Der Krieg bringt uns alle zusammen … um

Beflaggung beim CSD in Bayreuth
PantheraLeo1359531, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons

Alles hat seine zwei Seiten, ist eine beliebte Lebensweisheit. Damit liegen wir bereits außerhalb des wirklichen Lebens. Denn bei der Kriegsbeteiligung Deutschlands an der Seite des Selenskyj-Staates soll die eine auch die andere Seite der Medaille sein. Machen wir uns also schuldig und halten uns nicht daran.

Lassen wir der „einen“ Seite den Vortritt. Diese widmet sich den guten Seiten dieses Krieges und warum wir, also die deutsche Bundesregierung, folglich auf der Seite der „Guten“ stehen. Krieg als Emanzipationsgeschichte. Ein regenbogenfarbenes, queeres Stahlgewitter.

Die eine Seite der Medaille

„Plötzlich ist egal, wer wen liebt.“ Das sagt Alina Sarnazka. Die 36-jährige Soldatin ist lesbisch, hat eine Partnerin und kämpft Mitte Juli an der Frontlinie Donezk, wo in diesen Tagen einer der Schwerpunkte der ukrainischen Gegenoffensive liegt. Wir erreichen sie an ihrem freien Tag zwischen zwei Fronteinsätzen, sie erzählt von ihrer Einheit. „Wir sind wie Schwestern und Brüder, wir sind eine Familie.“ Und dann gibt es da noch den 27-jährigen Borys Chmilewski aus Kiew. Dass er schwul ist, wissen die Kameraden in seiner Einheit. Er berichtet, wie cool das Klima in der Truppe ist, denn für die anderen sei das Thema heute keine große Sache: „Es zählt nur, was man an der Front tut.“

Für diese traumhafte Erfolgsstory muss man ein wenig zurückblicken. Dann versteht man, wie viele für unüberwindbar gehaltene Grenzen mit diesem Krieg ab 2022 verschoben wurden. Vor dem Krieg, also den ab 2022, war die ukrainische Gesellschaft in der Mehrheit homophob. Das lag vor allem am russischen Einfluss. „Aber wenn man zusammen kämpft und es um Leben und Tod geht, kommt man sich näher“, sagt Borys Chmilewski, und fügt hinzu: „Das zerstört einige Klischees über uns.“

Es gibt eben auch Zerstörungen, für die es höchste Zeit war. Was zu dem Fazit führt: „Und so, wie sich die Kameraden von Alina und Borys verändert haben, verändert sich auch die ukrainische Gesellschaft rasend schnell.“

Klar, der Krieg hat neben Sonnen- auch Schattenseiten, aber eben nur recht kleine. Dazu gehört, dass die gleichgeschlechtliche Ehe nicht in der Verfassung verankert ist, also diese nicht die gleichen Rechte haben. Daran soll sich vorerst nichts ändern. Aber daran stören sich Alina und Borys nicht groß. Denn sie wissen ja bombensicher, dass diese Diskriminierungen nicht wirklich etwas mit dem Selenskyj-Staat zu tun haben. Schuld ist einmal mehr der „Russe“: „Weil Putin und Russland sehr homophob sind, wollen die Menschen in der Ukraine jetzt nicht mehr homophob sein“, sagt Alina. Beide zusammen sind felsenfest davon überzeugt, dass diese Fortschritte auch nach dem Krieg bleiben werden. „Diese europäischen Werte sind ein Schritt auf unserem Weg in die Europäische Union”, sagt Borys.

Klar, der Krieg war bisher toxisch männlich. Es stimmt auch, dass bisher Kriege das Elend und die Unterdrückung in Friedenszeiten noch übertroffen haben. Aber jetzt sind Kriege queer, eine Emazipationsgeschichte, gerade wenn sie von der Europäischen Union geführt werden. Dafür stehen (und fallen) Alina und Borys.

Die andere Seite der Medaille

„Plötzlich ist es egal, wen ich wirklich verehre“, sagt Imanov Bandera. „Es ist ein schrecklicher Krieg, aber er bringt uns zusammen.“ Es sprudelt aus ihm heraus. Seinen Namen haben wir zu seinem Schutz verändert. Aber nichts an seiner wahren Geschichte. Sie spielt sich in der Ukraine ab.

Wir treffen ihn in einer Kampfpause, als er gerade einen Tag Urlaub bekommen hat. Er ist müde und doch stolz und kann uns nicht genug davon mitteilen: „Wir sind wie Schwestern und Brüder, wir sind eine Familie.“ Damit meint er nicht seine eigene, sondern die Ukraine, die ukrainische Armee.

Er war schon einmal hier, in der Nähe des Frontabschnittes, der zurzeit hart umkämpft ist. Als sich 2014 die beiden Republiken Donbass und Luhansk für unabhängig erklärt hatten, wollte die ukrainische Armee ganz schnell diese separatistischen Bestrebungen im Keim ersticken.

Das gelang nicht. Dennoch war dies für ihn nicht das Ende. Im Gegenteil. Er hat eine wichtige Erkenntnis daraus gezogen: „Wenn man zusammen kämpft und es dabei um Leben und Tod geht, dann kommt man sich sehr nahe.“

Für kurze Zeit war es ganz schwer für ihn, als es Friedensverhandlungen gab, die zu den Minsk I und II Abkommen führten. Er fühlte sich überflüssig. „Ja, ich habe mich manchmal auch verraten gefühlt, von den Politikern, also denen, die nicht an der Front gekämpft haben.“ Dann hält er kurz inne, als würde er diese Zeit noch einmal abrufen.

„Aber dann ging es doch weiter. Wir erhielten die Nachricht, dass wir weiterkämpfen können. Unsere Vorgesetzten sagten uns, dass die Minsk I und II Abkommen nur zum Schein unterschrieben wurden. Zuerst dachte ich an Betrug. Aber dann verstand ich sehr schnell, wie klug das war.“

Imanov zupft an seinen Schnürsenkeln herum. „Ja, wir bekamen dann den Auftrag, an einer ‚Spezialoperation‘ teilzunehmen.“

Wir stutzten, denn das Wort „Spezialoperation“ kennen wir nur in einem ganz anderen Zusammenhang. Es war doch Russland, das ihn zum ersten Mal 2022 einführte. Imanov bemerkt unsere Irritation und atmet tief durch:

„Nun ja, es ist doch heute kein Geheimnis mehr, was wirklich passiert ist.“

Imanov scheint die Pause zu genießen.

