Gerade in Deutschland haben die Lauftstallmedien die zentrale Aufgabe übernommen, politische Meinungen, die gefährliches Wissen transportieren (könnten), gar nicht erst zu Wort kommen zu lassen.
Wenn man dieses aber nicht mehr übergehen kann, werden sie mit Preisschildern versehen, die klarmachen sollen, dass man sich von solchen Menschen (und Meinungen) fernhalten sollte. Denn es reicht nicht mehr, diese „gefährliche“ Meinung zu unterlassen. Belastend ist bereits, sich in deren Nähe aufzuhalten, sich nicht ausreichend davon zu distanzieren.
Das war im Corona-Ausnahmezustand so, als man die Kritik an den staatlichen Coronamaßnahmen vom Platz stellte, indem man die Personen als „Corona-Leugner“ bzw. „Schwurbler“ denunzierte, die „Hand in Hand“ mit Nazis gehen.
Seitdem der Corona-Ausnahmezustand nahtlos in die „Zeitenwende“ transformiert worden war, sind KritikerInnen, die der deutschen Kriegspolitik gegenüber Russland widersprechen, nur noch „Putinversteher“ und „Lumpenpazifisten“.
Das denunziatorische Klima in Deutschland
Mit dem Krieg in und um Gaza ab Oktober 2023 laufen dieselben Mechanismen auf Hochtouren. Man hat die Ausstechformen schon parat, putzt sie kurz in trübem Wasser, um sie ganz schnell wieder in Einsatz zu bringen.
Wer nun der deutschen „Staatsraison“ widerspricht, die die reaktionäre israelische Regierung mit Netanjahu einschließt, also den fortgesetzten Bruch des Völkerrechts (durch die Besatzung und Siedlungspolitik), der ist ein „Israel bezogener Antisemit“ und „Hamas-Sympathisant“. Wer nicht ganz so dummdreist „ausstechen“ will, der teilt die politische Haltungen zum gegenwärtigen Krieg Israels in Gaza in zwei Lager auf:
Die Bösen sind die „Israel-Kritischen“, die dann auch gleich über den Jordan geworfen werden, indem man sie als „pro-palästinische“ Meinung markiert. Wer dieses Etikett angeheftet bekommt, der ist raus aus dem Laufstalldiskurs, aus dem Job, wird mundtot gemacht oder fliegt raus – wie der Mainz-05-Bundesligaspieler Anwar El Ghazi.
Soweit man das halbwegs gut einschätzen kann, gehört Deutschland mittlerweile zu den Ländern, in denen das denunziatorische Klima und die Angst, in den Bannkreis dieser „Verurteilungen“ zu kommen, dominant und hegemonial sind – wenn man sich die öffentlich-rechtlich-privaten Anstalten vergegenwärtigt.
Das liegt nicht nur an der Monopolstellung der Laufstallmedien, die 80 Prozent der Publikationen in ihrer Hand halten. Es liegt auch an der erdrückenden Angst ganz vieler Bürger, die alles tun, um nicht rauszufallen, nicht aufzufallen. Entweder stammeln sie die Regierungsnarrative herunter oder sie schweigen. Sich raushalten ist die Tugend Nummer Eins.
Denn jeder weiß mit „Corona“ und „Zeitenwende“, dass man wahrscheinlich alleine ist und bleibt, wenn man nicht „mitspielt“. Die „rote Linie“, die man nicht übertreten darf, ist sichtbarer als jeder Streifenpolizist.
Das wusste auch der Fußballspieler Anwar El Ghazi ganz genau:
„Stehe für das ein, was richtig ist, auch wenn du alleine dastehst“, meinte El Ghazi auf Instagram: „Der Verlust meines Lebensunterhalts ist nichts im Vergleich zu der Hölle, der die Unschuldigen und Schutzbedürftigen im Gaza ausgesetzt wurden.“
Wider „pro-israelischer“ und „pro-palästinensischer“ Einweisungen
Wie begriffslos diese beiden Einordnungen sind, wie diese Erklärungen vielmehr am Kriegsrad drehen, möchte ich an drei Stimmen sichtbar machen.
