Im Westen nichts Neues

Alte Feldpostkarte.
Quelle: Wolf Wetzel, alte Feldpostkarte

Wenn es verdammt schlecht läuft, wird dieser längst globale Krieg irgendwann militärisch entschieden. Ob wir es überleben? Niemand kann das vorhersagen.

Den Antikriegsfilm »Im Westen nichts Neues« habe ich mit etwa 12 Jahren in einem Ferienlager der Stadt Stuttgart gesehen.

Mir blieb der Film nicht nur wegen der Bilder über Kinder im Krieg im Gedächtnis. Fast noch wichtiger war das Ferienlager selbst, das mir eine andere Welt gezeigt hatte. Wir hatten dort unser eigene Lagerzeitung, wir durften bei dem, was dort passiert, mitreden, was für uns völlig neu und aufregend war. Während ich begeistert aus dem Ferienlager zurückkam, erzählte mir meine Mutter, dass genau dieses Ferienlager in den Schlagzeilen sei und einen Skandal ausgelöst habe.

Dass man uns den Antikriegsfilm »Im Westen nichts Neues« zeigte, war für die Stadtoberen und ihnen nahe Bedenkenträger ein Affront. Schließlich verführe er zum Pazifismus, was den Herren wohl wie Wehrkraftzersetzung vorkam. Und falls das nicht für eine Verurteilung reichte, schob man das Gerücht nach, dass dort Mädchen und Jungen die Nacht in einem Zelt zusammen verbrachten, wobei man für das »zusammen« ganz viel Wunschfantasien dazugeben konnte und durfte.

Man muss dazu sagen, dass 1966 gerade ein Hans Filbinger »Landesvater«, also Ministerpräsident in Baden-Württemberg wurde. Mehr noch: Er war Träger des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, Inhaber der Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg. Dieser im Nachkriegsdeutschland hoch dekorierte Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Filbinger ordnete als NS-Marinestabsrichter am 15. März 1945, sieben Wochen vor Kriegsende, die Vollstreckung eines Todesurteils wegen Fahnenflucht und Wehrkraftzersetzung an.

So sah und sieht die »Vergangenheitsbewältigung« aus: Das ehemalige NSDAP-Mitglied Hans Filbinger blieb zwölf Jahre Ministerpräsident (1966 bis 1978), gedeckt von Nazis und Nicht-Nazis.

Eine Situation, die offensichtlich nicht aufhört

Der Antikriegsklassiker von Erich Maria Remarques aus dem Jahr 1928 kommt inmitten eines Krieges, der alles für einen Dritten Weltkrieg mitbringt, als Neuverfilmung zurück:

»Im Westen nichts Neues erzählt die Geschichte einer Gruppe junger deutscher Soldaten an der Westfront im Ersten Weltkrieg. Im Mittelpunkt steht der 17-jährige Gymnasiast Paul Bäumer (Felix Kammerer). Angefeuert von ihrem Rektor, können er und seine Freunde es kaum erwarten, in den Krieg zu ziehen. Doch aus der Euphorie wird bald ein Trip in die Hölle. (…) Selbst als im November 1918 der Waffenstillstand greifbar nahe ist, geht der Krieg für die jungen Soldaten weiter.“ (ttt vom 18.9.2022)

Der Schauspieler Felix Kammerer wagt einen Gegenwartsbezug: »Der Stoff ist genau deswegen aktuell, weil wir traurigerweise genau wieder in dieser Situation sind und es offensichtlich einfach nicht aufhört. Und das ist so erschreckend, und gerade deswegen braucht man, glaube ich, wieder so eine Erinnerung daran.«

Das Buch wurde von den Nazis verbrannt, der Film wurde zensiert.

In der Neuverfilmung kommt noch eine wichtige Sequenz dazu: Die Waffenstillstandsverhandlungen im Jahr 1918: Die deutschen Militärs wollen nicht aufhören, mit dem Krieg. Die Politiker mussten es ausbaden und unter dem wachsenden Druck großer Teile der kriegsmüden Bevölkerung den Krieg beenden.

Damit war bereits der nächste Krieg mitbeschlossen: Denn nicht nur die deutschen Militärs waren dagegen. Auch die politische Klasse und die Eliten der Wirtschaft konnten sich ein Deutschland ohne Krieg und Sieg nicht vorstellen. Von diesen wurde dann unisono von einem »Diktatfrieden« gesprochen. Das bedeutete Revanchismus. Flankiert wurde dieser von der Lüge, der Krieg sei nicht an der Front, sondern zuhause verloren worden. Politiker hätten mit dieser Kapitulation den Dolch in den Rücken der Soldaten gestoßen. Seitdem war die »Dolchstoßlegende« die gemeinsame Verschwörungsideologie von bürgerlichen bis faschistischen Kräften.

Was die meisten bürgerlichen Parteien auf den Weg gebracht hatten, brachte die Nazis an die Macht, brachten diese zu Ende: Einen Kapitalismus sans phrase.

Auch viele Millionen Deutsche wollten weder über den Krieg, noch die Gründe nachdenken, sondern alles mit dem nächsten Krieg auslöschen: den Zweiten Weltkrieg.

Der drohende Weltkrieg – ein Krieg unter Seinesgleichen

Sehr häufig wird die heutige Kriegsgefahr mit der vor dem Zweiten Weltkrieg verglichen. Das passt nicht. Der Zweite Weltkrieg war geprägt von einer Systemkonkurrenz zwischen kapitalistischen und sozialistischen Staaten (Ostblock). Hätte sich Nazi-Deutschland im Wesentlichen auf den Krieg gegen die Sowjetunion konzentriert, wäre die spätere Anti-Hitler-Koalition ein guter und verlässlicher Partner des Dritten Reiches geworden.

