Wege in den Krieg

Pro-Israel-Demo in Berlin.
Dana Bondarenko and Sergey Gavrilov, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Über Wortführer und Platzverweise und wie Sprachregelungen die Debatte befrieden und Kritik zur Volksverhetzung erklärt wird.

Man verbrennt heute keine Bücher mehr. Das ist „aus der Zeit gefallen“ – wie der Pazifismus, wenn man den SPD-Führern Glauben schenken will. Das hat ganz wenig damit zu tun, dass man „gefährliches Wissen“ nicht auslöschen will, sondern mit den modernen Zeiten, die angepasste Methoden verlangen. Dazu zählt „Shadow Banning“, weitaus effektiver als öffentliche Bücherverbrennungen. Aber auch eine ganz alte Methode: Die Macht der Worte nicht aus der Hand geben.

Öffentlich-rechtliche Wortanweiser und Sprachführer

In den ersten Tagen nach dem gewaltsamen Ausbruch aus dem Gaza-Gefängnis Anfang Oktober 2023 wurden wahrscheinlich auch die öffentlich-rechtlichen Anstalten vom nicht für möglich gehaltenen überrascht. Denn sie kennen recht genau die Situation in Gaza. Das bezieht sich nicht nur auf die katastrophalen Lebensverhältnisse für die über zwei Millionen Bewohnerinnen. Sie wissen auch, dass Gaza ein von Israel geführtes Freiluftgefängnis ist. Man kann nicht raus, man ist wie in einem Gefängnis den „Wärtern“, also der israelischen Besatzungsmacht hilflos ausgeliefert. Eine Flucht ist so gut wie aussichtslos. Aber genau das passierte am 7. Oktober 2023. Hunderten gelang es, die Mauern zu überwinden und über 200 Geiseln zu nehmen, die sie bei ihrem Rückzug mit nach Gaza nahmen.

In den deutschen Medien war in den ersten Tagen von militanten Palästinensern bzw. militanten Hamas-Kämpfern die Rede. Doch dann wurden sie aus dem Sprachverkehr gezogen. Seitdem ist in allen öffentlich-rechtliche-privaten Medien nur noch von „Hamas-Terroristen“ die Rede.

Ein synchronisierter Zufall?

Ein Strategiepapier der ARD mit Stand vom 18.10.2023 belegt dies: „Glossar Berichterstattung Nahostkonflikt. Zur internen Nutzung.“ Natürlich weiß auch die ARD um die Macht der Bilder. Sie weiß aber auch um die Macht der Worte. Worte können Lotsen sein, die zum Nach- und Weiterdenken anregen.

Damit die Worte die „richtige“ Lotsenfunktion erfüllen, haben ARD-Mitarbeiter diesen Glossar zum „Nahostkonflikt“ erstellt. Darin geht es um die „richtigen“ Begriffe, die das erwünschte „Verständnis“ befördern sollen.

Wie manipulativ dieser Vorgang ist, wissen die Macher sehr wohl. Deshalb schreiben sie auch etwas fürs schlechte Gewissen rein, wenn sie betonen, dass das alles nur Anregungen und Hilfestellungen seien.

Die „AG Sprache“

Wirklich bemerkenswert ist dabei, was den ARD-Sprachführern gerade jetzt besonders wichtig ist. Wie gesagt: Die ARD-Mitarbeiter kennen den „Israel-Palästina“-Konflikt nicht erst seit dem 7. Oktober 2023. Ohne das „davor“, ohne den Kontext ist er beliebig konturierbar. Und genau darum geht es diesem ARD-Glossar: Man will, man muss Zusammenhänge kappen. Man muss Gedankengänge verstopfen bzw. zuschütten, die auf der Hand liegen.

Es ist also ganz und gar kein Zufall, dass es den ARD-Wortführer auch um bestimmte Worte geht. Ganz oben auf der Agenda steht naheliegender Weise das Wort „Krieg“.

Man hat beim diesem Wording bereits viel Übung. So gibt es das Wort „Angriffskrieg“ in der medialen Dauerbeschallung erst mit dem russischen Einmarsch in die Ukraine 2022. Davor waren Kriege, die man gut fand, die man unterstützt hatte, „humanitäre Interventionen“ oder „Luftkampagnen“ oder für ganz Einfältige „gerechte“ Kriege. Auch der von Israel gewonnene „6-Tage-Krieg“ 1967 nannte man in Deutschland besonders gerne „Blitzkrieg“ – was ein Angriffskrieg war.

Zum „Krieg“ machen sich also die ARD-Wortführer folgende Gedanken:

(…) nach unserem Austausch in der 10:30 Uhr heute noch mal ein Blick auf die Formulierungen in der Berichterstattung über Nahost. Wie bereits gestern geschrieben, müssen wir das von Tag zu Tag anschauen, beispielsweise ob und wie wir das Wort „Krieg“ verwenden. Heute gibt es diese Hinweise und Bitten:

Wir sprechen weiterhin von „Angriff/en aus Gaza auf Israel“ oder „Terrorangriff/e auf Israel“. Es kann aber auch „Krieg gegen Israel“ verwendet werden. (…)

Bitte passt auch auf, wie wir das Wort „Angriff“ genau verwenden: In dieser Situation sind es „Gegenangriffe von Israel auf Gaza“. Es ist verkürzt zu sagen oder schreiben „Angriffe auf Israel und Gaza“.

Man will es also unbedingt festklopfen und in die Köpfe der Menschen hämmern: Israel wird angegriffen, Israel ist dem Terror ausgeliefert. Was Israel jetzt (und immer) macht, sind „Gegenangriffe“. Damit soll klargestellt werden, dass sich Israel nur verteidigt, selbst wenn fremdes Land okkupiert und dem Erdboden gleichgemacht wird. Während also Israel nach diesem Sprachgebrauch alles Recht auf seiner Seite hat, muss die Gegenseite möglichst vollkommen „rechtlos“ sein.