Moshe Zuckermann lebt seit Jahrzehnten in Tel Aviv und kämpft ebenso lang für ein gemeinsames Zusammenleben, jenseits religiöser und nationaler Zuschreibungen.
Deborah Feldman ist in einer ultraorthodoxen jüdischen Glaubensgemeinschaft der Satmarer in New York aufgewachsen, hat sich mit dieser Kindheitserfahrung intensiv auseinandergesetzt und ein Buch darüber geschrieben: „Unorthodox“ (2012). Jetzt lebt sie in Berlin und hat ihr zweites Buch veröffentlicht: „Judenfetisch“ (2023)
Der Dritte im Bunde ist der Redakteur und Kolumnist Gideon Levy. Er schreibt für die israelische Tageszeitung „Haaretz“. Er gehört zu den wenigen Stimmen, die sich vehement den Vernichtungsfantasien entgegengestellt hatten, als Israel vom bisher Undenkbaren überrascht wurde: Hunderte Bewaffnete brachen aus dem Gaza-Gefängnis aus, betraten für ein, zwei Tage israelisches Territorium, töteten dabei hunderte Israelis und nahmen etwa 200 als Geiseln mit nach Gaza.
Wenn man die Namen wegließe und nur ihre Äußerungen einordnen müsste, wäre man ganz schnell dabei, gerade in den Zuchtmedien, sie als „israelfeindlich“ und „pro-palästinensisch“ zu markieren. Damit wären sie medial mundtot gemacht. Das Dumme daran ist, sie alle haben eine jüdische Geschichte und sitzen zwischen mehr Stühlen, als die zwei Fronten, denen man sie gerne zuordnen würde. Es sind eben Juden, auch wenn Deborah Feldman dies für eine Nebensache hält. Also geht man ohne großen Lärm damit um. Man wird sie zukünftig erst gar nicht mehr zu Wort kommen lassen.
Um auf die israelische Regierung, die Armee und die Siedler wütend zu sein, brauchen Araber keinen Antisemitismus
Moshe Zuckermann war für mich und uns seit den 1980er Jahren ein wichtiger Bezugspunkt. Das liegt nicht nur an seiner sanften Haltung, sich für keinen Krieg einspannen zu lassen, sondern auch an dem glücklichen Umstand, dass er bestens deutsch kann. So hatten wir immer wieder das Glück, ihm bei Veranstaltungen in Deutschland zuzuhören. Seine politische Haltung war für die jeweiligen Bundesregierungen schon lange nicht vorzeigbar. Denn er verwahrte sich mit Brillanz und Überzeugung dagegen, die Lehren aus dem Holocaust für rechte, reaktionäre Politiken gefügig zu machen. Dazu gehört auch der Philosemitismus, der später deutsche Staatsraison werden sollte. Die Ignoranz gegenüber seiner Kritik schlug in den letzten Jahren in offensives Totschweigen um. Man belegte Veranstaltungen, bei denen er als Redner eingeladen worden war, mit Verbotsverfahren und tarnte dies als Kampf gegen den Antisemitismus.
So muss er wie viele andere auf Internet-Medien ausweichen, wie zum Beispiel der Internetsender „99 zu Eins“. Das Gespräch fand zehn Tage nach dem für unmöglich Gehaltenen statt. Es war also naheliegend, der Frage nachzugehen, ob dieses „9/11“ Israels mit (arabischem) Antisemitismus erklärt werden kann/muss.
Moshe Zuckermann antwortete darauf:
„Brutalität und ihre Bestialität (haben) aber nichts mit Antisemitismus per se zu tun (…) Das, was man Israel bezogen Antisemitismus nennt, ist ja nichts anderes als das Resultat des Konfliktes, den es zwischen Arabern und Juden schon seit über 100 Jahren gibt und dieser Konflikt hängt damit zusammen, dass Juden irgendwie, in das was sie als ihr Land der Urväter ansehen, eines Tages gekommen sind und angefangen haben zu kolonisieren (…) Wenn wir jetzt reden von Arabern und von Juden, es gibt seit 100 Jahren einen Hass bzw. eine Gegnerschaft, die auch hasserfüllt ist, die in bestimmten Situationen dann zum Schlimmsten führt. Dafür muss man nicht antisemitisch sein. Das heißt, Araber waren in der präzionistischen Zeit nicht besonders judenfeindlich, ganz im Gegenteil: Judenfeindlich waren immer die Christen. Die haben ja auch sowohl in den Kreuzritterzeiten als auch später in der Inquisition, als auch später in Pogromen und so weiter das Schlimmste an Juden verbrochen. Der Holocaust ist ja nicht in der arabischen Welt ausgebrochen, der ist ausgebrochen in Europa (…)“
Man kann es erahnen: Den Holocaust dort zu lassen, wo er hingehört, nach Europa, nach Deutschland, ist eine Zumutung für alle jene, die den Holocaust für sich instrumentalisieren möchten und wie ein Exportgut dislozieren.
