Bundesjugendspiele und Narzissmus

Bundesjugendspiele, 2007
Immanuel Giel, Public domain, via Wikimedia Commons

Immer weniger Leistungsdruck und stattdessen immer mehr Spaß? Eine gute Idee, wenn man systematisch Narzissten produzieren möchte!

Die Bundesjugendspiele müssen dringend reformiert werden, so liest man allenthalben. Weil sie zu vielen ein zu schlechtes Gefühl geben, weil sie dem Spaß im Weg stehen. Der Aufschrei ist groß, und nicht etwa, weil man die Leistungsbewertung im Sport vermissen würde. Sondern weil man die Leistungsbewertung auch in anderen Schulfächern abschaffen möchte. Auch an den Universitäten wird hart daran gearbeitet, immer weniger zu fordern, immer weniger Leistung abrufen zu lassen, wie man das beim Fußball nennen würde. Weil der Leistungsdruck ohnehin schon groß genug wäre und weil Spaß an der Tätigkeit doch viel motivierender ist.

Themenwechsel: die letzten Jahrzehnte haben zu einem ganz massiven Anwachsen von Narzissmus geführt. Narzissen sind Leute, die sich für besonders wichtig, besonders schlau, besonders gut aussehend und überhaupt ganz besonders finden. Schon zwischen 1963 und 1992 ist die Anzahl der heranwachsenden US-Amerikaner, die sich selbst als ganz zweifellos wichtige Person ansehen, von 12 auf 80 Prozent gestiegen. Tendenz weiter steigend, auch bei uns. D. h. also, dass sich so langsam fast alle richtig wichtig finden. Warum ist das so, wie konnte es dazu kommen?

Wie man Narzisst wird

Wenig überraschend vermutet die Forschung, dass die Ursachen in der Jugend liegen, und vor allem damit zusammen hängen, wie Menschen von ihren Erziehungsberechtigten und engen Verwandten und Freunden behandelt werden. Dabei lassen sich zwei wesentliche Ursachen für narzisstische Neigungen unterscheiden:

Zum einen gibt es den „verletzlichen Narzissmus“, der vor allem bei Menschen auftritt, die in ihrer Kindheit zu wenig Anerkennung erhalten haben. Eltern, die unentwegt an ihren Kindern herummeckern, denen nichts gut genug ist, erzeugen also tendenziell Mitmenschen, die zu negativen Gefühlen, zwischenmenschlicher Kälte, Boshaftigkeit und einem besonderen Grad von Egozentrik neigen. Viele von denen findet man in den sogenannt sozialen Netzwerken, wo sie die Einstellung ihrer Eltern, dass wirklich nichts gut genug sei, an Unbekannte weitergeben. Manchmal finden Sie diese Menschen sogar in den Kommentarspalten von Overton! Kurz: Man findet sie so gut wie überall.

Zum anderen gibt es den „grandiosen Narzissmus“, der vor allem bei Menschen auftritt, die in ihrer Kindheit von aller Kritik ferngehalten worden sind. Die unentwegt von ihren Eltern gelobt werden, auch für eigentlich selbstverständliche Aktivitäten. Und deren Ziel vor allem in der Spaßoptimierung bestand. Das ist natürlich nachvollziehbar. Denn unsere Maßstäbe sind in der Regel ja relativ: wann ist ein Aufsatz wirklich „gut“, wessen Fremdsprachenkenntnisse sind wirklich „großartig“ und wie schnell muss man laufen, um ein „Supersportler“ zu sein? All das hängt immer vom Referenzrahmen, vom Kontext ab. Und verglichen mit dem sprichwörtlich letzten Deppen sind wir ja alle hochgradig intelligent.

Nun hat all das natürlich eine Schattenseite. Denn wenn ich unaufhörlich gelobt werde, wenn alle meine Leistungen als herausragend beurteilt werden oder wenn ich gar vor jeder kritischen Beurteilung geschützt werde, dann muss ich mich doch als allwissend, umfassend begabt und ganz besonders besonders finden.

