Durchs Tal der Biokrise

Wollen wir das: Selber auswählen aus hauptsächlich regionaler Ware (Südfrüchte ausgenommen), wie hier im Hofladen von Gut Rothenhausen? Oder wollen wir verpacktes Obst und Gemüse im Supermarkt? | Foto: Florian Schwinn
Wollen wir das: Selber auswählen aus hauptsächlich regionaler Ware (Südfrüchte ausgenommen), wie hier im Hofladen von Gut Rothenhausen? Oder wollen wir verpacktes Obst und Gemüse im Supermarkt? | Foto: Florian Schwinn

Von einem Tal sprechen Händler, wenn sie in einer Absatzkrise stecken. Und wenn dieses Tal durchschritten ist, dann geht es wieder aufwärts.  Das ist das Bild, das gemeint ist, wenn ich diese Kolumne »Durchs Tal der Biokrise« überschreibe. Wer durch das Tal hindurch ist, hat es geschafft.

Es war der Krieg in der Ukraine, der 2022 die Preise trieb und auch die Menschen weit entfernt von Luftalarm und Einschlägen verunsicherte. In den Monaten nach dem russischen Angriff stiegen hierzulande nicht nur die Energiepreise, sondern ganz eklatant auch die der Lebensmittel.

Fossile Landwirtschaft

Kein Wunder eigentlich, ist doch zumindest die konventionelle Landwirtschaft fossil angetrieben. Der bei dieser Form der Landwirtschaft nicht mehr wegzudenkende Kunstdünger wird mit Erdgas hergestellt, die Pestizide kommen von der ebenso fossil betriebenen Chemieindustrie, die Maschinen tanken Diesel. Entsprechend waren es vor allem die konventionellen Lebensmittel, die große Preissprünge machten, während der Preisanstieg bei Bio relativ gering ausfiel oder ganz ausblieb.

Dennoch hatte ich ein Jahr nach Kriegsbeginn meinem Podcast und dem zugehörigen Blog den Titel gegeben: »Bio in der Krise«.

In der Krise wurde letztlich dann gar nicht so viel weniger Bio gekauft. Vor allem wurde Bio aber woanders gekauft und damit auch anderes Bio: Statt im Hofladen oder im Bioladen bei den Supermarktketten und Discountern. Weil es da ja billiger ist. So haben wir das gelernt — stimmte aber oft nicht mal.

»Krieg, Inflation, Energiekrise: Ein Volk hat Angst und geht zum Discounter.« So hatte ich die Situation damals zusammengefasst. Wobei dies die Beschreibung eines sehr deutschen Phänomens ist: Wenn es bei uns kriselt, dann wird zuerst am Essen gespart. Und wenn es dann doch nicht so schlimm kommt, wie befürchtet, dann wird zuerst in Urlaub gefahren — und weiterhin beim Essen gespart.

Das hatte Folgen. Vor allem für viele alteingesessene Bioläden, für den Naturkost-Fachhandel. Der ist heute deutlich ausgedünnt; viele kleine Läden haben die Krise nicht überlebt. Und auch die großen Naturkosthändler knapsen.

Das Beispiel »Landwege«

»Wir sind durch die Talsohle hindurch«, sagt Philipp Hennig. Das gilt für »sein« Gut Rothenhausen und für die Genossenschaft Landwege, deren Aufsichtsratsvorsitzender er ist. Das Foto entstand an einem trüben Morgen ohne Besucher auf dem Hof. | Foto: Florian Schwinn
»Wir sind durch die Talsohle hindurch«, sagt Philipp Hennig. Das gilt für »sein« Gut Rothenhausen und für die Genossenschaft Landwege, deren Aufsichtsratsvorsitzender er ist. Das Foto entstand an einem trüben Morgen ohne Besucher auf dem Hof. | Foto: Florian Schwinn

Ich will hier von einem ganz besonderen Bioverbund erzählen, der gerade dabei ist, sich selbst zu retten, oder der dies eigentlich schon geschafft hat. Es geht um die EVG Landwege eG in Lübeck. Das Kürzel EVG steht für Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft und das kurze eG hintendran zeigt an, dass es sich hier um eine eingetragene Genossenschaft handelt.