Die Wut von PalästinenserInnen und Arabern auf Juden, auf den jüdischen Staat, mit den erniedrigenden und mörderischen Erfahrungen der Vertreibung und Besatzung in Verbindung zu bringen und nicht mit Antisemitismus, macht Ursachen und Machtverhältnisse sichtbar, die unbedingt ausgeblendet und überblendet werden müssen.
Wer als Jüdin sicht- und hörbar gemacht wird, bestimmen nicht Juden, sondern deutsche Sendungsanstalten
Die Lanz-Talksendungen in der deutschen GEZ-Manege gleichen in etwa dem Israel-Palästina-Konflikt: Eine deutlich erdrückende Überlegenheit auf israelischer Seite. So verhält sich auch das Lanz-Format. Man lädt 4/5 deutsche Staatsraison ein und das 1/5 wird den anderen zum Fraß vorgeworfen, wobei der Moderator Markus Lanz zu allem Überfluss noch dem 4/5 zur Seite springt. Eine dieser Höhepunkt war die Lanz-Sendung zum Krieg in der Ukraine mit Ulrike Guérot, das 1/5 Opfer, auf das sich alle stürzen durften.
In dieser Talkrunde zum Gaza-Krieg 2023 wurde auch Deborah Feldman eingeladen. Sie hat eine jüdische Geschichte und einen Bestseller geschrieben. Beides schien für eine „breite“ Meinungsvielfalt prädestiniert sein.
Man spürt oder erahnt, dass es Deborah Feldman nicht leichtfällt, das zu sagen, was ihr auf dem Herzen liegt und wovon sie weiß, dass das genau jenes „gefährliche Wissen“ ist, das nicht in den Umlauf gebracht werden darf.
Für gewöhnlich unterbricht Markus Lanz sofort, wenn „gefährliches Wissen“ auftaucht. Dieses Mal hält er sich angespannt zurück, als Deborah Feldman u.a. sagt:
„Ich habe neulich die Worte von Margot Friedländer in Ihrer Zeitung (es geht um die Süddeutsche Zeitung) gelesen, wo sie gesagt hat: ‚Es ist ein Fehler, auf die Begriffe der Vergangenheit zurückzugreifen, wenn wir über die Gegenwart reden‘. Ich bin der festen Überzeugung, dass es nur eine einzige legitime Lehre aus dem Holocaust gibt und das ist die absolute bedingungslose Verteidigung der Menschenrechte für alle. Punkt.
Wer den Holocaust instrumentalisieren will, um weitere Gewalt zu rechtfertigen, hat seine eigene Menschlichkeit verwirkt. (..) Ich werde es nicht erlauben, dass der Hass dieser Menschen, dass der Hass dieses Journalisten, der darüber fantasieren möchte, wie ich in Gaza als Geisel gefangen bin, mich zu einem Menschen macht, der hasst. Ich werde ihn nicht hassen, ich werde die Palästinenser nicht hassen. (…)
Ich bin entsetzt darüber, dass Juden hier im Prinzip nur als Juden gelten, wenn sie das rechtskonservative Vorhaben der israelischen Regierung darstellen. Ich bin entsetzt, wie wir behandelt werden dürfen. Ich erinnere noch einmal an den Journalisten, der diese Äußerungen von sich gegeben hat, arbeitet für eine staatlich finanzierte Zeitung. Sie schützen die Juden in diesem Land selektiv. Sie erlauben, dass Menschen mit palästinensischer Herkunft, die tolerante und friedliebende Ansichten haben, nicht zu Wort kommen …“
Es lohnt sich, in die Gesichter der eingeladenen Gäste zu schauen. Es steht auf ihrer Stirn geschrieben: Es stimmt, aber darum geht es doch schon lange nicht mehr.
