche Grundwerte wie RESPEKT vor den Eltern in Frage stellt. Da der Mensch ein emotionales, biologisches Wesen ist, ist er auf Familie, Clan, Sippe angewiesen. Fast alle alten Kulturen der Menschheit widerspiegeln diese Werte.
    Der Liberalismus des Westens stellt nun diese Werte in Frage. 14 jährige (deren Reife bezweifelt werden darf) sollen einmal jährlich ihr Geschlecht wechseln dürfen. Auf der anderen Seite will man den Menschen eine bestimmte Heizungsart aufzwingen, wie ein Forist richtig bemerkt!
    Fällt denn niemand auf, wie völlig irrational diese Diskussion verläuft? In von Linken regierten Staaten in Lateinamerika, z. B. Kuba, spielt die Familie eine wichtige Rolle. Hier wird sie mit Hilfe von Pseudonlinken zerstört!

  11. Ach Bella. Was hat denn die Frage des Geschlechts und die Heizung mit Werten zu tun? Für dich ist das doch alles nur ein Beleg für die Dekadenz des Westens. Was für dich wieder nur ein Beweis für die Überlegenheit des Ostens, speziell China ist. Deine ganze Mission hier besteht einzig und allein in Lobhudelei des chinesischen Staats. Und da kann der Westen nicht verkommen genug sein.

    Werte zu kritisieren hat mit Liberalismus überhaupt nichts zu und doktrinär ist das auch nicht. Schließlich begründe ich sehr sorgfältig, was gegen solche Werte spricht. Du dagegen kommst mir mit rassistischen Sprüchen, dass es sich bei deinen Werten um “allgemein menschliche Grundwerte” handeln würde. Das widerlegt sich doch schon selbst. Wenn Respekt oder Dankbarkeit gegenüber den Eltern in der menschlichen Natur liegen würde, dann wäre es wohl kaum eine Moral. Also eine Forderung an das moralisches Verhalten des Einzelnen, eine Handlungsmaxime nach der sich der Einzelne richten soll. Wären also deine Werte dem Menschen (allgemeinmenschlich) eingeschrieben in seine Natur, dann k ö n n t e er gar nicht anders als sich den Werten entsprechend zu verhalten und die moralische Forderung wäre überflüssig.

    “Da der Mensch ein emotionales, biologisches Wesen ist, ist er auf Familie, Clan, Sippe angewiesen.”

    Ja, der Mensch ist auch ein gesellschaftliches Wesen, das von der Gesellschaft abhängig ist. Aber warum begründet Abhängigkeit Dankbarkeit oder Respekt? Muss der Sklave seinem Herrn danken, weil er von ihm abhängig ist. Abhängigkeit ist doch ein negativer Bezug, der Unterordnung ausdrückt. Es kommt doch sehr auf den Inhalt der Gesellschaft an und wie das Individuum ins Verhältnis zur Gesellschaft gesetzt ist. Es ist doch von entscheidender Bedeutung, ob sich die Gesellschaftsmitglieder als Konkurrenten zueinander verhalten, wie allgemein im Kapitalismus – auch in China – oder ob sich die Gesellschaftsmitglieder gegenseitig positives Mittel sind. Und selbst wenn sie sich positives Mittel sind, dann folgt daraus höchstens gegenseitige Dankbarkeit, aber nicht Dankbarkeit gegenüber den Eltern. Dankbarkeit ist nichts anderes als das die Einforderung von Wohlverhalten.

    In von Linken regierten Staaten in Lateinamerika, z. B. Kuba, spielt die Familie eine wichtige Rolle.

    Und auch dort verweist es auf die gesellschaftliche Funktion der Familie als Aufzuchtstation von Arbeitern und Staatsbürgern. Der Staat unterstützt das, weil die Institution Familie für ihn nützlich ist. Und genau deshalb wird auch der Schmarrn mit den familiären Werten hochgehalten.

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