Was unsere Individualität ausmacht

Und genau hier stoßen unsere beiden Themen zusammen. Denn Leistungsbeurteilungen sind ja der Versuch, Menschen mit der Realität in Kontakt zu bringen. Und in der Realität sind wir ja nicht wirklich umfassend begabt. Sicherlich haben wir alle unsere Begabungen, aber die sind in der Regel nicht besonders breit gestreut. Wie unsere eigenen Forschungen zeigen, lassen sich Begabungen tatsächlich überall finden. Menschen mit einer ADHS-Diagnose lassen sich zum Beispiel besonders stark ablenken und können einen schon mal nervös machen, aber sie haben auch deutlich mehr Energie als viele andere und können schwierige Situationen oft besser überstehen. Depressive Menschen leiden sicherlich an ihrer Niedergeschlagenheit und ihre Antriebsschwäche kann ein Problem sein, aber sie beurteilen komplexe Probleme oft analytischer und realistischer als viele andere.

Und auch ohne Diagnose können zweifellos manche von uns besser singen, tanzen, denken, erfinden, laufen, reparieren und erklären als andere. Welche Stärken man aber hat, über welche Talente man verfügt, welche man noch entwickeln könnte, all das ist nicht immer einfach herauszufinden. Das Finden und Identifizieren der eigenen Stärken setzt voraus, dass man seine eigenen Schwächen kennt. Diese Schwächen findet man durch den Vergleich mit anderen: erst als Bernhard bei einer Theaterprobe erlebt hat, dass alle anderen Tänzer ihren Wiener Walzer auch nach dem Einschalten der Drehbühne mit Anstand zu Ende bringen konnten, hat er erkannt, dass seine Zukunft nicht im Tanz liegt. Erst als Lorenza erleben musste, dass ihre Mitspielerinnen viel leichter und viel mehr Tore schossen als sie, hat sie erkannt, dass sie dem Spiel als Torfrau viel nützlicher sein kann.

Was uns tatsächlich einzigartig macht, ist unsere ganz spezielle Kombination von Stärken und Schwächen, und unsere ganz persönliche Art und Weise, wie wir beide über die Zeit entwickelt haben und wie wir mit ihnen umgegangen sind. Die Entwicklung unserer Individualität braucht also ganz dringend den Bezug zur Wirklichkeit. Und die Wirklichkeit besteht eben nicht immer nur aus Spaß und aus dem unendlichen Erleben von Kompetenz.

Kompetenz und Realität

Der Erwerb von Kompetenz braucht Talent und sehr viel Übung, vor allem in unserer hochspezialisierten Zeit. Es liegt also in der Natur der Sache, dass viele von uns hinsichtlich sehr vieler Themen alles andere als kompetent sind. Das ist eigentlich ganz normal, aber immer weniger wollen das wahrhaben. Alle wollen immer mitreden, und meinen, wirklich alles beurteilen zu können. Weil, und nun kommt unsere These, kaum noch jemand realistische Rückmeldung bekommt.

Es gibt immer weniger Möglichkeiten, Mitmenschen mitzuteilen, dass sie in bestimmten Hinsichten wirklich nicht hinreichend talentiert, nicht hinreichend geübt, und daher nicht hinreichend kompetent sind. Die Bundesjugendspiele sind dafür nur ein, und ein zugegebenermaßen kleines, relativ unbedeutendes Beispiel. Aber sie wären eine Möglichkeit dafür, heranwachsenden Menschen, die noch dabei sind, ihre ganz eigene Individualität zu entwickeln, darüber zu informieren, dass ihre Talente vielleicht irgendwo anders liegen als im Sport. Was wäre schlimm daran?

Die wesentliche ideologische Hürde, die der Anerkennung von negative Rückmeldung zur Entwicklung der eigenen Individualität im Wege stehen, ist der inklusive Gedanke. Wir verstehen schon, Menschen mit einem Handikap wolle nicht unentwegt über genau dieses Handikap abgerechnet werden. Niemand von uns will das, denn wir haben ja alle unser Handikap, unsere Bereiche der Inkompetenz. Aber statt die zu leugnen, und den Leuten die Idee zu geben, sie könnten wirklich in allem richtig gut sein, könnten wir auch den genau umgekehrten Weg gehen: zu lernen, dass wir alle in ganz vielen Sachen richtig schlecht sind, und dass das nicht schlimm ist, weil wir auch in anderer Hinsicht richtig gut sein können.