Das würde aber in dem Wort von „(militanten) Hamas-Kämpfern“ nicht durchscheinen. Im Gegenteil: Wenn es sich um „Kämpfer“ handelt, dann könnte man auf den Gedanken kommen, dass diese ein Recht haben, zu kämpfen. Die „AG Sprache“ weiß natürlich um dieses (international verbriefte) Recht: Wer in einem besetzten Land lebt, unter Besatzung leidet, der hat ein Recht, sich zu verteidigen, auch bewaffnet. Sie werden also nach UN-Recht als „Kämpfer“ anerkannt und genießen einen Kombattanten-Schutz. Aber genau diesen Gedanken-Gang will die „AG-Sprache“ auf jeden Fall zumauern. Dabei wird sie sehr deutlich und ganz nebenbei verrät sie, wie ihre „Empfehlungen“ gemeint sind:

Hamas-„Kämpfer“ bitte vermeiden!

Wie bereits von der Chefredaktion festgelegt, sollten wir nicht euphemistisch von Hamas„Kämpfern“, sondern von Terroristen schreiben und sprechen. Als Synonyme bieten sich „militante Islamisten“, „militante Palästinenser“. „Terrormiliz“ oder ähnliches an.

Wahrscheinlich wird es den ARD-Mitarbeitern gar nicht aufgefallen sein, wenn sie diese „Empfehlungen“ lesen und wie Dienstanweisung devot umsetzen. Was eingangs explizit als freundlicher Service angeboten wird, ist im Kern eine Chefanweisung.

Das ARD-Wording hat eine eindeutige Aussage: Man will aus „Kämpfern“ unbedingt „Terroristen“ machen, und sie damit vogelfrei machen.

Dass „Kämpfer“ auch Terror verüben können (wozu auch die Geiselnahme von Zivilisten gehört), steht dabei außer Frage. Das beweisen viele Armeen auf dieser Welt.

Das ändert jedoch nichts daran, dass ein (bewaffneter) Widerstand gegen eine Besatzungsmacht legitim ist und die Aufrechterhaltung einer Besatzung gegen internationales Recht verstößt.

Dass es keine Mutmaßung ist, wenn ich sage, dass die „AG-Sprache“ gegen ihr eigenes Wissen handelt, beweist ein kleiner Absatz in der „ARD Begriffsdatenbank“, unter der Rubrik „Hamas“ versteckt:

Die UNO spricht nicht von Terroristen, sondern von “bewaffneten Gruppen”. Die Chefsprecherin des UNO-Menschenrechtsbüros, Ravina Shamdasani, sagte am 11.10.23 der Deutschen Presse Agentur in Genf: “Dies ist eine bewusste Wortwahl. Im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten definiert das humanitäre Völkerrecht den Begriff Terrorismus nicht. Wir sprechen deshalb von bewaffneten Gruppen. Bewaffnete Gruppen sind klar definiert, und sie haben die Verpflichtung, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. Die Gewalt zwischen Israel und Gaza passiert im Kontext eines bewaffneten Konflikts und in einer Besatzungssituation. Hamas fällt unter das humanitäre Völkerrecht, weil es als bewaffnete Gruppe Teil des Konflikts ist.”

Platzverweise

Dass öffentlich-rechtliche Anstalten einen „Bildungsauftrag“ haben, also für eine „marktgerechte“ Wahrnehmung der Welt sorgen sollen, kann man gerade mit Blick auf diese „AG-Sprache“ nicht in Abrede stellen. Ob sie dabei eher Orwell gerecht wird, als dem Prinzip der Aufklärung, darf hier ganz offen bleiben.

Wie man an den kapitalgedeckten Medien sieht, funktioniert diese freiwillige Gleichschaltung. Denn was ich hier der „AG-Sprache“ entgegenhalte, ist keine revolutionäre Zumutung, sondern die Berücksichtigung und Anwendung des UN-Völkerrechts. In dem genannten ARD-Glossar taucht nicht einmal das Wort UN-Recht oder UN-Charta auf.

Aber es gibt eben doch Ausreißer, manchmal sogar prominente Ausreißer. Dazu gehören auch Bundesligaspieler. Eigentlich Lieblinge von vielen Deutschen, wenn sie nur Fußball spielen … und in diesem Fall Tore schießen.

Aber wenn sie sich nicht „marktgerecht“ verhalten, dann hört der Spaß auf. Wie im Fall des Mainzer-Fußballspieler Anwar El Ghazi:

Fußball-Bundesligist FSV Mainz 05 hat den Vertrag mit Profi Anwar El Ghazi nach dessen antiisraelischen Beiträgen in den sozialen Medien beendet. Dem Niederländer sei am Freitag »mit sofortiger Wirkung gekündigt« worden, teilte der Klub am Freitagabend mit. Der Verein reagiere mit dieser Maßnahme auf die Äußerungen und Posts des Spielers in den sozialen Medien, hieß es weiter.

Zuvor war bekannt geworden, dass die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz ein Ermittlungsverfahren gegen El Ghazi eingeleitet hatte. Das hatte die Generalstaatsanwaltschaft auf Anfrage des Sport-Informations-Dienstes bestätigt. »Gegen den Beschuldigten besteht nach unserer Bewertung der Anfangsverdacht der Störung des öffentlichen Friedens durch Billigen von Straftaten in Tateinheit mit Volksverhetzung durch Verbreiten eines Inhalts«, teilte die Koblenzer Generalstaatsanwaltschaft mit.
(spiegel.de vom 4.11.2023)

Es geht um „antiisraelische“ Äußerungen, in anderen Medien werden sie als „propalästinensische“ markiert. Meist bekommt man als „Beweis“ nur Halbsätze und ganz viel Ausdeutungen präsentiert. Man muss sich also halbwegs anstrengen, um herauszubekommen, was El Ghazi gesagt bzw. geschrieben hatte.

Wessen Existenzrecht wird in Frage gestellt?

El Ghazi hatte Mitte Oktober in einem dann wieder gelöschten Instagram-Beitrag geschrieben: „Vom Fluss bis zum Meer, Palästina wird frei sein.“

Die ZDF-Redaktion will dies so verstehen: „Gemeint ist, dass sich Palästina vom Jordan bis zum Mittelmeer ausdehnen sollte. Damit wird Israel gewissermaßen das Existenzrecht abgesprochen.“ (zdf.de vom 3.11.2023)

Gewissermaßen. Ach ja. Na klar!

