Kriegsmaschinerie: Wie stoppen?

Friedensdemo, Dresden
Bybbisch94, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Wie soll ein Protest aussehen und wann bringt er etwas – oder eben nicht.

In diesem zweiten Teil gehe ich den widersprüchlichen Analysen und Haltungen nach, die uns selbst zu schaffen machen. Dabei prallen zum Teil große biographische und analytische Unterschiede aufeinander, die sehr oft gar nicht genau erfasst, geschweige denn zusammen diskutiert werden.

Den ersten Teil finden Sie hier.

Ein Freund sagte mir am letzten Samstag, dass ich mich mit meiner Beitragsserie beeilen müsse, damit alles noch vor dem Weltkrieg gelesen werden kann. Zwei Tage später überbieten sich Washington und Berlin dabei, ob US-Raketen (ATACMS) oder deutsche Raketen (Taurus) zuerst in Moskau einschlagen sollen.

Die „schweigende Mehrheit“?

Wir sind nicht wenige, die die Regierungs- und Kriegspolitik in Deutschland kritisieren, aber auch die Kriegspolitik Israels in Gaza, die vor unseren Augen sich abspielende Auslöschung eines Stück bewohnter Erde. Laut der bereits erwähnter Umfrage des Shell-Instituts 2024 haben über 80 Prozent der Jugendlichen (12-25-Jährige) Angst vor einem Krieg in Europa, also einem Weltkrieg.

Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass die meisten der etwa 35.000 Menschen, die am 3. Oktober 2024 in Berlin gegen den Krieg und für einen Waffenstillstand demonstrierten, keine Jugendlichen waren. Woran liegt das?

Es kamen die Alten, die ewig Verdächtigen. Und diese eher Erfahrenen sind nicht mit dem guten Gefühl nach Hause gefahren: Jetzt wird es zu einer anderen „Zeitenwende“ kommen! Die Regierung hat Angst bekommen, sie hat unsre Argumente verstanden und wird Einsehen zeigen und fortan jeden Genozid, jedes Kriegsverbrechen (wo auch immer) mit ihren Möglichkeiten und Mitteln verhindern.

Ich lehne mich also nicht weit aus dem Fenster, wenn ich sage: 30.000 Menschen wussten, dass dies nichts, aber auch gar nichts an der Kriegspolitik der Bundesregierung ändern wird. Man ist sich der Hilflosigkeit bewusst. Man hat diese Ohnmacht schon ein paar Mal erlebt. Man wird sie nicht los.

Und sehr viele werden sich die Fragen stellen: Was muss passieren, damit unsere Forderungen erfüllt werden? Was müssen wir tun, dass dieser Vernichtungskrieg in Gaza gestoppt werden kann? Was müssen wir tun, dass die vielen Kriege nicht in einen Weltkrieg münden?

Was fürs Nichtstun spricht?

Wenn dennoch etwas passiert, dann gibt es einige sehr forsche Stimmen, die sofort wissen, dass das doch nichts bringt. Ob das eine Waldbesetzung ist, um gegen ein Mega-Projekt (Tesla/Brandenburg) zu demonstrieren oder um „Klimakleber“, die besonders viel Ablehnung erfahren. Vieles von dem wenigen, was gegen die gegenwärtige Regierungs- und Kriegspolitik gemacht wird, wird schnell als dämlich und sinnlos abgetan. Wenn man diese KritikerInnen jedoch fragt (was ich sehr oft tue), was sie richtig finden, was sie besser und anders machen, dann kommt Schweigen.

Nicht selten ist die Kritik dümmer als die bemängelte Aktion. Das billigste Argument ist, dass es „gekauft“ ist, was einem nicht passt. Dieses Argument ist nicht neu, sondern sehr gebraucht. Bereits in den 1970er und 1980er Jahren stand sehr schnell der Vorwurf im Raum, dass es sich bei den „Krawallen“ und „Ausschreitungen“ um bezahlte „Provokateure“ gehandelt habe, die der Staat dafür bezahlt habe, den (guten/friedlichen) Protest zu diskreditieren. Dieser Vorwurf kam besonders laut von jenen, die für einen „friedlichen“ legalen Proteste eintraten, der meist mit dem Glauben verbunden war, man könne die politischen Parteien, die Regierungen von den „guten“ Argumenten überzeugen.

Aber gerade der Vorwurf, man sei gekauft, sei ein „Agent Provokateur“ sollte eine notwendige Diskussion darüber im Keim ersticken, was einen Protest wirksam macht, wie dieser aussehen kann und was dieser riskieren muss.

Die ehrliche Diskussion darüber, welche Erfolge der „friedliche“ Protest zu verzeichnen hat, inwiefern militante Aktionen geschadet haben, steht noch aus.

Und das ist heute mehr denn notwendig! Hilft dem Anliegen, sich alles gefallen zu lassen? Hat es den Corona-Demonstrationen geholfen, alle polizeilichen und politischen Auflagen zu erfüllen? Hilft es dem guten Anliegen, sich verprügeln, sich festnehmen zu lassen, wenn man gegen einen Genozid auf die Straße geht? Hilft es dem ehrenwerten Anliegen, wenn man Veranstaltungs – und Auftrittsverbote und Veranstaltungssprengungen durch die Polizei wie anlässlich des Palästina-Kongresses in Berlin 2023 „geordnet“ hinnimmt?

Bringt doch nichts?

All diese Fragen sind zu stellen und wir müssen nach Antworten suchen. Vieles davon wird in Abgrenzung „diskutiert“, anstatt zusammen. Als Schutzwall dienen dabei alte Reflexe, die zwischen „gekauft“ und „bringt doch nichts“ chargieren.

So gehörte Greta Thunberg zu denen, die am meisten von irgendwem „gekauft“ wurde – von der ÖKO-Industrie, von milliardenschweren Philanthropen, von der rot-grün-gelben Ampelregierung, von der geheimen Weltregierung. Dass diese Person in der Tat lange gehypt wurde, ist richtig. Aber man darf doch erwarten, dass man das nicht 1: 1 Greta Thunberg anlastet. Dass der mit ihrem Bild geprägte Protest auch ökonomische Interessen anspricht, steht außer Frage. Denn der erwünschte Umbau der fossilen Industrie in Richtung regenerativer Wirtschaft findet im Kapitalismus statt – und nicht außerhalb! Dafür kann eine Greta Thunberg am aller wenigsten. Wie vordergründig und selbstgefällig oft Kritik daherkommt, kann man an der „Ikone“ Greta Thunberg gut nachzeichnen. Für nicht wenige war sie, aus sehr unterschiedlichen Gründen ein rotes Tuch. Dabei bewegte man sich selbst in dem Theater, das (in der Tat) um sie gemacht wurde. Denn ich kenne nicht viele, die die Umweltproblematik, das Thema Klima und Kapitalismus so klar und unmissverständlich auf den Punkt gebracht haben. Sie sagte sinngemäß:

Es gibt genug wissenschaftliches und technisches Wissen, um wirksam etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen. Wenn dies nicht in diesem System möglich ist, dann muss man ein anderes System wählen.

An diesem Satz, an diese Kenntnis sollte man sich erst einmal heranwagen, anstatt sich drum herum zu mogeln. Aber noch etwas ärgert mich an dieser oft vorschnellen und oberflächlichen Kritik der KlimaschutzaktivistInnen. Man unterstellt – ohne großes Wissen – dass es denen nur ums eigene Wohlergehen ginge, dass sie einen sehr engen Horizont hätten, über den sie nicht hinausschauen könnten.

Das lässt sich gerade an der Person Greta Thunberg zeigen. Seitdem sie sehr oft auf Palästina-Demonstrationen auftaucht, seitdem sie den Vernichtungskrieg in Gaza öffentlich kritisiert, ist sie in den Laufstallmedien sofort vom lieben Gesicht einer klima-gerechten Welt zum hässlichen Gesicht des Antisemitismus umgeschminkt worden.

Aber auch von jenen, die Greta Thunberg für gekauft und gesteuert hielten, hört man heute keine Entschuldigung, erfährt man keine Selbstreflektion.

Dass man darüber streiten darf und muss, ob die „Klimakleberei“ ein geeignetes Mittel ist, ob Kunstfarbe auf Gemälde in Museen der Sache dient, steht außer Frage. Wenn man dies im Wissen tut, was man selbst nicht besser macht, was man besser machen könnte, dann wären viele Abgrenzungen unnötig.

Protest, Widerstand ja, doch – aber nur, wenn es die Richtigen trifft

Dieser Einwurf ist wichtig, denn wer will mit einem gewissen Risiko die „Falschen“ treffen, also Unbeteiligte, BürgerInnen, Zufällige, die ganz sicher nicht für das verantwortlich sind, was mit dem Protest angeprangert werden soll.

Bei den Klimaschutzaktivisten wird diese Kritik ganz besonders lauf formuliert: Wenn sie sich auf Autobahnen oder große Verkehrsadern „kleben“ und damit für einen Verkehrsstau sorgen, dann träfen sie mit ihrer Aktion doch nur die „kleinen Leute“, die völlig Unbeteiligten.