Was können wir wirklich?

Wenn wir also weniger Narzissten haben wollen, und wir beide wollen das jedenfalls ganz dringend, dann brauchen wir mehr, und nicht weniger Leistungsbeurteilung und Rückmeldung über die Realität. Wir brauchen mehr Einsicht darin, dass wir alle unsere Grenzen haben, dass das aber unseren Wert als Mensch in keiner Weise beeinträchtigt. Weil es eben menschlich ist, manches besser zu können als anderes. Je schneller wir erkennen, worin wir nicht gut sind, desto schneller und effektiver können wir unsere Stärken erkennen und entwickeln.

Wenn wir diese Einsicht in Schulpolitik umsetzen wollen, dann sollten wir also nicht weniger, sondern mehr Leistungsbeurteilungen fordern. Und dies in immer mehr Bereichen. Warum soll zum Beispiel nicht kreatives Denken, Kochen, soziale Intelligenz und technisches Verständnis dazu gehören? Nicht in dem Bemühen, dadurch mehr Ausschlusskriterien zu entwickeln. Sondern mit der Überlegung, dass Stärken in einem Gebiet Schwächen in anderen Gebieten kompensieren können und sollten.

Die gesellschaftliche Anerkennung von themen- und fähigkeitsbezogenen Stärken und Schwächen, auch in der Schule, würde auch die Bedeutung des Spaßfaktors bei der Gestaltung schulischer Lehrpläne reduzieren. Denn um mehr Spaß muss man sich ja nur dann bemühen, wenn die Schüler nicht von selbst Feuer fangen. Einige tun das fast immer, aber je nach Fach halt jeweils andere. Die finden also offenbar ihren Spaß auch von selbst – unabhängig von der Existenz möglicher Leistungsbeurteilungen.

Tatsächlich ist ja in einer arbeitsteiligen, hochentwickelten Gesellschaft die Überlegung, alle könnten immer bei allem dabei sein, weder plausibel noch realistisch. Warum sollte das so sein? Denn wir sind ja nicht alle gleich, wir sind genau das Gegenteil: wir sind extrem individuell, und es ist diese Individualität, die uns selbst ausmacht und die uns an anderen Menschen interessiert. Geben wir jungen Leuten doch die Gelegenheit, diese Individualität systematisch zu entwickeln, statt so zu tun, als wollten sie alle dasselbe.

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22 Kommentare

  1. Wie gestern gelesen, gibt es ein Pilotprojekt “Gleitzeit für Schüler”, welches entweder ein Erscheinen 7.50 Uhr (sehr, sehr früh, regelrecht nachtschlafend) oder 9.40 Uhr ermöglicht. Die späteren müssen eigeninitiativ den Stoff im häuslichen Umfeld nachholen.😂
    Gleichzeitig soll sich 1 von 5 15jährigen in der Lesekompetenz auf Grundschulniveau befinden, das bekanntlich stetig unterboten wird.
    Weshalb sollte die Vorbereitung auf das (auch private) Leben daher durch lästiges Dazu/Lernen und Vergleich erhellt werden? Wäre systemisch kontraproduktiv.

    Wobei es zwar stets übergangen wird, aber Bildung sowie Erziehung beginnt bereits und vor allem im Elternhaus.
    Antiautoritäre Erziehung: epische Diskussionen über alles – Ergebnis: Kind obsiegt, bevor es sich terrorisierend (für alle) abgearbeitet hat.
    Bedürfnisorientierte Erziehung: alles kann, nichts muss – Ergebnis: Kind ist erziehungsberechtigt.
    Zeitenwendische (aktuelle) Erziehung: Kind wird gottähnlich und Herr in sämtlichen Belangen.
    Fatal nur, dass Erziehung, Hinwendung, Geistesbildung und -haltung, Kompetenzen, Aufsichtspflichten usw. Marginalien geworden sind.