In diesem Systemantagonismus befinden wir uns 2022 nicht. Es geht um die imperialen Ansprüche innerhalb kapitalistischer Länder, um einen mörderischen Wettstreit innerhalb der »kannibalischen Weltordnung« (Jean Ziegler).

Und genau diese Konstellation gab es schon einmal, Anfang des 20. Jahrhunderts, als sich der Erste Weltkrieg anbahnte. Auf der einen Seite stand die »Entente« (England/Frankreich/Russland), auf der anderen Seite die »Mittelmächte« Deutschland und Österreich-Ungarn.

Für die Menschen, die Lohnabhängigen, die Unterworfenen gab es auf keiner Seite etwas zu gewinnen. Sie waren überall »Kanonenfutter«.

Krieg dem Krieg

Mit dieser sehr vernünftigen Ansicht trat auch die Zweite Internationale auf, in der sich sozialdemokratische Parteien weltweit zusammengeschlossen hatten. Sie lehnten es ab, sich auf eine Seite zu stellen. In diesem Krieg konnte sie nur verlieren, egal wer am Ende gewinnen sollte. Dementsprechend klar und eindeutig war die Parole: »Krieg dem (imperialistischen) Krieg«. Und genau so klar waren die politischen Konsequenzen, die man daraus zog. Man müsse die Kriegsherren im eigenen Land bekämpfen, den Krieg um Vorherrschaft in einen Krieg für den Sozialismus transformieren. Hundertausende gingen auf die Straße. Doch dann kippte die »Stimmung« um. Sebastian Haffner beschreibt dies im Rückblick auf eine besondere Weise:

»Nein, mein Vater – und ebenso meine übrigen Angehörigen – waren unschuldig daran, dass ich binnen weniger Tage zum fanatischen Chauvinisten und Heimkrieger wurde. Schuld war – die Luft: die anonyme, tausendfältig spürbare Stimmung ringsum: Der Sog und Zug der massenhaften Einigkeit …« (»Geschichte eines Deutschen. Die Erinnerungen 1914 – 1933«, S.19)

Ob die Sozialdemokratie (nur) der »Stimmung« nachgab oder auch den Schmeicheleien und Privilegien, die damit verbunden waren, nun als Verbündeter anerkannt zu werden, soll hier nicht geklärt werden. Auf jeden Fall waren sie aktiv dabei, den nun doch befürworteten Krieg in einen »Verteidigungskrieg« umzudeuten und darüber hinaus dem Krieg (als ein Krieg gegen ein reaktionäres Zaren-Regime) eine fortschrittliche Note hinzuzufügen:

»Jetzt stehen wir vor der ehernen Tatsache des Krieges. Uns drohen die Schrecknisse feindlicher Invasionen (…) Für unser Volk und seine freiheitliche Zukunft steht bei einem Sieg des russischen Despotismus (…) viel, wenn nicht alles auf dem Spiel. Es gilt, diese Gefahr abzuwehren, die Kultur und die Unabhängigkeit unseres eigenen Landes sicherzustellen.« (Hugo Haase, in Namen der SPD-Fraktion vor dem versammelten Reichstag am 4. August 1914)

Der Kapitulation 1918 ging also eine Kapitulation der Sozialdemokratie 1914 voraus, die in der Zustimmung zu den ersten Kriegskrediten gipfelte und den eigentlich geplanten Generalstreik in einen »Burgfrieden« ummünzte.

Rosa Luxemburg war mit ganz wenigen zusammen gegen diesen Kotau. Selbst Karl Liebknecht stimmte den Kriegskrediten zu. Während andere Sozialdemokraten ein gutes Leben im Dunstkreis des Kaisers genossen, saß Rosa Luxemburg im Gefängnis.

Dort schrieb sie die »Junius-Broschüre« (1915). Auf die Frage, auf welcher Seite die Arbeiterklasse kämpfen solle, antwortete sie:

»Sieg oder Niederlage kommt unter diesen Umständen für die europäische Arbeiterklasse in politischer genau wie in ökonomischer Beziehung auf die hoffnungslose Wahl zwischen zwei Trachten Prügel hinaus. Es ist deshalb nichts als ein verhängnisvoller Wahn, wenn die französischen Sozialisten vermeinen, durch militärische Niederwerfung Deutschlands dem Militarismus oder gar dem Imperialismus aufs Haupt zu schlagen und der friedlichen Demokratie die Bahn in der Welt zu brechen. Der Imperialismus und in seinem Dienste der Militarismus kommen vielmehr bei jedem Siege und bei jeder Niederlage in diesem Kriege vollauf auf ihre Rechnung, ausgenommen den einzigen Fall: wenn das internationale Proletariat durch seine revolutionäre Intervention einen dicken Strich durch jene Rechnung macht.«

Gegen Ende ihrer Schrift kommt sie zu dem Schluss:

»Der Imperialismus mit all seiner brutalen Gewaltpolitik und Kette unaufhörlicher sozialer Katastrophen, die er provoziert, ist freilich für die herrschenden Klassen der heutigen kapitalistischen Welt eine historische Notwendigkeit. Nichts wäre verhängnisvoller, als wenn sich das Proletariat selbst aus dem jetzigen Weltkriege die geringste Illusion und Hoffnung auf die Möglichkeit einer idyllischen und friedlichen Weiterentwicklung des Kapitalismus retten würde. Aber der Schluß, der aus der geschichtlichen Notwendigkeit des Imperialismus für die proletarische Politik folgt, ist nicht, daß sie vor dem Imperialismus kapitulieren muß, um sich fortab in seinem Schatten vom Gnadenknochen seiner Siege zu nähren. (…) Der Wahnwitz wird erst aufhören und der blutige Spuk der Hölle wird verschwinden, wenn die Arbeiter in Deutschland und Frankreich, in England und Rußland endlich aus ihrem Rausch erwachen, einander brüderlich die Hand reichen und den bestialischen Chorus der imperialistischen Kriegshetzer wie den heiseren Schrei der kapitalistischen Hyänen durch den alten mächtigen Schlachtruf der Arbeit überdonnern: Proletarier aller Länder, vereinigt euch!«

