Recht nach Gutsherrenart

Fassade des Landgerichts Frankfurt.
Dontworry, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Es scheint so, als müsse der Bürger mittlerweile darum betteln, bei Gerichtsverfahren, die mit ihm zu tun haben, vorstellig werden zu dürfen. Es grüßen aus dem Landgericht Frankfurt: Kafka, Kohlhaas und Wolf Wetzel.

Ich habe aus der Novelle »Kohlhaas« gelernt, dass es nicht nur um die ganz großen Dinge geht, denen man sich stellten sollte, sondern auch um scheinbar recht kleine Kränkungen. »Es geht ums Prinzip«, sagte der Pferdehändler, als er gefragt wurde, warum er wegen ein paar Gäulen so einen »Aufstand« mache.

In der Tat: Es gibt nicht wenige, die sagen (werden), dass es sich doch nicht lohnt, sich wegen solcher Lappalien ins Zeug zu legen.

Im bin in Großen und Ganzen anderer Meinung: Wenn man bereits bei »Kleinigkeiten« kneift, dann wird man dies bei »großen« Angelegenheiten erst recht tun.

Nun zum Fall.

Öffentliche »Verhandlung«

Ich hatte im Januar 2022 einem Bußgeldbescheid widersprochen. Daraufhin wurde ein Amtsgerichtstermin im Mai 2022 angesetzt. Da ich krank wurde, habe ich ein Attest an das Amtsgericht geschickt, um in Folge eines »fiebrigen Infekts« eine Verschiebung des Gerichtstermins zu beantragen. Das Attest war auf die Woche der angesetzten Gerichtsverhandlung ausgestellt.

Danach wurde es kohlhaasig:

Das Amtsgericht verhandelte in Abwesenheit und begründete dies mit der Leugnung meines Attestes: »Ein Antrag auf Entbindung vom Erscheinen zum Hauptgerichtstermin wurde nicht gestellt.«

Darauf legte ich Widerspruch ein und forderte die Berücksichtigung tatsächlicher Vorgänge. Davon ließ sich das Amtsgericht so gar nicht beeindrucken … und hatte nun das Attest vorliegen, um es dann für nicht ausreichend (begründet) zu halten. Abermals wies das Amtsgericht meinen Widerspruch zurück.

Man könnte es auch so zusammenfassen. Erst sagt das Gericht, dass du nichts vorbringen kannst und dann sagt es, dass es egal ist, ob du etwas vorzubringen hast.

Das ließ den Kohlhaas in mir groß werden

Ich legte erneut Widerspruch ein und erklärte ergänzend, dass das Attest in dem Wissen ausgestellt wurde, dass bei einem fiebrigen Infekt die Ärzte angewiesen sind, die Corona-Schutzmaßnahmen anzuwenden, was sich in der Krankschreibung für fünf Tage niederschlug. Darüber hinaus könne das Gericht meinen Arzt direkt befragen oder … sich ans RKI wenden oder Nachrichten lesen (was ich für mich behalten hatte).

Nun hat sich die 9. Strafkammer des Landgerichts in Frankfurt, mit sage und schreibe drei Richtern bestückt, dieser eminent wichtigen Rechtsangelegenheit angenommen, um den »Rechtsfrieden« wiederherzustellen. Dafür füllten sie drei Seiten … um zu demselben Ergebnis zu kommen. Das vorgelegte Attest sei »nicht geeignet«, nicht vor Gericht erscheinen zu können:

»Die bloße Angabe einer Diagnose ohne jedwede Schilderung von konkreten Krankheitssymptomen erlaubt dem Gericht keine tragfähige Prüfung.«

Dass es sich dabei auch um die Einhaltung von Corona-Schutzmaßnahmen handelte (also eine Fünf- Tage-Quarantäne), die bei dieser Diagnose ergriffen wurden, wurde in dem Landgerichtsurteil mit keinem Wort erwähnt.

Das ist umso absurder, da ein Freund wegen des Verweilens auf einer Parkbank nach 22 Uhr zu einem Bußgeld von 200 Euro verurteilt wurde – wegen Missachtung der Corona-Maßnahmen.