Keine Frage hat diese Kritik etwas Richtiges im Auge. Man sollte mit welchem Proste auch immer diejenigen treffen, die man mit der Kritik meint. Aber denken dieselben, die diesen Maßstab anlegen, auch an ihr eigenes Tun? Wenn wir demonstrieren, dann erreichen wir – ganz materiell – bestenfalls die Autofahrer, die im Stau stehen. Bei den allermeisten Demonstrationen ist man meilenweit von jenen entfernt, die man treffen, stören, aus der Ruhe bringen will. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob man die Politik eines Großkonzerns kritisiert oder die Bundesregierung. Sie werden in aller Regel so vor Störungen geschützt, dass sie bestenfalls im Fernsehen etwas davon mitbekommen.

Sind deshalb Demonstrationen falsch? Sind sie gar kontraproduktiv, weil sie absehbar die Falschen treffen?

Wer also darauf besteht, dass Protest und Widerstand die „Richtigen“ treffen muss, muss diese Anforderung an alle richten. In der Regel wird genau dies nicht getan. Und genau deshalb ist sie nicht ehrlich, sondern vorgeschoben.

Was also Protest und Widerstand kann, hat auch sehr viel damit zu tun, was man sich zutraut, was in den Möglichkeiten der Handelnden liegt.

Wenn das Richtige auch die Falschen trifft

Wenn man die materiellen Bedingungen für Widerstand übergeht und diesen für eine Unfähigkeit kritisiert, die man selbst als Selbstverständlichkeit annimmt, dann ist das nicht richtig, sondern bitter falsch.

In der Regel treffen wir die Falschen (ob mit Demonstrationen oder Kundgebungen) und müssen diese dafür gewinnen, dass sie das für das „Richtige“ in Kauf nehmen. Das wäre ein ehrlicher Maßstab.

Ich möchte dazu ein Beispiel anführen, das 2011 zu heftigen Diskussionen geführt hatte.

Am 23. Mai 2011 kam es in Berlin zu einer Sabotageaktion gegen eine Kabelbrücke. Eine Kabelbrücke ist eine oberirdische Kabelführung, die verschiedene Kabel bündelt: Stromkabel, Signalkabel, Telefonleitungen, Glasfaserkabel. Es kam zu Verspätungen im S- und Bahnverkehr. Ticketautomaten und Telefonverbindungen im Festnetz fielen aus. Manchenorts waren Handys ohne Netz. Viele, die in dieser Zeit davon betroffen waren, haben mit dem Ziel dieser Aktion nichts zu tun. Das einzige, was sie wahrnehmen (konnten), waren Störungen ihres eigenen Alltages.

Eine Gruppe namens „Das Grollen des Eyjafjallajökull“ begründete diese Sabotageaktion mit der Rolle der Bahn AG beim Castortransport und bei der Verladung von Kriegsgütern. Von den Castortransporten im Wendland wussten einige, aber die Rolle der Bahn AG beim Verladen von Kriegsgütern war damals kein Thema. Heute könnte und sollte dies um ein Vielfaches präsenter sein, denn viele Waffen für die Ukraine Selenskis benutzen die Bahnschienen.

Ein paar Monate später kam es in Berlin abermals zu mehreren Anschlägen auf Kabelstränge, die in Betonschalen entlang des bahneignen Gleisbettes geführt werden. Eine Gruppe namens „Das Hekla-Empfangskommitee – Initiative für mehr gesellschaftliche Eruptionen“ begründete ihre Aktion mit dem Krieg in Afghanistan, dem permanenten Kriegszustand woanders, der ohne deutsche Beteiligung nicht mehr auskommen will.

Die Gruppe wusste offensichtlich, was sie damit auch anrichtet bzw. auslöst, wen sie damit auch „erreicht“ hatten:

„Die Züge kommen nicht, das Handy schweigt, auch das Internet braucht heute sehr lange. Der Chef muss warten, ob er will oder nicht. Na und? Der Ministerialbeamte aus Bonn bleibt im ICE hängen. Gut so. Der Hausmeister kann nicht aufschließen. Ausgerechnet heute, wo die Konferenz beginnt. Shoppen gehen? Geld ausgeben? Nicht heute. Mit dem Auto kommst Du auch nirgendwo hin. ‚Nein, ich kann leider nicht… Gut. Dann morgen.‘ Vielleicht … Wir haben diese Metropole in einem bescheidenen Umfang in den Pausenmodus umgeschaltet.“

Eine wilde und kontroverse Debatte folgte. Als hätte die Gruppe geahnt, dass sich gerade auch jene äußern werden, die immer wieder sich und anderen sagen, dass etwas geschehen müsste, nur nicht so … wenden sich die Verursacher auf ungewöhnliche Weise direkt an sie:

Nimm es nicht persönlich. Vielleicht hältst Du es für anmaßend, dass wir diesen Eingriff in Deinen Alltag herbeigeführt haben. Sicher, Du hast recht – das ist anmaßend. Aber wie viel anmaßender wäre es, nicht gehandelt zu haben? Und dem Treiben weiter zuzuschauen? Oder zu resignieren, sich kaputt zu saufen oder alles in sich reinzufressen? Oder zynisch zu werden? Oder in Depression zu versinken? Oder das gierige Spiel mitzuspielen? Oder? Aussteigen geht nicht.

Ich möchte eine weitere Reaktion herausgreifen, da sie sicher auch für heute und morgen hilfreich ist. Diese hat Ulla Jelpke mit ihrer Stellungnahme vom 13.10.2011 verfasst. Ich schätze diese Politikerin der LINKEN, denn sie hat den Antifaschismus nie für ein taktisches Spielchen gehalten, wie dies die LINKE Jahre später bis zur Farce trieb. Sie bringt vielmehr das Dilemma, den Streitpunkt auf einen sehr bedeutsamen Punkt:

„Die im Bekennerschreiben genannten Ziele der Gruppe sind durchaus richtig. Sie protestiert gegen Kriege von deutschem Boden aus und Waffenlieferungen in alle Welt; sie protestiert gegen die Ausplünderung anderer Kontinente und die Verarmung großer Teile der Bevölkerung – auch hierzulande; sie wendet sich gegen den alltäglichen Leistungsdruck, der Menschen kaputt und krank macht. Doch die Wahl der Mittel ist falsch. Und sie ist kontraproduktiv. Sie ist die Vorlage für die politische Rechte … Den Bundeswehreinsatz in Afghanistan können wir nur mit einer Massenbewegung beenden. Sabotageaktionen zu Lasten der Bevölkerung erweisen diesem Ziel einen Bärendienst. Darum: Lasst uns Sand im Getriebe der Kriegspolitik sein – massenhaft!“ (jW vom 13.10.2011)

Ich schätze Ulla Jelpke für ihr unbeugsames Engagement, aber auch für diese klare Stellungnahme, die es ermöglicht, darüber zu reden.

Es sind jetzt über zehn Jahre vergangen. Wer wurde an dem gehindert, was Ulla Jelpke favorisiert? Wer hat verhindert, dass „Sand in das Getriebe der Kriegspolitik“ gestreut wird? Warum kam es in den zehn zurückliegenden Jahren nicht zu einer Massenbewegung?

Ich bin mir ganz sicher, dass dies nicht an diesen Sabotageaktionen lag. Und genau hier fängt der Dissens an: Ich bin fest davon überzeugt, dass es – schon sehr lang – falsch ist, Massenbewegungen gegen militante Aktionen auszuspielen.

Das gilt vor allem dann, wenn man berücksichtigt, dass noch kein Welt-Krieg mit Hilfe von „Massenbewegungen“ verhindert wurde. Das gilt erst recht, wenn man an die Millionen von Menschen erinnert, die sich vor 1914 gegen den drohenden Weltkrieg gestemmt hatten. Aber auch an die Millionen Kriegsgegnerinnen, die den Zweiten Weltkrieg verhindern wollten.

An diesen Erfahrungen sollte man nicht vorbeireden. Dabei hilft auch nicht der sehr be/dürftige Verweis darauf, dass solche Aktionen eine „Vorlage für die politische Rechte“ seien. Auch das hat wenig mit einer historischen Analyse zu tun, sondern um einiges mehr mit Affekten, die man bewusstlos bedienen will.

Dass diese angenommene Zwangsläufigkeit keiner geschichtlichen Betrachtung Stand hält, sondern einer Wesenhaftigkeit das Wort redet, und damit (ungewollt) die Geschichte erfolgreicher Widerstände auslöscht, sollte erwähnt werden.

Die Anti-AKW-Kämpfe in den 1970er und 1980er Jahren waren nicht deshalb erfolgreich, weil man „zivilen“, massenhaften Widerstand gegen militanten Widerstand ausgespielt hatte, sondern weil sie nur miteinander wirksam werden konnten.

