Rot-grün-gelbe Kriegsunermüdlichkeit

Bündnis 90/Die Grünen Nordrhein-Westfalen, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

Keine Müdigkeit vorschützen. Der Krieg geht doch jetzt erst so richtig los. Die Verwüstungen des Kapitalismus rufen nach Krieg.

Einst waren die Grünen nicht müde, den Pazifismus hoch zu halten. Es gab sogar ganz viele, die die NATO nicht als »Verteidigungsbündnis« verstanden, sondern als Angriffsbündnis gegen alles, was sich ihm nicht unterwirft.

Nun rennen die Grünen an die ukrainisch- russische Front und werden nicht müde dabei, noch schwerere Waffen ins Kriegsgebiet zu liefern.

Übrigens sind gerade schwere Waffen, so richtig schwere Waffen nicht mehr phallisch, sondern ausgesprochen feminin, seitdem die grüne Außenministerin Annemarie Baerbock eine »feministische Außenpolitik« versprochen hat.

Schwamm drüber.

Kriegsmüde Held*innen

Sie sammeln Geld, sie erfinden Geld (wie das 100 Milliarden Euro »Sondervermögen«), sie basteln sich Helden, und der grüne-fatigue Wirtschaftsminister Robert Habeck fährt Tag und Nacht zu Diktaturen, Despotien und Oligarchien, um dort Gas, Öl und Zustimmung einzukaufen, damit man sich endlich vom Despoten Putin »befreien« kann.

Wahrscheinlich ein zweiter D-Day oder so ähnlich.

Das Tempo, alles über Bord zu werfen, ist enorm. Da bekommt selbst die grüne Außenministerin Annalena Baerbock Fracksausen und befürchtet bereits nach gerade einmal drei Wochen Krieg »Kriegsmüdigkeit« … unter den Heimkrieger*innen.

Ein Moment der Fatigue

»Bundesaußenministerin Annalena Baerbock warnt vor einer Kriegsmüdigkeit in den westlichen Staaten. »Wir haben einen Moment der Fatigue erreicht«, sagt Baerbock in Kristiansand nach Abschluss des Ostseerats«, schrieb die taz am 25. Mai 2022.

Nun, nicht alle sind so dermaßen frankophil wie Annalena Baerbock. Mit der Fatigue ist also Kriegsmüdigkeit gemeint, nicht an der russisch-ukrainischen Kriegsfront, sondern hier in Europa, in Deutschland.

Aber wir sind doch gar nicht im Krieg! möchte man ihr verspielt entgegenhalten. Wir liefern doch nur Waffen und unsere Rechtsexperten kriegen es hin, uns da juristisch und völkerrechtlich rauszureden.

Vielleicht sagt sie ausnahmsweise also die Wahrheit, also genau dann, wenn sie fatigue ist, die Kriegsbeteiligung zu tarnen.

»Müde sein des Mordes«

Wer weiß, wer ihm das gesteckt hat. Vielleicht hat er auch nur darauf gewartet, um sich noch einmal aus den ewigen Jagdgründen zu Wort melden. Er hat den Ersten Weltkrieg miterleben müssen und war nicht müde, gegen Kriegstaumel, Kriegsrhetorik und Kriegslügen anzuschreiben. Der Schriftsteller Karl Kraus schrieb einst:

»Kriegsmüde – das ist das dümmste von allen Worten, die die Zeit hat. Kriegsmüde sein, das heißt müde sein des Mordes, müde des Raubes, müde der Lüge, müde der Dummheit, müde des Hungers, müde der Krankheit, müde des Schmutzes, müde des Chaos. War man je zu all dem frisch und munter? … Kriegsmüde hat man immer zu sein, das heißt nicht nachdem, sondern ehe man den Krieg begonnen hat.«

Manche behaupten ja, wir würden in einer »Zeitenwende« (SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz) leben. Karl Kraus hilft uns vielleicht dabei, zu verstehen, in was für einer aufpolierten, regressiven Retro-Welt wir eigentlich leben.

»Rot« zieht granatenmäßig nach

Manchmal ist die Wirklichkeit dreister als jeder satirische Overkill. Der grüne Koalitionspartner wirft mit Waffengattungen nur noch so um sich. Alle melden sich jetzt in der Regierung an die Front. Und die SPD möchte da nicht hintenanstehen, sondern noch einmal eine Schippe drauflegen.

Jetzt hat sich ihr Bundesvorsitzender Lars Klingbeil zu Wort gemeldet. Er wollte es nicht bei kleinen Wort-Kalibern belassen. Er wollte und musste unbedingt die angekündigte »Zeitenwende« seines Chefs Olaf Scholz noch weltpolitisch verankern.

Dass die SPD mit Pazifismus nichts am Hut hat, ist ein alter Hut – wobei sie ganz viel Sympathie dafür hat, wenn man den folgenden Satz nicht auf sie anwendet.

»Friedenspolitik bedeutet für mich, auch militärische Gewalt als ein legitimes Mittel der Politik zu sehen«, ließ er am 21. Juni 2022 sein lippenlesendes Publikum auf der Tiergarten-Konferenz der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin wissen.