    In diesem Zusammenhang wäre es übrigens interessant zu wissen, ob “lediglich” Narzissmus das Ergebnis ist, oder nicht doch öfter der ‘….path’ zutreffend wäre. 🤔

    1. ‚….path‘ – da können Sie beruhigt aufatmen.
      Um solch eine Persönlichkeit zu formen benötigt es konsequente Ambivalenz, was ja heutzutage völlig ausgeschlossen ist. 😉
      😎

      1. Stimmt auch wieder; wie kam ich nur darauf?! 😉🤭
        Allerdings sind die “…pathen” öffentlich noch immer nicht vollumfänglich integriert und hofiert.*

        Ergo: (leider noch) eine “Minderheit”, die dem plebsigen Dünkel und der Unsichtbarkeit entrissen gehört, sowie Schutzzonen, Zuspruch und weitere Entfaltungsmöglichkeiten bräuchte. 👍

        *fühle mich übrigens stellvertretend diskriminiert

    2. Ich bin ja kein Begriffsdefinierer, aber Hitler, Brejvic, Stalin, Dutroux, Epstein, R. Kelly…alles Beispiele für Narzissten.
      Das Psychopathische ist IMMER Teil von Narzissten. Mehr mit Freude daran, ergo Sadisten. Selbstherrlichkeit ohne Grenzen, Paranoia und Sadismus.
      Narzissmus=ICH BIN GOTT

      1. 😊 (Die Frage war rhetorischer Natur.)
        Wenn, dann wäre eher Narzissmus Teil einer “Pathie”, die im Übrigen neben Psycho- auch Soziopathen umfasst.

        Wobei beide nur schwer bzw. erst an deren (konsequenten und schädlichen) Handlungen zu erkennen sind, da sie aufgrund reflektorischer Defizite nicht dazu neigen, sich vorzustellen mit: “Servus, ich bin ein …path’.”

        Ursächlich für Narzissmus sollen laut “wissenschaftlicher Meinung”* Überbehütung oder zu wenig Aufmerksamkeit/Zuwendung sein.
        *entweder/oder, hü oder hott, ja oder nein….🤣

        Wobei letzteres logisch nicht haltbar wäre, denn dann hätten viele vorherige Generationen hauptsächlich Narzissten generieren müssen!😉

        Der 360Grad-Blick lässt allerdings vermuten, dass wir uns aktuell/seit 20-30 Jahren? mitten im evolutionären Stadium des “Pathismus” befinden, der bereits viele, bunte, aber giftige Blüten treibt!
        Und da der Apfel nicht weit vom Birnbaum fällt, bleibt nur des Wahnsinns fette Beute!

  2. Ich bin verwirrt, ging ich doch bisher davon aus, dass Narzissmus die Folge von überbewertetem Individualismus ist. Und nun fordert der Artikel zur Heilung des Narzissmus noch mehr Individualismus? Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben kann meiner Meinung nach keine Lösung sein.

    Als nicht liberal-individualistisch sozialisierter Mensch beschleicht mich eine Vermutung: Kann es sein, dass individualistisch geprägte Menschen, wie im liberalen Kapitalismus üblich, sich von ihrem Individualismus nicht befreien können und sich so eine nicht-individualistische Lösung gar nicht vorstellen können. Das meint eine gesellschaftliche Lösung, die eine andere Ideologie beinhaltet.

  3. Die Frage ist doch: Wie sehr ist dieses Leistungsprinzip damit verbunden, die Kinder dann zu Höchstleistungen zu motivieren? Und vor allem, was passiert, wenn das Kind versagt? Wie geht man dann damit um? In der Vergangenheit hat es oft Verhaltensweisen gegeben, wo Versagen mit Strafen verbunden waren. Dann kann das Kind sich nicht unbeeindruckt davon entwickeln.
    Heutzutage scheint es so zu sein, dass Leistung verpönt ist und man mit aller Macht alle inkludieren will, was logischerweise dann dazu führen muss, dass das Niveau – egal in welchem Bereich – sinken muss. Dann aber – nach der Kindheit – trifft der junge Erwachsene auf die Realität, in der Leistungsdruck immer größere Ausmaße annimmt. Was das bedeutet, kann man ja gut an dem zunehmenden Stress im Berufsleben sehen. Und in Zukunft werden dann behütete Kinder in eine Welt entlassen, in der sie nicht bestehen können, weil es ihnen niemand gezeigt hat, wie man besteht. Das Scheitern ist dann vorprogrammiert.