Offensichtlich sind Corona-Maßnahmen, einschließlich deren Einhaltung, eine Angelegenheit in Gutsherrenart, die sich mit der Figur des Junkers in der Kohlhaas-Novelle bestens verträgt.

Kohlhaas unchained – Annex B

Sehr geehrte Herr Vorsitzender S., sehr geehrte Frau S., sehr geehrter Herr L.,

ich habe ihr Landgerichtsurteil vom 17. August 2022 zur Kenntnis genommen.

Dass das Ganze eine Farce ist, ist Ihnen hoffentlich nicht entgangen. Ich erkläre Ihnen das kostenfrei:

Ich will an einer Verhandlung, bei der es um mich geht, teilnehmen. Ich will also vor Gericht begründen, warum der Bußgeldbescheid rechtwidrig ist. Ist das so schwer zu verstehen? Und wenn ich krank werde, dann möchte ich, dass die Verhandlung verschoben wird, damit das rechtliche Gehör in Anspruch nehmen kann. Ist das so unheimlich schwer zu verstehen? Oder störe ich bei dem ganzen Verfahren?

Sie haben zu Dritt dieses Urteil gefällt. Sie haben das vorgelegte Attest für »nicht ausreichend« und »nicht glaubhaft« erklärt.

Haben Sie dabei zu Dritt den Urteilscomputer bedient, ein paar Stichworte eingegeben, unter anderem Ablehnung und haben dann die Satzbausteine, wieder zu Dritt, zusammengefügt?

Ohne Ihnen das Attest zu erklären, wissen Sie doch, dass wir in Corona-Zeiten leben und dass die Corona-Regeln auch für das Landgericht gelten – oder haben Sie eine Ausnahmereglung – wie die Bundesregierung (auf Flugreisen und auch anderswo)?

Diese Corona-Regeln sehen vor, ohne dass man Ihnen das im Attest oder als Arzt ausführlich erklären muss, das man bei einem fiebrigen Infekt zur Prävention die Corona-Maßnahmen anwendet, also zuhause bleibt. Das nennt man Quarantäne, also genau jene fünf Tage, die im Attest angegeben sind. Genau dies hat mein Arzt gemacht. Und genau das ignorieren Sie vorsätzlich, obwohl all dies in verständlicher deutscher Sprache in meinen Widerspruchsschreiben ausgeführt ist.

Ganz abgesehen davon, decken Sie mit Ihrem Urteil eine Rechtsbeugung, die Ihnen nicht entgangen sein dürfte, wenn Sie nicht nur den Urteilscomputer benutzt haben. Das Amtsgericht hat in seiner ersten Ablehnung nicht die »Qualität« des Attestes bemängelt, sondern wahrheitswidrig behauptet: »Ein Antrag auf Entbindung vom Erscheinen zum Hauptgerichtstermin wurde nicht gestellt.«

Meine Rechtsberatung hat mir nahegelegt, eine Dienstaufsichtsbeschwerde wegen möglicher Rechtsbeugung einzureichen und die offensichtlichen Verfahrensfehler anzugreifen.

Ich möchte diese Farce nicht unnötig verlängern und möchte vor diesem Schritt die Möglichkeit nicht ausschließen, dass Sie das berücksichtigen und auf diese Weise zum Einhaltung erlassener Corona-Verordnungen beitragen.

Amtsferne Hilfe

Kohlhaas in der Novelle von Heinrich von Kleist widerfuhr diese Erniedrigung nicht nur, weil es kein Recht gegen die Herrschenden gab/gibt. Er war damit auch alleine, als Pferdehändler. Viele werden auch heute sagen, dass es sich doch nicht lohnt, einen »Aufstand« zu machen, dass man sich damit doch nur ins eigene Fleisch schneide. Ich möchte diese Art der Selbstbeschuldigung und -beruhigung nicht so stehen lassen.

Die hier geschilderte Amtsgerichts- und Landgerichtsposse gab mir den Anstoß, in dieser Reihe ähnliche »Fälle« aufzugreifen und das uns Mögliche zu tun, damit man damit nicht alleine ist. Und wir alle können mehr tun, als den Kopf einzuziehen.