Das wissen alle halb- und viertelgare medialen „Staatsanwälte“ in den Medien? Auf die Idee zu kommen, ihn zu fragen, wie er es gemeint hat, kommen die umherschweifenden Selfmade-Richter nicht. Und selbstverständlich reicht der Hinweis auf ein generalstaatliches Ermittlungsverfahren wegen des „Anfangsverdacht der Störung des öffentlichen Friedens durch Billigen von Straftaten in Tateinheit mit Volksverhetzung“.

„Vom Fluss bis zum Meer, Palästina wird frei sein.“ Ich weiß nicht, welche Bedeutung man diesem Spruch geben kann. Ich weiß nur eines: Mit „gewissermaßen“ will man den Angeklagten gar nicht erst fragen, schon gar nicht zu Wort kommen lassen. Man betreibt Selbstjustiz.

Dieselben, die gewissermaßen, also fabulieren, was diese Parole bedeutet, regen sich nicht, wenn es in der israelischen Regierung Koalitionspartner gibt, die Israel in „biblischen“ Grenzen verorten. Dieses „Großisrael“ (Eretz Israel) erstreckt sich „vom Euphrat bis zum Nil“. Das heißt, dass es in diesem Selbstverständnis gar kein Palästina (mehr) gibt.

Was El Ghazi mit dem zitierten Spruch meint, wissen wir nicht. Aber wir wissen sehr genau, was die Netanjahu-Regierung seit Jahren betreibt. Sie kommt Jahr für Jahr diesem religiösen Wahnsinn näher, was in der Siedler-Politik (im Westjordanland) seinen Ausdruck findet. Wenn also jemand ideologisch und mithilfe nackter Gewalt ein Existenzrecht mit Füssen tritt, dann ist das Existenzrecht Palästinas. Und das muss man nicht gedanklich selbstsuggestiv ableiten, sondern anhand der Fakten als evident begreifen.

Anfangsverdacht der Volksverhetzung

Ich habe auch einen Anfangsverdacht, bei dem der Anfang lange, sehr lange zurückliegt. Wenn man in Gaza mit über zwei Millionen Menschen von „Hamas-Terroristen“ spricht, die man „auslöschen“ will, dann erfüllt das nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung?

Wenn deutsche Politiker unentwegt eine Regierung unterstützen, die seit Jahrzehnten das Völkerrecht bricht, besetzte Gebiete nicht räumt, sondern ausbaut, also unbelehrbar ist und als Wiederholungstäter in Erscheinung tritt, dann stören doch deutsche Politiker den „öffentlichen Frieden“ in massiver Form? Oder gibt es bereits eine Rechtsprechung A und B?

El Ghazi hat sich nach dem Rausschmiss kurz und knapp geäußert:

„Stehe für das ein, was richtig ist, auch wenn du alleine dastehst“, meinte El Ghazi auf Instagram: „Der Verlust meines Lebensunterhalts ist nichts im Vergleich zu der Hölle, der die Unschuldigen und Schutzbedürftigen im Gaza ausgesetzt wurden.“

Ich habe großen Respekt vor dieser Haltung.

Keine Macht für niemand

Inmitten dieser dystopischen Zeiten, die eigentlich keine Zukunft kennt und hat, sondern nur verschiedene Vergangenheitsformen, ist die Ankündigung der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) ein Lichtstrahl durch vernagelte Fester und Köpfe.

Während viele schweigen und sich in die Schutzbunker der kleinen Lebenswelten zurückziehen, andere darüber streiten, ob eine Karikatur von Partei, das „Bündnis Sahra Wagenknecht – für Vernunft und Gerechtigkeit“ der neue und letzte Parteientypus sein wird, bevor man das Parteiensystem ganz auflöst, will die RLS über neue Formen gesellschaftlicher Teilhabe bzw. Selbstorganisation diskutieren: Über die Idee der Räte und ihre praktische Umsetzung:

„Die Idee der Räte als eine viel demokratischere Form der politischen Partizipation wieder in die Debatte zu bringen, das ist der Hintergedanke der Konferenz,“ sagte Krunoslav Stojaković vom Europareferat der RLS dazu.

Anstatt also zu diskutieren, wie rechts man sein muss, um rechts zu verhindern, verlassen die RLS-Organisatoren dieses Rennen in den Abgrund und werfen wieder eine Utopie in den Raum. Das genau in dieser Zeit zu tun, gebührt großen Respekt.

„Dabei soll der urlinke Ansatz der Räte-Demokratie aber nicht nur in der Theorie im üblichen Panel-Format besprochen, sondern gleich durch ein Rollenspiel in die Praxis umgesetzt werden. ‚Der Donnerstagabend wird der Mittelpunkt der sein‘, so Stojaković. ‚Dafür haben wir mit dem Theaterregisseur Alexander Karschnia zusammengearbeitet, der den Abend unter dem Schlagwort Keine Macht für niemanden oder alle Macht den Räten? kuratiert.
(ND vom 07.11.2023)

Kein Schuss, eine Platzpatrone

Doch bevor der Theaterregisseur Alexander Karschnia sein Stück in Szene setzen kann, toppt ihn ein geradezu surrealistisches Theater – ohne Vorhang und Bühne. Zu den vielen Panels rund um die Frage der „Räte“ wurde unter anderen der ehemalige Labor-Chef Jeremy Corbyn eingeladen.

Aber dann grätschte Lena Fuchs, Pressesprecherin für den Veranstaltungsort, die Volksbühne dazwischen:

„Aufgrund der Haltung, die Jeremy Corbyn aktuell zum Nahost-Konflikt vertritt, haben wir entschieden, ihm keine Öffentlichkeit in der Volksbühne zu bieten.“

Jeremy Corbyn lässt in seinen letzten Äußerungen zum Gaza-Palästina-Krieg keine Zweifel daran, dass Kriegsverbrechen Kriegsverbrechen sind, egal, wer sie begeht. Aber genau das ist zu viel in der Kriegsverbrecherszene. Und natürlich darf es in Deutschland „keine Öffentlichkeit“ dazu geben, dass der Staat Israel seit seiner Gründung alle UN-Resolutionen missachtet, die die Aufgabe der besetzten Gebiete fordert – und das im Schutz des Welthegemons und seiner Verbündeten.