Mein Freund Hans See, der Professor für Politikwissenschaften ist und weiß, wovon er spricht, weil er den deutschen Faschismus und den Zweiten Weltkrieg noch bewusst erlebt hatte, hat diesbezüglich genau den richtigen Remake-Traum:

»Irgendwann hatte ich mal eine Sendung eingeschaltet, ich weiß gar nicht mehr, ob es eine mit Lanz, Illner oder Maischberger war, ist ja auch egal, zu der jedenfalls ausschließlich das breite Spektrum der bundesdeutschen Linken eingeladen worden war? In dieser erinnerte ein Marxist oder eine Marxistin daran, dass es neben den beiden ewig wiederholten Forderungen »noch mehr Waffen« und »noch mehr Diplomatie« auch noch eine wirkliche, das heißt garantiert wirksame und nachhaltige Alternative gibt. Neben den derzeit diskutierten Möglichkeiten der Beendigung eines Krieges gibt es eine dritte, eine historisch erprobte. Wie wäre es denn, sagte eine Stimme der Linkspartei – war es Janine Wissler? – wie wäre es denn, wenn die russischen Soldaten ihre Waffen nicht länger gegen die Ukrainer, und die ukrainischen Soldaten ihre Waffen nicht mehr auf die Russen richteten, sondern die Armeen beider Seiten ihre Waffen den eigenen kriegsführenden Regierungen und Oligarchen auf die Brust und sie absetzten?« (Eine Gutenacht-Geschichte, Hans See, Ossietzky, Sondernummer August 2022: Krisen und Kampfzonen, Nr. 16/17)

Ohne Waffen

Hans See hat diesen Gedanken bewusst als Sekundenschlaf formuliert. Hätte er gesagt, dass wir genauso handeln müssen, dann hätte alle sofort geantwortet: Bloß nicht!

Genau hier finge die politische Arbeit an: Er reicht nicht, es reicht niemals, eine gute Idee zu haben, vor allem dann nicht, wenn diese die Welt aus den Angeln heben will. Dem Aufruf »Krieg dem (imperialistischen) Krieg« sind vor dem Ersten Weltkrieg wenige gefolgt. Und selbst nach dem barbarischen Ende des Ersten Weltkrieges wollte nur eine Minderheit die Waffen gegen ihre Kriegsherren wenden. Die wahrlich großartige Idee einer Räterepublik überstand an einigen Stellen in Deutschland gerade einmal ein paar Wochen.

Heute haben wir weder Waffen, die wir gegen die Kriegsherren wenden könnten, noch die organisatorischen Kräfte, die es damals (noch) gab, für einen Generalstreik zum Beispiel.

Aber wenn wir dennoch weder an der Seite der Dame noch des Königs auf ihrem Schachbrett stehen wollen, dann müssen wir uns auf den Weg machen, unsere Möglichkeiten und unsere Chancen richtig einzuschätzen:

Ich bin kein politischer Träumer oder professioneller Optimist. Aber es lohnt sich, an der Vorstellung zu arbeiten, dass es so etwas wie eine weltweite Anti-Vietnam-Bewegung geben muss, die sich jeder Kriegslogik verweigert, um Platz für eine Gesellschaftsvorstellung zu schaffen, in der eine »Dame« und ein »König« keine Macht mehr über Leben und Tod der namenlosen Massen haben.

Wenn es verdammt schlecht läuft, wird dieser längst globale Krieg irgendwann militärisch entschieden. Ob wir es überleben? Niemand kann das vorhersagen.

Wenn es gut läuft, muss er politisch entschieden werden – nicht von den Militärpolitikern, sondern von alle jenen, die endlich begreifen, dass sie auf keiner der beiden Seiten kämpfen und/oder frieren wollen.

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38 Kommentare

  1. Einen 3. Weltkrieg in der Form der beiden vorhergegangen Kriege wird es so nicht geben, denn diesmal wird besonders China mit von der Partie sein. – Er wird sich auch besonders ausgeprägt als Wirtschaftskrieg zeigen.

    Der Gaskrieg ist da nur ein Teil des Geschehens. – Gestern wurden z.B. starke Druckabfälle an drei Strängen der Nord Stream Gasleitung verzeichnet, die auf Leckagen des verlegten Teils im Seegebiet südlich von Bornholm verortet wurden. Es steht der Verdacht im Raum, dass die Schäden die Folge von Anschlägen sind.

    1. und zwar beider Leitungen, gleichzeitig. Wer das wohl war Umweltschützer oder Geheimdienste? Eher „verbündete Geheimdienste“ wahrscheinlich. Tatsachen schaffen, bevor die Stimmung kippt.

      1. „““ bevor die Stimmung kippt „““ – um dem einen Riegel vorzuschieben waren da Profis am Werk- die haben sich auch gleich die fatalste Stelle für diesen Sabotageakt ausgesucht, denn dort ist die Ostsee um die 70m tief, was Reparaturarbeiten sehr schwierig und äußerst teuer macht.

          1. Nein,
            die Belgorod hat sich verpeilt und beide Röhren gleichzeitig gerammt. Kennen wir doch aus Schweden, Russische U-Boot Kommandanten die zu tief in das Vodka Glas geschaut haben und da bei Grundberührung hatten.

              1. Dänemark ist ja eines der loyalsten NATO Mitglieder und in deren Hoheitsgewässern sprengen, ausgerechnet die Russischen Speznas Saboteure ihre eigene Energie-Infrastruktur. Es kann sein das Schweden und Finnland sich noch viel Zeit für eine NATO Mitgliedschaft lassen.