Deshalb meine Frage an unsere LeserInnen: Hat jemand fachliches Wissen, um dazu etwas zu sagen? Das betrifft insbesondere die Frage nach der Möglichkeit einer Dienstaufsichtsbeschwerde wegen mutmaßlicher Rechtsbeugung und/oder einer anderen Möglichkeit, dagegen vorzugehen.

Gibt es gar eine/n Rechtsanwalt/in, die/der sich mit Genuss diese kohlhaas’schen Posse annehmen würde?

Aber vielleicht haben meine LeserInnen auch persönliche Erfahrungen, die weiterhelfen können.

In diesem kohlhaas‘schen Sinne.

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14 Kommentare

  1. Ich würde mit „Verweigerung des rechtlichen Gehörs“ argumentieren. Das ist ein wichtiges Element des Rechtsstaatsprinzips. Wenn der Rechtsweg ausgeschöpft ist, kann man sogar Verfassungsbeschwerde einlegen.

  2. Lieber Wolf Wetzel,

    im öffentlichen Recht werden dagegen alle Verhältnisse zwischen dem Staat und Bürgern geregelt. Anders als im privaten Recht ist der Staat dem Bürger übergeordnet. Dieses System nennt man „Subordinationsprinzip“

    Passend zum Beispiel das hier :
    https://www.achgut.com/artikel/polizeigewerkschaft_fordert_vorbereitung_fuer_krieg_und_krisen

    In der Evolutionstheorie überleben die Anpassungsfähigsten und setzen sich Durch!

    1. Noch ein kleiner Nachtrag man kann natürlich Rechtsgeschichte schreiben. Und handelt wie Rosa Parks in dem Recht nicht dem Unrecht weichen muß!

      „Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen“ (auch Rechtsbewährungsprinzip genannt)

  3. Jeder Richter, ist weder unvoreingenommen noch neutral.
    Verabscheut der Richter das Klägerklientel (hier etwa wegen Corona), weil er Corona als EIGENE Bedrohung anssieht, dann wird er immer gegen den Kläger entscheiden.
    Verabscheut der Richter Hartz IV Empfänger, wird er immer gegen diese entscheiden.

    Wie in Ihrem Falle, ohne den Schriftverkehr zu kennen, ist es IMMER eine persönliche Wiedergabe der Meinung des Richters. Dies kann man immer in Literatur zum Nationalsozialismus wiederfinden, wo judenhassende Richter, immer gegen die Juden geurteilt haben.

    In Ihrem Falle würde ich das Gericht fragen, auf welcher medizinischen Ausbildung hin, sich die Richter ein medizinisches Urteil erlauben, denn „Arzt“ ist eine geschützte Berufsbezeichnung, wie auch „Richter“.

  4. Jeder Mensch hat das Recht, über sein Schicksal selbst zu entscheiden, und nicht irgend welche Pappnasen – Also auch darüber, wie viel Zeit und Geld man für sein GUTES RECHT ausgeben will. – Man sollte immer cool prüfen, ob es nicht sinnvoller ist, eine fragile Angelegenheit ganz einfach direkt mit Geld aus der Welt zu schaffen, denn vor Gericht und auf Hoher See ist man immer in Gottes Hand.

  5. zu den „persönlichen Erfahrungen“ mit Dienstaufsichtsbeschwerden: Wann immer ich in meinem Berufsleben (m)einen Rechtsanwalt nach den Aussichten einer solchen gefragt habe, kam die Antwort „FFF“ zurück:
    – Formos
    – Fristlos
    – Fruchtlos
    Daneben spart es, wenn man neben der Hauptsache (weg mit dem Busgeldbescheid) nicht auch noch unabsehbar viel Zeit, Geld und Nerven für diesen „Nebenschauplatz“ aufwenden muss.

    Ich stelle mal die Frage nach dem Ziel: Es geht um einen Bußgeldbescheid, der aufgehoben werden soll, gegen den ein Amtsgericht allerdings den Widerspruch bereits zurückgewiesen hat. Gründe, die es sachlich notwendig machen, diesen Bescheid „aus der Welt zu schaffen“. ergeben sich aus dem Text nicht. Die Folgen der Rechtskraft eines solchen Bescheids könnten so gravierend sein, dass alles Folgende in diesem Einzelfall obsolet ist.