Und was sagt die RLS-Kongressleitung dazu:

„Er wird ‚aufgrund der aktuellen Ereignisse im Nahen Osten leider nicht teilnehmen‘, erklärte Krunoslav Stojaković. Die pro-palästinensischen Positionen seien aufgrund des aktuellen Krieges zwischen Israel und Gaza zu einem Problem geworden, wie Stojaković weiter erläuterte.“
(ND, s.o.)

Verwaschener und wachsweicher kann eine Reaktion nicht sein. Abgesehen davon, dass Jeremy Corbyn möglicherweise mehr Zustimmung in Israel erhält, als in Gaza, wäre es doch Aufgabe einer Stiftung, die den Namen Rosa Luxemburg trägt, über eine Antikriegsposition nachzudenken, die den Namen der Stiftung verdient:

„Sieg oder Niederlage kommt unter diesen Umständen (imperiale, reaktionäre Kriegsparteien auf beiden Seiten im Ersten Weltkrieg, d.V.) für die europäische Arbeiterklasse in politischer genau wie in ökonomischer Beziehung auf die hoffnungslose Wahl zwischen zwei Trachten Prügel hinaus. Es ist deshalb nichts als ein verhängnisvoller Wahn, wenn die französischen Sozialisten vermeinen, durch militärische Niederwerfung Deutschlands dem Militarismus oder gar dem Imperialismus aufs Haupt zu schlagen und der friedlichen Demokratie die Bahn in der Welt zu brechen. Der Imperialismus und in seinem Dienste der Militarismus kommen vielmehr bei jedem Siege und bei jeder Niederlage in diesem Kriege vollauf auf ihre Rechnung, ausgenommen den einzigen Fall: wenn das internationale Proletariat durch seine revolutionäre Intervention einen dicken Strich durch jene Rechnung macht.“
(„Junius-Broschüre“, 1915)

Stattdessen macht sich die RLS indirekt zur Fürsprecherin der „pro-israelischen“ Seite, die anscheinend kein „Problem“ darstellt.

Alle Macht der Feigheit.

„Später war es zu spät.“ (Erich Kästner)

Ich ordnete ganz lang Erich Kästner als beliebten Kinderbuchautor ein. Da ich aber als Kind keine Kinderbücher las, blieb er mir weitgehend unbekannt. So auch seine berühmten Kinderbücher „Emil und die Detektive“ und „Das doppelte Lottchen“. Dass er auch zu den wenigen gehörte, die über die 1920 und 1930er Jahren nachdachten und sich und seinesgleichen fragte, warum sie damals still und stumm geblieben waren, ist ein großer Verdient.

Er musste dabei zwei hohe Hürden überspringen: Zum einen die Tatsache, dass er zwar Gegner der Nazis war, aber sich völlig ohnmächtig fühlte, dagegen aufzubegehren. Er blieb sitzen, im wahrsten Sinne des Wortes, während alle um ihn herum aufstanden und im Zuge einer Boxveranstaltung Nazilieder brüllten.

Auch als in Berlin, am 10. Mai 1933 in aller Öffentlichkeit Bücher verbrannt wurden, darunter auch seine, tat er nichts, um dies zu verhindern: „Ich war nur passiv geblieben. […] Ich hatte angesichts der Scheiterhaufen nicht aufgeschrien. Ich hatte nicht mit der Faust gedroht. Ich hatte sie nur in der Tasche geballt.“

Er blieb stumm, als viele tausend Menschen als Schaulustige und Claqueure die „Feuersprüche“ bejubelten, bevor dann die Bücher verbrannt wurden:

  • „Gegen Klassenkampf und Materialismus, für Volksgemeinschaft und idealistische Lebensauffassung. Ich übergebe dem Feuer die Schriften von Karl Marx und Kautsky.“
  • „Gegen Dekadenz und moralischen Verfall! Für Zucht und Sitte in Familie und Staat! Ich übergebe dem Feuer die Schriften von Heinrich Mann, Ernst Glaeser und Erich Kästner.“
  • „Gegen literarischen Verrat am Soldaten des Weltkrieges, für Erziehung des Volkes im Geiste der Wehrhaftigkeit! Ich übergebe dem Feuer die Schriften des Erich Maria Remarque.“

Er stahl sich davon.

Die zweite Hürde, die nicht ganz so hoch war wie die 1933, befindet sich im Nachkriegsdeutschland. Schweigt man weiterhin über diese Ohnmacht, die eigene Schmach? Schreibt man darüber, dass man kein Held war, kein Widerstandskämpfer, obwohl man die Nazis hasste? Schreibt man darüber, was man tun kann und muss, um so etwas zu verhindern?

Erich Kästner tat dies – mit einer eindrucksvollen Klarheit, die einen beschämen, berühren muss … sollte. Denn man spürt aus seinen Worten heraus, dass sie für die Gegenwart bestimmt sind, für unsere Gegenwart, mit Blick auf das, was wir nicht tun, was wir tun.

Am 10. Mai 1958 sprach Erich Kästner in einer Gedenkrede in Hamburg bei der Tagung des PEN Deutschland anlässlich des 25. Jahrestages der Bücherverbrennung genau darüber:

„Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf. Sie ruht erst, wenn sie alles unter sich begraben hat. Das ist die Lehre, das ist das Fazit dessen, was uns 1933 widerfuhr. Das ist der Schluss, den wir aus unseren Erfahrungen ziehen müssen, und es ist der Schluss meiner Rede. Drohende Diktaturen lassen sich nur bekämpfen, ehe sie die Macht übernommen haben.”