„Selbst Ihre deutsche Bundeskanzlerin Angelika Merkel sprach davon, dass man mit diesen Abkommen nur Zeit gekauft habe. Ja, so war es: Wir waren schlecht ausgerüstet, wir hatten nicht genug Unterstützung aus dem Westen, wir mussten uns auf den Krieg erst vorbereiten, militärisch, ideologisch … und ihn herbeizwingen.“

„Wie meinen Sie das, Herr Bandera?“

„Na ja, wir mussten alles tun, damit dieses Abkommen nicht umgesetzt wird und Russland jede Hoffnung rauben, dass diese Abkommen Bestand haben werden.“

„Und wie haben Sie das gemacht?“

„Den einen Teil der Geschichte kennen Sie ja: die Ukraine wurde aufgerüstet und die Armee wurde ausgebildet. Wir hatten ausgezeichnete und erfahrene Ausbilder aus den USA, aus England, Frankreich. Auch deutsche Ausbilder waren dabei. Ich weiß, darüber wollen Sie nicht so gerne reden. Aber bald werden Sie sicherlich damit prahlen. Da bin ich mir sicher.“

„Und was war der zweite Teil?“

„Ich gehe einmal davon aus, dass Sie sich das denken können.“

Er machte eine kleine Pause und schaute uns an.

„Sie kennen doch die OSZE-Berichte aus der Zeit 2014-2022.“

„Ja, doch, so ungefähr.“

„Wenn Sie dort gelesen haben, dass sich die Angriffe auf die abtrünnigen Gebiete Jahr um Jahr verstärkt haben, dann muss das doch jemand gemacht haben.“

Wir schauten in die Luft und ahnten, was kommen wird.

„Wir, also die Getreuen, bekamen den Auftrag, Angriffe zu unternehmen, denen da drüben das Leben zur Hölle zu machen. Dabei war das aller wichtigste, dass man das nicht der ukrainischen Armee in die Schuhe schieben kann. Deshalb nennen wir das ironisch unsere Spezialoperation. In dieser Zeit haben sich ganz besonders die national-gesinnten Kräfte sehr verdient gemacht. So kam ich zur Asow-Brigade.“

„Das verstehe ich nicht. Die Asow-Brigaden kennen wir doch erst, als Russland den Krieg 2022 begonnen hatte oder? Und da war doch die Schlacht um Mariupol, in der sich die Asow-Brigade den Heldenstatus verdient hat.“

„Das stimmt. Aber davor haben sie über viele Jahre sehr viele militärische Erfahrungen im verdeckten Krieg gegen die abtrünnigen Gebiete gesammelt. Das hat ihnen den Sonderstatus eingebracht. Nicht nur aus militärischer Sicht, sondern auch aufgrund ihrer patriotischen Einstellung.“

„Wir müssen jetzt nachfragen: War und ist der Hass auf die Russen so groß? Wird der tatsächlich so breit geteilt?“

„Sie kennen doch den großartigen ukrainischen Schriftsteller Serhij Zhadan. Der Name sagt Ihnen doch etwas?“

Wir schauen uns an und haben dieselben Bilder im Kopf.

Es war ausgerechnet die Frankfurter Paulskirche, in der 2022 Serhij Zhadan mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde. Das ist nicht irgendeine Auszeichnung. Der „Friedens“preis zählt zu den wichtigsten europäischen Kulturpreisen. Die/der Preisträger/in muss, so steht es im Statut, in hervorragendem Maße „zur Verwirklichung des Friedensgedankens“ beigetragen.

„Also ja. Dann kennen Sie doch auch markante Passagen aus seinem hoch gepriesenen Werk ‚Der Himmel über Charkiw‘. Dort finden Sätze wie: ‚Die Russen sind Barbaren, sie sind gekommen, um unsere Geschichte, unsere Kultur, unsere Bildung zu vernichten.‘ Oder noch einfacher: ‚Brennt in der Hölle, ihr Schweine‘.“

Wir nicken.

„Okay. Wenn so etwas in Deutschland ausgezeichnet wird, dann kann es doch nicht falsch sein, oder?“

Wir sagen nichts dazu und wechseln das Thema, wobei uns auch das nicht wirklich gelingt.

„Herr Bandera, auf der einen Seite wird hier in Deutschland für diesen Krieg an Ihrer Seite geworben, dass man damit die Freiheit verteidige und dabei die russische Regierung gerne mit den Nazis vergleicht. Gleichzeitig verehren Sie und Ihre Kameraden die Asow-Brigade, die sich Nazisymbole bis unter die Haut sticht. Und dann verehren Sie Bandera als Nationalhelden, der ein Komplize des Nazi-Regimes in Deutschland war. Können Sie uns diesen Widerspruch erklären?“

„Ja, das ist eine wirklich schwierige Situation. Sprechen wir ganz offen darüber. Geld allein gewinnt keinen Krieg. Das wissen Sie doch am besten. Es gehört eine nationale Identität dazu, eine Geschichte, in deren Fußstapfen wir treten wollen. Wir haben eben nur Bandera und den brauchen wir heute mehr denn je. Alle wissen das, auch unsere Freunde aus dem Westen. Aber wir sollen das nicht zeigen, uns damit zurückhalten. Halten sie diesen Umgang nicht für verlogen?“

Auflösung des Rätsels ohne Gewinnchancen

Für die „eine“ Seite habe ich die Frankfurter Rundschau gewonnen, die dem Krieg gegen Russland (also nicht den von 1941-44, sondern den ab 2022) wirklich viel bis alles abgewinnen kann. Deren Titelstory ist mit zwei süßen Fotos verziert. Das erste zeigt eine lesbische Soldatin, das zweite einen schwulen ukrainischen Soldaten, der auf Sandsäcken postiert wurde.

Für die „andere“ Seite konnte ich niemand gewinnen. Also habe ich es selbst gemacht.