  4. Der IT Bereich hat sehr viel mit der Unlust zu tun.
    IT ist die neue Droge für Faulheit, jeder kann sich dort seine Wahrheiten dort finden, danach leben und so zu tun man wisse alles.
    Die Realität sieht jedoch anders aus, als die Agenden es vermitteln möchten.
    Jede Agenda wird ihr Dasein bald verlieren, weil andere die neuen Realitäten präsentieren und diesesmal, wird der Westen diese Realitäten akzeptieren, ob gewollt oder nicht, ist eine andere Frage. Denn das wird oder ist, eine politische Machtdemonstration, ohne wenn und aber. Oder existieren tatsächlich Mehrheiten für ein anderes System?
    Ich denke nein, die Lemminge werden brav alles hinnehmen.

  5. Ich nehme die Ermahnung der Autoren durchaus ernst, mich mit Äußerungen zu Problemen, von denen ich nicht ausreichend viel verstehe, zurückzuhalten. Ich habe aber doch eine Frage zum vulnerablen Narzissmus. Dieser besondere Grad der Egozentrik, ist da nicht auch die Vorstellung eigener Grandiosität eingeschlossen, die eine unverständige Welt zu erkennen zu blöd ist?
    Da vulnerablen Narzissten immer Unrecht zugefügt wird, ist klar, dass sie immer Recht haben, sich nie entschuldigen müssen. Sie müssen auch nicht real was leisten, weil die Welt ihre Leistungen weder erkennt noch anerkennt. Und mit dem grandiosen Narzissten teilen sie die durch nichts zu erschütternde Überzeugung, dass Regeln, Absprachen, Versprechen von allen strikt eingehalten werden müssen – aber nicht von ihm selbst, weil er eben so toll und unvergleichlich ist oder eben, weil die “Anderen” dadurch, dass sie so sind, jedes Recht auf die Einhaltung verwirken.

    80% ist aber schon mal eine Ansage. Kann da sowas wie “Gesellschaft” funktionieren? Man kann mit Narzissten nicht kooperieren. Auf jeden Fall bezweifle ich, dass an der von den Autoren beschriebenen Entwicklung noch was Korrigiert werden kann. Nicht durch kundige Benotung, nicht durch Wettkämpfe. Da ist etwas in der Gesellschaft passiert, was weit über misslungene Bildungsexperimente oder Sportwettkämpfe ohne Wettkampf hinausgeht. Und ist das im Osten, in Asien auch so? Wir haben hier in Berlin, vor allem im Osten, viele Vietnamesen. Hast du ein vietnamesisches Kind in der Klasse , brauchst du nicht zu fragen, wer Klassenbester ist. Die studieren dann Mathe, Physik und Jura. Die anderen lassen sich tätowieren.

    1. “Hast du ein vietnamesisches Kind in der Klasse , brauchst du nicht zu fragen, wer Klassenbester ist. Die studieren dann Mathe, Physik und Jura.”

      Das gilt übrigens weltweit. bei der Mathe- oder Physikolympiade sind es immer asiatische Schüler, i.d.R. Chinesen, Koreaner, Inder oder Vietnamesen, zusammen mit Russen, die die oberen Plätze belegen: Ist mal ein US-Bürger dabei, hat er i. d. R. einen asiatischen Nachnamen.

      Andererseits: das konfzianische Lernethos in Ehren, aber gelegentlich wird der Lerndruck auch übertrieben und hat ungesunde Folgen. Ich denke wir hatten mal so etwas wie einen Mittelweg, bei dem man auch mit (oder sogar wegen) Leistungsanforderungen Freude an der Schule haben konnte.