  2. „Die Waffen nieder!“ – Das ist die einzige Lösung, wenn man keinen Krieg will. Und das fängt tief in uns drin an. Wir müssen endlich fühlen, was wir nie fühlen wollten und darum auf den anderen projizieren, um ihn dann abzuschlachten: Unseren eigenen Hass, unseren eigenen Schmerz, unsere eigene Dunkelheit.

    In Fachkreisen nennt man das Schattenarbeit, und diesen Winter werden sehr viele Deutsche damit unfreiwillig anfangen müssen.

  3. Die Filme habe ich nicht gesehen. Ich bezweifele sowieso, daß man die Schrecken, die endlose Langeweile, das komplette ohnmächtige Ausgeliefertsein an eine vermeintlich höhere Gewalt filmisch darstellen kann.
    Kriegsfilme sind zur persönlichen Identifikation in der Tradition der klassischen Sagen der Antike und des Mittelalters gehalten. Mit der Realität haben sie wenig zu tun.
    Der vermutlich letzte moderne Krieg bei dem Kriegsreporter freie Hand hatten war der Vietnamkrieg. Vgl Michael Herr: An die Hölle verraten.
    Daß Im Westen nichts Neues von den 3.Reich-Machthabern verboten wurde ist klar. Mit der Geschichte des lakonisch vorgetragenen kurzen Lebenswegs des Kriegsfreiwilligen Paul Bäumer konnte man sich, sofern aus gebildeteren Kreisen, identifizieren.
    Die Mehrzahl der Bevölkerung um 1914 und später auch 1933 waren aber eher bildungsfernere Schichten, aus der Existenznot geboren, wie abhängig Beschäftigte, Arbeiter, Handwerker, Bauern, Knechte usw. Mit dem o.g. Buch hat der Herr Remarque auch dieser breiten Bevölkerungsschicht ein unkriegerisches Denkmal gesetzt.
    Ein weiterer Tip, wenn auch eine etwas andere Warte, von Ernst Jünger: https://de.m.wikipedia.org/wiki/In_Stahlgewittern
    Die von mir benannten Bücher beschreiben allesamt nur ein vergleichsweises harmloses Vorspiel, was uns in jetziger Zeit erwarten könnte, wenn die derzeitige Eskalationspolitik vollends aus dem Ruder läuft

  4. Lieber WW,

    hier ein wie ich meine wichtiges Originalzitat des deutschen Sozialisten und Antimilitaristen Karl Liebknecht. Er schwieg im August 1914 und erklärte gegen die erneute Bewilligung von Krediten zur Kriegsfinanzierung am 2. Dezember 1914 im Reichstag öffentlich:

    „Die deutsche Parole „Gegen den Zarismus“ diente – ähnlich der jetzigen englischen und französischen Parole „Gegen den Militarismus“ – dem Zweck, die edelsten Instinkte, die revolutionären Überlieferungen und Hoffnungen des Volkes für den Völkerhaß zu mobilisieren. Deutschland, der Mitschuldige des Zarismus, das Muster politischer Rückständigkeit bis zum heutigen Tage, hat keinen Beruf zum Völkerbefreier. Die Befreiung des russischen wie des deutschen Volkes muß deren eigenes Werk sein.“ Quelle https://rotefahne.eu/1914/12/spartakus-gegen-den-krieg-1914-15

    Später wurde Karl Liebknecht als Armenierungssoldat eingezogen.

    Besten Gruß, Heine

    1. Hallo Heine,
      ich schätze die politischen Gedanken von Karl Liebknecht sehr und das Zitat zeugt davon, dass er sehr wohl wußte, dass man auf keinem Fall auf der einen oder anderen Seite „kämpfen“ (Zarismus/ Kaiserreich) sollte. Aber jetzt wird es doch spannend und lehrreich: Warum hat dann dennoch Karl Liebknecht bei der Abstimmung über die Kriegskrediten zugestimmt bz. nicht dagegen gestimmt? Was meinen Sie mit „schwieg“ im August 1914?

  5. Während der Kubakrise kam in der großen Pause ein Lehrer auf mich zu und sagte: Wenn es Krieg gibt, müssen wir alle sterben. Warum er gerade mir diese Horrornachricht unterbreitete, weiß ich nicht. Ich denke, damals wurde die Vernichtung der Menschheit als reale Möglichkeit empfunden. Das ist letztlich wohl die Ursache für Demonstrationen gegen Vietnamkrieg, „Nachrüstung“, Notstandsgesetze usw. In einer durch Bildungsdefizite, Drogen und Massenhysterien realitätsblind gemachten Gesellschaft spielen Realängste keine Rolle mehr. Man suhlt sich in narzisstischen Größenphantasien, narzisstischer Wut und Paranoia.

  6. Sehr realistisch, Herr Wetzel. Einen kleinen Unterschied zwischen der Politik des Westens und Russlands, ja, kapitalistische Lager beiderseits, kann man trotzdem erkennen.
    Es ist eine Situation wie im Film „Rottet die Bestien aus“, von Penck auch für den Osten zutreffend angemeldet, vorhanden. Nicht Russland (und China) will den Westen militärisch erobern, sondern eindeutig umgekehrt.
    Deshalb ist es angebracht, hier zu differenzieren. Die russische Politik ist auf Abwehr ausgerichtet, muss man berücksichtigen.
    Ansonsten kommt man zum Fazit, dass Rußland die westlichen Gelüste einfach agieren lassen muss, eine Akzeptanz des westlichen Imperialismus, die man dann von der ganzen Welt fordern müßte.
    Das ist wohl eher nicht Ihre Intention, wie man bisher annahm.