Im Hintergrund sieht man den zugeschalteten grünen Wirtschaftsminister Habeck: Er hört regungslos, versteinert zu. Und er weiß, dass gerade auch er den Holocaust instrumentalisiert, dass seine Partei mit Joschka Fischer als Außenminister 1999 einen Angriffskrieg gegen die ehemalige Bundesrepublik Jugoslawien gerechtfertigt hatte, mit der unverschämten Behauptung, man wolle ein „zweites Auschwitz“ verhindern.
Diese neue Kriegsbegründung hatte etwas „Befreiendes“. Sie kam nicht von Seiten der CDU, der FDP oder der SPD, sondern von den „Unbelasteten“, den Grünen. Sie waren in aller Regel zu jung und sie gehörten auch nicht zum politischen Establishment, das jahrzehntelang die Entnazifizierung Deutschland hintertrieb. Stattdessen tat man alles, um Nazis, die überlebt hatten und gebraucht wurden, zu integrieren und zu schützen.
Mit dieser Dreistigkeit, im Namen des Holocaust, im Namen der Opfer des deutschen Faschismus Krieg zu führen, konnten nur die Spätgeborenen aufwarten. Und das mit großem Erfolg. Seit 1999 hat sich in der Staatspolitik Deutschlands das Narrativ, also das Märchen durchgesetzt, man kämpfe gegen die Nazis, gegen die „Nachgänger Hitlers“ (Hans Magnus Enzensberger), wenn man einfach nur das macht, was die imperiale Macht Deutschland ausmacht: imperiale Machtansprüche ausgeben, geostrategische Ziele verfolgen, sich in die inneren Angelegenheiten andere Staaten einzumischen, sie zu erpressen, sie zu destabilisieren, wenn sie nicht die Interessen Deutschlands befriedigen.
Diesen imperialistischen Deckmantel teilt sich mittlerweile die Große Koalition. Den Angriffskrieg gegen den Irak 2001 rechtfertigten man, indem man Saddam Hussein zum „Nachgänger Hitlers“ kostümierte.
Und Olaf Scholz, der wahrlich keine rhetorische Wunderkerze ist, weiß diese Fackel am Brennen zu halten. Als er 2023 in Israel weilte und seine bedingungslose Solidarität mit Israel bekundete, wusste er auch, wie man „Antifaschismus“ simuliert, um ganz gewöhnliche Staats- und Kriegsverbrechen zu rechtfertigen. Als Israels Premier Netanjahu die „Hamas“ als die „neuen Nazis“ ausgab, war Scholz dankbar für diese antifaschistische Staatsanleihe, die man in Deutschland bekanntlich als „Sondervermögen“ ausgibt. Das war eine Win-win-Situation für Beide: Netanjahus Regierung ist so etwas von rechts, dass man Mühe hat, ihr eine faschistische Agenda nicht zuzutrauen. Und Olaf Scholz war mit seinen recht schlichten Mitteln dankbar dafür, dass die gegenwärtige deutsche Bundesregierung auf diese Weise wieder einmal an einem „antifaschistischen“ Kampf teilnimmt, dessen Placebo-Anteil bei 90 Prozent liegen dürfte. Aber so schlau ist Olaf Scholl dennoch: Denn ihm geht es um die Bedienung der Affekte. Wer vorgibt, gegen Nazis, also auch gegen die „neuen Nazis“ zu kämpfen, hat die Geschichte des „Nie wieder“ hinter sich.
„Die andere Option ist eine Demokratie. Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht.“
Wahrscheinlich war der Tagesthemensprecher genauso von den Antworten überrascht wie ich. Man hatte den Redakteur Gideon Levy von der israelischen Tageszeitung „Haaretz“ für ein kurzes Interview am 7.11.2023 zugeschaltet.
Ingo Zamperoni stellte die Frage, was nach dem Ende der israelischen Militäroperation in Gaza passieren könnte, da ja schon vor dem 7. Oktober 2023 die Zwei-Staaten-Lösung tot gewesen wäre.
