Manchmal sagen Trümmer mehr aus, als es die Kriegsherren mit ihren Worten tun.
Wenn man sich an diesen einen Tag vor 51 Jahren, an diese eine Straße in Hanoi erinnern will, der versteht, warum die US-Regierung damals und heute Massenmorde begeht, ermöglicht und schützt, Kriegsverbrechen verübt und geschehen lässt.
An der Logik hat sich in den letzten 51 Jahren nichts geändert. Genauso wenig an den Begründungen: Vor 51 Jahren erklärte man Wohnhäuser und Hütten zu „strategischen Zielen“.
In geradezu wahnhafter Manie begründete eine US-Soldat, der die Ermordung von allen BewohnerInnen des Dorfes My Lai 1969 befahlt, dass er damit die Bewohner vor dem Kommunismus retten wollte.
Damals und heute
Diesem Massaker fielen 504 BewohnerInnen in Südvietnam zum Opfer. Zuerst hatte die US-Armee dieses Verbrechen vertuscht: „Erst durch Recherchen des investigativen Journalisten Seymour Hersh gelangte das Geschehen an die Öffentlichkeit, wobei die Veröffentlichung der Reportage zunächst für etwa ein Jahr von sämtlichen Medien abgelehnt worden war. Hersh erhielt 1970 den Pulitzer-Preis. Die Veröffentlichung hatte großen Einfluss auf die öffentliche Meinung zum Vietnamkrieg in den USA.“ (Journal21.ch)
Heute nennt man es „legitime Ziele“. Demnach ist die Zerstörung von Gaza, die Auslöschung der Lebensgrundlage von über zwei Millionen Menschen kein Versehen, sondern das Ziel.
Damals setzte man Napalm und „Agent Orange“ ein, um die Tunnelsysteme des Vietcongs zu zerstören. Heute bombardiert man Krankenhäuser, Schulen und Wohnhäuser, weil man darunter die Tunnel der Hamas treffen will.
Auch damals fabulierte die US-Regierung davon, dass sie in Vietnam die Freiheit und die Demokratie verteidigen wolle. Deshalb ist der Vernichtungskrieg im Gaza auch ein Akt der „Selbstverteidigung“ … auf besetztem Territorium. My Lai lässt grüßen.
Es gibt jedoch auch Umstände, die sich verändert haben.
Der technische und politische Vernichtungswillen hat gewaltige „Fortschritte“ gemacht. Der zweite Unterschied ist lebenswichtig und liegt in unserer Hand.
Die US-Regierung hat den Krieg nicht nur in Vietnam verloren, sondern gerade auch zuhause, als Hunderttausende gegen den Krieg demonstrierten und die Gefahr bestand, dass die US-Regierung dies nicht überleben wird. Dabei spielte Henry Kissinger eine herausragende Rolle.
Vietnam-Syndrom
Er gehörte zu denen, die den Terrorkrieg in Vietnam ausweiteten und dabei geografische und moralische Grenze überschritten. Diese Skrupellosigkeit hinderte ihn nicht daran, geheime „Friedensverhandlungen“ zu führen. Denn die Intensivierung des Bombenterrors sollte die Verhandlungsposition stärken. Er wusste, dass ein „geordneter“ Abzug die einzige Voraussetzung dafür ist, mit der Kriegspolitik fortzufahren und selbst dabei ganz nach oben aufzusteigen.
Später gab man dieser Demütigung auf dem Schlachtfeld und zuhause die Bezeichnung: Vietnam-Syndrom.
Um das zu wiederholen, muss man nicht in den Krieg ziehen. Man muss ihn zuhause verunmöglichen.
Darum geht es, wenn Cathrin Karras an diesen einen Tag im Stadtbezirk Đống Đa erinnert:
Hier zu sehen.Das Kind mit dem roten Luftballon ist ein zentrales Motiv von ihm. Es taucht überall auf der Welt auf, wo das Leben mit Füssen getreten wird. Ob es für Hoffnung steht, kann ich nicht sagen. Ob es kindisch ist, wenn man davon berührt ist … das ist durchaus möglich.
Ich musste dabei an ein Foto denken, das ich bei Recherchen zum Gazakrieg gefunden hatte.
Es hatte etwas vollkommen Surreales. Und doch hielt ich das in diesem Krieg für etwas, was genau so geschehen ist.
Das liegt nicht an der möglicherweise gekonnten Performance, sondern an einem Krieg, der das Aushaltbare jeden Tag übersteigt.
Quellen und Hinweise
Facebook schützt keine (nackten) Kinder, sondern jene, die (auch) Kinder ums nackte Überleben rennen lassen, Wolf Wetzel, 2016: https://wolfwetzel.de/index.php/2016/09/17/facebook-schuetzt-keine-nackten-kinder-sondern-jene-die-auch-kinder-ums-nackte-ueberleben-rennen-lassen/
Godfather of Staatsterrorismus. Henry Kissinger ist tot, Wolf Wetzel, 2023: https://wolfwetzel.de/index.php/2023/12/12/godfather-of-staatsterrorismus-kissinger-ist-tot/
Der eliminatorische Nationalismus, Wolf Wetzel, 2023: https://overton-magazin.de/kolumnen/kohlhaas-unchained/der-eliminatorische-nationalismus/
Ich danke Cathrin Karras, die in Luong Son, Hòa Bình/Vietnam lebt, für ihre Erinnerung und die Bilder.