    1. Ich stimme Ihnen da zu – denn selbstverständlich gibt es kleine und große Unterschiede in den Kapitalismen. Der russische Staat hat nicht die Option, den Westen einzuverleiben. Er möchte seinen hegemonialen Machtanspruch behalten bzw. wiedererlangen – wozu eben auch „Einflusszonen“ und „Sicherheitsinteressen“ gehören, was im Westen seit Jahrzehnten selbstverständlich exekutiert wird. Die „Kuba-Krise“ war doch ein hervorragenden Beispiel dafür. Denn eigentlich kann Kuba auf seinem Territorium machen (stationieren), was es will… eben nicht! Deshalb gab es die atomare Drohung und die sehr konkrete Gefahr eines Atomkrieges.

      1. Einverstanden.
        Um im Film zu bleiben, Rußland mag ein autoritärer Staat sein, nach westlicher aggressiver Definition, nicht nach dem Verständnis der russischen Mehrheit. Denn eine Demokratie im westlichen, nicht tatsächlich so gemeintem Sinne, wäre im jetzigen Stadium der Konfrontation wieder eine totale Auslieferung des Volkes. Darum ist objektiv die russische Politik auch auf die Abwehr dieser Gefahr gerichtet. Das kann durchaus unterstützenswert, auch für die Anti-Kriegsbewegung, bis zu einem gewissen Punkt sein.
        Man kann Putin nicht unberechtigt mit Geronimo vergleichen, auch der war „innenpolitisch“ kein harmloser Herrscher. Hier greift m M auch die Seite der Arbeiterbewegung, Marx und Engels inbegriffen, die die antikolonialistischen Abwehrkräfte vorbehaltlos unterstützte.

        1. Wie praktisch für die Oligarchen und Despoten in Russland.
          Das Volk und selbstverständlich auch der russ. Reichtum und die Selbstbestimmung muss ….. vor dem russ. Volk beschützt werden, da die Intelligenz der Russen für mehr nicht reicht.
          Soviel Arroganz kann sich leicht unter militärischen Offiziersrängen ausbreiten.

          1. Ich würde mal auf die strategische Lage blicken. Da sind diese Argumente zweitrangig. Die Oligarchen hat nicht Putin zu verantworten, die sind unter Jelzin auch durch die Regie von US-„Beratern“ entstanden, und waren nicht zu beseitigen. Aber unter Putin wurde die Lebenslange der Bevölkerung erheblich gesteigert und die russische Politik ist auch weiterhin darauf gerichtet.
            Es ist einfach aber illusionär, eine Abschaffung des bestehenden Kapitalismus zu fordern. Ein derartiger Versuch würde zu Chaos, massenhaften Verlusten von Lohneinkommen, Hunger, Bürgerkrieg und politischer Herrschaft der Oligarchen führen. Kapitalismus kann nicht durch eine radikale Veränderung erreicht werden, die historische Erfahrung haben wir ja. Er muss aufgehoben werden, über die Schaffung neuer Produktionsweise, die neben der kapitalistischen entsteht und sich nach und nach durchsetzt. Dafür müssen aber auch die äußeren Bedingungen vorhanden sein. Jetzt ist dafür die Lage nicht gut. Zu dieser bedürfnisbestimmten Produktionsweise kann ich nur auf die Artikel von Harbach und Richter auf Telepolis verweisen.

  7. Das Buch von Haffner ist der Hammer!
    Es war meine Lektüre während des 1. Lockdowns und ein Augenöffner, was das Verhalten meiner Mitmenschen angeht. „Im Westen nichts Neues“ hat auch bei mir einen großen Eindruck hinterlassen.
    Ja, wir brauchen eine Bewegung, wie die gegen den Vietnamkrieg. Und unbedingt verknüpft mit der sozialen Frage.
    So viele Menschen schweigen gerade oder kommen nicht zu Wort: ich bin mir sicher, „wir“ sind viele!
    Die Anzeichen für einen großen Krieg in Europa häufen sich und wenn mit dem Winter die „Wirtschaftskrise“ beim Einzelnen ankommt, werden Antworten gebraucht. Regierung und Opposition haben keine.
    Stoppt den Krieg und die Sanktionen, verhandelt endlich! – Das wären mögliche Forderungen einer solchen Bewegung. „Öffnet Northstream2“ scheint ja sabotiert worden zu sein 🙁

    1. herzlichen Dank. Ich habe Haffners Buch auch erst vor Kurzem gelesen, um mich in die einzufühlen, die scheinbar plötzlich an der Seite des „Königs“ in den Krieg ziehen, jetzt noch verbal und bereit zu frieren.. Tatsächlih dachten auch die m eisten menschen um die 1914, dass das alles sehr bald herum sein wird udn dass der Krieg sie nicht „zuhause“ erreicht.