 

Quellen und Hinweise:

Plötzlich ist egal, wer wen liebt, FR vom 19. Juli 2023, Nr. 165

Rassismus und Menschenfeindlichkeit als deutsche Friedensbotschaft, Wolf Wetzel: https://overton-magazin.de/kolumnen/kohlhaas-unchained/rassismus-und-menschenfeindlichkeit-als-deutsche-friedensbotschaft/

„Euro-Maidan“ – das laute Schweigen des Antifaschismus, Hans Christoph Stoodt und Wolf Wetzel, 2014: https://wolfwetzel.wordpress.com/2014/04/14/euro-maidan-das-laute-schweigen-des-antifaschismus/

Der Krieg ist total en vogue, Wolf Wetzel, 2022: https://overton-magazin.de/kolumnen/kohlhaas-unchained/der-krieg-ist-en-vogue/

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43 Kommentare

    1. Falsch. Russophobie,wie Sie es nennen, ist Mittel zum Zweck Russland zu schaden. Nicht der Grund. So etwas wie Hass auf Russen ist dazu da das Fußvolk zu motivieren. Auch jemand etwas höher in der Hackordnung wie Victoria N. ist auch nur eine nützliche Idiotin motiviert durch ihren Russenhass um Russland zu schaden, in seiner Macht zu beschneiden und bestenfalls zu unterwerfen und auszuplündern.

      1. Im Westen, mag sein, obwohl das eigentlich keinen Unterschied macht ob man Rassismus nur instrumentalisiert oder sich davon leiten lässt. Aber in der Ukraine bei den Banderas sitzt das in den Knochen seit über 100 Jahren. Die sind in ihrem Russenhass aufrichtig und lassen sich davon leiten.

    1. Nein. Das Problem ist, dass der ganze Westen entnazifiziert werden müsste.
      Die positive Nachricht ist, dass der Westen kalte Füße bekommt, wenn die Ukraine entnazifiziert sein wird. Man will zwar Russophobie unterstützen, solange nur Ukrainer draufgehen. Aber selber draufgehen? Lieber nicht. Das lässt hoffen.

      1. Ist solch eine Meinung schweizerisch oder deutsch geprägt?
        Herr Biland, manchmal sind ihre Kommentare sehr irreführend.
        Oder sind’se ein Mensch, der sich Türen offen lässt?

    2. Die reine Vorstellung, dass diese Leute nach dem Krieg in der EU sein könnten und Reisefreiheit genießen…. Dann sieht man nämlich, welche Brut man unterstützt hat. Sibirien wäre der richtige Platz dafür.
      Aber hier einen Riesenterz machen, weil mit AFD-Stimmen eine Entscheidung durchgebracht wurde.
      Und in der Tat: die Woken bedienen sich Techniken, die die Nazis auch angewendet haben. Bislang mit Ausnahme roher Gewalt. Aber da sich die Grünen als die größten Kriegstreiber erwiesen haben kann man nichts ausschließen. Vielleicht widerfährt uns auch Gewalt, weil die grüne Undiplomatin dumm daherschwätzt.

  1. Lieber Wolf Wetzel,

    danke für diesen Artikel – zu ukrainischen Schriftstellern, die in Deutschland Preise für ihre Hasspropaganda gegen Russen bekommen, dass gab es so früher ja nicht, aber irgendwie erinnert mich dieser ukrainische Schriftsteller an so manche deutsche Schriftsteller, die vor, während und nach 1914 – 18 für deutsche (Wehrmachts-)Soldaten, und Freikorps, wahre “Heilige” waren – ich wies bereit in einem anderen Thread auf Friedrich Nietzsches Werk hin, dass so mancher Soldat 1914 – 1918 in seinem Tornister an der Westfront dabei hatte – Der arme, alte Nietzsche war da schon lange tot, aber dennoch hat sein “Übermensch” die deutsche Geschichte – auch von 1933 – 1945 – geprägt, über seine Schwester, die sogar so mies drauf war mit der Schändung seines Andenkens Geld zu machen, indem sie sogar ein Buch als sein Werk ausgab, dass sie in Wahrheit selber geschrieben hat, und das A.H. empfahl “Der absolute Wille zur Macht”.

    Insofern ist die Ukraine auf einem guten Weg direkt in einen neuen (neoliberal-marktradikalen) Faschismus…..und die Schriftsteller dort brauchen keine (Raben-)Schwester, die ihr Werk verfälschen, die haben schon so vom 1. Weltkrieg gelernt – siehe Hasspredigten/Kriegspropaganda gegen ALLE Russen, nicht nur gegen Putin und seine Unterstützer in Russland……

    Sarkastische Grüße
    Bernie

    1. Vielen Dank für Ihre Anmerkungen. Ich denke wie Sie, dass die Zeit vor 1914 sehr wichtig ist, sich in Erinnerung zu rufen, von all denen, die “umgefallen” sind (wie die SPD), bis hin zu dem, was sich im Kunst- und Kulturbetrieb abgespielt hat.

      1. Lieber Wolf Wetzel,

        gerne gesehen 😉

        Was die Zeit vor 1914 angeht, da wundert mich die Geschichtsvergessenheit unserer PolitikerInnen denn doch, denn man konnte doch alles vorausahnen – nicht nur für den deutschen Faschismus gilt “Wehret den Anfängen!” – nein, auch alles was damit zusammenhängt/-hing – in längst vergangenen Zeiten.

        Der deutsche Militarismus war ja – ganz ohne Hitler – schon einer der Übelsten in ganz Europa, die Sache fing m.E. schon 1871 an, als Preußen die deutsche Kaiserkrone erhielt – manchmal denke ich was wäre gewesen die Österreicher hätten 1866 die Preußen besiegt, wo wären wir heute? Gäbe es einen deutschen Militarismus und beide Weltkriege – oder wären wir ein KuK-Staat mit Kaiser in Wien geworden?

        Tja, wir werden es nie erfahren, aber als jemand der in einem Gebiet wohnt, dass einmal lange Jahrhunderte “Vorderösterreich” hieß. vor 1871m hab ich, schon rein naturgemäß, eine Abneigung gegen den “preußisch-deutschen Militarismus” auf den Scholz, Baerbock, Pistorius & Co. wieder zurück wollen.