Das gilt auch für den „Startbahn-West Widerstand“ gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens. Die konkrete Erfahrung, dass Info-Veranstaltungen, BürgerInnenversammlungen, Flugblätter, ein sonntäglicher Kuchenstand, ein Volksbegehren, die Blockade des Frankfurter Flughafens und die vielen Sabotageaktionen gegen die Startbahn West (gegen die Mauer, Lichtmasten und Baufahrzeuge u.v.a.m.) nicht gegeneinander standen, sondern zusammenfanden, sind Erfahrungen (weit über den Frankfurter Flughafen hinaus), die ganz und gar der Behauptung widersprechen, dass solche Aktionen eine „Vorlage für die politische Rechte“ bieten. Im Gegenteil.

„Dem Volk gefallen Revoluzzer, aber bitte nicht zu Hause“

Diese Aktionen haben damals hitzige Debatten, an vielen Orten, mit unterschiedlichen politischen Hintergründen ausgelöst. Denn es geht bei der Frage um Protest und Widerstand immer auch ums eigene Wohl(ergehen). Was will ich aufs Spiel setzen? Womit finde ich mich letztendlich ab? Gibt es nicht nur bei den Anderen Widersprüche, sondern auch bei einem selbst?

Dabei fiel ein Beitrag in der taz vom 12.10.2011 aus dem Rahmen. Denn er stützte sich nicht auf die anderen (die alles falsch machen), sondern auf sein eigenes soziales und politisches Umfeld. Wie sieht eine solche Binnenwelt aus? Der taz-Redakteur für soziale Bewegungen Martin Kaul beschreibt dabei ein Milieu, das nicht nur die taz-Leserinnen erfasst, sondern auch viele Milieus drum herum. Ich würde sagen, dass viele dieser Beschreibungen auch heute um uns herum und bei uns selbst zu finden sind:

„Dem Volk gefallen Revoluzzer, aber bitte nicht zu Hause – Aufstand? Schön und gut! Ich gebe zu: Ich gehöre auch zu jenen Sangesbrüdern, die diese Republik noch in die letzte Depression begleiten werden. Auf Partys hören ich und meinesgleichen bevorzugt ‚Ton, Steine, Scherben‘. Wir grölen ab dem ersten Bier schon ‚Macht kaputt, was Euch kaputt macht‘. (…) Der arabische Frühling – kein Problem mit der Bewaffnung der Aufständischen. In Griechenland – da lässt sich das Volk nichts mehr gefallen. Die Riots in Großbritannien – natürlich definitiv ‚Ausdruck einer sozialen Schieflage‘. Und dann Spanien, Portugal und Israel, jetzt auch die USA – wir sagen uns: Da ist was los. Wir fragen uns: Wieso bei uns nicht? Und dann nörgeln wir über Attac, weil die nix hinkriegen.

(…) ‚Empört Euch!‘ schrieb Stéphane Hessel, französischer Résistance-Kämpfer im Rentenalter. Und Deutschland war empört, dass sich hier niemand recht empörte. Doch das hat System: Denn eine Paradoxie trennt hierzulande die Theorie von der Praxis. Solange nur gelabert wird, sind alle gerne mal für Revolten, selbst die Dandys aus der Spielwarenabteilung der FAZ. (…) In der jüngeren Vergangenheit sind Aufständische in Deutschland netterweise eher dadurch aufgefallen, sich – wie nun wieder bei den Bankenprotesten am Samstag in Frankfurt – ihre Besetzungen (…) behördlich genehmigen zu lassen, als dafür, Menschen zu gefährden. (…)

Natürlich: ‚Intelligent‘ war das nicht, was die ‚Idioten‘ in Berlin da trieben (…) ‚nicht praxistauglich‘, ‚nicht vermittelbar‘. (…) Wir Welterklärer und Versteherinnen – warum gefällt uns die Revolte immer nur abstrakt und ganz woanders? Wie soll er denn dann, bitte, sein, der schöne Aufstand? Einfach nur schön wahrscheinlich. Und ohne aufstehen.“

 

Quellen und Hinweise

Greta und die Vermummte, Wolf Wetzel, 2019: https://www.nachdenkseiten.de/?p=54203

Protest – Widerstand – oder was … ist richtig/falsch? Wolf Wetzel, 2023: https://overton-magazin.de/kolumnen/kohlhaas-unchained/protest-widerstand-oder-was-ist-richtig-oder-falsch/

Dem Volk gefallen Revoluzzer, aber bitte nicht zu Hause, Martin Kaul, taz vom 12.10.2011

Die tödlichen Schüsse an der Startbahn West am 2.11.1987 und die sehr junggebliebenen Fragen, Wolf Wetzel, 2023: https://wolfwetzel.de/index.php/2023/11/02/die-toedlichen-schuesse-an-der-startbahn-west-am-2-11-1987-und-die-sehr-junggebliebenen-fragen/

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71 Kommentare

  1. Seien wir doch ehrlich, vielen hier im Forum und andernorts geht es ja eben nicht um die vorgeblich ach so hehre Friedensliebe, deren Ausdruck die Stoppung DER Kriegsmaschine sei, sondern um die Stoppung der ihnen unliebigen und den Sieg der ihnen lieben.

    Im Übrigen, Maschinen handeln nicht selbstständig, sondern werden gemacht und bedient, mithin können letztlich nur Menschen das Ziel der Stoppung sein.
    Aber darüber zu reden geziemt sich nicht für wackere Friedensfürsten. Der Friede möge vom Himmel herab gegnadet werden.

    1. Nein, es geht nicht nur um Frieden. Es geht auch um Gerechtigkeit. Es muss nicht nur der Genozid beendet werden. Es geht auch darum, dass der Landraub beendet wird.

  2. Als Einzelindividuum kannst Du die Kriegsmaschinerie offenbar nicht mal als Bundeskanzler stoppen, wie das letzte Telefonat mit Generalissimus Blutin unzweifelhaft zutage legte.

    Du kannst als Zivilist aber die Folgen einer über dich hineinbrechenden Kriegsmaschinerie aber insoweit minimieren, als du Vorsorge für diesen Ernstfall triffst. Zum Beispiel ist es immer eine gute Idee, in möglichst entlegene Winkel des Planeten auszuweichen, falls beispielsweise wie jetzt ein atomar ausgetragener Weltkrieg bevorsteht.

    Wandere also einfach kurzfristig nach Tasmanien aus, wenn du kein Lust auf die unmittelbaren Folgen eines Atomkrieges verspürst. Die wenigsten Supermächte würden Tasmanien in eine atomare Hölle verwandeln, weil sich dort bisher kaum lohnenswerte Ziele für Atombombenschläge finden. Damit solltest du dich allerdings beeilen, denn wenn zu viele von deiner Sorte dorthin auswandern, entwickelt sich Tasmanien vielleicht doch noch zu einem lohnenswerten Ziel für einen Atombombenerstschlag.

    Ansonsten kannst du dich natürlich einfach an Ort und Stelle eingraben. Besorge dir im Baumarkt, falls nicht schon geschehen, eine unauffällige (also kleine) Kreuzhacke und einen ebensolchen Klappspaten. Begib dich damit an die tiefstgelegene Stelle deiner Behausung und grabe einen min. 200 m tiefen, senkrechten Schacht mit einem Querschnitt, der es es dir erlaubt, deine Habe durch diesen abzuseilen und betoniere diesen sukzessive aus, damit er nicht durch den Bodendruck implodiert. Plane während deiner Grabtätigkeit eine überproptional dimensionierte Frischluftzufuhr ein und entwässere einsickerndes Grubenwasser mit einer entsprechend leistungsfähigen Pumpe in den Vorfluter. Erweitere den Schacht an seinem unteren Ende zu einer gewölbeförmigen Wohn- und Lagerhalle, die deinen Ansprüchen an deine bisherige Behausung gerecht wird und versehe sie mit einer etwa 2m starken, armierten Betondecke. Beton fällt auch in 200 m Tiefe (anders als in Erdkernnähe) immer nach unten. Du schaufelst das selbstgemischte Beton also einfach in die Röhre, kletterst dann nach unten und verbaust es, bevor es abbbinden kann – vorzugsweise nicht zu viel auf einmal, um den Zugang zu deiner Wohnhöhle nicht vor der Zeit zuzubetonieren. Den Armierungsstahl rollst du, damit er wie von selbst durch den Schacht gleitet, vorher einfach zusammen.
    https://www.projekt-gutenberg.org/kafka/bau/bau.html

      1. Keine Ahnung, wofür dir deine Zeit nicht zu schade ist aber nur an anderen herumzunörgeln, amcht definitiv nicht glücklich. Sei produktiv, lass deinem Einfallsreichtum freien Lauf und starte durch. Du kannst das auch!

  3. Lieber Wolf Wetzel, die Realität hat diese Welt letzte Nacht schon überholt.
    Die Ukraine hat Russland mit den US Atacms angegriffen. Eigentlich war es
    die USA, da ohne deren Programmierung und Satelitendaten die Dinger nicht
    ins Ziel treffen. Das bedeutet: Die USA hat Russland angegriffen und wenn
    Putin nicht kurzfristig seinen Job verlieren will, muß es seine Ankündigung
    eines Gegenschlags, umgehend umsetzen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass eines
    der mindestens 6 Atom-Uboote der neusten Generation, die mit Hyperschall-Raketen
    bestückt um die USA kreisen, schon die Zieldaten eines oder mehrerer Objekte
    in den USA programmiert haben und auf den Abschußbefehl warten.
    Mit dem Kauf von Weihnachtsgeschenken muß man sich dieses Jahr möglicher
    Weise nicht mehr beeilen. Was für eine Scheiße!!