  8. Könnte mal bedacht werden. Wo kommt sonst die Gegnerschaft her?
    „Sehr häufig wird die heutige Kriegsgefahr mit der vor dem Zweiten Weltkrieg verglichen. Das passt nicht. Der Zweite Weltkrieg war geprägt von einer Systemkonkurrenz zwischen kapitalistischen und sozialistischen Staaten (Ostblock). Hätte sich Nazi-Deutschland im Wesentlichen auf den Krieg gegen die Sowjetunion konzentriert, wäre die spätere Anti-Hitler-Koalition ein guter und verlässlicher Partner des Dritten Reiches geworden.“
    In diesem Systemantagonismus befinden wir uns 2022 nicht. Es geht um die imperialen Ansprüche innerhalb kapitalistischer Länder, um einen mörderischen Wettstreit innerhalb der »kannibalischen Weltordnung« (Jean Ziegler).
    Richtig ist, dass es heute keine Systemkonkurrenz gibt. Es stimmt aber nicht, dass es um „kapitalistischen und sozialistischen Staaten“ ging. Der Spruch nach dem Deutschen Tank kommt die Dresdener Bank. Die Schulden haben zu dem Krieg getrieben. So wurden die Banken der überfallenen Staaten gezwungen, deutsche Anleihen zu kaufen.
    Was richtig ist für heute, darauf spitzt sich alles zu in Jean Zieglers Zitat.“ innerhalb der »kannibalischen Weltordnung«“
    Da ein Grundpfeiler kapitalistischen Handels die Konkurrenz ist, wird kaum noch bestritten. Jeder kennt das, wenn er einkaufen geht und vergleicht. Der günstigste gewinnt meist, bei den prekären sowieso. Also versucht jeder so billig wie möglich zu produzieren. Lohnsenkung, (Subunternehmer) schlechtes Material (Gammelfleisch) Steuerbetrügereien und kostenloses nutzen der Natur. (Vermüllung) Da gleichen sich die Firmen immer mehr an, sodass es jedes Jahr durchschnittlich 5 % der Firmen in die Insolvenz gehen müssen.
    In dieser Konkurrenz bewegen sich das System. Es wird immer so getan, als sei die Organisation des Kapitalismus mit entstehen fertig. Dem ist nicht so, TTIP zum Beispiel wäre eine Anpassung im Sinne des Kapitals gewesen.
    Moralisch wird die Form der Chinesen ihren Kapitalismus zu organisieren verurteilt, aber es ist weit effektiver als wenn es erst durch Bundestag, Bundesrat und an Bundesverfassungsgericht muss. Auch dass der Staat „Leitplanken“ für 5 Jahre festlegt, sorgt für Sicherheit. Es muss nicht gutgeheißen werden, beide Systeme nicht. Darüber nachzudenken muss erlaubt sein, ob das nicht die Zuspitzung der Konkurrenz ist.

    1. Danke für Ihre Überlegungen. Ich würde zustimmen: Die meisten wägen – insgeheim – ab: Auf der einen Seite der „Westen“ (mit all den materiellen Vorteilen und „Leitplanken“), auf der anderen Seite Russland/ China, wo der Kapitalismus für die jeweiles Armen noch schwerer zu ertragen ist. Aber geht es nicht darum, sich über mehr Gedanken zu machen, als über den eigenen Vorteil?

  9. @Peter
    „In diesem Systemantagonismus befinden wir uns 2022 nicht. “

    Dieser Feststellung stimmt so nicht. Selbst wenn sämtliche Staaten des Globalen Südens kapitalistische Staaten wären, so ist ihr häufig „unsouveränes“ Dasein nicht mit den „Raubtierkapitalismen“ vergleichbar.

  10. Manche Beiträge machen mich tatsächlich sprachlos; sprachlos im Sinne von „ich kann dazu gar nichts beitragen oder kommentieren“; sie berühren mich; sie lassen mich irgendwie „ergriffen“ zurück;
    Von daher: ein guter, mehr als guter Artikel.
    Und ich bin echt dankbar, dass man sowas noch lesen kann.
    Puh, sowas macht mich regelrecht „platt“;
    Danke daher für die obenstehenden Worte.

    1. Hallo Knoblauch,
      du kannst dir gar ncht vorstellen, was es bedeutet, so eine Antwort zu bekommen! Denn es geht wirklich darum, auch mir, nicht die Worte zu verlieren, sich nicht aus Zusammenhänge reißen zu lassen, die einem 30,40, 50 Jahre etwas bedeutet haben und die für mich wie eine „Heimat“ sind. Von daher: Ganz großen Dank für deine Gefühle.

  11. Ich habe mich wohl zu ungenau ausgedrückt. Mir ging es nicht um besser oder schlechter, dahingehend sich für eine Seite entscheiden zu müssen. Mir geht es darum, dass bei allen Forderungen, die an das Staatssystem gestellt wird, immer bedacht wird, dass es das System ist, das dich in die Situation gebracht hat. Mir liegt es, fern, China oder Russland zu verurteilen. Ich halte es eher für dümmlich, alles an Russland schlecht zu finden, weil sie den Krieg inszeniert haben.
    Nur der Krieg zeigt meines erachtend, zu welchen dramatisch Auseinandersetzungen die Konkurrenz führen kann.
    „Aber geht es nicht darum, sich über mehr Gedanken zu machen, als über den eigenen Vorteil?“ Ich persönlich habe keine Vorteile, bin 74 Jahre. Von daher versuche ich immer wieder deutlich zu machen, dass es über den Tellerrand hinausgehen muss. Es ist dem Kapitalismus immanent, immer den höchstmöglichen Profit zu erzielen. Als Arbeiter kannst du nur deine Arbeitskraft verkaufen und der Preis richtet sich nach den Reproduktionskosten. Die sind teilweise nicht zu generieren, da werden die Lohnkosten vom Staat übernommen. Kindergeld und Wohngeld zum Beispiel.
    @wrmfr Ich habe von keinem „Systemantagonismus“ gesprochen. Es gibt für mich auch kein „Raubtierkapitalismus“, es gibt nur einen.
    Zu meiner Argumentation führe ich noch an, wie viel Menschen verhungern, wie viel Natur wird zerstört?

    1. Lieber Peter, danke das du deine Sichtweise einfach hier dargelegt hast.

      Ich habe mir gerne deine Saetze durchgelesen.

      Und was ich dazu schreiben moechte ist,

      Deutschland hat die Reparationszahlung vom 1. Weltkrieg und 2. Weltkrieg mit 200 Millionen euro 2010 bei Onkel Sam beglichen. Quelle https://www.buchkomplizen.de/buecher/buecher-von-fifty-fifty/imperium-usa.html

      Nun benoetigt man eine neue Basis um weiter profitabel weiter wirtschaften zu koennen und wieder ist die BRD eine Plattform.