        Gruß
        Bernie

        PS: Und die deutschen Kolonialtruppen des Berliner Kaisers waren ja die ersten KZ-Betreiber……daher denke ich mit Wehmut daran zurück an die Zeit vor der Reichsgründung anno 1871 – der Schweizer Weltwoche Redakteur Roger Köppel übrigens hat in seinem Format “Weltwoche Daily….” letztens auch gesagt, dass es schon einen gewaltigen Unterschied zwischen Bonn und Berlin macht, und der ist kein guter – die Bonner Republik z.B. war nicht so kriegsbesoffen wie die heutige Ampel-Republik in Berlin……;-)

        1. Lieber Bernie,

          den Zahn mit KuK muss ich Ihnen leider ziehen. Selbstverständlich hätte es ein oder auch zwei Weltkriege gegeben. Das heißt neuerdings Thukydides-Falle (englisch: Thucydides Trap), wenn die Herrschaft eines Imperiums durch aufsteigende Mächte bedroht ist. Das Britische Empire hätte es auch dann nicht zugelassen, dass eine kontinentale Macht die damals neuen technischen Errungenschaften nutzt um sich damit an die Spitze der Entwicklung zu setzen und die eigenen Märkte zu erobern.

          Beim Nachdenken über Geschichte gilt immer noch, dass der Sieger sie schreibt. Warum sollten auch die Sieger ihre eigene Propaganda nach dem Schweigen der Waffen offen legen?

  2. Meine Spontanreaktion auf diesen Beitrag: bin gerade nach einmaligem Lesen völlig “gehammert”.
    Was ist das, was ich da lese? Reine Fiktion? Belletristik? Wer sind diese Leute, die da sprechen? Ist das Realität? Wenn ja, was für eine Katastrophe. Nicht zu fassen. Solche Äußerungen DÜRFEN absolut nicht wahr sein. Aber ich fürchte, es ist tatsächlich Wirklichkeit. Wie sind diese Leute drauf? Ich glaube, da ist nix mehr zu machen. Wenn auch nur der Ansatz einer derartigen Denke zum akzeptierten Allgemeingut wird (isses ja längst), kann man eigentlich nur noch “die Brocken hinschmeißen” . Und Carpe Diem zum Lebensmotto machen, solange dies noch möglich ist. Aber irgendwie macht man es dann doch wieder nicht…….

    Ein toller Beitrag, den ich, wenn ich wirklich Zeit dafür habe, noch ein paar Mal lesen muss. Hat fast etwas “Künstlerisches”……

    1. Oh, vielen Dank. Ja, ich kann eigentlich nur noch “künstlerisch” schreiben, weil die Fakten doch alles, also genug belegen. Ich bin mir recht sicher, dass es um Lebensarrangements (hier) geht, die sich dann die passenden Fakten suchen.
      Und ich versuche mich in die den I. Bandera zu versetzen, um ihn das ausdrücken zu lassen, was jenseits der Fakten liegt.
      Nochmals danke, denn der Text soll unmöglich auf Anhieb verstanden werden.

  3. schöner Roman, ist zu empfehlen, keine grausigen Kriegsgeschichten, es fehlen nur noch die LGBT Armbinden…
    trotzdem graust mich vor “den Bandera Ukrainern” dass sie bald in der EU sind, oder ist es jetzt auch egal???
    https://www.youtube.com/watch?v=mXS4Uh-rsas

    Und alle Maßnahmen wie Wirtschaftsanktionen, Zerstörung NordStream2…usw. treffen den Wertewesten und besonders Deutschland härter als Russland, trotzdem hat bei den EU Eliten (bei den deutschen Olivgrünen erst recht nicht) kein Nachdenken eingesetzt um ihrem Amtseid gerecht zu werden…
    außer Ungarn- nun ja die hatten auch im Ostblock den berühmten “Gulaschkommunismus” gepflegt, mit allen möglichen Freiheiten…
    dem Ukrainer (auf dem Fahrrad) in unserem Park wünsche ich alles Gute um nicht für die NATO interessen “verheizt” zu werden…

  4. Ich bedaure nur die armen Schweine, die nicht freiwillig mit solchen
    Schwachköpfen in einer Einheit dienen müssen. Jetzt ist mir auch klar,
    warum die Ukrainer so hohe Verluste haben. Solche Typen wie der
    “Bandera” schießen auch auf die eigenen Leute, wenn sie glauben
    das die feige sind. Wenn ich mich jetzt an die recht spärlichen
    Informationen aus der Ukraine in den letzten 10 Jahren erinnere,
    muß ich mich aber eigentlich gar nicht über solche Aussagen wundern.
    Verkauf ukrainischer Frauen zur Prostitution in die ganze Welt, Gas
    Diebstahl aus den Transitleitungen und immer wieder Korruption.
    Dazu hörte ich von Menschen aus der ehemaligen DDR, dass besonders
    die Soldaten der Sowjetarmee aus der Ukraine sehr “unfreundlich” waren.

  5. Welch ein guter Abklatsch für all die verwirrten.
    ‘Klar, der Krieg war bisher toxisch männlich.’
    Aber aber, von westlicher Seite haben wir ein in Vielzahl ausgestattetes Heereswesen an weiblichen Geschöpfen die ein feuchtes Höschen bekommen, wenn diese ihre russophoben Einheitsbrei verkünden dürfen, und zusätzlich mit all den Millionen an gut ausgehandelten Meinungsbildungsnarrativen Verträgen zur Allgemeinbildung im öffentlich rechtlichen Rundfunk.
    Herzlichen Dank Wolf Wetzel

  6. Lieber Wolf Wetzel,
    am Anfang war ich etwas stutzig, habe dann aber trotzdem weiter gelesen und danke Dir für diesen Artikel. Er beschreibt im 2. Teil künstlerisch was niemand hierzulande mehr sagen darf oder aus Angst vor Repressionen nicht mehr sagt oder schreibt.

    Ach wäre es es schön wenn wir auch sagen könnten die Bemühung um Frieden bringt uns alle zusammen.

  7. Von Russen lernen, heißt überleben zu lernen. Die Russen sind da, wo wir noch hinwollen.

    Buch:

    “Der Mensch ist klein, daher ist klein schön. Wer auf Riesenhaftigkeit setzt, setzt auf Selbstzerstörung.”

    ( Ernst F. Schumacher, Small ist beautiful, Die Rückkehr zum menschlichen Maß )

    1. Niko Paech sucks !

      Was Flachdenker Paech als Vorwort in der Auflage 2019 verloren hat, hinterlässt Fragezeichen und könnte überlesen werden um dem Hauptwerk Schumachers ( 1972 ) nicht zu schaden.