    1. Aber nicht doch: Blutin wird die NATO erst mal da plattwalzen, wo sie sie sich am wenigsten dagegen wehren kann, also nördöstlich von Helsinki.

    2. Ich danke Ihnen für Ihre Nachricht, die ich noch nicht hatte. Ich bin gestern von der Biden-Harries- Entscheidung überrascht worden und hatte erst Kälte gespürt und dann den Reflex: Wohin – nur nicht hier bleiben. Dieser Weltkrieg ist gewollt …

      1. 2 Seenkabel in der Ostsee wurden gekappt, ein britischer Flugzeugträger versteckt sich im Hamburger Hafen und nimmt Hamburgs Zivilbevölkerung als Schutzschild!

        die von Israel nuklear bestückten Lautlosen deutschen U Boote sind in der Ostsee und am Nordkap.

        Patrick Baab vermutet einen russischen “Atomwaffentest” Kilometerhoch über dem schwarzen Meer in den nächsten Stunden.

        ich habe im Januar 1980 einen Atomwaffenangriff “überlebt, ich weiss was man in so einem Moment denkt und fühlt.
        wenn jemand die ganze Geschichte hören mag, erzähle ich sie hier gern.

        jetzt besorge ich mir erst mal Hintergrundinformation

        1. Ich danke Ihnen ganz herzlich. Außer uns wissen die Kriegsherrn sehr genau, was sie losgetreten haben und wie die nächsten Eskalationsstufen aussehen können/werden. Dabei wird immer der Irrsinn die Regie führen, man muss nur die andere Seite soweit “ruinieren” (Baerbock), bis sie aufgibt und wir den miesen, aber verdienten Alltag weiterhin störungsfrei genießen können.

      2. Lieber Herr Wetzel, dass hier ein WK fokussiert werden soll, dieses Gefühl habe ich schon, seit unsere Buratino-Regierung in Amt und Würden kam. Kaum gewählt, reiste diese Möchtegern-Barbie (nicht einmal für Barbie reicht ‘s bei ihr) zu den “Verbündeten” und hetzte völlig grundlos gegen Russland. Ich dachte: Moment mal, die ist Außenministerin und daher der Diplomatie verpflichtet. Wahrscheinlich wird Scholz sie zur Räson bringen. Aber der als Staatsoberhaupt unternahm n i c h t s ! Also war das Alles so gewollt. Da stand also dieses geifernde Weib, schwafelte von hunderttausende Kilometer entfernten Ländern, Kobolden, die in Steckdosen wohnen, forderte von Präsident Wladimir Putin eine 360 Grad-Wende (die er natürlich vorgenommen hat, denn sein Standpunkt zur westlichen Aggression hat sich nicht geändert), und niemand mässigt sie.
        Ich fürchte wirklich, dass das Ziel all dieses Schwachsinns der WK 3 ist.

        1. Herzlichen Dank. Ich befürchte, dass es nichts Zwangsläufigeres gibt. Denn jede Chance, sich als NATO an die 4-plus 1 Absprachen zu halten, wurden ignoriert. Und jede Chance, weiter zu eskalieren, wurden genutzt.

  4. Die 300000 Demonstranten damals im Bonner Hofgarten gegen die Pershing-Raketen haben diese nicht verhindert, aber 300000 Demonstranten haben gezeigt, dass nicht alle einverstanden sind. So etwa dürfte das immer sein, der Protest zeigt, dass es nicht nur Abnicker gibt. Es ist jeweils eine Solidargemeinschaft, man fühlt sich nicht allein. Ein großes Stück dieses Gemeinschaftsgefühles wird nun in den sozialen Medien ausgelebt, wohlwissend, dass es auch hier nicht viel bringt. Aber es stärkt das Selbstbewusstsein, man ist Mensch, und man tut etwas gegen den Wahnsinn. Und man tauscht sich aus, sofern primitive Kräfte nicht unter der Gürtellinie operieren. Man verlinkt Studien und Mitteilungen und kann sich besser seine Meinung bilden. Mehr ist nicht drin, wir können nur auf Gefahren aufmerksam machen und unser tägliches Handeln danach ausrichten. Wir für unseren Teil haben sämtliche Spenden eingestellt, bei “Deutschland hilft” gibt es wegen der einzigen Kontonummer für alles kein Vertrauen bezüglich der Anwendung von Spenden. SOS-Kinderdörfer wurden schikaniert bis sich die Organisation aus dem Donbass zurückzog, es ist also nicht mehr weltweit und heißt deshalb auch nicht mehr so. Beim Einkauf achten wir auf die Herkunft, sofern diese ersichtlich ist, vielfach hat man keine Wahl, beim PC z.B. kommt man kaum um Windows herum, und wohin sich Bill Gates entwickelt hat dürfte allgemein bekannt sein. Ja, da wären noch die Wahlen, aber naja, die könnten auch unter “bitte keine Werbung einwerfen” laufen, es werden Gesichter gewählt und auf deren Handlungen haben wir keinerlei Einfluss. Dahingehend ist es auch nicht verwunderlich, dass das Ansehen diese “repräsentativen Demokratie” sinkt. Die Autokratien zeigen uns, dass zumindest der technische Fortschritt nicht mehr an die westlichen Demokratien gebunden ist. Man könnte sogar meinen, dort sitzen in den Regierungen die Höchstquafizierten und lassen sich auch von Hochqualifizierten beraten. Die Qualifikation der mit demokratischen Wahlen an die Macht kommenden Politiker darf zumindest in den letzten Jahren angezweifelt werden. Das war auch lange unwichtig, solange der Westen noch technologisch führend war, es gab Wohlstand und die Masse hielt still. Nun braut sich etwas zusammen, das den Niedergang des Westens beschleunigen könnte. Gegensteuern ginge nur mit integren, hochqualifizierten Personen, die aber leider nicht in Sicht sind, man kann nur das vermeintliche kleinere Übel wählen. Im Wettbewerb mit BRICS wird das nicht ausreichend sein.

    1. Die Masse hält meistens still, wenn es ans Schlachten geht. In allen Weltkriegen war es nie ein Problem, die Masse dazu zu bewegen, sich gegenseitig abzuschlachten, während die Schaumgeborenen ihre Scherflein ins Trockene brachten.

  5. “Wie Krieg stoppen”

    Das war natürlich bei der Ampel vor der Wahl etwas schwierig da sie dem Wähler vorher alles mögliche versprochen und aufgeschwazt haben, aber nach der Wahl etwas völlig anderes umgesetzt haben.

    Das ist diesmal aber völlig anders. Siehe Wahlausgang Trump.
    Wenn sich aber eine Finzhai wie Black Rock Merz vor der Wahl hinstellt und ansagt mit ihm wird es einen dritten Weltkrieg geben mit ihm werden die Renten an der Wallstreet verzockt, dann sollte auch der Indoktrinirteste Wähler eigentlich wissen was er da bekommt.

    Krieg kann man in diesem Fall wunderbar an der Wahlurne verhindern in dem man SÄMTLICH Altparteien seine Stimme entzieht. Die sind allesamt unterwandert Sammelbecken für Korruption und Kriminalität.

    Make Germany great again 🙂

      1. ich befürchte sie haben Recht Herr Wetzel. Das deutsche Volk( ist so bewusst und Trauer in dieser Wortwahl) muss mohl so lange bluten bis es begreift.