Gideon Levy antwortete klar und illusionslos. Er hält die 1948 von Kolonialmächten beschlossene „Zwei-Staaten-Lösung“ für gestorben, wenn man sich alleine die Siedlerbewegung in Westjordanland anschaut, das zu einem Staat Palästina gehören würde.
Was bleibt dann, wie könnte man den Israel-Palästina-Konflikt beenden?, fragte der Tagesthemensprecher.
Nun, so Gideon Levy, entweder macht man so weiter wie bisher … und setzt die Okkupation, die Apartheid und Unterdrückung fort. Die Palästinenser haben dann keine Staats-, keine Menschen-, keine Bürgerrechte.
„Die andere Option ist eine Demokratie. Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. Und Demokratie ist das Ende des jüdischen Staates. Das Ende des Zionismus. Das wäre ein Staat zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer, 7,5 Millionen Juden, 7,5 Millionen Palästinenser, mit Gaza. Das klingt wie eine Utopie. Aber viele Sachen in der Geschichte haben erst wie eine Utopie geklungen. Und dann brauchen wir zumindest eine Vision. Eine Ein-Staaten-Lösung, mit einer Person, einer Stimme. Zurzeit die einzige Möglichkeit (…) Ich weiß, dass das völlig verrückt klingt. Aber was eine Alternative gibt es? Die Alternative ist Apartheid für ewig.“
Für mich ist diese sehr überraschende Wendung in diesem Interview eine Wohltat. Wenn man diese Alternative ins Gespräch bringt, dann bekommt man von fast allen Seiten (auch von den Wohlgesonnenen) die Antwort, dass sei völlig unrealistisch.
Wenn aber das „realistische“ einzig und allein für Zehntausende von Tote, für ständigen Terror, für elende Lebensbedingungen steht, für die Hölle auf Erden, dann ist es höchste Zeit, „verrückt“ zu werden.
Quellen und Hinweise:
Wege in den Krieg, Wolf Wetzel, 2023: https://overton-magazin.de/kolumnen/kohlhaas-unchained/wege-in-den-krieg/
Ausschnitt aus der Lanz-Sendung mit Deborah Feldman: https://twitter.com/i/status/1720125217500983480
Interview mit Moshe Zuckermann in „99 ZU EINS“ vom 17. 10.2023: https://www.youtube.com/watch?v=AUtfOq3oFAA
Interview mit Gideon Levy, Kolumnist der israelischen Tageszeitung “Haaretz” vom 7.11.2023: https://www.tagesschau.de/multimedia/video/schnell_informiert/video-1269982.html
„Wer aus der Geschichte nicht lernt, der ist dazu verdammt sie zu wiederholen.“ Wolf Wetzel, 2023: https://wolfwetzel.de/index.php/2023/10/27/wer-aus-der-geschichte-nicht-lernt-der-ist-dazu-verdammt-sie-zu-wiederholen/
Die Ein-Staat-Lösung (wo Juden und Moslems gleichberechtigt sind) wird es vermutlich erst dann geben wenn Israel die Unterstützung der USA verliert. Denn bisher ist Israel für die USA von überragender Bedeutung in ihrer Geopolitik als unsinkbarer Flugzeugträger. Dazu kommt die äußerst einflussreiche Israel-Lobby in den USA, die maßgeblich die Außenpolitik mitbestimmt. Und die will einen jüdischen Staat in Palestina und keinen säkularen Staat. Und säkular müsste der Staat wohl sein, wenn Juden und Moslems zusammen leben sollen.
Grundsätzlich sieht die Zukunft für einen rein jüdischen Staat nicht rosig aus, denn die USA sind im Niedergang, die Araber im Aufwind, so dass letztlich die Araber über Israels Schicksal bestimmen werden, und die werden auf eine Dekolonisation bestehen.
“Grundsätzlich sieht die Zukunft für einen rein jüdischen Staat nicht rosig aus, denn die USA sind im Niedergang, die Araber im Aufwind, so dass letztlich die Araber über Israels Schicksal bestimmen werden, und die werden auf eine Dekolonisation bestehen.”