  8. Agenda 2030 gilt auch für Moskau. Klimaziele, Bargeld, digitale Kontrolle, Mobilität, Arbeitsmigration, Weltbank und Währungsfond. Rußland oder China machen bei allem mit was ihnen paßt. Der Rest sind geopolitische Reibereien. Hört auf Rußland, China oder BRICS als Systemalternativen verkaufen zu wollen. Das ist nichts anderes als Ozeanien, Eurasien und Ostasien, die streiten sich vorne, hinten stecken die doch wieder die Köpfe zusammen. Wer für die eigenen Kinder eine erträgliche Zukunft will der hört mal auf so zu tun als sein ein Land wie die Ukraine schicksalsträchtig für das Überleben der Menschheit. So bitter es für die Betroffenen ist, da ist ein Hinterhof, hier spielt die Musik.

    1. Rußland oder China machen bei allem mit was ihnen paßt. Der Rest sind geopolitische Reibereien. Hört auf Rußland, China oder BRICS als Systemalternativen verkaufen zu wollen.

      Beim Lafontaine mögen wir beide wohl unterschiedliche Reibepunkte haben (wenn ich Zeit habe, gehe ich vlt. noch auf Ihre Punkte vom Wochenende ein) – aber das hier kann ich unterschreiben. Gut zusammengefasst! Ich verstehe auch nie die Leute, die nach Russland, Brasilien oder in die Schweiz auswandern und glauben dort sei es irgendwie „besser“. Da setzen dieselben Entwicklungen höchstens später ein oder in anderen Dosen; dafür hat man dann noch andere Probleme am Hals.

      Grüße an den Niederrhein!

      1. @ Altlandrebell:

        Ach, eigentlich ist der Oskar gar nicht wichtig und ich habe ja nirgends behauptet, daß die Gegenspieler besser gewesen wären. Im Grunde hat man meist nur die Wahl zwischen Pest oder Cholera und wählt das wo man sich die bessere Überlebenschance ausrechnet.

        Ich halte zwar tatsächlich nicht viel von Lafontaine, aber Sie sollten bedenken wo wir sind, auch ich polarisiere gerne mal und wenn Sie es keinem verraten, zuweilen provoziere ich auch. Ich finde aber sowieso, Reibung erzeugt Energie. Leider sind hier und anderswo wenig Leute die auch mal bereit sind was ganz Neues zu denken, auch mal alles zu hinterfragen, selber mal die Gegenposition einzunehmen. Eigentlich sind die meisten Leute in den Foren, wie die meisten Leute in der Politik. Im Grund kein Wunder, sind ja diesselben Menschen.

        Ich weiß überhaupt nicht warum man auswandert. Ich kann verstehen wenn man flieht, ich verstehe selbst jene die vielleicht nicht wirklich verfolgt werden, aber sich denken “in Europa geht es mir besser”. Die mache ich ja auch für nichts verantwortlich. Ich kann historisch verstehen, warum man mal in die neue Welt auswanderte. Ich kann sogar Leute verstehen, die eine Herausforderung suchen oder einer Begeisterung folgen, die vielleicht real gar nicht existiert, aber hier abhauen nur im Ruhe zu haben, das ist mir zu dumm. Klar hat man in dünn besiedelten Regionen mehr Ruhe vor dem Staat. Aber ob der Durchschnittsdeutsche nun wirklich fürs Outback, Alaska oder Sibirien geeignet ist oder meinetwegen Nordschweden? Dazu muß man geboren sein und braucht auch die entsprechende Prägung.

        Und überall sonst ist es wie hier, wenn nicht schon schlimmer. Ich gehöre zu denen die sagen, in Schweden waren die Pandemiemaßnahmen nicht so heftig, weil die eh schon alle auf Linie sind. Wozu dann eine Bevölkerung unnötig quälen. Die lassen sich doch jetzt schon freiwillig chippen. Aber das ist meine Meinung. Wenn ich gehen würde, dann nur weil ich irgendwo hin will, nicht um wegzukommen. Und die Schweiz, die war mal ein Sehnsuchtsland, da war ich in meiner Jugend sehr oft, das sind zwar die Landschaften schön, das war es dann aber auch. Man muß mit den Menschen auch leben können und zwar nicht nur als Tourist. Ich interessiere mich sehr für Japan, aber wer wäre ich in Japan, ein Gaijin, ergo ein Fremder. Ne, ich bleibe hier. Vielleicht ziehe ich mal ostwärts, wenn ich hier keine familiäre Bindung mehr habe, aber auch nur falls dann meine Beziehung noch besteht, nicht einfach nur so.

        Weiß nicht mehr wer es mal gesagt hat, aber eines nimmt man immer mit, egal wohin man reist – sich selbst. Und wenn ich emmigrieren muß, dann nach innen. Da ist es auch schön und da sind die Gedanken immer frei.

        In diesem Sinne, herzliche Grüße ins alte Land!

    2. Legt dich in den schlafenden Mythos!
      Russland hat vor Jahren diesen Stimulus benannt, hervorgebracht und umgesetzt!
      Der Westen hat das alles voll unterstützt, deshalb die Sanktionen, um Russland sich zu entwickeln. Russland geht es besser als vor dem “Krieg’, Überraschung?
      Sie, die russische ‘nation’ werden den neuen Umbruch installieren, weil der ‘Westen’ mit seiner Bevölkerung nicht dazu in der Lage ist!
      Beschweren werden sich immer diejenigen, die nicht begreifen was vor sich geht…
      Simulanten simulieren die Simulation!

      1. @ PRO1:

        Falls ich es Ihnen noch nie mitgeteilt haben sollte, mich stört weniger was Sie schreiben, ich finde Sie tatsächlich dumm, was kein Angriff sein soll, sondern nur eine Feststellung aufgrund der Qualität Ihrer Kommentare und was noch wichtiger ist, wenn man diskutieren will, Sie sind schrecklich langweilig. Niemand hindert Sie aber daran nach Rußland zu reisen, dann vergleichen Sie einfach direkt und vor Ort und wenn Sie dann in ein paar Jahren zurück kommen, dann können Sie mich vielleicht lügen strafen, ich glaube aber nicht.