 

 

Quellen und Hinweise:

44 Seiten Sprachregelung der ARD zum Nahostkonflikt – ein unglaublicher Skandal, Albrecht Müller/NDS vom 27. Oktober 2023: https://www.nachdenkseiten.de/?p=105894

RLS-Konferenz: Alle Macht den Räten. Die Konferenz ‚Europa den Räten‘ der Rosa-Luxemburg-Stiftung will Europa radikal neu denken – ohne Jeremy Corbyn: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1177558.eu-wahlen-rls-konferenz-alle-macht-den-raeten.html

Volksbühne lädt den ehemaligen Labour-Chef Jeremy Corbyn aus – der helle Wahnsinn, NDS vom 7. November 2023: https://www.nachdenkseiten.de/?p=106312#more-106312

„Ich verurteile die Gewalt gegen alle Zivilisten“, Jeremy Corbyn 2023: https://jacobin.de/artikel/jeremy-corbyn-ich-verurteile-die-gewalt-gegen-alle-zivilisten

„Jeremy Corbyn wurde vom “Europa der Räte”-Kongress ausgeladen. Dagegen haben Ines Schwerdtner, Raul Zelik und ich ein Statement geschrieben. Ines und Raul werden unsere Kritik in den Kongress tragen, ich aber sage meine Teilnahme aus Protest komplett ab: https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=pfbid0319ss8vKSPpG5fhriRJM8hV4WjynJA5ktwc535XGRVBGV2zLbKhHRhj2uUzGoXmT1l&id=100009892711258&notif_id=1699615344415487&notif_t=feedback_reaction_generic&ref=notif

Über das Verbrennen von Büchern, Erich Kästner, Atrium Verlag AG, Zürich, 2013

Der eliminatorische Nationalismus, Wolf Wetzel,2023: https://wolfwetzel.de/index.php/2023/10/23/der-eliminatorische-nationalismus/

Die verlorene Unschuld – zum Teufel mit den Opfern. Eine Auseinandersetzung mit linken Positionen zu Israel, Wolf Wetzel, 2001: https://wolfwetzel.de/index.php/2001/04/09/die-verlorene-unschuld-zum-teufel-mit-den-opfern/

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25 Kommentare

  1. Was will man auch von diesen “unabhängigen” Organisationen anders erwarten, als die Hand, die sie füttert, zu lecken und so beratungsresistent zu sein, dass eine Aussprachedatenbank den Namen “Jamal Khashoggi” wider besseres Wissen eben nicht “Dschamal Chaschugdschi”, sondern den Vornamen gemäß der englischen Transkription korrekt englisch liest, aber den Nachnamen, der nach gleichem Prinzip transkribiert wurde, nun aber deutsch lautend liest. Zwiedenken in Perfektion!

    geschrieben, bevor ich den Schluss las – sehr guter Artikel!

  2. “…Aber dann grätschte Lena Fuchs, Pressesprecherin für den Veranstaltungsort, die Volksbühne dazwischen…”
    (((Lena Fuchs)))?? Da wett’ ich doch ein Bier…

  3. Ich habe mal wieder die Kolumne nur überflogen. “Kolumne” ist schon fast eine Beschimpfung, denn man sieht, dass sich Götz hier wirklich Mühe gegeben hat und sie gefällt mir gut.

    Eine Ergänzung hätte ich von Matt Taibbi, der uns wieder “12 Schritte voraus” ist, was das Shadow Banning betrifft. Es wird permanent von offizieller Seite, also den selbsternannten Blockwarten, widerholt und damit kokettiert, dass die nur das Beste für uns wollen oder der Algorithmus sich auch mal irren kann mit false positives, sie bannen nur Pädos und Nazis, und das sind doch alles Privatunternehmen, die machen dürfen was sie wollen, weil da Hausrecht gilt und man ihr heiliges Geschäft nicht schädigen darf usw. usf.

    Einfach seinen letzten Live-Stream anschauen:

    Matt Taibbi: Twitter Files Extra – Big Brother is Flagging You

    https://www.youtube.com/watch?v=VNR73xZXFbQ

    Meines Wissens auch in Deutschland bisher journalistisch nicht aufgegriffen und bei uns in der mit röm… äh amerikanischen und britischen Soldaten besetzten Provinz vom Imperium gibt es natürlich die Unterunterabteilung mit schönstem Orwell-Namen, die das so oder ähnlich auch macht. Wusstet ihr, dass Deutschland eines der am Meisten zensierenden Länder der Welt ist? Fairerweise gesagt: Meistens ist es GEMA, aber da blickt eigentlich auch kein Mensch mehr durch, was zensiert wird und warum.

    Die Antworten auf Anfragen sind extra kryptisch bei den Internet-Monopolisten und der “Support” extra vage und unerreichbar, denn Rechtsprechung und die ach so heilige Gerechtigkeit, die kosten viel Geld. Das will ein profitmaximierendes Unternehmen natürlich möglichst minimieren, diese Unkosten. So skaliert man seine Profite.

    1. Vielen Dank für Ihre Anmerkung. Sie haben recht, dass das keine klassische Kolumne ist. Eine Kolumne muss nicht genau begründen, sie muss dafür messerscharf treffen. Ich nutze dieses “Format”, weil es mir erlaubt, sehr genau Begründetes mit Fiktionalem und ganz persönlichem zu verknüpfen. Zu “Shadow banning” als optimierte/digitale Form der Bücherverbrennung müsste man was eigenen schrieben.

  4. Der alte Kästner hatte Recht. Aber unser 1928 ist schon vorbei.
    Vielleicht war es die Zeit, als deutsche Medien, vor allem auch linke, oder sich links phantasierende , gegen die Erneuerung einer deutschen Friedensbewegung hetzten. Gegen Lars Märholz und die Friedensmahnwachen am Brandenburger Tor. Das war 2014 . Nichts war blöd genug, um es nicht vorzutragen. “Rechtsoffen” und “antisemitisch” stand auf der Beliebtheitsskala der Dreckschleuderer von tp bis zur semifaschistischen taz ganz oben. Ich war öfter da, bin mir aber nicht sicher, ob ein einziger der Presstituierten , die darüber schrieben, auch da gewesen ist. Ist aber egal, weil sie alle gnadenlos logen. Nein, nicht das sie eine andere Sicht der Dinge hatten , dass sie Erscheinungen Kritisierten , die ich nicht wahrnahm oder falsch bewertete. Nein, sie logen gnadenlos.
    Und selbst, wenn sie nich gelogen hätten, was ich ausschließen kann, und sie Gründe gehabt hätten, sich nicht für und mit Märholz zu engagieren, bliebe die Frage, was die sich “links” phantasierenden Maulhelden selbst an besserem auf die Beine stellten. Sie haben es nicht mal versucht und wollten es auch nicht. Es war nicht ihr verdammter Job.
    Danach haben wir die schamlosen Angriffe auf Ken FM und Reitschuster erlebt. Gespickt mit Lügen , Verzerrungen und Unterstellungen der vereinten Wortnutten.
    Und wie war es mit Assange, als es die tägliche Pflicht jedes Journalisten auf der Welt gewesen wäre, laut zu brüllen?