Nicht wirklich – die Bevölkerung wünscht sich das vielleicht aber nicht die Machthaber, die wollen lieber Geschäfte mit den USA und Israel machen. Das Problem ist, dass nach wie vor der Westen für die entsprechenden Machthaber sorgt.
“die Machthaber, die wollen lieber Geschäfte mit den USA und Israel machen.”
Richtig, aber irgendwann kommt der Kipp-Punkt, dann wollen sie lieber Geschäfte mit China machen.
Lieber Wolf Wetzel,
danke für den Text, der mir aus dem Herzen spricht.
Übrigens Deborah Feldman wies bei Markus Lanz auch darauf hin, bevor das untergeht, dass gerade die inner-israelische Friedensbewegung Opfer der Hamas-Terroristen am 07. Oktober 2023 wurde – Viele der Opfer waren teil der Israelis, die Frieden mit den Palästinensern wollten, und, trotz allem immer noch wollen – sie stellen sich, trotz des erlittenen schmerzhaftem Verlustes von eigenen Angehörigen am 07. Oktober 2023 durch die Hamas-Terroristen gegen Netanjahus Krieg, und zeigen es gibt auch andere jüdische Israelis als die rechteste Regierung, die Israel je hatte.
Beim Ukraine-Krieg wurde ich, als “Lumpenpazifist” auf eine israelische Sängerin aufmerksam, die damals schon für Frieden zwischen Juden und Palästinensern sang – Yael Deckelbaum.
Sie ist auch des öfteren schon in Deutschland aufgetreten, und im angelsächsischen Raum – inkl. der USA.
Hier der Hinweis auf ein aktuelles Video einer us-amerikanisch-israelischen-jüdischen Mutter, die am 07. Oktober 2023 ihren einzigen Sohn verlor und – trotz des Verlusts ihres Sohnes – für keinen Rache-Krieg zwischen Israel und Gaza am 16.10.2023 plädiert hat – leider hören die rechten Israelis um Nethanjahu nicht auf sie, aber es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass es auch in Israel selbst andere Stimmen gibt, als diejenigen die den Krieg in Gaza befürworten, und für Frieden plädieren:
“[….]Here is a message of peace from my friend Michal Halev, the mother of Laor Avramov who was murdered last week. I share this with you and stand behind her:
My name is Michal Halev. My son La’or was murdered last week by Hamas terrorists. I made this appeal for love and healing instead of vengeance because I don’t want other mothers to experience the unbearable pain I’m going through. Please help people the world over hear my anguish, and maybe seeds of peace can be planted in the fields of battle and hatred.[….]”
Link:
https://www.youtube.com/watch?v=ERjkto7g4U4
Yael Deckelbaum hat auch in neues Lied veröffentlicht, was zum Frieden aufruft:
“[….]Yael Deckelbaum – The Answer[…]”
Link:
https://www.youtube.com/watch?v=b8qpv1JNG4M
Sie singt auf israelisch, aber der Text ist bei der Videobeschreibung auf auf Englisch zum Nachlesen 😉
Übrigens engagiert Sie sich auf für die traumatisierten Überlebenden des Massakers vom 07. Oktober 2023…..
Ihre Youtube-Seite findet Mensch hier – mit Liedern die auch der deutschen Friedensbewegung nicht ganz unbekannt vorkommen – und auch das Engagement der israelischen Friedensbewegung in den letzten Jahren schildert – von der wir in Deutschland ja relativ wenig mitbekommen…..ich sties auch nur wegen des Ukraine-Krieges auf diese Sängerin, und auch aufgrund meines Interesses an fremdländischem, globalen, Liedgutes…..
Übrigens so manches Lied dürfte Fans unsere bellizistischen Frauen, und Mütter, in deutschen Politik, Eliten und Regierungskreisen so gar nicht gefallen, aber das ist ein anderes Thema mit dem unsere deutsch-weiblichen BellizistInnen fertig werden müssen……wären alle Frauen in .de so wie Yael Deckelbaum würden die nämlich uralt aussehen, die deutschen Frauen, und Mütter, die Kriege lieben statt verachten……
Gruß
Bernie
Ganz herzlichen Dank für Ihre Ergänzungen. Yael Deckelbaum ist eine große Freude, ihr zuzuhören. Es gehört viel Größe dazu, nicht in gute und schlechte Opfer zu denken, sondern den Krieg zu bekämpfen, dem die Opfer auf allen Seiten egal sind. Vielen Dank.