  12. Lieber W.W.,
    mein Kenntnisstand in dieser Frage ist der: Karl Liebknecht argumentiere in der SPD-Reichstagsfraktion in deren Sitzung am 3. August 1914 massiv gegen die Zustimmung zu den Kriegskrediten. Am 4.8.1914 unterwarf er sich der Fraktionsdisziplin und stimmte im Reichstag zu. In der Reichstagssitzung am 2.12.1919 blieb Liebknecht als einziger MdR bei der offenen Abstimmung durch Aufstehen sitzen. (In diesem Zusammenhang steht die zitierte Passage aus Liebknechts öffentlicher Erklärung.) In der dritten Sitzung des Reichtags zu diesen Krediten in Form eines Nachtragshaushalts zur Kriegsfinanzierung am 20. März 1915 stimmten die SPD-Abgeordneten Karl Liebknecht und Otto Rühle dagegen.
    Gruß, H. Heine

    1. Vielen Dank für die wichtige Ergänzung. Ja, so habe ich es auch in Erinnerung. Aber man muss sich vorstellen, was es für einen gewaltigen Druck, gerade auch innerhalb der SPD gab, dem zuzustimmen. Ich frage mich nur, warum er nicht gegen den Fraktionszwang gestimmt hat, wobei ich sehr wohl weiß, was es bedeutet, wenn man sich damit auch noch Freunde zu Feinden macht.

  13. Die Parallelen zwischen der Situation vor dem Ersten Weltkrieg und heute sind in der Tat deutlich. Was Wetzel zu thematisieren vergisst, ist der tiefere Grund dafür. Damals wie heute diesselbe wirtschaftliche Situation – der Kapitalismus nach Jahrzehnten defensiver Eskalation am Ende, an seinen inneren Widersprüchen erstickend. In dieser Lage gibt es für die nationalen Kapitalismen nur noch eine Lösung – ein Angriff auf die eigentlichen Mitbewerber, Kriege gegen zweit- und drittrangige Staaten reichen nicht mehr, um dem eignen Kapital wieder Luft zu verschaffen, muss fremdes zerstört, die Kontrolle über Märkte und Rohstoffe erlangt werden. Dass dabei unendlich viel zerstört wird, gehört zum Konzept. Solange der eigne Kapitalstock weitgehend unangetastet bleibt, können nach siegreicher Beendigung des Krieges die Scherben aufgelesen, sprich das Zerstörte wieder aufgebaut werden. Das ist dann wirklich der Reset, es hebt ein neuer langer kapitalistischer Zyklus an, Gründerzeitfieber bricht aus…

    Der Sache ist allerdings seit dem letzten Mal ein Haken gewachsen. Die heutigen Überwaffen lassen die Chance, selbst einigermassen ungeschoren aus der militärischen Auseinandersetzung herauszukommen, gegen Null, die Wahrscheinlichkeit, dass nachher niemand mehr über den erforderlichen Kapitalstock verfügt, dass mühsam wieder mit primärer Akkumulation begonnen werden muss ins Immense gehen.

    Genau genommen ist es noch weit schlimmer. Die ökologischen Folgen von Naturausbeutung im kapitalistischen Massstab sind mittlerweile existenzbedrohend, schon weitgehend unumkehrbar. Ein Atomkrieg würde sie ins buchstäblich Unerträgliche steigern. Mit anderen Worten – der immer schon vorhandene nihilistische Grund bürgerlichen Handelns hat sich selbst totalisiert und wird uns mit Haut und Haaren fressen.

    Noch bleibt Zeit innezuhalten, aber nur noch sehr wenig.

  14. @Peter
    Her Wetzel schreibt: „Der Zweite Weltkrieg war geprägt von einer Systemkonkurrenz zwischen kapitalistischen und sozialistischen Staaten (Ostblock).“ Und schlussfolgert dann:
    „In diesem Systemantagonismus befinden wir uns 2022 nicht. Es geht um die imperialen Ansprüche innerhalb kapitalistischer Länder, um einen mörderischen Wettstreit innerhalb der »kannibalischen Weltordnung« (Jean Ziegler).“
    Bei Ihnen wird daraus dann: „In diesem Systemantagonismus befinden wir uns 2022 nicht. “
    Nach Wikipedia ist Jean Ziegler (* 19. April 1934 als Hans Ziegler in Thun, heimatberechtigt in Bern und Genf) iein Schweizer Soziologe, Politiker und Sachbuch- und Romanautor (Anmerkung: und Sozialdemokrat). Er gilt als einer der bekanntesten Kapitalismus- und Globalisierungskritiker.

    In Verbindung mit dem berühmten Wirtschafts- und Finanz-Professor Milton Friedman führten in Chile nach dem Sturz von Salvador Allende und der „Inthronisierung“ von General Augusto Pinochet die „Chicago-Boys“ eine Wirtschaftsreform ein, die Weltberühmtheit erlangte.

    In der Russischen Föderation nach dem Putsch in Viskuli am 8. Dezember 1991 und der folgenden Auflösung der Sowjetunion (glaube am 25. Dezember 1991) konnten unter Yeltsin die inzwischen so genannten „Harvard-Boys“ wieder eine Wirtschaftsreform nach chilenischem Muster durchführen. Bekanntlich führte diese 1999 zum Staatsbankrott. Yeltsin musste W. Putin erst zum Ministerpräsidenten und dann zum Staatspräsidenten machen.

    Die kanadische Journalistin Naomi Klein griff dies in ihrem im September 2007 in deutscher Übersetzung aus dem Englischen erschienenen kapitalismuskritischen Buch „Die Schock-Strategie: Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus“ auf.

    Selbstredend haben sowohl Jean Ziegler wie Naomi Klein eine große Fan-Gemeinde wie eine sehr große Kritiker-Schar. Dies will ich hier nicht weiter vertiefen.

    Was will ich mit meinen Ausführungen sagen. Es geht nicht um „gut“ oder „böse“; wenn schon dann vielleicht um „schlimm“ und „weniger schlimm“. Sätze wie der von Herrn Wetzel: „Der Zweite Weltkrieg war geprägt von einer Systemkonkurrenz zwischen kapitalistischen und sozialistischen Staaten (Ostblock).“; und der von Ihnen zitierte: „In diesem Systemantagonismus befinden wir uns 2022 nicht. “, verstellen die Erkenntnis, was gewesen ist und was heute ist.