    Nein, unser 1928 ist vorbei. Wir haben es wieder verpasst.

  5. es ist schon erstaunlich dass uns das selbstständige Denken – mit Debatten, Diskussionen, fair streiten, ohne andere zu beleidigen, usw.- verboten wird…
    es ist eine sehr gefährliche Entwicklung die zwangsläufig in einer Radikalisierung der Gesellschaft führt… ich habe den Verdacht “man” will das, um eingreifen zu können?
    Berufsverbote sind schon an der Tagesprdnung. Was kommt danach?

  6. Es ist wie mit dem Zauberwürfel der 80iger:
    Der dreht sich heute immer schneller in alle Richtungen und plötzlich findet man sich in einem anderen Feld wieder, als zuvor.
    Und das Beste: Auch dieses andere Feld ist dann totalitär, zumindest aber intolerant.
    Fazit: Sich von allem zurückziehen, sich nicht mehr drehen lassen und die Katastrophe kommen lassen.
    Tschüß!

  7. Also der “Kästner-Augenblick” ist jetzt gekommen, weil behauptet wird, Israel sei angegriffen worden. Und weil man die Hamas nicht als “bewaffnete Gruppe” bezeichnet.

    Analytische Weltklasse.

  8. hat nicht Netanjahu vor ein paar Wochen eine Landkarte von Gross-Israel praesentiert, auf dem
    das Westjordanland und Gaza gar nicht mehr eingezeichnet waren, quasi ein Israel vom Jordan bis zum Mittelmeer?
    Kann ich jetzt hoffen, dass er Post von der deutschen Staatsanwaltschaft bekommt oder vom
    IStGH ?

  9. Danke für den Text, und die Erklärung Erich Kästners, die Mensch nur unterschreiben kann – auch 2023 noch.

    Übrigens, was mir auffällt, man könnte es zynisch schon fast eine Ironie der Geschichte nennen ist, dass manche weltweit kritisieren, dass die vertriebenen Araber ihre palästinensische Identität, als “Palästinenser” hochhalten.

    Warum das eine Ironie der Geschichte ist?

    Darf ich daran erinnern, dass vor der Gründung Israels, und dem Menschheitsverbrechen der Shoa/des Holocaust, genau dieser Vorwurf global den jüdischen Mitmenschen gemacht wurde? Wieso sehen die sich als “Juden” hieß es damals, es gibt doch keinen jüdischen Staat – tja, dass hat sich zum Glück ja geändert, aber es sei auf die seltsamen Parallelen hingewiesen, die Mensch sehen kann seit angeblich der Tempel in Jerusalem von den Römern zerstört wurde……archäologische Beweise? Wo sind die? Sorry, aber das ist ein Extra-Thema, dass die Märchen des AT, und des NT, archäologisch, geht man von seriöser, auch israelischer Archäologie aus, nicht nachweisbar sind…….

    Zum Abschluß, ein säkularer, demokratischer, jüdisch-palästinensischer Staat wäre wohl die Lösung, damit die Fundis der Religion – auf beiden Seiten der Front, Islamisten wie Ultraorthodoxe Juden – abdanken müßten……ich seh’s da wie Deborah Feldman bei Markus Lanz……den säkularen Kräften die Macht, auch, und gerade im Heiligen Land, wo sich – trotz aller gegenteiliger Lippenbekenntnisse – immer noch 3 monotheistische Weltreligionen um denselben Gott (arabische Christen sagen auch “Allah” statt Gott, nur mal so am Rande erwähnt) streitbar tummeln……als wären wir noch zu Zeiten von Richard Löwenherz und Sultan Salladin……den Deutschordensrittern/Maltesern/Templern und den Mamelucken, damaligen Moslems kriegerischer Natur…..

    Sarkastischer Gruß
    Bernie

    1. Das mit dem einen Staat, indem alle vertretenen Ethnien vom Fluss bis zum Meer gleichberechtigt, demokratisch regieren, kam mir auch schon in den Sinn. Ich hatte es auch hier gepostet. Die Scharfmacher aller Seiten müssten natürlich machtlos bleiben. Aber das wird vorerst nicht kommen, der Westen braucht jeden Strohhalm, um seinen Machtverlust hinauszuzögern, ein gewisser Kennedy in den USA hat das deutlich gemacht. Massenweise ermordete Kinder spielen da keine Rolle. Wir können nur abwarten, bis sich der Hegemon selbst zerfleischt hat. BRICS ist nicht mehr aufzuhalten, und die Amischulden werden zum Absturz des Dollar führen. Es ist schade, Demokratie hätte so schön sein können. Für die nächste Zeit werden wir allle in Autokratien leben, unsere Autokraten heißen USA und Brüssel, egal welche Partei in den einzelnen Ländern gerade die Geschäfte führt.

  10. “… eine Karikatur von Partei, das ‘Bündnis Sahra Wagenknecht …”

    Bravo. Die Kampagne gegen Sahra Wagenknecht muss rollen. Da will Overton nicht abseits stehen. Und wenn es nur ein Schmähsatz ist, versteckt in einem Blogbeitrag, der nur widerkäut, was in anderen Blogs schon vor Tagen bis zum Erbrechen analysiert wurde.

  11. Ich schätze mal, die Volksbühne hängt am staatlichen Tropf. Schon 2016/17 stand der Spielort vor dem aus. Wenn man von Sponsoren abhängig ist und der Bund spielt dabei auch eine Rolle, gilt: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing!

    Das gilt genauso für viele andere staatlichen oder co-staatlich finanzierten Häuser. Keine von diesen wird ihre Existenz wegen einer Veranstaltung aufs Spiel setzen. Und so marschieren sie alle in Reih und Glied.

    Und irgendwann kommt mal die AfD an die Macht und alles läuft in gleicher Weise weiter, bloß unter anderem Vorzeichen und …………..

    1. Ja, was kommt nach dem “und” …?
      Was die Volksbühne angeht, so haben Sie vollkommen recht. Aber das kann doch nicht der Maßstab sein für eine Rosa-Luxemburg-Stiftung. Gerade an diesem doch “kleinen” Beispiel könnten man zeigen, dass man Rosa Luxemburg gerecht wird … und die unerwünschte Person einlädt – wenn man ganz verzagt ist, die Veranstaltung mit ihm prominent auslagert und noch größer ankündigt!