Lieber Wolf Wetzel,
sehr gerne geschehen, ich finde es schade, dass die israelische Sängerin, und Friedensaktivistin, Yael Deckelbaum im deutschen Raum nicht so bekannt ist wie sie sein sollte – sie singt ja, neben hebräisch, auch auf Englisch (sie war schon in .de und im angelsächsischen Raum, inkl. USA, auf Tournee – wie schon gesagt 😉 )
Ihre anderen Lieder sind ja auch sehr hörens- und sehenswert im YouTube Kanal von Yael Deckelbaum – kenne fast alle 😉
Gruß
Bernie
Ehud Barak, israelischer Ministerpräsident von 1999 bis 2001, hat jetzt auf CNN nochmal ausdrücklich klar gestellt, dass Israel unterirdische Anlagen (“Bunker”) unter dem Al Shifa-Krankenhaus in Gaza vor Jahrzehnten selbst gebaut hatte.
Siehe den entsprechenden Ausschnitt aus dem aktuellen Interview hier:
https://nitter.net/moufidmostafa/status/1726735698324021741#m
Er bestätigte damit entsprechende Angaben aus einem Artikel des New Yorker Tablemag aus dem Jahre 2014, die seit einigen Tagen auch auf Overton kursierten.
Bei deutschen Medien dazu (bisher) natürlich Fehlanzeige.
Israelische Medien berichten dagegen bereits empört über Baraks Aussagen.
“Barak ignites a storm of misinformation on Shifa hospital ‘bunker'”
https://www.i24news.tv/en/news/middle-east/palestinian-territories/1700566119-former-pm-ehud-barak-ignites-a-storm-of-misinformation-on-shifa-hospital-bunker
“Barak causes storm by telling CNN Israel helped build some spaces beneath Shifa” (LOL: “build some spaces”)
https://www.timesofisrael.com/liveblog_entry/barak-causes-storm-by-telling-cnn-israel-helped-build-some-spaces-beneath-shifa/
Vielen Dank für diese Ergänzungen. Genau das ist auch der Grund, warum es nur die “Animation” der Kommandozentrale gibt und kein einziges Bild nach der Erstürmung de Krankenhauses. Die Wahrheit war (ausnahmsweise) schneller als die Propaganda.
Schöner bissiger Artikel, einfach Dankeschön.
Für mich subjektiv betrachtet, schwenken die Medien mehr hin zum bankrotten Verwalter eines Maidanprojekts. Israel hingegen ein wenig ruhiger, ob das an der arabischen Delegation zu Besuch in China ist, na, einfach abwarten. Das aber China als potenzieller Verhandlungspartner auftritt, dürfte für den Westen bittere Gefühle verursachen.
So wie Herr Wetzel richtig erwähnte, werden deutsche Tugenden so gerächt, das andere für ein Staatenmodell das aufbauen ‘kontrollieren’ und mögliche Profite daraus schlagen werden. Ob Syrien, Libanon, Jordanien oder Jemen, alle inklusive das X Land (Israel) könnten über einen chinesischen Kompromiss davon gewinnen.
Ganz herzlichen Dank! Wir müssen uns stärken, nicht in der Komplizität, sondern im Mut zum Widerspruch und in der Weigerung, uns der Kriegslogik zu unterwerfen.
Damit der von einer sogenannten historischer Schuld gequälte Esel erwacht, müsste er nur in den Texten der Medien das Wort Israeliten mit Palästinensern vertauschen. Oder glaubt irgendwer wirklich man kann diese vermeintliche Schuld mit toten Palästinensern abtragen? Oder gar das es eine Rolle spielt von welchen Menschen dieses Verbrechen der Vertreibung begangen wird?
Dank an Hr. Wolf Wetzel!!!
Ich bin sehr dankbar für Ihr Lob.
ich (81) empfinde es als Hochachtung für ihre journalistische Unbeugsamkeit… ist selten geworden!