        Etwas ablenkendes: Haben Sie schon Hawking gelesen? 😉

  6. Ja, man darf sich nicht davon abhalten lassen, wenn am Anfang nur wenige dabei sind. Ich selbst habe geholfen 2 Bürgerinitiativen aus der Taufe zu heben – mit Erfolg. Begonnen haben wir mit einer Handvoll Leuten; über 2 Jahre waren wir nicht mehr als 5 – 10, und dann haben wir aufgedreht und in einem Bürgerentscheid ein 200 Millionen schweres vom Darmstädter Stadtparlament beschlossenes Straßenbauprojekt gekippt. Später haben wir auf ähnliche Weise einen öffentlichen Badesee erhalten.
    Aber die Zeiten haben sich geändert. Früher hat man uns als Spinner belächelt, ja, aber es war immer eine Grundsympathie da. Ende 2021 bis März 2022 bin ich montags bei den Corona-Protesten mitgelaufen, weil ich mich definitiv nicht gegen Corona impfen lassen wollte. Da sind in unserem Stadtteil jedes Mal 50 – 100 Leute mitgelaufen. Das hatte am Ende auch Erfolg, aber die Ablehnung der anderen Passanten war deutlich zu spüren – von dem Gegröle der sogenannten “Antifa” ganz zu schweigen.
    Jetzt marschieren wir gegen den Krieg – gestern waren wir zu 5, aber mehr als 10 sind wir nie – und fast alle Ü60. Über Frieden kann ich im Bekanntenkreis nicht sprechen, das gibt nur Ärger. Wir haben auf diese Weise schon viele langjährige Freunde verloren und möchten uns nicht weiter isolieren. In der evangelischen Kirche läuft gerade die Friedensdekade (10 Tage) unter dem “Motto Schwerter zu Pflugscharen” (Micha 4,3), die morgen am Buß- und Bettag endet. Vielleicht tauchen wir da morgen abend im Gottesdienst auf mit unseren weißen T-Shirts und den Aufschriften: “Die Waffen nieder” oder “Frieden schaffen ohne Waffen”. Das wird wohl nicht auf Gegenliebe stoßen, aber man muss die Heuchler stellen, den Protest in die Mitte der Gesellschaft tragen. Aber wie gesagt: Es ist unendlich viel schwerer als früher. Die Kriegstreiber haben die öffentliche Meinung fest in der Hand. Ein Erfolg ist ungewisser als jemals zuvor. Andrerseits: Die öffentliche Meinung kippt manchmal schneller als man sich vorstellen kann. Deshalb: Nur Mut. Die Atheisten mögen mich belächeln, wenn ich sage: Die Kraft Gottes ist in den Schwachen mächtig (2. Kor 12,9). Das macht nichts, das bin ich gewohnt.

    Noch etwas: Die Leute, die demonstrieren, weil es irgendwie cool ist und weniger aus innerer Überzeugung, die braucht man nicht. Das sind diejenigen, die davon schwärmen, wie toll damals die Demos gegen die Startbahn West am Frankfurter Flughafen waren – und heute über genau diese Startbahn dreimal im Jahr in Urlaub fliegen – oder die von der Demo gegen die Pershing 2 erzählen und heute für noch mehr Waffen für die Ukraine sind.

    1. Ich kann Ihrem Rückblick in weiten Teilen zustimmen. Ich mache das, was ich jetzt mache, nicht, weil ich den Wind der Geschichte hinter mir habe, sondern um mich nicht zu beugen – auch nicht vor der Geschichte.

    1. Danke für die Nachfrage. Aber ich hoffe, dass man mir vieles vorwerfen kann, nur nicht Naivität.
      Ich weiß recht gut um die gegenwärtige Situation. Sie ist deutlich schlimmer als vor 1914 und vor 1939. Aber wir können nur eines: Die Geschichte überraschen. Ich kann anders nicht leben.

      1. Was soll ein Protest bringen? An wen soll sich der richten? Mit welcher Botschaft?

        Politiker wissen, was sie dem Volk antun, wenn sie ihre Politik gegen jede Kritik durchsetzen. Ein Merz oder Habeck wissen um die Schäden, die die Politik anrichtet, die sie für alternativlos halten. Staaten führen Kriege, wenn sie die für notwendig halten. Das Volk soll zwar für den Krieg eingestimmt werden, aber von der Stimmung im Volk macht man sich nicht abhängig.
        Der Westen hat sich 2022 dafür entschieden in der Frage der NATO Erweiterung um keinen Zentimeter zurückzuweichen. Man wusste, welche Konsequenz das haben wird. Das wusste auch ein Selensky, und die ersten Toten haben dann nur die Entschlossenheit vorangetrieben, die Sache bis zum “letzten Ukrainer” durchzufechten. Wie immer halt.
        Daran werden m.E. auch ein paar zehntausend Demonstranten nichts ändern.

        Wenn man in die Tageszeitungen schaut, dann kriegen sich viele Kommentatoren kaum ein vor lauter Begeisterung darüber, dass jetzt endlich(!) die Freigabe seitens der USA erfolgt ist. Kaum jemand, der sich fragt, ob das eine gute Idee ist, kaum jemand, der an das Risiko erinnert, dass damit verbunden ist. Die Presse ist kriegsbereit und mokiert sich sogar über die diejenigen, die noch Abwägungen treffen. Feigheit vor dem Feind, das geht gar nicht!

        Was sollen da ein paar zehntausend Demonstranten ausrichten. Die werden medial hingerichtet.

        1. Es gibt ja diese Lebensweisheitsberater die auf dem weißen Papier eines großen Flipcharts einen schwarzen Punkt malen und fragen; Was sehen sie? Alle sagen dann: Einen Schwarzen Punkt. Der Berater sagt: Ich sehe eine weiße Fläche, man darf in erster Linie das Positive sehen. Das ist natürlich Humbug. Es geht nicht um schwarz oder weiß. Wenn man einen weißen Punkt auf eine schwarze Fläche malt, fällt einem zuerst der weiße Punkt auf. Der Mensch ist darauf trainiert, die Abweichungen zu erkennen. Und GENAU DAS ist die Chance. Die im Gleichschritt marschieren, die nimmt man nur als Masse wahr – aber die paar, die anders sind und das auch öffentlich kundtun, die sieht man, die fallen auf. Ja, man stößt auf Ablehnung, aber man fällt auf. Und irgendwann fangen die Leute an, nachzudenken. Ganz sicher. Habe ich selbst immer wieder erlebt – und natürlich habe ich mir auch zig Mal anhören müssen, dass doch eh alles sinnlos wäre. Eine Erfolgsgarantie gibt es nicht, aber Demokratie ist, wenn niemand genau weiß, was passieren wird.

  7. Im Hamburger Hafen liegt gerade eine größere Kriegsmaschine der Royal Navy mit vermutlicher Atombewaffnung an Bord und wird mit allen Ehren des Senats empfangen, der gleiche Senat der den Feuersturm (Operation Gomorrha) jedesmal zum Volkstrauertag beselbstmitleidet!

    1. Vielen Dank für die schreckliche Information. Ich befürchte, dass die US-geführte Weltherrschaft genau weiß, was sie in Gang gesetzt hat, mit all den Strack-Rheimetalls, Pistoleros, BlackRock-Merze, Habecks hier bei uns, unter uns.

    1. Danke. Das tut gut. Ich bin mir sicher, dass dieser Weltkrieg nicht im Weisen Haus und auch nicht im Bundeskanzleramt gestoppt wird, sondern wenn wir in ganz Europa die Kriegsbeteiligung, die de facto eine Kriegsführung ist, materiell stoppen – mithilfe der vielen Mittel und Möglichkeiten, die wir haben. Das wird auch mein letzter Beitrag in dieser Serie sein.

      1. Der wird schon dort gestoppt, aber nur wenn Sie dort einmarschieren. Darum, Herr Wetzel, Sie und welche Armee? Ist halt schon ein Bisschen ein Unterschied zwischen einem Barrikaden-Autonomen und einer kommunistischen Partei, die so etwas zu leisten sich aufmacht. Darum – unabhängig davon ob Sie es zynisch meinen oder nicht – das Gejammere über etwas, das es nicht gibt, kann ich auch. 🙂

      1. Habe ich unter “Logistik” sortiert, denke das sind die einzigen Gesichtspunkte, die das Militär an der “Ruhigheit” der Heimatfront wirklich brennend interessiert.

  8. Solange im Westen keine Städte brennen und Angehörige sterben, ist doch alles gut. Was passieren könnte, ist den Leuten egal. Erst wenn das eigene Kind, der eigene Vater, die eigene Familie tot ist, dann beginnt man sich langsam Sorgen zu machen. Ich hoffe darauf, dass Russland mithilft, damit sich die Deutschen endlich mal Sorgen machen. Und wenn es nach der überarbeiteten russischen Atomdoktrin geht, dann wird das bald auch so sein, hoffentlich.
    Manche fragen sich, warum ich eigentlich immer so sehr auf einen Gegenschlag hoffe. Nun bei mir sind bereits Verwandte gestorben und nun würde ich es begrüßen, wenn die Gegenseite, also der Westen, auch endlich mal blutet. Und nein, ich will nicht, dass der Westen Frieden hat, denn das bedeutet nur, dass der Westen woanders wieder zündelt, ich will, dass der Westen mal erlebt hilflos im Angesicht der fallenden Bomben zu sein. Solange die Menschen im Westen nicht wissen, wie es den anderen Menschen im globalen Süden viel zu oft geht, werden sie nicht verstehen, was Leid ist und können keine Empathie entwickeln. Deswegen wünsche ich mir, dass sie es lernen. Immerhin sind “unsere” Politiker auf meiner Seite und arbeiten kräftig darauf hin. Danke nochmal dafür an Biden, Scholz und Starmer.

    1. Danker für Ihren Kommentar. Ich hatte auch schon mehrmals jene Menschen vor Augen, die auf die alliierten Bomber hofften, damit das Dritte Reich ein Ende findet – auch wenn sie selbst dabei in tödliche Gefahr geraten.

      1. Inwiefern haben denn ‘alliierte Bomber’ (wessen genau, btw?) tatsächlich zum Ende des Dritten Reichs beigetragen und nicht vielmehr selbst Kriegsverbrechen begangen? Ich fürchte, hier findet meine Wertschätzung ein abruptes Ende.