        1. Danke für das nichtkompliment.
          Leute wie sie, extra klein geschrieben, können alles auf dem russischen Blog vom Präsident nachlesen. Dort ist alles schwarz auf weiß festgehalten. D. H. alles ist transparent, die einzigen die hier eine Inszenierung veranstalten sind die Exzeptionalisten!
          Sie liefern weiterhin an einem Land das faktisch am Boden liegt, Realismus schaut anders aus. Auch ihre favorisierte Partei hat sich nicht klar gegen eine NATO ausgesprochen, ja das ist wahrlich intelligent!
          Frau Melone erhält Besuch aus Bruxxelles und Lampedusa wird trotz entgegen aller Wahlversprechen geflutet!
          Da bleib ich lieber dumm, aber dafür bescheiden.
          Ohne freundliche Grüße

          1. Nun lass ihn doch. Er glaubt ja tatsächlich, dass sein ellenlanges Dauergeschisse irgendwie…innelekwell daherkommen würde. Es war, es ist ein permanentes Rumgeflenne eines verbitterten, mittelalten Mannes, der die kärglichen Chancen, die ihm sein “Leben” dargeboten hat, in feinster Manier versemmelt hat. Jetzt sucht er halt verzweifelt jemanden, dem er die Ohren abkauen kann. Piel ist ‘ne richtig arme Wurst, für die man, wäre sie nicht so eine widerliche Rassistens**, eigentlich Mitleid erübrigen sollte.

  9. Sehr geehrter Herr Wetzel, auch ich habe erst mit Skepsis angefangen zu lesen, doch dann wurde es interessant. Es ist von Ihnen sehr gut eingeleitet worden, und Ihre mentale Überlegenheit hat zur Demaskierung der “Freiheitskämpfer” geführt. Wir müssen halt noch etwas Geduld haben, bis die Welt begreift, was hier gespielt wird. Ich hoffe nur, dass wir uns bis dahin nicht so sehr selbst ins Knie schießen, dass wir nicht irgendwann wieder anfangen können, zu laufen.

  10. Mit Verlaub, aber bezüglich des Schriftstellers Serhij Zhadan ist Herr Wetzel m.E. doch “über’s Ziel hinausgeschossen”. Oder hat am Ziel vorbeigeschossen.

    Sein “Himmel über Charkiw” ist ja Alltagsprosa, enthält Alltagsberichte und “Reflektionen” während des Kriegs, die in sozialen Medien erschienen (Facebook), aus denen seine langjährigen deutschen Übersetzer dann dieses Buch kompiliert haben. Zhadan selbst soll geäußert haben, dass er sich nie habe vorstellen können, dass diese öffentlichen Notizen in einem Buch hätten vereinigt werden können. Es gibt nicht einmal eine ukrainische Ausgabe dieses “Buches”; das ist m.E. durchaus bemerkenswert.

    Aber die beiden Zhadanschen Sätze nun als Antwort auf die Frage vorzustellen, ob “der Hass auf die Russen [in der Ukraine] groß _war_ und ist” und ob er “weit geteilt” wird, führt ja wohl doch in die Irre.
    Natürlich hat der russische Beschuss von Charkow bei den Bewohnern der Stadt, darunter Zhadan, zu Wut und Hass geführt. Und wenn dies die hasserfülltesten Zhadanschen Sätze waren dann verfügt er über eine ausgeprägte Selbstkontrolle.

    Die Russen selbst, darunter “Halboffizielle”, also die Kreml-Linie vertretende Publizisten, gehen davon aus (und äußern gelegentlich), dass der Krieg eine solche Feindschaft zwischen den jahrhundertelangen Brudervölkern erzeugt hat, dass an die vormaligen Beziehungen über Generationen nicht zu denken ist.
    Eine russ. Publikation (Regnum.ru) hat vor einigen Tagen einen (angeblichen?) Brief eines Charkower Bürgers publiziert, der bis heute mit Moskau sympathisiert. Der hat im Prinzip den halben Krieg Revue passieren lassen, hat Teile aus seinen Tagebuchaufzeichnungen zitiert und kommentiert. Da ging es natürlich um die Zerstörungen durch russischen Beschuss, den grotesken Versuch der Eroberung der Stadt Ende Februar (mithife von kaum mehr als ein paar Hundert Mann), den Stimmungswandel in der Bevölkerung, die Ohnmacht der Bürger gegenüber den bewaffneten ukrainischen Milizen, die Angst, gegenüber Fremden das Falsche zu sagen usw.
    Der Mann erklärte, dass nach seiner Schätzung unmittelbar vor dem Krieg immernoch 40 bis 60% der Charkower mit Russland sympathisierten (ist ja die größte russischsprachige Stadt) und es nun 2 bis 3% sind. (Was natürlich schwer zu schätzen ist, weil aktuell ohnehin alle Abweichler die Klappe halten)

    Wenn die russ. Regierung mit der “speziellen Militäroperation” den mit ihr sympathisierenden Ukrainern helfen wollte, so hat sie sich gewaltig verrechnet.
    Man muss sich das einfach nochmal historisch vor Augen halten. Russland hat in seiner Geschichte gegen allerlei Staaten bzw. Völker Krieg geführt, gegen die Mongolen, die Schweden, die Türken, die Polen, die Deutschen, die Franzosen, die Briten (Krim-Krieg) usw.
    Aber nicht gegen die Ukrainer. Die russ. Geschichte war zahlreich an Baueraufständen (kein Wunder angesichts der langjährigen Leibeigenschaft), aber’s gab keine ukr. Aufstände gegen die Russen (gegen die Polen dagegen sehr wohl).
    Die post-sowjetischen, ukrainischen Regierungen seit der “orangenen Revolution” und die in ihrem Sinne auftretenden ukr. Akademiker haben sich nach Kräften bemüht, gegen die Ukrainer gerichtete Scharmützel, Repressionen und Gewalttaten in der russ. Geschichte ausfindig zu machen, haben die Hungersnot von 1932/33, die in der halben SU herrschte, zum Genozid an den Ukrainern uminterpretiert etc. Diesem gesamten Unterfangen gelang es zwar, die Ukrainer international zum ewigen Opfer der Russen zu stilisieren, aber im Lande selbst war es relativ wenig ertragreich.