    Staaten wie USA, Frankreich, Großbritannien, Russische Föderation, Volksrepublik China, nicht anerkannte Republik China bzw. Taiwan – und preußisch-deutscher Staat – haben alle auch eine wirtschaftliche Geschichte und haben kapitalistische Elemente. Sie sind aber nicht DER Kapitalismus. Der in Kansas lehrende Professor Michael Hudson hat dies recht gut herausgearbeitet.

  15. @Quer und mehr
    Der „Dolchstoß“ wurde am 27.02.2022 höchstamtlich verkündet und verrichtet seither Tag für Tag sein Werk. Nur haben das die D- und EU-Oberen noch nicht so richtig bemerkt – verzögertes Schmerzempfinden.

  16. Ob wir es überleben? Niemand kann das vorhersagen.
    Wozu auch?
    Es ist leider inzwischen offensichtlich und unbestreitbar, dass wir – global gesehen – auf absehbare Zeit nicht alle überleben werden können.
    Es stellt sich aktuell nur noch die Frage, in welcher Reihenfolge das Ableben erfolgen soll.
    Da gibt es scheinbar konkrete und sichtbare Vorstellungen der Macht der Stärkeren, die nun umgesetzt werden.
    Niemand kann und wird das ändern.
    Als ich noch naiv war, dachte ich, dies könnte niemals passieren. Der kalte Krieg war vorbei. Wir sind eine entwickelte Hochkultur und müssten es besser wissen und gemeinsame Lösungen finden können. Vermutlich haben das frühere Hochkulturen auch gedacht, konnten dies aber nicht ausführlich diskutieren und dokumentieren, weil sie kein Internet hatten.
    Wir sind alle intensiv miteinander vernetzt und verstehen einander immer weniger, deshalb werden wir uns eben engmaschig verstricken und daran letztendlich ersticken. Der Hass aus dem Netz hat seinen Weg in die Köpfe gefunden und verursacht global in Missverständnissen und der gezielten Entzweiung tiefe Wunden. Wer das zu nutzen weiß, macht ganze Ethnien heiß – und jetzt haben wir den Scheiß. Im Metaverse sollen wir zukünftig alle Leben, dann interessieren uns auch nicht mehr die ganzen Beben, die irgendwo unbekannten Menschen kosten deren echtes Leben.
    Ätzend.

  17. „In diesem Systemantagonismus befinden wir uns 2022 nicht. Es geht um die imperialen Ansprüche innerhalb kapitalistischer Länder, um einen mörderischen Wettstreit innerhalb der »kannibalischen Weltordnung« (Jean Ziegler).“

    Ja und dennoch Nein. Lokal betrachtet, also wir hier im Westen, für uns mag das stimmen. So sieht es aus. Wird allerdings die Geopolitik sich angeschaut, findet m.E. ein Kampf zw. Hegemonie und Multilaterismus statt. Nur so lassen sich auch die vielen und vor allem bedeutsamen Enthaltungen bei einer Verurteilung von Russland vor der UN erklären. Es geht um viel mehr in diesem ‚Krieg‘, als die meisten es hier annehmen. M.E. geht es erstmals seit 1945 um eine tatsächliche Neuaufteilung des Machtgefüges auf dem gesamten Erdball. Nicht von ungefähr wird versucht, in der Taiwan-Strasse ein zweites Szenario zu inszenieren, einen militärischen Konflikt zw. China und Taiwan zu beschwören.

    Spätestens seit der Finanzkrise 2007/2008 ist der Westen dabei, Einfluss zu verlieren. Und im Moment galoppiert ihm sein verbleibender Einfluss geradezu davon. Wenn, dann muss er jetzt handeln. Ein Konflikt mit Russland ist da das beste, was ihm (aus seiner Sicht) passieren kann. Einen wichtigen Akteur von SCO und BRICS am liebsten endgültig ausschalten – zumal deren Schwergewicht in atomarer Bewaffnung. Das wäre es, und schon kann es weltweit losgehen.

  18. „In der Neuverfilmung kommt noch eine wichtige Sequenz dazu: Die Waffenstillstandsverhandlungen im Jahr 1918: Die deutschen Militärs wollen nicht aufhören, mit dem Krieg. Die Politiker mussten es ausbaden und unter dem wachsenden Druck großer Teile der kriegsmüden Bevölkerung den Krieg beenden.“
    Genau, weil nämlich die deutsche Generälität zu den Politikern sagte: „Macht Schluß mit diesem Krieg“. Während der Originalfilm also die Realität des Krieges nachbildete, und nur das, zeigt die neue „Version“ Propaganda. Und natürlich schnallen es „linke“ nicht in ihrer dümmlichen Idiologie. wolf wetzel will was sein? journalist? ernsthaft? wohl einer aus der Riege eines klaus kleber oder relotius.
    Übrigens gehört zu den Waffenstillstandsverhandlungen auch die 10 Punkte Wilson, auf diesen beruhte das deutsche nachsuchen um Verhandlunge, ebenso wie die anhaltende Hungerblockade der Briten, durch welche Hundertausende Deutsche starben und Millionen geschädigt wurde. Zeigt das der Film? Sicherlich nicht, erwähnt es der „journalist“ wetzel? Nein.
    Und schlußendlich – wetzel schreibt „damit war der nächste Krieg beschlossen“. Nein war er nicht. Die Entende verpflichtete sich ebenso zur Abrüstung. Hat sie es getan? Nein.
    Dieser sogenannte journalismus ist kein Stück besser als der der MM.
    Einfach nur Widerlich, einfach nur verlogen.
    schämen UND Informieren sich sich endlich. „herr“ wetzel

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