Und diese Genossenschaft hat im April dieses Jahres Insolvenz angemeldet und durfte sich dann selbst sanieren. Am Jahresende wird das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung abgeschlossen sein. Es gab keine Entlassungen, alle Höfe sind noch dabei und die fünf Bioläden in Lübeck haben auch überlebt. Nur den jüngsten der Märkte, im benachbarten Bad Schwartau, den gibt es nicht mehr.

Am Beispiel von Landwege lässt sich beschreiben, was verloren geht, wenn solche Projekte verschwinden. An diesem Beispiel kann man begreifen, was der Unterschied zwischen Bio im Supermarkt oder beim Discounter und Bio in einem direkten Verbund von Höfen und lokalen Läden ist. Deshalb steht Landwege hier pars pro toto für all die direkten lokalen Vermarktungswege von biologisch erzeugten Lebensmitteln, die in der anhaltenden Biokrise noch immer zu kämpfen haben.

Wobei die EVG Landwege durch jene anfangs erwähnte Talsohle wohl hindurch ist. Die Umsätze steigen und liegen in zwei von fünf Lübecker Biomärkten zeitweise über denen aus der Zeit vor Corona. Diese Zeit ist die Messlatte für die Biobranche, denn in der Pandemie selbst, als die Menschen zuhause blieben und kochten, verzeichnete die Branche ihr Allzeithoch. Auf das dann der harte Absturz in die Ukraine-Krise folgte.

»Landwege ist definitiv durch die Talsohle hindurch«, sagt Philipp Hennig, der Aufsichtsratsvorsitzende der Genossenschaft. »Natürlich sind wir nicht frei von der Entwicklung um uns herum und wir wissen auch nicht, wohin die geht. Aber was wir tun konnten, das ist getan!«

Hof Genossenschaft

Auf Gut Rothenhausen an einem sonnigen Nachmittag: Familien verschaffen ihren Kindern ein Bauernhoferlebnis. In der Mitte das voll besetzte Fenster mit Blick zum Melkstand. | Foto: Florian Schwinn
Auf Gut Rothenhausen an einem sonnigen Nachmittag: Familien verschaffen ihren Kindern ein Bauernhoferlebnis. In der Mitte das voll besetzte Fenster mit Blick zum Melkstand. | Foto: Florian Schwinn

Philipp Hennig ist Landwirt und einer der Betriebsleiter des Gutes Rothenhausen, eines Demeter-Hofes in der Gemeinde Groß Schenkenberg, zwölf Kilometer von Lübeck entfernt.

Als ich ihn dort besuche, an einem sonnig warmen Herbstnachmittag, da ist von der Biokrise nichts zu sehen. Im Gegenteil, der Hof brummt vor Geschäftigkeit. Der Parkplatz am Hofladen steht voller Autos. Die Stühle und Tische vor dem Hofladen sind besetzt. Dort wird Kaffee getrunken und Gebäck gegessen. Der Spielplatz zwischen Hofladen und Ställen ist voller Kinder. Dicht gedrängt stehen sie auch auf einem extra für sie dort postierten Tritt am Fenster des Melkstands und schauen hinein.

Die Melkmaschine läuft, die Kühe rufen, eine Melkerin versucht gerade die letzte von ihnen zum Melkstand zu bewegen. Eine ist immer die letzte und will extra gebeten werden. An diesem Tag ist es die rotbunte Kuh Lena. Auch in der Stallgasse schauen Eltern mit ihren Kindern dabei zu.

Die Familien, die ihren Ausflug zum Bauernhof beenden, tun das mit Einkaufstüten in den Händen. Im Hofladen gibt es ein großes Sortiment an Gemüse und Obst, diverse Brotsorten, Brötchen und Gebäck und eine große Käseauswahl. Auch sonst ist der Hofladen ein gut sortierter Biomarkt. Und auch gut besucht.

Biokrise? Hier nicht, oder?

»Der Schein trügt«, sagt Philipp Hennig. Es ist warm heute, schönes Wetter. Das nutzen viele Eltern mit Kindern für einen Ausflug mit Bauernhoferlebnis. Wenn die Kinder älter sind, bleiben die Eltern auch wieder weg. »Das sagen die uns auch, wenn wir sie dann mal am Marktstand treffen.«

Der Hof sei eben doch weit weg von Lübeck. Zwölf Kilometer sind für Menschen auf dem Land keine Entfernung. Städter empfinden das anders, für sie sei das weit. »Die meisten bleiben in Lübeck und die erreichen wir dann entweder über unseren Lieferservice oder eben über Landwege.«

Bio nicht gleich Bio

Die Biomärkte in der Stadt seien für die Höfe auch mehr als eine Verkaufsstelle. Über Landwege könnten sie auch noch mehr erzählen zu ihren Produkten. Die Geschichten dahinter, die ihre Lebensmittel von denen unterscheiden, die es beim Supermarkt gibt.