Man muss Lumpenpazifist, ein gefallener Engel werden, damit man noch in den Spiegel sehen kann.
nur allzu wahr, schön ausgedrückt
nur allzu wahr, gut formuliert
Danke. Mir geht es auch so. Ein Lumpenpazifist zu sein, bedeutet ja zweierlei: Keine Luxus-Haltung und gegen ihre Kriege zu sein. Das ist mehr als genug.
Das “Töten” hat eine Dimension erreicht, das die wenigsten im realen Leben wahrnehmen.
Das Töten findet nicht nur unter Menschen statt, ‘SIE’ gehen soweit, das wirklich alles auf diesem Planeten vernichtet wird, das eigentlich die Grundlage zum Leben ist. Es wurden Millionen wenn nicht Milliarden an Vögel, Schweine, Rinder,Fische und sonstigen Lebewesen vernichtet für Krankheiten die man dazu schuf.
Gerne wird heutzutage alles auf die Menschheit abgeladen, da diese ja verantwortlich wären für ihren Konsum, aber der Konsum wird von PR Strategen genau dort hin gebracht, wo man sein ‘Vieh’ haben möchte, in ihrer Abhängigkeit und nichts anderes.
Die Freiheit, die sie meinen, ist einzig die Freiheit des Konsums. Und selbst diese Freiheit des vor allem lebensNOTWENDIGEN Konsums haben Hunderte Millionen Menschen nicht.
lese ich gerade,
Danke, wunderbar das es mal jemand anspricht den ständigen Krieg und Terror den die Menschen gegen Tiere führen, das große Tabuthema. Eigentlich ist es nicht tabu, es interessiert kaum jemanden außer belächelten Außenseitern.
Alleine die Massentierhaltung ist in ihren Dimensionen ein solches Gewaltverbrechen, das alle anderen Verbrechen der Menschheit dagegen Peanuts sind.
Alleine dass das kaum jemanden interessiert, selbst die meisten Tierschützer nicht und auch nicht die Klimakleber, denn die Massentierhaltung ist daneben auch eine der größten ökologischen Katastrophen, zeigt wie ethisch verroht und und strunzdumm die Masse der Menschen ist, eben auch die Klimakleber z.B.
Es zeigt wie recht mal ein Musiker hatte als er im Interview sagte ca. 70% der Menschen sind einfach scheiße,
oder wie recht R.G Binding hatte als er in sein Tagebuch schrieb diese Menschheit hat keine Zukunft und verdient auch keine Zukunft.
es bleibt nichts, als gemeinsam Sand im Getriebe der religösen Apokalytiker und Eiferer zu sein und die ‘Maschine’ zu stoppen! Es bieten sich viele Möglichkeiten! Lasst uns kreativ sein! Ausgrenzung und Stigmatisierung kann dabei keine Option sein! ‘Macht kaputt, was euch kaputt macht!’
Die Ereignisse im “Heiligen Land” gingen mir an den Weihnachtstagen besonders an die Nieren. Im obligatorischen Weihnachtsgottesdienst inkl. arabischem Weihnachtslied wurde mir nochmal klar, wie menschlich und moralisch bankrott der “Wertewesten” ist. Insofern bin ich gerne ein “gefallener Engel” und “Lumpenpazifist”.
Für den Frieden die Stimme erheben, immer wieder – auch wenn die Chancen gering sind, ja in den 70er Jahren war ich auch auf der Straße, um gegen den Vietnam-Krieg zu protestieren. Die Geschichte der USA ist von Beginn an auf Krieg gegründet, und daran hat sich in fast 250 Jahren nichts geändert. Es ist dieser tief verwurzelte Faschismus, der hinter allen “Argumenten” nur die eigene Überlegenheit und natürlich auch den Profit als Triebfeder gelten läßt. Die Millionen Toten sind eben Kollateralschäden.
Dieses Mädchen mit dem Luftballon drückt soviel Hoffnung aus – daneben das tote Kind mit dem roten Ballon – eine von unendlich vielen menschlichen Tragödien in diesem Krieg.
Für den Frieden tagtäglich kämpfen und unsere Mitmenschen dazu auffordern, das wäre zumindest ein erster Schritt in dieser entsetzlich deprimierenden Zeit.
Danke an Herrn Wetzel für diesen Artikel
Ganz herzlichen Dank, Kaktus!
Für mich war der Vietnam-Krieg der Anfang, die Welt zu verstehen, obwohl ich nicht wirklich wusste, wo Vietnam liegt.
Und diese kleine Animationsfilm geht mir auch nicht aus dem Kopf. Aber es ist doch berührend und ermutigend, wenn wir diese Gefühle, diese Leiden-schaft noch haben und sie etwas unschätzbar Wertvollen bewahren.
Alles Gute.