      1. Eigentlich weiß ich auch nicht, wie es richtig laufen sollte. Ja , so ein Mittelweg zwischen den Extremen. Man wünscht den Kindern nicht wirklich eine Kindheit und Jugend, die nichts als eine vorgezogene Arbeitswelt sind. Aber auf der anderen Seite müssen sie sehr schnell im richtigen Leben konkurrieren. Jedenfalls die Meisten, weil nicht alle Millionäre als Eltern haben oder als Influencer oder Gangster Rapper erfolgreich sein werden. Ich könnte mir vorstellen, dass es dann, wenn man gegen Frau Nguyen bestehen muss, die im Abitur nicht Physik abwählte und Religion im Leistungskurs belegte, schwer werden kann.

        Woraus nun das glücklichere Leben resultieren wird, vermag ich nicht zu sagen. Ich vermute aber, dass Frau Nguyen mehr Möglichkeiten haben wird, Entscheidungen für ihr Leben zu treffen, als jemand, der eigentlich nichts Richtiges kann und Mathe immer doof fand

  6. Na das ist ja jetzt blöd, erst führt zu viel Individualismus zu Narzissmus, jetzt auch noch zu wenig Leistungsdruck. Am Ende führt dieses ganze System noch zu Narzissmus. Krass. Selfies und Unsocial Media mal aussen vor, das würde den Rahmen sprengen.

    Interessant, aber irgendwie das Pferd von der falschen Seite aufgezäumt scheint mir. Dem mehr an Leistungsdruck im Bereich Verkauf der eigenen Arbeitskraft wird folgerichtig, actio = reactio, ein weniger an Leistungsdruck entgegengesetzt.

    Ich würde ja frech behaupten, beide Ansätze sind falsch, da sie nur Licht und Schatten des gleichen Problems darstellen, also versuchen Symptome zu kurieren, anstatt Ursachen zu beseitigen.

    Die Regeln des gegenwärtigen Systems sind perfekt für Narzissmus und Psychopathie ausgelegt, kein Wunder, dass es immer mehr werden. Ohne die Systemfrage zu stellen, dreht man sich im Kreis.

    Und das jammern jener, die Leistungsdruck hatten und nun empört sind, das andere das nicht mehr haben, naja, das ist Stammtisch Niveau (nicht mit der Creme zu verwechseln) wie in GanzHinterDorf.

    Aber man muss auch berücksichtigen, wie in einer Studie festgestellt wurde (möglicherweise zu Recht), dass die Menschen heute zwar gebildet und intelligent sind, aber kaum noch fähig den gesetzten Rahmen zu verlassen und sozusagen über den Tellerrand zu schauen. Ist halt wie im Job, so enge Grenzen, dass man nur noch versuchen kann, die negativen Effekte zu dämpfen und keinen Freiraum hat, prinzipielle Fragen zu stellen. Die alte Kleinkinderfrage Warum? kann hier manchmal interessante Einsichten bescheren … wenn man gewillt ist, sie oft genug zu stellen.

    Ist wie die Geschichte mit den Punkten, die man so mit Geraden verbinden muss, dass kein Punkt mehrfach von einer Geraden geschnitten wird. Man muss gedanklich den Raum erweitern, dann funktioniert das, innerhalb des Raumes den die Punkte scheinbar vorgeben gibt es keine Lösung.

    1. “Die Regeln des gegenwärtigen Systems sind perfekt für Narzissmus und Psychopathie ausgelegt …”

      Das ist auch der Grund warum einer wie Donald Trump eine logische Konsequenz dieses Systems ist. Durch maßlose Übertreibung führt er das liberale System vor, als Parodie. Narzissten uns Soziopathen halten uns den Spiegel der liberalen Ideologie vor Augen.