Was Philipp Hennig damit sagen will: Bio ist nicht gleich Bio. Die Bio-Lebensmittel der Genossenschaftshöfe von Landwege sind anders, als die standardisierte Ware im sogenannten LEH, dem Lebensmitteleinzelhandel der Supermarktketten und der Discounter. Nur, das klarzumachen, ist nicht einfach.

Schon gar nicht, wenn man sich der Marktmacht des LEH gegenübersieht. Lidl zum Beispiel leistet sich gleich mehrere sogenannte Content Creators, also Menschen, die für den Discounter in ganzen YouTube-Staffeln vor der Kamera stehen und Geschichten über die Biolebensmittel erzählen, die die Kette anbietet. Dabei wird Aufklärungsarbeit geleistet über Bio-Label und Bioproduktion, da werden dann auch Landwirte und Höfe gezeigt. Nur dass die dort entstehenden Bioprodukte in ein genau festgelegtes Raster passen müssen, um bei den Ketten überhaupt ins Angebot zu gelangen, das wird nicht dazu gesagt

Es sei denn, Penny bewirbt sie extra als »Naturgut Bio-Helden« oder Aldi verkauft auch mal nicht ganz makellosen Spargel als »Krumme Dinger«. Dazu gibt’s dann natürlich die Erfolgsmeldungen zum »Pakt gegen Lebensmittelverschwendung«, den übrigens damals der ungeliebte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir mit dem Handel geschlossen hat.

Die Geschichten, die andere erzählen über ihre YouTuber und Food-Influencer, seien sicher nicht falsch, sagt Tina Andres vom geschäftsführenden Vorstand der Landwege-Genossenschaft. Wenn es um Bio geht könnten sie nicht falsch sein, »denn Bio ist immer noch der einzig normierte und gesetzlich verbriefte Lebensmittelstandard in Europa.«

Der Unterschied zwischen Bio und Bio ist ein anderer. »Was von einem vielfältigen bäuerlichen Familienbetrieb kommt, passt niemals in ein Discounterregal«, sagt Tina Andres. Das brauche andere Absatzwege, und wenn es die nicht mehr gebe, hätten die Bauern existenzielle Sorgen. »Deswegen ist es so wichtig, dass es uns gibt und wir auch das, was wir wirklich tun, eben die Zusammenarbeit mit bäuerlichen Strukturen, gut kommunizieren.«

Gut kommunizieren

Sie haben wieder gut lachen: Die Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft Landwege ist gerettet. Auch dank des Vorstands: Tina Andres und Klaus Lorenzen. | Foto: Florian Schwinn
Sie haben wieder gut lachen: Die Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft Landwege ist gerettet. Auch dank des Vorstands: Tina Andres und Klaus Lorenzen. | Foto: Florian Schwinn

Kommunikation meint im Handel eigentlich auch Werbung. Aber ein Betrieb, eine Genossenschaft, die gerade durch ein Insolvenzverfahren gegangen ist, dürfte dafür wohl eher kein Geld haben. »Doch«, sagt der zweite Landwege-Vorstand Klaus Lorenzen, »wenn auch mit einem vergleichsweise winzigen Budget.« Im Prinzip aber sei die werbliche Kommunikation im Insolvenzverfahren sogar vorgesehen, »damit wir Kundinnen und Kunden ansprechen können, die wir bisher noch nicht erreicht haben. Auch um klar zu machen, was uns grundlegend vom Discounter unterscheidet.«

Das sei nicht unbedingt das einzelne Produkt, das die EVG Landwege vom Supermarkt nebenan unterscheidet. »Das ist vielmehr die Herangehensweise, die Philosophie, die Art, wie wir miteinander arbeiten.«

Wobei, wer im Biomarkt bei der Landwege-Zentrale in der Lübecker Ziegelstraße einkaufen geht, kann direkt vergleichen. Gleich nebenan gibt es einen großen Rewe-Markt und auch den zum Konzern gehörenden Discounter Penny. Der Unterschied ist augenfällig: bei Landwege ein breites Angebot an Gemüse und Obst, alles bestens gepflegt und unverpackt. Nebenan dann eine deutlich dürftigere Auswahl. Und wer hier einkauft, kann dann einen guten Teil dessen, was er nachhause getragen hat, gleich in der Gelben Tonne entsorgen.