    Nun müssen die interessierten Kreise in der Ukraine (und im Westen) nichts mehr erfinden. Das Superhirn Putin, der geniale “Schachspieler unter den Politikern”, hat ihnen unter die Arme gegriffen.

    Bei Zhadan muss man schauen, was er vor dem 24. Februar letzten Jahres von sich gegeben hat. Aus den Biografie-Schnipseln auf Wikipedia (de, ru, ukr.) geht hervor, dass er bereits mit 16 Jahren Flugblätter des Ruch verteilt hat, der relativ einflusslosen ukr. Unabhängigkeitsgruppierung zur Zeit der Perestroika (in der Oblast Lugansk!). Dass er Teilnehmer des orangenen Maidan sowie Euromaidan war (in Charkow!). Der russophilste Zeitgenosse ist er also sicher nicht. Aber zum Hass auf die Russen gehört deutlich mehr als das.

    1. Der Mann erklärte, dass nach seiner Schätzung unmittelbar vor dem Krieg immernoch 40 bis 60% der Charkower mit Russland sympathisierten

      Schätzungen und Meinungsumfragen, die während einer Kriegssituation erhoben werden, sind – mit Verlaub gesprochen – für die Tonne. Ob sie von einem Einzelnen oder einer Institution wie dem KIIS erhoben werden, spielt dabei keine Rolle. Der Konflikt und die ihn begleitenden Repressionsmaßnahmen verzerren das Bild erheblich und begünstigen oftmals von der Obrigkeit oder der (gedachten) Öffentlichkeit erwünschte Positionen. Darauf wies beispielsweise Ivan Katchanovski hin, der immerhin bei der KIIS eine der letzten brauchbaren Umfragen vor Kriegsbeginn in Auftrag gab. Mit vor Kriegsbeginn meine ich übrigens „April 2014“. In der Oblast Donezk waren damals rund ein Viertel der Befragten für die Sezession und den Anschluss ihrer Region an Russland, in Lugansk knappe 30 %; wobei dieser Anteil im Frühjahr in beiden Oblasten in der Folgezeit insbesondere wegen der ATO-Einleitung durch die Post-Maidan-Regierung zunahm (vgl. Katchanovski 2016). In Charkow, wo die heute oft vergessene „Charkower Volksrepublik“ ausgerufen worden war, waren es dagegen nur etwas mehr als 15 %. Für den Fall einer (bereits damals erwarteten) großräumigen russischen Intervention, gaben in Donezk rund 12 % an dieser mit bewaffnetem Widerstand begegnen zu wollen. Ebenso viele gaben dagegen an den Schritt zu begrüßen; die große Mehrheit (45 %) freilich wollte zu Hause abwarten. In Lugansk waren es etwas mehr „Begrüßer“ als „Widerständler“, bei ähnlich hohem „stay at home“-Wert. In Charkow dagegen war mit rund 20 % die Zahl derjenigen, die Widerstand leisten wollten, mehr als doppelt so hoch als die der „Begrüßer“, wenngleich sogar noch mehr (fast 50 %) angaben zuhause blieben zu wollen. In allen drei Oblasten gab es dabei mehr (Charkow) oder weniger (Lugansk) deutliche Mehrheiten gegen die Entsendung russischer Truppen in die Ukraine (50 bis 70 % Ablehnung je nach Oblast).

      Natürlich ging es hier jetzt nicht explizit um „Sympathie für Russland“. Und natürlich fand die Umfrage ebenfalls bereits unter angespannten Verhältnissen statt. Deutlich wird gleichwohl: eine militärische Einmischung von außen (und sei es vom angeblichen „großen Bruder“) war einerseits nicht erwünscht (wie gesagt: das war aber noch vor Odessa und ATO). Andererseits wird ein gewisser Unterschied zwischen Donbasser und Charkower Raum deutlich. Woher rührt dieser?

      Meine paar Groschen: 1991 wollten Donezk und Lugansk kein „weiterer Oblast Rostow“ werden. Man rechnete sich größere Chancen in der nun unabhängig gewordenen Ukraine aus. Immerhin war man ein Industrierevier, das auch einen großen Maschinenbausektor hatte, der absolut konkurrenzfähig auf dem Weltmarkt war (LKW, Trams…). In den Folgejahr(zehnt)en erwies sich die Lage jedoch als trügerisch und man wurde sowohl von den galizischen Monisten wie auch der angeblich die Donbasser Interessen vertreten wollenden PdR um Janukowitsch hintergangen. Daraufhin nahm im Donbass der Wunsch nach Eigenständigkeit zu. Rasch. Sieht man in Umfragen – nach der Wahl 2010 wollten 3 % die Unabhängigkeit, im Frühjahr 2014 schoss die Zustimmung in die Höhe. Katchanovski hat mal alle Formen (Sezession, Irredenta, Autonomie…) zusammengezählt und kam auf 60 % der Befragten, die solche Forderungen teilten. Sicherlich waren da viele darunter, die rüber nach Rostow-na-Donu gefahren waren und feststellen konnten, dass es den Leuten dort keineswegs schlecht ging. Zudem war der Donbass als „Wilder Süden“ immer bereits Fluchtpunkt für diverse Querköpfe und Gruppen gewesen und hatte anders als andere (sowjetische wie russische wie ukrainische) Regionen getickt. Allgemein hat der Donbass eine sehr spezifische Regionalidentität. 60 % ethnische Ukrainer, aber nur 30 % der Bewohner verstanden sich auch als ukrainische Bürger, der Rest definierte sich als Mariupoler, Donezker et cetera oder schlicht als „Donbasser“ oder „(Berg)Arbeiter“.