        1. Tut mir leid. Ich bin gegen jede Kriegslogik, aber dann muss sie sie bekämpfen, bevor sie Regie führt. Es sind überall Kriegsverbrechen, wenn man Städte bombardiert (“Bomber-Harrys”) und das wurde gemacht. Aber in dieser Aussichtslosigkeit haben einige genau das gewünscht, damit das 3. Reich ein Ende hat.

      2. Ja, nur bei mir ist das gerade einmal eine Woche her. Ein Verwandter im Süd-Libanon wurde von einer israelischen Rakete ermordet, während er gerade mit seinen Kumpels abhing.

        1. Mein ehrlich empfundenes Beileid – aber inwiefern trägt es zu irgendeiner Lösung bei, jetzt hier genauso unterschiedslos und verbrecherisch herum zu bomben? Ja, die Indifferenz vieler Menschen mag einen zur Verzweiflung treiben, von Zustimmung ganz zu schweigen – die allerdings gerade in dieser Frage weit weniger verbreitet ist, sich vielmehr in der Minderheit befindet.

          1. Danke.
            Zur Frage: Ganz einfach, ein zerbombter Westen kann keine Kriege mehr führen. Die ersten Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg war Deutschland ganz ruhig, was Krieg angeht. Leider wurden ja kaum Fabriken zerstört, ansonsten wäre es vermutlich auch noch ein paar Jahrzehnte länger ruhig geblieben. Außerdem kann man recht deutlich sehen, dass die Kriegsgeneration panische Angst vor einem Krieg hatte und daher deutlich weniger forsch vorgegangen ist. Man kann es als Impfung bezeichnen.
            Das Problem ist bedauerlicherweise, dass es nicht dauerhaft ist, denn der Westen kann ohne die gestohlenen Rohstoffe aus dem globalen Süden seinen Lebensstandard nicht aufrechterhalten, weder bei der Bevölkerung und schon gar nicht bei den Superreichen. Deswegen muss immer wieder geboostert werden. Es ist wie ein Ball, der einen Berg runterrollt, auch der braucht immer wieder einen Tritt, damit er nicht unten ankommt. Vielleicht wäre es besser, wenn es im Westen weniger Menschen geben würde, dann würden die vorhandenen Rohstoffe im Westen vielleicht ausreichen, zumindest für die Bevölkerung (natürlich nicht für die Superreichen).

            1. …dann würden die vorhandenen Rohstoffe im Westen vielleicht ausreichen, zumindest für die Bevölkerung (natürlich nicht für die Superreichen).

              Da dürfte der Hase doch weit eher im Pfeffer liegen. Es ist nicht ‘der Westen’, der diese Kriege führt – was freilich ein ziemlich dickes Brett ist.

              1. *Seufz* Doch, es genau der Westen der diesen Krieg führt. Und ich meine hier ausdrücklich auch die Bevölkerung. Denn ohne diese Kriege würde das neokoloniale System des Westens schnell zusammenbrechen. Und das würde einen massiven Wohlstandsverlust erzeugen. Wenn man einen Bürger fragt, ob er den Tod eines Afrikaners wünscht, dann wird er wohl nein sagen. Aber wenn man ihn fragt ob er bereit ist, für sein Handy das zehnfache zu bezahlen, für sein Fleisch, Brot und Bier, dann wird er wohl auch nein sagen. Man kann es ihm nicht verübeln, vermutlich würde auch der Afrikaner nicht anders reagieren, wenn er die Wahl hätte. Deswegen ist dieser Kampf einer des Westens gegen den globalen Süden. Mit etwas Glück wird der Süden schlau genug sein, auch aus Eigeninteresse, die Fehler des Westens zu wiederholen und seine Nationen nicht auf Diebstahl und Mord aufbauen, aber sicher kann man da nicht sein. Keiner weiß es genau.

                1. Ich kann dem – leider – nicht wirklich widersprechen. Jedenfalls nicht, wenn ich die gegenwärtigen Strukturen und damit auch die Verteilung des ‘Wohlstands’ (den ich bewusst in Tüddel setze) weiterhin als gegeben voraussetze. Und eben das tun – leider – immer noch die meisten. Das ist das dicke Brett…

    2. Der II. Weltkrieg mit seinem Bombenterror auf deutsche Städte war schlimm,
      Aber die Menschen hatten in den Bunkern noch eine Chance. Und nach den Angriffen
      gab es noch ein Überleben, der Boden war “nur” mit Blindgängern verseucht. Es konnte
      neu angefangen werden. Der III. Weltkrieg ist wahrscheinlich schnell zu Ende. Salven
      von Raketen mit mehreren Atombomben bestückt, fliegen zum jeweiligen Gegner und
      wahrscheinlich ist nach einer viertel Stunde ein großer Teil der zivilisierten Welt zerbröselt
      und verdampft. Ein nuklearer Winter zieht danach über die ganze Welt und verdunkelt
      mit radioaktiv verseuchten Schnee alles. Die, die glaubten in ihren Bunkern alles überstanden
      zu haben, werden nach dem Herauskrabbeln in der verseuchten Umwelt elendig zu Grunde
      gehen. Und wenn tatsächlich menschliche Körper sich gegen das Sterben wehren, wird es
      wohl eine neue Spezies werden, mit abartigen Mutationen und Verkrüppelungen.
      Ob deren Gehirne noch zum Zweifeln und Bereuen taugen, glaube ich nicht.

      1. Vielleicht wäre es trotzdem besser. Wenn die Menschheit überlebt, und davon ist auszugehen, dann wird sie sich vermutlich nie mehr über das späte Mittelalter hinaus entwickeln, da alle einfach zugänglichen Rohstoffe bereits abgebaut wurden, vor allem die Energierohstoffe. Das bedeutet, dass die Menschheit nicht mehr den Schritt schaffen wird, zu einer erneuten industriellen Revolution. Ich denke persönlich, dass ein Atomkrieg die Rettung der Menschheit darstellt. Außerdem sorgt die erhöhte Mutationsrate dafür, dass sich die Menschheit die nächsten Jahrtausende nicht mehr so schnell vermehrt.
        So wie sich die Superreichen im Moment verhalten, gehe ich davon aus, dass wir in den nächsten 20 Jahren entweder von einer KI entsorgt werden oder von einer selbst erschaffenen Seuche endgültig dahingerafft werden. Und keiner stoppt diese Entwickelung. Bei einem Atomkrieg überleben wenigsten einige.

    3. Wieso sollen jetzt Unbeteiligte in ihren Städten verbrennen? Sie sollten doch wissen, dass die Kriegsgewinner ganz woanders wohnen. Und wenn dieses “Fußvolk” manchmal dummes Zeug quatscht, ist es doch nur Propagandaopfer.

      1. Unbeteiligte im Westen? Ohne den Neokolonialismus würdest du vermutlich nicht einmal diesen Text schreiben können, da du dir keinen Computer hättest leisten können. Nur als Beispiel: Das Uran aus dem Niger wurde für 0,90 € an Frankreich verkauft statt für den Weltmarktpreis von über 250 €. Und das gilt für alle Rohstoffe, die vom Westen so “erworben” werden. Was glaubst du, wie teuer dein Computer wäre, müsstest du den mehr als 250fachen Preis bezahlen? Und Neokolonialismus setzt nun einmal Krieg voraus. Ohne die ständige Drohung einzumarschieren oder zu putschen würde Afrika längst frei sein. Deswegen sind natürlich auch die Bürger, Teil der Profiteure. Diese linke Vorstellung, dass es nur die Bonzen sind, die davon profitieren ist eine Lüge. Jeder im Westen profitiert davon, nur profitieren manche mehr als andere. Das bedeutet aber nicht, dass die Mehrzahl der Bevölkerung bereit wäre, auch nur einen Teil der ihnen gewährten Vorteile aufzugeben. Ohne den Neokolonialismus würden die meisten Deutschen wie die Menschen im Slum von Neu-Delhi wohnen, ohne Strom, Toilette und fließend Wasser. Und das schreibe nicht ich, sondern es hat Charles de Gaulle selbst gesagt. Und da das keiner will, ist auch der Normalbürger bereit jeden Massenmord und Krieg zu unterstützen.

        1. > Ohne den Neokolonialismus würden die meisten Deutschen wie die Menschen im Slum von Neu-Delhi wohnen, ohne Strom, Toilette und fließend Wasser. <

          Das ist Unsinn. Unsinn ist auch, dass die Konsumgesellschaft die beste der möglichen Welten ist.