    Wenn das nicht der Fall ist …:
    Die 9. Strafkammer beim Landgericht Frankfurt ist mit Teilzeitrichtern besetzt (4/10, 3/10 und 2,5/10) und befasst sich mit solchen Bußgeldsachen, denen ein Amtsgericht den eingelegten Widerspruch versagt hat. Würde das Verfahren beim LG zum Erfolg führen, wäre das die Erklärung eines „Fehlers“ für das Amtsgericht als untergeordnete Instanz. – Das ist, lieber Wolf Wetzel, aber wirklich viel verlangt! [Sarkasmus wieder aus] –

    Der Vorsitzende ist Mitglied des LG-Präsidiums und hat diverse andere Aufgaben, der eine Beisitzer ist zu 3/4 in einer Wirtschaftsstrafkammer tätig und die weitere Beisitzerin zu 7/10 ihrer Kapazität bei einer Kammer für „alles Sonstige“. Besonders der Vorsitzende und der erste Beisitzer sind also aus Sicht der Leitung des Landgerichts relevant und wichtig, was die Chancen mindert, dass man sie wegen einer „banalen“ Bußgeldsache mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde belästigt. Umso mehr als der Richter und die ~-In, die für „Dienstaufsichtsbeschwerden für Richter“ zuständig sind, zum Kreis der „Vorsitzenden Richter“ bzw. zum Präsidium des Landgerichts gehören. Warum fällt mir jetzt nur eine Krähe ein ??

    Bei allem Verständnis für die emotionales Nähe zu Michael Kohlhaas, in die man bei einer solchen Behandlung gerät, stelle ich die Frage, a) ob das eingeschlagene Vorgehen dem eigentlichen Ziel näherbringt und b) ob die eingeschlagene Taktik – verbale Angriffe im Schreiben an die Richter – zielführend ist. Meiner Erfahrung nach gibt es für diese Taktik nur wenige Erfolgsnachweise …, abgesehen von einer temporären Druckentlastung beim Schreiber (have been there myself …)

    Unstrittig hat das erste und zweite befasste Gericht sachliche Fehler gemacht. Allerdings haben wir in diesem Land nahezu flächendeckend bei Justiz, Polizei und Behörden das Problem, dass Fehler zwar gemacht, aber nicht zugegeben werden. Was u.a. daran liegt, dass diese „Täter“ von niemandem wirksam eingebremst werden.
    Außer vielleicht von mehr Öffentlichkeit auf diesen und ähnliche Fälle:

    Was sagt denn der Präsident des LG Frankfurt. Dr. Wolf, auf eine Presseanfrage zum Verhalten dieser Kammer „seines“ Gerichts und Veröffentlichung der vermutlich nichtssagenden Antwort auf diese?
    Können Leser ähnliche Erfahrungen beisteuern?
    Wäre es nicht lohnend, solche Fälle mal zu sammeln und strategisch und öffentlichkeitswirksam zu verwerten? Auch, um das ewig gleiche Argument auszuhebeln, es handle sich um einen Einzelfall, der nicht verallgemeinert werden kann?

    Um nicht missverstanden zu werden. Ich votiere nicht für „klein beigeben“. Sondern dafür, die Ressourcen so einzusetzen, dass das Ziel erreicht wird und/oder „die Gegenseite“ – selbstverständlich nur mit legalen Mitteln! – zu einer Veränderung ihres Verhaltens veranlasst wird.