  7. Das bei den Bundesjungendspielen am meisten Narzissmus fördernde Detail ist die vom formal höchsten Repräsentanten des Staates unterschriebene Ehren[sic!]urkunde. Das gibt es ja nicht einmal beim Fußball-Pokal! Man kann nur hoffen, dass den später Erwachsenen dies als Erkenntnis über das politische System dienen wird. Bei den Ehren-Sportskanonen habe ich da aus eigener Erinnerung aber so meine Zweifel. So wie bei einem Harvard Diplom im Football…

  8. Was besorgniserregend ist, dass “mens sana in corpore sano” nicht mehr für die Bevölkerung gelten soll. Deutschland wird auf einen Weg geschickt, auf dem diese Verfasstheit des Menschen gesellschaftlich nicht mehr benötigt und daher nicht mehr gefördert wird. Keine Anstrengung mehr, kein Wettkampf, keine Ziele, kein Erfolgserlebnis, kein Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, kein Selbstbewusstsein mehr. Nur noch endloser Spaß in Bewusstlosigkeit…

  9. Eine Beitrag, dessen Grundannahme ist, daß mehr Leistungsdruck in der Schule Kindern in irgendeiner Weise guttun würde, ohne diesen Nutzen genauer zu beschreiben, geschweige denn zu bewerten (“mehr Rückmeldung über die Realität”/”wo liegt meine Begabung?”), emfinde ich als bestenfalls naiv und weltfremd-optimistisch oder aber als Versuch ein System zu optimieren in dem die Belange und Wesensarten der Menschen systematisch ignoriert und oder unterdrückt werden.
    Die tatsächlich vorhandenen Probleme waren auch vorher schon vorhanden, treten jetzt zu Tage und das ist dann natürlich unschön, und dann sollen ausgerechnet die Kinder etwas “besser” machen. Was aber, wenn es nur so scheint, als wäre Narzissmus ein Problem aber in Wirklichkeit lägen die Ursachen bei einer Gesellschaft, in der sinnstiftende soziale und kulturelle Bezüge jeder Art zunehmend in Auflösung begriffen sind, Kinder überschwemmt/druckbetankt werden mit grenzwertigen medialen Inhalten, selbst wenn sie bloss an einem Bahnsteig stehen, ihnen ununterbrochen “begehrenswerte” Dinge präsentiert werden, auf denen Preisschilder kleben und sie einer Erwachsenenwelt begegnen, die sich über ihre Scheinwirklichkeit, ideologische Erstarrung und innere Widersprüche keinerlei Rechenschaft abzulegen bereit ist. “Mehr Leistungsdruck”. Mkay?*setz Kopfhörer auf*

    1. Zwischen “immer mehr” und “immer weniger” Leistungsdruck besteht ein erheblicher Unterschied, wobei ein MEHR im Artikel nirgendwo gefordert wurde!

      “Kinder überschwemmt/druckbetankt werden mit grenzwertigen medialen Inhalten,..”
      Stimmt auffallend. Beginnt bereits im Kleinkindalter als heimische “Förderung” mittels Smartphone oder Tablet.
      Ab spätestens Grundschulalter bewegen sich Smartphones auf zwei Beinen und mit zunehmendem Alter bestimmt “Technik” autark soziale “Interaktionen”.
      Aber beachte: ein “Markt/Absatz für xy” ploppt nicht spontan auf, sondern wird mithilfe von “Konsumenten” ein (perfekter) Selbstläufer. Also bitte nicht hinterher beschweren, nur weil man vorher willig den Weg einebnete.

      Und selbstverständlich bedarf es einer Bewertung von Leistungen, da nicht alle mit den gleichen Begabungen und/oder intellektuellen Voraussetzungen gesegnet sind.
      Außer im Schlaraffenland, mit den gebratenen Tauben, Flüssen aus Milch und Honig etc., ist in keiner gedachten Gesellschaftsform jeder für alles geeignet, auch wenn jeder auf einem Gebiet besonders sein kann!

      Übrigens unterliegt JEDE/R “Tätigkeit/Besuch” z.B. im Restaurant, beim Friseur, Arzt, im Hotel, eines Handwerkers usw. einer Bewertung ob der geleisteten Arbeit/Befähigung.
      Worin also besteht das logische Argument, mit zweierlei Maß zu messen?!