          1. Denk einfach mal nach, was war der Unterschied zwischen DDR und BRD? Der Sozialismus. Und der Sozialismus hat es der DDR verunmöglicht, nach neokolonialistischer Art Staaten auszubeuten. Und genau deswegen musstest du auf ein Schrottauto wie den Trabbi 15 Jahre warten, während du dir im Westen einen Golf I jederzeit kaufen konntest. Glaubst du, dass die Arbeiter in der DDR fauler waren? Oder dass sie keine Autos designen oder herstellen konnten? Glaubst du wirklich, dass die staatliche Planwirtschaft um 10er Potenzen weniger effektiv als die privatwirtschaftliche Wirtschaft war? Nein, es waren die billigen Rohstoffe, die das ermöglicht haben. Deswegen hat die DDR ja auch immer Substitution betrieben. Und das, obwohl die DDR ja von der UdSSR besonders gefördert wurde. Aber da die DDR immer den wahren Preis bezahlen musste, konnte sie halt nicht zu so einem Schlaraffenland werden wie es die BRD im Vergleich dazu war.
            Und wenn du mir nicht glaubst, was Deutschland und dem Westen ohne den Neokolonialismus blüht, dann schau dir einfach die Obdachlosenstädte in den USA an. Da bekommst du einen Vorgeschmack auf das, was dir auch hier blühen wird. Und das, obwohl die USA noch immer sehr viel Neokolonialismus betreiben und es nur ein Umverteilungsproblem ist. Aber das wird da bestehen bleiben, im Gegensatz zur DDR wird ja auch bei dem Wegfall des neokolonialistischen Systems die Schere zwischen oben und unten bestehen bleiben. Das bedeutet es wird weiterhin Reiche geben, die viel haben und sehr viele Arme, die nicht mal fließendes Wasser haben.

  9. “Wie soll er denn dann, bitte, sein, der schöne Aufstand? Einfach nur schön wahrscheinlich. Und ohne aufstehen.“

    Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen. Zu satt, zu bequem. Wehret den Anfängen wäre noch leicht gewesen. Keinen hat es interessiert.

    Nun denn, viel Spass bei den Spielen. Ab jetzt wird es hart und man muss kämpfen. So oder so. D-Land hat sich das redlich verdient. Geniesst das Schauspiel bis es auch euch am Kragen packt …

  10. Lieber Wolf Wetzel, lieber Stefan Nold,

    wir haben es mit Politikern zu tun, die es sich zutrauen einen atomar bewaffneten Staat in die Knie zu zwingen. Wie meint ihr, dass sich solche Leute von ein paar Demonstranten beeindrucken lassen?
    Habt ihr irgendein Argument außer dem Prinzip Hoffnung?

    Gerade konnte man auf dem ntv Newsticker lesen, dass sich Frau Baerbock unbeeindruckt von der überarbeiteten Atomdoktrin Russlands zeige. Zitat: Sie antwortet auf die Frage, was die Bundesregierung von den Änderungen in Russlands Atomwaffendoktrin halte: “Wir lassen uns nicht einschüchtern, egal, was immer wieder Neues herumposaunt wird.”

    1. Wie wärs mit Aufstehen? Vom Sofa?

      Jedes Recht wurde auf der Strasse erkämpft. 30.000 Hansel reichen nicht. Aber die Montagsdemonstrationen mit einer Kerze bewaffnet und dem Volk im Rücken haben etwas bewegt. Arbeitskämpfe und Streiks haben etwas bewegt. Bauernaufstände auch. Und das tragische daran, viele haben dafür ihr Leben lassen müssen, damit es die nach ihnen kommen besser haben. Und was machen die? Auf dem Sofa sitzen, ihre Freiheiten, die andere hart und mit ihrem Leben erkämpft haben, freiwillig opfern und dann auf Unsocial Media rumjammern. Womit ich nicht dich konkret meine, dafür kenne ich dich nicht gut genug.

    2. Wenn in Hintertupfingen 20 Leute demonstrieren, was solls? Wenn in ein paar Unis einige Tausend Studenten protestieren, was solls? Aber wenn in jeder dritten Stadt und in jedem zweiten Dorf sich jeden Montag einige Dutzende Leute zum gemeinsamen Spaziergang treffen, dann wird jedem durchschnittlich begabten Politiker mulmig. Das hat man bei den Corona-Protesten gesehen – auch wenn die Damen und Herren das natürlich nie zugeben würden (es gibt natürlich auch Politiker*innen mit eingeschränkter Wahrnehmungsfähigkeit, für die gilt das nicht)

      1. Politikern, die sich nicht vor einem atomaren Schlagabtausch fürchten, soll mulmig werden, weil sich harmlose Bürger zum “Spaziergang” treffen? Was genau soll denn bitteschön daran so beeindruckend sein?
        Was ich aber viel schlimmer finde: man wendet sich mit solchen Aktionen an genau die Leute, die auf einen Krieg willentlich zusteuern. Genau diese Leute sollen auch weiterhin die Entscheidungen treffen. Nur bitteschön halt andere.

        1. Ich habe ja in diesem Beitrag viel über Proteste geschrieben, was die einen falsch, die anderen für nutzlos und/oder gekauft halten. Im Forum kennen sich auch viele damit aus. Aber dann wissen all diese schlauen Köpfe doch auch, wie man es anders/besser machen kann! Ich höre ihnen gerne zu, zu erfahren, wie sie es machen – nicht am Notebook oder auf der Coach. Beides habe ich auch.

  11. Es ist skurill, wenn ein Teil der Friedensbewegung über Sabotageakte diskutiert und ein anderer Teil “breite Bündnisse” organisiert, in deren Rahmen dann eine Vertreterin der Evangelischen Kirche, Frau Margot Kaesmann,, als Rednerin beim Anti-Kriegstag (in Kassel) auftritt und dort verkündet, “Putin ist der Kriegsverbrecher….nur er kann den Krieg beenden”.
    Ja, die Friedensbewegung braucht mehr Konsequenz, aber nicht mittels Straftaten, sondern mittels eindeutiger Positionsbestimmung, mittels einer klaren Oppositionshaltung gegenüber dem Mainstream und mittels der sorgfältigen Auswahl ihrer Bündnispartner.

    1. Vielen Dank! Sie sprechen mir aus der Seele. Ich werde im dritten Teil genau auf diese “schwarzen Löcher” eingehen. Dafür kann man auch Putin und dieses System verachten, aber man muss realisieren, dass es ein klares Angebot gab, dass es nicht zu diesem Krieg kommt. Dieses Angebot liegt unterhalb dessen, was die 4 plus 1 Zusagen betrifft: Keine NATO-Osterweiterung.

  12. Dies ist ein Artikel durchaus nach meinem Geschmack.
    Und dabei bin ich in einigen Abschnitten überhaupt nicht der gleichen Meinung. Aber es werden Fragen gestellt und damit Auseinandersetzungen angeregt, über die man durchaus kontrovers diskutieren kann. Und das ist genau das, was m.E. in viel größerem Maße in unserer Gesellschaft stattfinden sollte, aber leider schon seit vielen Jahren immer mehr abhanden gekommen ist.
    “Hilft dem Anliegen, sich alles gefallen zu lassen? Hat es den Corona-Demonstrationen geholfen, alle polizeilichen und politischen Auflagen zu erfüllen? Hilft es dem guten Anliegen, sich verprügeln, sich festnehmen zu lassen, wenn man gegen einen Genozid auf die Straße geht? Hilft es dem ehrenwerten Anliegen, wenn man Veranstaltungs – und Auftrittsverbote und Veranstaltungssprengungen durch die Polizei wie anlässlich des Palästina-Kongresses in Berlin 2023 „geordnet“ hinnimmt?”
    Dies sind für mich zentrale Fragen und ich würde sie im Grunde alle mit Nein beantworten. Denn ich halte dieses nicht selten anzutreffende ‘geordnete’ Verhalten häufig für kontraproduktiv. Man gehorcht halt. Dadurch wird man allerdings i.d.R. auch nicht ernstgenommen. Denn man steht dann nicht wirklich für sich selbst und seine Ziele ein und lässt sich die Regeln von jemand anderem vorgeben. Natürlich hat die sogenannte Staatsmacht (und es wird ihr nicht nur von politischer, sondern gerade auch von Bevölkerungsseite häufig viel zu viel Macht zugestanden) regelmäßig – nicht allein wegen ihrer Ausrüstung – den Vorteil auf ihrer Seite.
    Aber es geht ja auch nicht um ein wie auch immer geartetes ‘Gewinnen’. Sondern darum – wie es Hr. Wetzel richtig anmerkte – sich nicht zu beugen und für seine Belange einzustehen. Dies schließt dabei nicht aus, die entsprechende Situation realistisch einzuschätzen und sich keinen Illusionen hinzugeben.
    Wo ich z.B. nicht einer Meinung bin, das betrifft die ‘Klimakleber’. Deren Aktionen wirkten auf mich von Anfang (wobei ich natürlich nicht alle über einen Kamm scheren will) irgendwie inszeniert bzw. vorwiegend wie ein Akt der Selbstdarstellung. Es wirkte auf mich nie wirklich authentisch.
    Ein weiterer Kritikpunkt : das ‘sinngemäße’ Zitat von Frau Thunberg. Die Diskussion um den Begriff ‘Klimawandel’, dessen Definition und vermeintliche Gegebenheit, spare ich mir. Dies wurde an anderer Stelle schon zur Genüge getan und würde den Rahmen nicht nur dieses Kommentars, sondern auch des Artikels mehr als sprengen.
    Was mich darüberhinaus allerdings immer wieder stört, ist die Vorstellung, Umweltschutz v.a. mit technischen oder ‘wissenschaftlichen’ (was genau soll das eigentlich sein ?) Mitteln betreiben zu wollen.
    Ich bin vielmehr der Meinung, daß es sich bei der vom Menschen betriebenen, fortschreitenden Umweltzerstörung v.a. um ein Bewußtseinsproblem handelt. Dies weiter auszuführen, würde ebenso den Rahmen des Kommentars sprengen. Ich verweise diesbezüglich deshalb auf das Buch “Was die Erde will” von Jochen Kirchhoff (aber auch der Rest der Tetralogie ist sehr lesenswert).