    1. Liebe Annette,
      ganz herzlichen Dank für deine Mühe und deine langen Ausführungen. Ich kann deine taktischen/strategischen Überlegungen gut verstehen. Ich muss ja selbst danach leben, sonst jage ich nur noch grauen Mäusen nach und sehe den Elefanten nicht mehr. Aber dann geht es mir doch ums Prinzip. Wo wollen wir anfangen, etwas nicht hinzunehmen? Bei einer Staatsaffaire, bei einem Staatsverbrechen, wo wir wissen, was dabei herauskommt – bevor der erste Buchstabe das Blatt findet? … Dann bleiben noch die „kleinen“ Unverschämtheiten. Deine Überlegungen teile ich aus ganzem Herzen: Wir sollten uns überlegen, wie wir solche „Fälle“ behandeln. Ich würde den juristischen Chancen wenig einräumen, aber wenn der Fall eine gewisse Öffentlichkeit bekommt, und jene nervt, die sich gegenseitig Rechtsfreiheit attestieren, dann … Deshalb ist mein „kleines“ Zeil auch, dass das Verfahren öffentlich wird und dass ich dann ganz viele Kohlhaas-Anhänger dazu einladen kann. Ganz herzliche Grüße Wolf

      1. Es kommt auf das Motiv an, warum man sich wehrt.
        Wenn es darum geht, die Sache zu gewinnen, dürfte schon die Aufwand-Ertrags-Relation selbst bei einem „Sieg“ ziemlich dürftig ausschauen.

        Wenn es aber vor allem darum geht, sich gewehrt zu haben gegen diese ganz besondere richterliche Logik, welche im Volk wohl nicht den geringsten Rückhalt findet, weil sich niemand als offensichtlicher Depp outen will, dann geht man diesen Weg mit allen Konsequenzen.
        Vor zwei Jahrzehnten wurde mal in einem Kurdistan-Forum geäußert, dass man sich auch dann wehrt, wenn man drauf gehen kann, weil man sich so seine Würde und Ehre bewahrt.
        Vor gut einer Dekade gab es mal den „Fall Emmely“ , der wg. Unterschlagung eines Pfandbons fristlos gekündigt wurde. Als sich diese dagegen wehrte, ging es bis in die letzte Instanz und die Sache sah bis zum Schluss ziemlich heikel aus. Aber das Blatt wendete sich dann doch.

        Grundsätzlich wäre es richtig, solche Urteile unter „Wirklich in unserem Namen?“ derb, aber sachlich, zu hinterfragen und öffentlich als missglückte Form von Rechtsstaat in Misskredit zu ziehen.

  6. Hi Wolle

    Hab mal eine gute Freundin konsultiert und die hat folgendes (Annette hat ja auch schon drauf verwiesen)
    geäußert:

    „…änhliches selbst schon erlebt. Richterin missachtete ein BGH Urteil und hat keine Berufung zugelassen, da die Berufungssumme nicht erreicht wurde. Das LG hat auch abgewiesen, Begründung weiß ich nicht mehr.
    Da ging es aber um einen Beschluss/Urteil. Der Fall dürfte aber ähnlich gelagert sein.
    Da ist man machtlos. Der Bürger ist fast immer machtlos. Oder es kostet extrem viel Geld.

    Rechtsbeugung ist was ganz anderes. Da geht gar nichts.
    Auf die Schnelle meine Einschätzung, basierend auf meinen bescheidenen Jurakenntnissen.

    Der Knackpunkt ist § 321a ZPO.
    ‚Bei der Gehörsrüge (Anhörungsrüge) handelt es sich um einen speziellen Rechtsbehelf im deutschen Prozessrecht, mit welchem es möglich ist, Verstöße einer Entscheidung gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör geltend zu machen. Dies ist in jenen Fällen möglich, in denen in einer Entscheidung kein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegeben ist.‘

    Der Hammer daran ist, dass der Richter der die Entscheidung erlassen hat, selbst entscheidet, ob die Rüge gerechtfertigt ist.
    Er prüft sich also selbst. Das nennt man dann Rechtsstaat.

    Dienstaufsichtsbeschwerde wäre falsch, da diese das Verhalten betrifft, wenn wäre es eine Fachaufsichtsbeschwerde. Das gibt es für Richter m. W. nicht wirklich. Da bin ich mir aber nicht sicher. Zudem nennt man das FFF formlos, fristlos, fruchtlos. Bringt eh nie was, landet im Papierkorb.
    Man nennt es eher „Erinnerung“ zumindest bei Rechtspflegern. Das ist ein Widerspruch gegen eine Entscheidung.