  12. Seit dem 2. WK hat sich die BRD mehr symbolisch, jedenfalls ohne Risiko und großen Aufwand, an Jugoslawien- und Afghanistankrieg und verschiedenen “Friedenskriegen” beteiligt. Ich glaube nicht an Wiedergeburt, aber unter Scholz stürzt sich die BRD total in Krieg, in der Hoffnung auf Endsieg, und nimmt wirtschaftlichen Totalschaden und Zerstörung der Gesellschaft in Kauf, unterdrückt mit allen zur Verfügung stehenden Mittel Widerstand, versucht die Medien gleichzuschalten, betreibt Ausgrenzung und Einschüchterung Andersdenkender, korrumpiert die Unabhängigkeit der Justiz, verfolgt oppositionelle Parteien, und setzt Sprachregelungen durch. Das ganze wird als “Zeitenwende” definiert, wohl als Wende zu einer Zeit, in der alles dem Krieg untergeordnet wird.

  13. „Vom Fluss bis zum Meer, Palästina wird frei sein.“

    Zwei Gedanken dazu:

    Zum Einen ist Palästina auch die Bezeichnung für die Region, in der sich zumindest Teile der Staaten Israel, Jordanien und irgendwann mal (oder auch nicht) Palästina befinden.
    Wenn man den Staat Israel aufgrund der Exklusivität des jüdischen Glaubens als unfrei betrachtet, kann “Palästina wird frei sein” auch schon bedeuten, dass lediglich diese Exklusivität aufgehoben wird und alle Religionen dort gleichberechtigt sind. (… Mehr fordert übrigens die BDS-Bewegung auch gar nicht).

    Zum Anderen ist der Gegensatz “Vom Fluss bis zum Meer …” und “Vom Meer bis zum Fluss …” sehr bedeutend. Es geht um die Richtung, aus der man kommt. Vom Fluss bis zum Meer erstreckt sich Palästina wenn man von Osten also aus der Region kommt. Wenn es für einen das Land vom Meer bis zum Fluss ist, kommt man von Westen, also aus dem Okzident, der Gegend der Kreuzritter und der Zionisten.
    Uri Avnery hatte 2012 mal über den Unterschied geschrieben:
    > http://www.uri-avnery.de/news/216/33/Das-Meer-und-der-Fluss

    1. Vielen Dank für Ihre Ergänzungen! Mit dieser säkularen Deutung bin ich “groß” geworden: Ein Palästina, in dem weder Religion, Hautfarbe, noch Herkunft eine (exklusive) Rolle spielen. Erst als die Hamas (von Israel als Gegenspieler zur PLO gefördert) ein politisch relevante Kraft wurde, bekam diese “Vision” Risse und zwei religiöse Fundamentalismen eine große Rolle, die sich in der Negation dieser Vision einig sind.

  14. Nur ein Palästina, das sowohl das Existenzrecht Israels (aber in keiner Form eines 2-Klassenstaates), als auch das der Palästinenser achtet und damit jeden konstruktiv veranlagten und sich friedlich gebärdenden Menschen nicht nur achtet, sondern diesen fördernd als sein Kernanliegen begreift, wird wirklich frei sein und damit als Leuchtstätte und Richtschnur für diese strukturell unfriedliche und egoistisch sich benehmende Welt fungieren können.
    Die Anhänger dieser Losung dürften zwar auf beiden Seiten bestenfalls Außenseiterniveau erreichen und eher als Splittergruppierung einzuschätzen sein. Das liegt aber weniger am wirklichen Wollen vielerMenschen begründet, sondern an ihrer viel zu engen Weltanschaung mit den damit viel zu begrenzten Möglichkeiten beim Lösen von Problemen.
    Und auch ein Intellektueller wie Kästner hätte selbst bei entschiedenem Eintreten auch in Koalition mit Gleichgesinnten bei jeder Form des Kampfes nicht wirklich was erreicht.
    Denn den eigentlichen Urgrund aller Krisen, ein nicht oder nicht mehr funktionierendes Geschäftsmodell, hat auch er nicht begriffen und noch nicht einmal zu begreifen versucht.
    Der Diktatur ab dem Ermächtigungsgesetz 1933 ging ja schon die Diktatur des Notverordnungsrecht des Reichspräsidenten voraus und das Scheitern der damit protegierten Regierungen.
    Im Zweifel wird immer die Partei gewählt, welche die Schüssel voll macht bzw. welcher man diese Fähigkeit zutraut.
    Letztendlich geht es also um Wirtschaftskompetenz.
    Dieser wird bisher aber nur die Plusmacherfraktion “verdächtigt”. Eine solche versteht Wirtschaft aber nur als Wettbewerb, dem man sich konsequent durch Stärkung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit infolge Kostensenkung anpassen muss.
    Die Binsenweisheit, dass der tiefer Grabende leichter an Wasser gelangt als der in höheren Gefilden Agierende, wird dabei ausgeblendet, wenn dieses Verhalten als Generallinie zur Problemlösung für Alle und alles postulierend in den Tabernakel der nicht mehr hinterfragbaren Axiome gehoben wird.