Das hat so viel Sinn und geschichtliche Evidenz, wie die der US-Waffenlobby, die nach jedem Massaker (unter und mit US-Bürgern) betont, dass nicht die (vielen) Waffen daran schuld sind, sondern der Umstand, dass noch zu wenige Waffen im Umlauf sind.

Deutschland, Führungsmacht

Dann wagt er sich doch aus der Deckung, also aus der 80 Jahre währenden »Zurückhaltung«. Man spürt geradezu, wie er die Fesseln sprengt, die 80 ewigen Jahre Deutschland nicht haben das machen lassen, was ein verlorener Erster und Zweiter Weltkrieg doch nicht ad acta legen kann:

»Deutschland muss den Anspruch einer Führungsmacht haben.« Basta, möchte man ihm zurufen und sich dabei an die Basta-Politik Schröders erinnern.

Keine Frage, Lars Klingbeil ist kein Amokläufer. Seine Aufforderung, wieder Krieg in und aus der ersten Reihe zu führen, ist wohl bedacht.

Denn der Krieg wird eben nicht nur in der Ukraine geführt und schon gar nicht dort gewonnen. Die Verwüstungen, die der Kapitalismus weltweit verursacht, ruft nach Krieg, solange diese Verwüstungen einer kleinen Minderheit nicht das Leben kosten, sondern sie noch reicher machen.

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6 Kommentare

  1. Es wird höchste Zeit, an die „geräuschlose Kriegsfinanzierung“ des nationalsozialistischen Führers durch die Gleichschaltung der Sparkassen, Banken und Versicherungen zu erinnern.
    Der G7/NATO-Komplex ist schon heute im Jahre 2022 in einer unvorstellbaren Höhe verschuldet, wohlgemerkt einschließlich der Bundesrepublik Deutschland durch die Haftung für die Schulden der Europäischen Zentralbank.
    Was muss also noch passieren, bis die heutigen Deutschen erkennen, dass wir die schlechteste Bundesregierung seit Gründung der (West)deutschen Bundesrepublik haben?

  2. Die „Zeitenwende“ ist real!
    Innerhalb kürzester Zeit sind wir allgegenwärtig mit einem „Wording“ konfrontiert (und leider auch mit den damit konnotierten Handlungen), das ich mir bis vor kurzem in den schlimmsten Träumen nicht habe vorstellen können:
    Da geht es um das Schlachtfeld, die Ostflanke, um Haubitzen, Marder, Raketenwerfer etc., um mehr Kampfbereitschaft und „combat-credible“, um Kampftruppenbrigaden, einen Abnutzungskrieg, um Kriegshelden und heldenhafte Verteidigung, um Vorwärtsverteidigung, Kriegsmüdigkeit……..u.v.m.

    Die Zeitenwende ist mehr als real. Und das, was aus dieser nicht nur sprachlichen Zeitenwende resultiert, halte ich tatsächlich für die größte Bedrohung seit dem 2. Weltkrieg (um dieses Narrativ einmal in anderem Zshg zu bedienen…). Diese zeitengewendete, ergo rückwärts gewandte, wertegeleitete, zudem „feministische Außenpolitik“ (????) macht mir de facto Angst. (Ohjeeh, Angst darf man ja heute nicht mehr haben; selbst vor einem begrenzten Nuklearschlag sollte man keine Angst haben,…hab ich mir neulich sagen lassen…).
    Und wenn aus all dem noch erwächst, dass Deutschland nach jahrzehntelanger Askese den Anspruch einer „Führungsmacht“ erhebt (steter Tropfen…..; wieder sind die ständigen Einflüsterungen von Selenskij, Biden und Co auf fruchtbaren Boden getroffen), ja, dann möchte man ‚Hurra, na endlich wieder‘ rufen.
    Und wer da keine Angs kriegt, ist irgendwie selber Schuld

  3. Mit den Grünen ist in der Republik eine Verblödung eingetreten. Irrationalität beim Umweltschutz, beim Atomausstieg, beim Klimawandel und jetzt noch „fröhliche“ Kriegstreiberei. Liegt wohl am Personal.

    1. Die Verblödung haben nicht die Grünen zu verantworten. Sie sind Teil davon, oder man hätte es von ihnen weniger erwartet. Aber die Verblödung betrifft uns alle. Wir sind nun mal darauf getrimmt, weißer als weiß zu waschen. Und das gibt man offen zu, früher hätte man sich eher geschämt.
      Große Ziele kommen von den kleinen Leuten, die sich damit ganz groß fühlen. Das haben wir schon erlebt.

  4. Schade, daß es kein Scherbengericht mehr gibt. Dieses urdemokratische Verfahren (aus dem Mutterland der Demokratie) sorgte in hervorragender Weise dafür, dass missliebige Politiker u. -innen wenigstens für 10 Jahre zum Nachdenken aus ihrem Land vertrieben wurden.
    Welche hervorragende Errungenschaft hat man da ohne Not aufgegeben

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