    Was mir aber aufgefallen ist, dass ein ärztliches Attest anzuerkennen ist und die Diagnose in diesem Fall eigentlich dem Datenschutz unterliegt, bzw. eine Schweigepflichtentbindung nötig gewesen wäre.
    Die ist in dem Fall aber nicht nötig, und kann m. E. auch nicht verlangt werde (Rechtsgrundlage wäre mir keine bekannt ohne Recherche) da es ja nicht um die Aufklärung einer Straftat geht. Und selbst da geht es nicht ohne Schweigepflichtentbindung. Es wäre mir neu, dass ein Gericht die Herausgabe von Patientendaten anordnen kann.“

    Schade, dass du kein Millionenschwerer Konzern bist. 😉

    mfg

  7. Juristisches Fachwissen kann ich nicht beisteuern, allerdings persönliche Erfahrung.

    Im Rahmen eines berufsrechtlichen Antragsverfahrens habe ich einmal Widerspruch gegen einen Bescheid eingelegt. Da es im Rahmen dieses Verfahrens zu gravierenden Mängeln in der Bearbeitung seitens der zuständigen Behörde gekommen war, hatte ich auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt.
    Für den weiteren Fortgang des eigentlichen Verfahrens benötigte ich eine Antwort auf meinen Widerspruch. Der kam und kam nicht. Als ich nachhakte, erhielt ich die Antwort: So lange die Dienstaufsichtsbeschwerde läuft, ruht das eigentliche Verfahren bzw. wird nicht weiter bearbeitet. Eine Auskunft, wie lange es bis zu einem Entscheid bezüglich der Dienstaufsichtsbeschwerde dauere, wurde mir etwa in der Form gegeben: „So lange es dauert.“ Hieß für mich: Warten auf den St. Nimmerleinstag oder Zurückziehen der Dienstaufsichtsbeschwerde, damit das eigentliche Verfahren fortschreiten kann.
    Das gesamte Verfahren lief über 7 Jahre, das Ergebnis war: eine Ablehnung meines Antrages, Spott seitens des Verwaltungsgerichts („In der Zeit hätten Sie ja Jura studieren können.“), dessen vorsitzende Richterin noch in der Woche zuvor sich ausführlich mit meiner Anwältin besprochen hatte, die in diesen Spott des Gerichts mit einstimmte.
    Selbstverständlich hätte ich dann noch die Möglichkeit gehabt, vor das Oberverwaltungsgericht zu ziehen (nach Zahlung einer Vorausgebühr). Habe ich nicht gemacht. Aus Geld- und aus Zeitgründen. Wenn ich es hochrechne, dann hätte die gute Aussicht bestanden, dass mir ein wie auch immer gearteter Bescheid auf mein nach Jahrzehnten längst freigeräumtes Grab gelegt wird.

    George Grosz und Kurt Tucholsky haben die deutsche Justiz hinreichend genau beschrieben und kommentiert. Ok, die bezogen sich noch auf die Weimarer Republik. In der Bonner/Berliner Republik: Just the same. Da es in der Bundesrepublik keine Gewaltenteilung gibt, vor allem keine unabhängige Justiz mit vom Volk gewählten Richtern, sind nahezu alle „Rechtsverfahren“ eine Farce und sind die Bürger/innen der Willkür ausgeliefert.

    Interessant wäre eine Statistik, wie viele Prozesse zu Gunsten bzw. gegen das „einfache Volk“ ausgehen. Meiner persönlichen Erfahrung nach gewinnen „Obrigkeit“ und „Großkapital“ häufiger (fast immer) und vor allem in wichtigen Fragen. Sollte einmal die Gefahr bestehen, dass der rechtliche Vortrag eines „Underdogs“ kaum mehr abzuweisen ist, dann kommt es zu einem „Vergleich“, bei dem der „Underdog“ draufzahlt.

    Was mit Jurist/inn/en und Richter/innen passiert, die tatsächlich mal dem „Buchstaben des Gesetzes“ folgen, ist bekannt: Hausdurchsuchungen, Verleumdungen, Diffamierungen, Hass- und Hetzpropaganda gegen sie.