      Das so ziemlich dümmste, was man als Zentralregierung unter solcherlei Voraussetzungen tun kann, ist die gesamte betroffene Region mit einem als „Anti-Terror-Operation“ verbrämten Militäreinsatz zu überziehen. Genau das haben Turtschnynow und Co. (unter Beipflichtung ihrer westlichen Kuratoren) aber damals getan. Klassischer Fall von feindzentrierter Aufstandsbekämpfung, wirkte in diesem Fall wie Rauchen an der Tankstelle…

      In Charkow war die Situation anders. Dort gibt es auch eine spezifische Regionalidentität, aber die sozialräumliche, kulturelle und ökonomische Gliederung ist eine ganz andere. Von der Geschichte ganz zu schweigen. Charkow war bekanntlich die erste Hauptstadt der Ukrainischen SSR, ist Universitätsstadt und obendrein nicht im Donbass gelegen (wie in deutschen Medien immer geschwätzt wurde) oder in der „Ostukraine“ (was soll das sein?), sondern ist Zentrum der Sloboda-Ukraine. Charkow hat ebenfalls eine ganz distinkte Identität, aber sie war bereits vor dem Krieg eher nach Kiew ausgerichtet als nach Moskau und ist obendrein sehr liberal. Zur Sloboda-Ukraine gehörten übrigens auch die nördlichen, beziehungsweise westlichen Teile der Oblaste Donezk und Lugansk und es ist kein Wunder, dass der Donbasser Aufstand dort weniger Anklang fand als im „klassischen Donbass“ (abgesehen davon, dass die Gegenden im Nordwesten mit Ausnahme von Kramatorsk / Slawjansk eher rural sind).

      Der Faktor Regionalidentität erklärt, warum der Aufstand in Charkow im April 2014 zusammenbrach. Die Stadt war durchaus polarisiert, aber die Identität eher pro-Kiew und die lokalen Notabeln ohnehin den Post-Maidan-Regierungen zugeneigt, welche wiederum in der Folgezeit stark bemüht war den Charkower Sektor zu sichern, zumal das Gebiet rückwärtiger Frontraum war (und ist). Es kommt auch nicht von ungefähr, dass dort so viele rechtsnationale und faschistische Bataillone stationiert sind und ihre Ideologie verbreiten durften und so viele Razzien seit 2014 in Charkow stattfanden.

      Was heißt das für die Gegenwart und die Zukunft? Nun, es kann aufgrund dieser Strukturbedingungen gut sein, dass die „Sympathie“ für Russland seit 2014 weiter abgenommen hat. Vielleicht seit letztem Jahr nochmals verstärkt. Andererseits weiß man nicht, was bei einem echten Einmarsch in Charkow (Stadt) passierte, oder so die ganze Region im Rahmen eines Abkommens abgetreten werden müsste. Die Fluchtbewegung könnte eine sozialräumliche Durchmischung bewirken, die ähnlich wie unten in Cherson und den anderen Gebieten wirkt. Man muss nicht alle Punkte Röpers teilen, um festzuhalten, dass viele der dort da gebliebenen, sich sehr wohl mit den neuen Obrigkeiten arrangiert haben. Und zwar nicht nur im Sinne einer bloßen Duldung.

      Diesem gesamten Unterfangen gelang es zwar, die Ukrainer international zum ewigen Opfer der Russen zu stilisieren, aber im Lande selbst war es relativ wenig ertragreich.

      Haben Sie Quellen für diese Aussage und können Sie diese bei Gelegenheit nachreichen? Anna Matwejewa zeigt eigentlich sehr gut in ihrem Buch „Through Times of Trouble“, dass dieser Geschichtsdiskurs seit den 1990ern in der Ukraine eingeschliffen worden ist. Katchanovski und ein paar andere haben hierzu auch gute Untersuchungen geliefert. Man hat seit Kutschma die ganze nationale Identität um diesen Topos aufgebaut und die zugehörigen Wertvorstellungen und Inhalte über das Bildungs- und Kultursystem vermittelt. Wer ab den 1980ern geboren ist, ist damit aufgewachsen und beschult worden. Epizentren des Widerstands gegen diese Ideologie waren einerseits die Krim, andererseits der Donbass. In Charkow war der Anklang größer.

    2. Ich danke Ihnen für die Ergänzungen und ich kann verstehen, dass man mit den paar Zitaten diesem ukrainischen Schriftsteller nicht gerecht wird. Mir ging es vor allem darum, zu zeigen, wie er be/genutzt wird, wie man sich ihn zurechtlegt, um damit etwas zur Sprache zu bringen, was die alte, deutsche (Kriegs-Nachkriegs-)Generation nicht aufgegeben hat: Man verzeiht ihnen (“den Russen”) nicht das Stalingrad, die Sowjetfahne auf dem Berliner Reichstag 1945. Anstatt sich mit dem eigenen (nie aufgegebenen) Imperialismus auseinanderzusetzen, reaktiviert man den “Russen” als Feind.
      Im nächsten Beitrag gehe ich darauf näher ein.

  11. Nun gab es in Kiew im Jahr 2019 einen CSD, der aber von 7.000 Polizisten geschützt werden musste. Und zwar nicht gegen Putinanhänger, sondern gegen “rechte Nationalisten”, also die Putinhasser. Was jetzt im Krieg natürlich nicht mehr vorkommen darf. Man ist vom Westen abhängig und dort will man schwule Kriegshelden sehen. Da liefert man eben.

    Nun wissen wir nicht genau, ob Herr Wetzel diesen Imanow nur erfunden hat. Jedenfalls ist das gut porträtiert, so ticken diese Leute. Frage: hat dieser Imanow die Unterstützung seiner Landsleute? Hier mal die Wahlergebnisse der größten faschistischen Partei, der Swoboda:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Allukrainische_Vereinigung_%E2%80%9ESwoboda%E2%80%9C#Wahlergebnisse

    Man sieht, dass sie 2012 im Westen Rekordergebnisse einfahren konnte, mit über 38 Prozent, bei Kommunalwahlen bis 44. Dann aber, nach dem Putsch von 2014 der krasse Einbruch, auch im Westen. Die Ukrainer konnten jetzt sehen, was Faschismus wirklich bedeutet und sie lehnten ihn ab. Zwei Prozent hat Imanow hinter sich, 98 Prozent lehnen ihn ab. Woran auch das Errichten von unzähligen Bandera-Statuen in allen Landesteilen nichts ändern konnte.

    Ja, Imanow musste den Krieg mit Russland proaktiv herbeiführen. Jetzt kann er sagen, er habe immer recht gehabt. Eine Garantie, dass er damit durchkommt, hat er allerdings nicht.

    1. So ein Blödsinn. Es waren beim CSD in Kiew 7000 Teilnehmer, nicht Polizisten. In Berlin wurden dieses Jahr auch 1000 Polizei- und 600 andere Sicherheitskräfte aufgefahren. Ganz normal.

      phz

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