2008 war es alternativlos !!! (das es so was gibt) weil systemrelevant… und jetzt
geht man mit “Staatsräson” ein Schritt weiter… oder habe ich welche ausgelassen?
und ich war in den 70-er so stolz ein Deutscher Pazifist “nie wieder Krieg” zu sein, und jetzt sollen wir wieder auf “Kriegstauglich” getrimmt werden- zum heulen…was ist blos mit Deutschland los… wo haben sich diese Bellizisten versteckt, die sind auch nicht die jüngsten, außer unserer YoungGlobalLeaderin, die hat eine “Schulung” beim Schwab durchgezogen…
Das macht mich glücklich, dass Sie mit 81 Jahren ihre Geschichte nicht hinter sich lassen, sondern vor sich halten. Mir tut das sehr gut, wenn wir jetzt erst recht, nicht verstummen. Wir haben mehr als genug, um dem Wahnsinn nicht zu weichen. Es ist auch pragmatisch ganz klug, nicht mehr zurückzugehen. Ganz herzlichen Dank.
++ : Ganz meinerseits.
Danke für die reflektierte Berichterstattung und die informativen Ergänzungen der Leserschaft! In Zeiten polarisierter Interessens- Kriegsberichterstattung und Nebelbombenwerferei leider keine journalistische Selbstverständlichkeit mehr!
Genau so geht es mir auch: Wenn wir – abseits von Bomben und Kriegstoten – nicht diskutieren können, verschiedene Perspektiven wahrnehmen können, und vor allem nicht Zusammenhänge und Kausalitäten sichtbar machen können, dann sollten wir nicht über (unseren) Frieden reden.
Eine wichtige Wortmeldung, danke an W Wetzel!
Zur Frage der Konfliktlösung steht imho zu befürchten, daß in einer Ein-Staaten-Lösung die bisherigen Hass- und vor allem Machtverhältnisse nicht aufgehoben werden können, jedenfalls zumindest nicht in einer Generation. Gerade die neokolonialistischen Machtverhältnisse, die eine Ausbeutung und Enteignung der Palästinenser ermöglichen, sind ja der tiefe Grund für den nuklearen Hass von Teilen beider Bevölkerungsgruppen aufeinander, und sie könnten nicht durch Staaten(neu)gründung behoben werden, sei sie noch so demokratisch verfasst – denn wessen Demokratie wird das sein? Eine der Machthabenden.
Bei einer Zweistaatenlösung kann man zumindest durch UN-Friedenstruppen dafür sorgen, dass beide Seiten unter sich bleiben und es nicht zu Racheakten oder neuen Eroberungsversuchen kommt. Dann könnte ein demokratischer Wettbewerb zwischen beiden Staaten beginnen (auch wenn er zumindest von den Startbedingungen her so aussieht wie der zwischen den verflossenen BRD und DDR).
Ist das aber Realpolitik oder Polit-fiction? Die Verhältnisse, die sind nicht so…
es scheint auch mir eine komplett aussichtslose Situation. In den 70ern habe ich hin und wieder eine Pizzeria in Berlin Kreuzberg besucht, die von Palästinensern betrieben wurde, die in ‘ihrem’ Land keine Möglichkeit mehr gesehen hatten zu überleben. Geschichten von Ben Gurion, der ins Land kam und freundlich von der Bevölkerung begrüßt wurde, doch den Handschlag verweigerte, Feindseligkeiten von Anfang an, die vielen Toten, die Gewalt und Ignoranz der Besatzer, was für eine Basis für ein Miteinander soll das schaffen!
Ein sehr guter Artikel der endlich mal klarstellt wie deutsche MS-Medien und Politiker die Sicht auf die Ursachen verzerren und verfälschen.
Beispiel:
Als die britische Innenministerin palätinensische Demonstrationen verbieten wollte stellte sich der Polizeichef gegen sie und sagte das widerspricht dem demokratischem Recht.
Könnte man so etwas in Deutschland auch erwarten?
Ich glaube nicht.
lm “Besten Deutschland aller Zeiten” ist grundsätzlich alles verboten was von der Regierung nicht grundsätzlich erlaubt wird!!!
Danke an Wolf für diesen Artikel