    1. Herzlichen Dank. Ich weiß ja, dass die Klimakleber keine großen Sympathien finden. Ich halte die Aktionsform selbst für falsch. Mir ging es aber genau darum, diejenigen zu fragen, die es “besser” und “anders” machen wollen, was sie also tun werden oder auch nur in die Debatte werfen.

    2. Ist es nicht bemerkenswert, das in umweltschutzbewegten Kreise oft eine Haltung anzutreffen ist, die ungefähr so lautet:

      Der Mensch ist schlecht, er ist das Problem, er ist wie eine Krankheit, eine Seuche, wie Krebs, er ist der Natur Feind:
      https://youtu.be/5Fu_eBNeL-8?feature=shared

      Diese Leute bemerken nicht, das genau diese Denke, den Menschen im Gegensatz zur Natur, als nicht zur Natur, als außerhalb von ihr stehend zu betrachten, genau der Grund ist für die menschgemachten Umweltprobleme.

  13. Was können wir tun ?: Ganz einfach: Nicht mitmachen !

    Wir haben uns verweigert, und das ist viel wert !

    Wir hätten als Biodeutsche auch Typen vom Schlage eines Merz, Kiesewetters, Harbecks, Bärbocks, Strack-Zimmermanns, oder auch nur eines “Naturzucker”, “Panzerhaubitze2000”, “Ottone” werden können !

    Das haben wir nicht getan !

    Und wenn die Staatsmacht uns demnächst zum zivilen Kriegsdienst zwingen sollte, dann wird die Staatsmacht an unserem Zwangsdienst nicht viel Freude haben, da wir mittels Bummelei und Schlamperei alles tun werden, um die Kriegsführung dieses Afterstaates zu sabotieren.

    Auf dem Internetportal von “MANOVA” bin ich auf folgendes Hölderlin-Zitat gestoßen :

    „So kam ich unter die Deutschen. (…) Barbaren von alters her, durch
    Fleiß und Wissenschaft und selbst durch Religion barbarischer
    geworden, tief unfähig jedes göttlichen Gefühls, verdorben bis ins
    Mark, in jedem Grad der Übertreibung und der Ärmlichkeitbeleidigend für jede gutgeartete Seele, dumpf und harmonielos, wie die
    Scherben eines weggeworfenen Gefäßes (…). Es ist ein hartes Wort
    und dennoch sag ich’s, weil es Wahrheit ist: Ich kann kein Volk mir
    denken, das zerrissner wäre wie die Deutschen. Handwerker siehst
    du, aber keine Menschen, Denker, aber keine Menschen, Herrn und
    Knechte, Jungen und gesetzte Leute, aber keine Menschen.“

    Wenn wir dieses Hölderin-Zitat erweitern würden um die Sätze :
    ” Deshalb wollen wir Deutschland nicht dienen ! Deshalb wollen wir keine Deutschen mehr sein!”
    dann könnte dieser Text unser Evangelium werden.

    1. “Es ist möglich, daß der Deutsche doch einmal von der Weltbühne verschwindet, denn er hat alle Eigenschaften, sich den Himmel zu erwerben, aber keine einzige, sich auf Erden zu behaupten und alle Nationen hassen ihn, wie die Bösen den Guten. Wenn es ihnen aber wirklich einmal gelingt, ihn zu verdrängen, wird ein Zustand entstehen, in dem sie ihn wieder mit den Nägeln aus dem Grabe kratzen mögten.”

      Friedrich Hebbel

      1. Hebbel hat NAZI-Deutschland nicht erlebt; wenn doch, dann hätte er sich – hoffentlich – mit derselben Konsequentheit von Deutschland abgewandt, wie es Thomas Mann getan hat, und niemals mehr einen solchen nationalismusschwangeren Unsinn verzapft.

    2. Nein, das ist aus einer Zeit wo sich “der Mensch” (das Menschenrecht) gegen “das Vorrecht” stellt und darum ist Hölderlin sauer auf die Deutschen, die wollen einfach nicht aufgeklärte Gesellschaft machen wie zu der Zeit wahrscheinlich ein paar Leute in Frankreich, sie sind einfach immer noch nur Herren und Knechte. Also eine kreuzbürgerliche Vorstellung, von deren “Heilsversprechen” wir heute gründlich geheilt sein sollten. Sollten. Ich sag das mal so ohne je eine Zeile Hölderlin gelesen zu haben bis vor 3 Minuten, aber man kennt seine Pappenheimer ja mit der Zeit..

      1. Mir war jedwede Dichtung Hölderlins bis Dato auch völlig unbekannt.
        Ich habe eine deutsche Hauptschule besucht; meine Bildung in Sachen Deutsche Lyrik beschränkte sich bis noch vor kurzem auf den “Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland” .
        Dass es eine Anzahl sehr bedeutender deutscher Literaten gab, die sich zeitweise sehr kritisch – um nicht zu sagen “antideutsch” – zu Deutschland positioniert haben (Nietzsche, T.Mann, H.Hesse, Goethe ), habe ich auch nur mühsam und über Jahrzehnte hinweg erfahren.

  14. Lieber Wolf Wetzel,
    Ich habe versucht auf die Widersprüche hinzuweisen, die Sie und andere, die zu Demonstrationen aufrufen, sich leisten.
    Sie unterstellen der Politik (bzw. den regierenden Politikern), dass die skrupellos und rücksichtslos genug sind einen WK3 zu riskieren. Damit liegen Sie m.E. auch nicht verkehrt. Nur, warum wollen Sie sich ausgerechnet an diese Figuren wenden? Wieso glauben Sie, dass sich ein Merz davon beeindrucken lässt, dass (viele) Bürger das nicht wollen, was er für notwendig(!) hält?
    Die Politik weiß, dass sie Deutschland zur Zielscheibe macht, wenn sie Taurus liefert oder Raketen auf deutschen Boden stationiert. Das braucht man denen nicht zu sagen. Das ist alles “eingepreist”. Ebenso die nötige Verarmung, um all die Waffen zu finanzieren, die man meint im anstehenden(!) Krieg mit Russland zu brauchen, um diesen Krieg zu “gewinnen”. Man kann es doch sehr “schön” an der Ukraine studieren, wie wenig all die Toten, all das Leid ein Einwand gegen den Krieg ist. Selensky (und nicht nur der) hält eisern daran fest, dass die Territoriale Integrität ein viel höheres Gut als all das Leben ist, was er zu opfern bereit ist. Dieser menschenverachtende, brutale Standpunkt wird nicht etwa kritisiert, er wird (nicht nur) hierzulande goutiert. So war es schon immer, das Volk stirbt den “Heldentod” auf dem “Feld der Ehre” für den Ruhm und die Größe der Nation.

    Deutsche Politiker sind ziemlich einhellig der Ansicht, dass ein enger Schulterschluss mit den USA und massive Aufrüstung der Erfolgsweg ist, den man – bei allen Kosten- beschreiten *muss*, um nicht, wie es vdL ausdückt “zwischen den Blöcken zerrieben zu werden”. Und an diese Leute wollen Sie sich wenden, damit sie andere Entscheidungen treffen? Also auch als die Entscheidungsträger im Amt verbleiben?

    Sie sind der Ansicht, dass man “was” machen muss, aktiv werden muss, und blamieren die Kritik an ihren Vorstellungen damit, dass Sie die Kritiker bezichtigen selber keine “besseren” Vorschläge haben und mit Laptop bequem auf dem Sofa bequem sitzen.
    Mag schon sein, dass ich keinen Vorschlag bieten kann (oder mag), nur ändert das nichts an den Widersprüchen, die Sie sich leisten.

    1. Ich finde Widersprüche nichts verwerfliches. Man muss sie erklären und kenntlich machen. Und dass es einen großen Graben gibt zwischen dem, ich aushalte und dem was ich nicht aushalten will, ist nicht überraschend. Mir geht es darum, jene, die es auch nicht aushalten wollen, zu ermutigen, darüber nachzudenken, was man “anders”, besser machen kann.
      Ich bemerke aber einen großen Graben, zwischen all dem, was einige für falsch/gekauft/sinnlos halten und der sehr großen Stille, uns allen dann doch zu sagen, was man anders machen kann, bemerkenswert.
      Wenn das blamiert, dann ist dieses Gefühl richtig.

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