    Aus meiner persönlichen Erfahrung empfehle ich: Größtmöglichen Abstand zu den sogenannten 3 Gewalten zu halten. Das sind Gewalten. Und selbige üben sie auch aus. Damit meine ich nicht, auf Widerstand zu verzichten. Sondern eher, sich wie Luft und wie Wasser zu verhalten. In diesem Land als „Underdog“ einen Prozess zu führen ist, als sei man in einer Dauerschleife eines „Polittalks“ des ÖR gefangen. Äußerst ungesund.

    Helfen diese Ausführungen bei einer Abwehr eines Bußgeldbescheides? Eher nicht. Dem Autoren stimme ich jedoch zu, dass man sich an allen Stellen wehren muss. Nur wie?

    Nehmen wir mal an, es ginge um eine Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr, Bußgeld 20 €. Je nach dem, wie sich das Verfahren entwickelt, hat man evtl. Kosten in Höhe von 200 € (+ x), um die 20 € abzuwehren. Lohnt sich finanziell nicht. Ohne Gegenwehr bleibt Unrecht jedoch bestehen, d. h. -20 € und Verlust von Rechten. Auch blöd. Aber davon lebt das System: von der Zermürbung.

    Nehmen wir mal an, ein Bürger oder eine Bürgerin will das Zwangsgeld für den ÖR nicht entrichten, z. B. weil sie oder er deren „Angebot“ nicht nutzt und nicht einmal „einen Empfänger bereithält“. Was passiert? Mahnung über Mahnung, klar, dann kommt plötzlich eine Zahlungsaufforderung des Finanzamtes und die Konten werden gesperrt, ein etwaig vorhandenes Auto abgeschleppt/konfisziert, Beugehaft droht. Ist das Unrecht? Ja, klar. Helfen da Widersprüche? Klar nein. Das machen die so oder so. Weil sie die Gewalt dazu haben, das staatliche Gewaltmonopol auf ihrer Seite. Denn die Zwangsgebühr ist in Wirklichkeit ein Solidarbetrag für die oberen Chargen des „Rundfunks“, die dringend Massagesitze für ihre gequälten Hintern brauchen. Solidarität über alles. Bringt es etwas, sich dagegen zur Wehr zu setzen? Aber sicher. Nur nicht auf „juristischem Weg“.

    Ich sage mal so: Wenn ein staatlich genehmigtes Glücksspiel durch einen „Justitiar“, „Notar“ oder „Lothar“ als ordnungsgemäß durchgeführt bescheinigt werden muss, dann ist das doch geradezu der Beleg, dass dort gelogen und betrogen wird, dass sich die Balken biegen. Meine Meinung.

    Gegenwehr auf juristischem Weg: Wer Geld und Zeit im Überfluss hat, kann das möglicherweise erfolgreich tun. Für das „einfache Volk“ ist das nahezu aussichtslos (es sei denn „Bild“, „RTL“ oder „Wetten, dass“ springt hilfreich zur Seite oder der oberste Dompfaff der Republik hat mal wieder einen seiner bekannten Heuchelanfälle. Oder besser noch: So ein Oxymoron wie eine „dienende Monarchin“ scheidet dahin und es gibt eine Generalamnestie bzw. eine generelle Amnesie, wie sie bei Staatsoberhäuptern häufig auftritt).

    Gegenwehr nach dem Modell „Schwejk“ ist ein guter Ansatz, zumindest für die Zeit, bis ein neuer Widerstand organisiert ist. Das wird schwierig, da die Gegenseite, wie ich mit anderen anfangs glaubte, nicht „geschichtsvergessen“ ist, sondern versucht hat, aus der Geschichte zu lernen, wie man Gegenwehr gegen Totalitarismus verhindert. D. h., die haben sich nicht gefragt, „Wie konnte es dazu kommen, wie kann das verhindert werden?“, sondern: „Wie können wir verhindern, dass sich jemand zur Wehr setzt? Wie können wir verhindern, dass die Führungsmacht Deutschland je wieder scheitert?“ (Das Pentagon hatte sich vermutlich die Frage gestellt: „Wie können wir dafür sorgen, dass die Führungsmacht Deutschland die ihm eigene Zerstörungswut gegen sich selbst und gegen „den Russen“ richtet?“)

    Entschuldigung, bin etwas über das Thema hinausgegangen.

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