    Und solche Axiome werden auf jedem Gebiet verwendet oder zu verwenden versucht. Das nennt man heutzutage anscheinend Narrative.
    In Bezug auf Gaza ist das u. a. das Ausblenden der Instrumentalisierung der Hamas durch israelische Regierungen und am stärksten durch die unter Netanjahu sowie die dreckige Mär, Israel könne sich nur durch unreflektierte Gewalt gegen eine solche Zwisteltruppe verteidigen.
    Wenn ein Minigebiet wie der Gazastreifen nicht vollständig, redudant und in Echtzeit zu überwachen wäre, könnte man aus Gründen der Aufklärung gewisse Zugeständnisse machen. Aber Israel scheint technologisch zumindest vielen “Negerdörfern” nicht nur ebenbürtig, sondern haushoch überlegen zu sein. Und im Zweifel hat es an internationaler Solidarität nie gemangelt. Würden Palästinenser nur einen leichten vergleichbaren Hauch an arabischer Solidarität verspüren, anstatt als nützliche Idioten immer wieder verheizt zu werden, wäre dies für sie schon ein Lichtblick.
    Wenn aber keine wesentliche Gefahr aus dem Gazastreifen ausgeht (auf das Böllerunwesen fallen nur Zartbesaitete und auch sonst für nichts zu Gebrauchende herein), hätte Verstärkung der Grenzbefestigung genügt, um Israel als Staat zu schützen.
    Es geht nicht zuerst, wie behauptet, keinerlei Gefahr aus und später bei gleichem bzw. reduziertem Bedrohungspotential aufgrund Eliminierung von mindestens 1000 Hamaskämpfern eminent große.
    An solch einfachen Vergleichen scheitern im allgemeinen selbst die Analysten, welche man für die Besten zu halten gewillt ist.
    Wenn man aber auch noch massiv bombardierend interveniert wird, sollte die Restgefahr nach einem Monat in den Bereich gesunken sein, in dem sich auch die Homöopathie bewegt.
    Aber auch hier scheinen die höchstdekorierten Experten wieder zu scheitern.
    Oder irre ich mich doch?
    Schön wäre es jedenfalls.
    Denn dann würde die (restliche) Zivilbevölkerung endlich eine Verschnaufpause bekommen und ihre Lebenserwartung bekäme zumindest wieder eine Restperspektive jenseits (vergleichsweise) homöopathischer Dosis.
    Und dann wäre vielleicht endlich mal die sehr überschaubare Fraktion um eine Deborah Feldman am Zug, vielleicht nicht nur bei “Lanz” gehört zu werden, sondern Erkundungsgänge in den Gehirnwindungen einer kritischen Menge an Menschen durchführen zu dürfen.
    Und könnte die eigentlich selbstverständliche Lehre aus der Shoa keine blankoscheck betriebene Nibelungentreue mehr sein, sondern die Erklärung dieser feinen Frau als Erwägung dazu in Konkurrenz treten.

  15. Ich denke, Antworten auf das Problem der Rechtzeitigkeit zu finden, ist nicht möglich, ohne auf den Begriff der Autonomie Bezug zu nehmen. Alle autonome Entscheidungen können sich im Nachhinein als richtig oder als falsch erweisen. Man weiß es vorher nicht, muss, kann, soll sie aber – immer – verantworten. Dies hat Erich Kästner getan.
    Vergebens habe ich in linken Parteien, Gewerkschaften… versucht, Debatten in Sachen Coronapolitik zu initiieren. Mehrheitsmeinung in allen Fällen mit den unterschiedlichsten individuellen und “wissenschaftlichen” Begründungen: die Diskussion laufe auf Spaltung hinaus. Man solle deshalb keine Zeit darauf verschwenden. Das könnte sich als politischer Fehler herausstellen. War ich zu feige?
    Ich war nämlich in der Rückschau als persönlich konsequente Impfverweigerin eine Anpasserin: Brav habe ich mir für gemeinsame Veranstaltungen in Innenräumen mein inhaltlich wertloses, aber oft kostenpflichtiges “Attest” der Virusfreiheit beschafft. Die Wahl zwischen Widerstand und Anpassung ist immer – daran geht kein Weg vorbei – eine autonome mit nicht absehbaren Folgen.
    Wer das bis jetzt nicht begriffen hat: nach meiner Beobachtung ein Großteil der jugendlichen, sich selbst autonom nennenden Antifaschisten. Persönliche Autonomie kann unerwünschte und erwünschte Folgen zeitigen. Das ist ihr wesentliches Merkmal. Mit der Wahrnehmung von Autonomie ist Ungewissheit verbunden. Diesen Zustand mögen die meisten Menschen nicht. Sicherheit ist ihnen lieber. Deshalb greifen viele Mitmenschen gerne zu der Formulierung “Aus der Geschichte lernen.” Was nur individuell mit Bezug auf benennbare Lagen möglich ist, aber leider nicht gesellschaftlich. Die Zukunft ist IMMER offen. Da hilft auch das eifrigste, sich selbst bildende Lesen nicht, das hier so oft angeführt wird, um den Abstand zum Pöbel zu kennzeichnen.

    1. Autonome, bewusst mit gesellschaftlichen Anpassungskonventionen brechende Entscheidungen dienen zuallererst als ein Bekenntnis zu sich selbst, seinem innersten und eigentlichen Ich. Und das ist die eigentliche Sicherheit für das Selbst.
      Diese kann zwar Gesundheit und Leben kosten, weil es mit der Existenzangst nicht kokettiert und im Zweifel alles in Kauf zu nehmen bereit ist.
      Im Außenverhältnis kann man zwar oft erst im Nachhinein einschätzen, ob diese oder jene Entscheidung “richtig” oder “falsch” war. Eine Beurteilung ist aber immer relativ und in diesem Kontext zu interpretieren.
      Aber kommt es dann überhaupt noch auf eine solche Wertung an?
      Ist es nicht viel wichtiger, sich darüber analytisch herauszuarbeiten Gedanken zu machen, was unter welchen Aspekten richtiger und weniger falsch sein dürfte als ein alternatives Handeln oder Nichthandeln.
      Marx hat sich als Knechtsdienste für die Freiheit Leistender nicht aus Jux und Tollerei mit ökonomischen Fragestellungen befasst. Ob dann der Umgang mit seiner angeblichen Lehre das Gelbe vom Ei war, sei einmal dahingestellt. Es geht aber immer darum, die Lebenswirklichkeit begreifen zu lernen und dabei ist die Kenntnis verschiedener Perspektiven meist förderlich. Und die gleichzeitige Kenntnis verschiedener Perspektiven verhindert oft, eine zu einseitige Sichtweise gegenüber einer Sache einzunehmen, weil der Interpretationsrahmen viel weiter und vielschichtiger gespannt werden kann, als wenn man nur ein oder wenige Klischees hätte.
      Und der große Vorteil dabei ist, dass man dann brückenbauend auch vermitteln könnte, wenn dies aufrichtig und ehrlich gewollt sein sollte.
      Aber das ist die eigentliche Grundlage jedes Diskurses.
      Theoretisch keine Frage, aber praktisch in der Umsetzung oft hapernd.

  16. “Das bezieht sich nicht nur auf die katastrophalen Lebensverhältnisse für die über zwei Millionen Bewohnerinnen.”

    Bezieht sich das auch auf die Hamas-Terroristinnen?

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