      Die vermehrte Forderung nach Nichtbewertung (oder ausschließlich positiver) ist desweiteren einerseits hinderlich für die notwendige Entwicklung hin zu einer (stabilen) kompetenten Persönlichkeit und andererseits verwischen zusehends die Grenzen zwischen Können und Eignung.

      Aber wir sind auf einem guten Weg: trotz Schulausfalls gab es noch NIE so viel EinserAbiturienten* wie nach Corinna.
      Wenn Prüfungsaufgaben zu schwer waren, reichte eine Beschwerde und glücklicherweise gibt es immer mehr Eltern, die ihre Kinder für extrem hochbegabt halten.
      Ja; die Zukunft wird mit derart konditionierten, zukünftigen “Fach”Kräften noch viel lustiger (zu Ende sein) – auch für Landratten, die es am Horizont noch nicht erkennen können.😉

      *tatsächliches und allgemeines Bildungsniveau sei hier wohlweislich nicht auch noch Thema

  10. Wir hatten in der 4.-6. eine sehr gute Lehrerin, die hat in Eigenregie sogenannte “Werkstätte” erstellt: Nachdem man mit dem Grundstoff durch war, konnte man dort zusätzliche, schwerere Aufgaben lösen. Sollte man alle Zusatzaufgaben vor Schulschluss lösen(Werkstatt war immer Nachmittags in den letzten Schulstunden), bekam man den Rest des Schultages frei (maximal vielleicht eine Schulstunde).

    Ich find das bis heute die beste Lösung: Die schlechteren Schüler werden nicht ständig mit Leistungsdruck konfrontiert, während die besseren oder fleissigeren dafür belohnt werden als auch Anerkennung für ihre Leistungen erfahren.

    Zudem war das als Kind auch sehr nützlich. Früher frei motiviert einem. Man sah in welchen Fächern man stark war und wo nicht, ganz ohne Noten.

    Sowas fände ich viel besser als noch mehr Leistungsdruck, davon hat man später im Arbeitsalltag bereits genug.

  11. Ich vermute mal, dass man in den Reihen der “Grünen” ganz besonders viele Exemplare der genannten Narzissten findet 😉
    Per Definition zwar die letzten Deppen und im wirklichen Leben Totalversager, aber im sich selbst so gern feiernden “elitären” Club der “Gebildeten und Besserverdienenden”, umhüllt von permanenter Lobhudelei der genauso aus Totalversagern bestehenden Redaktionen der “Qualitätsmedien” lebt es sich in der Resonanzkammer ganz passabel und man ist endlich wer.

  12. Für das Freischwimmerabzeichen in Bronze musste man damals 600 m schwimmend zurücklegen. Da ich die ganze Strecke jedoch tauchend zurücklegte, ohne einmal Atem zu holen, wurde mir außerdem posthum die goldene Langstreckentauchermedallie verliehen, welche immer noch den Olymp meiner Trophäensammlung krönt.

    Daher dulde ich auch nicht, wenn das Andenken an meine persönlichen Bestleistungen hier öffentlich beschmutzt wird.

  13. Narzismus ist eine Beziehungsstörung die im Kleinkindalter verursacht wird, so zwischen 0 und 5 Lebensjahr. Die spätere Ausprägung wird durch den sozio- ökonomischen Hintergrund des Elternhauses bestimmt.
    Wenn der kleine Robert der Sohn vom Apotheker ist, oder der Papa von der kleinen Analena Manager in einem nicht ganz kleinen internationalem Konzern, stehen die Chancen auf “Grandiosität” deutlich besser als bei angestellten Fleischereifachverkäufern.
    Und das alles mit oder auch ohne Bundesjugendspiele.
    Eine deutliche Steigerung dieser “Verhaltensauffälligkeiten” bei Kindern wird man dereinst mit der Einführung der Internetfähigen Mobiltelefonen in Verbindung bringen. Mit so einem Gerät ist die Kindesvernachlässigung viel, viel leichter geworden. Das kann jetzt wirklich jeder, nicht nur die Profis.

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