Klaus Lorenzen fasst es so zusammen: »Wir bieten ein breites Spektrum an nicht normiertem Obst und Gemüse, das es in Supermärkten und bei Discountern nicht mehr gibt, weil das in deren Strukturen auch nicht mehr passt.« Landwege kann das anbieten, was eine der Stärken des Verbunds aus Höfen, Märkten und Verbrauchern ist. Das müsste nur auch herausgestellt werden, damit den potenziellen Kundinnen und Kunden das klar werde. »Und das ist sicher etwas, was in den Jahren, in denen es von alleine lief, zu kurz gekommen ist.«

Mitglieder – Zuwachs und Problem

Es waren viele Jahre, in denen es wie von alleine lief. Landwege wurde, wie vieles in der Biobranche, nach dem Schock des Super-GAUs im Atomkraftwerk Tschernobyl gegründet. Kaum war die radioaktive Wolke über Lübeck gezogen, da war schon 1988 die Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft da. Seitdem wuchs die EVG-Landwege. Heute gibt es rund dreißig Mitgliedshöfe in einem Umkreis um Lübeck herum, der das Wort regional als Herkunftsbezeichnung noch zulässt; und rund 1800 Kundinnen und Kunden sind Mitglieder der Genossenschaft.

Aber genau diese Mitglieder, oder besser gesagt, ein kleiner Teil von ihnen, hat das Problem mit verursacht, in dem Landwege steckte: die Insolvenz. Die Zahlungsunfähigkeit drohte, weil Genossenschaftsmitglieder ihren Austritt verkündeten und ihre Einlagen zurückhaben wollten.

Für viel mehr Werbung reicht das Budget nicht, schon gar nicht in der Biokrise: Ein fest installierter Spruch vor der Zentrale in Lübeck. | Foto: Florian Schwinn
Für viel mehr Werbung reicht das Budget nicht, schon gar nicht in der Biokrise: Ein fest installierter Spruch vor der Zentrale in Lübeck. | Foto: Florian Schwinn

»Es sind gar nicht viele Mitglieder, die gekündigt haben«, sagt Klaus Lorenzen. In diesem Jahr wird die Kündigung von rund vierzig, im nächsten Jahr noch einmal die von knapp fünfzig Genossenschaftsmitgliedern wirksam. Aber, da diese Mitglieder sehr viele Anteile halten, sind allein in diesem Jahr rund 350.000 Euro fällig. »Das wäre in einem guten Geschäftsjahr sicher möglich gewesen, das auszuzahlen, aber nicht nach drei Krisenjahren.«

Während einige Mitglieder ihre Anteile kündigen und »ihre« Genossenschaft damit in Existenznot bringen, hat Landwege gleichzeitig so viele Mitglieder hinzugewonnen, wie nie zuvor. Dabei half ein neues Konzept: Wer »Mitglied plus« wird, zahlt zusätzlich zum Genossenschaftsanteil, den es schon ab fünfzig Euro gibt, einen Monatsbeitrag von neunzehn Euro und kann dann immer für zwölf Prozent Rabatt einkaufen. Das lohnt sich, vor allem für Familien.

Das bringt aber die ausgestiegenen Mitglieder mit den vielen Genossenschaftsanteilen nicht zurück. Einige von denen mag auch das Ausbleiben der Dividende veranlasst haben, ihre Mitgliedschaft zu kündigen, vermutet Tina Andres. »Wir haben über zwanzig Jahre lang immer Dividende gezahlt, aber in den Krisenjahren wäre das unverantwortlich gewesen.«

Vielleicht hatte der Eine oder die Andere ihre Beteiligung bei der Landwege-Genossenschaft auch als Alterssicherung gedacht. Und wenn dann die Dividende ausbleibt und die Zeiten ohnehin düster ausschauen, dann ist man schon mal versucht, sein Geld zu sichern.

Das allerdings dürfte nicht so ganz geklappt haben, denn dass eine Genossenschaft, die letztlich von ihren scheidenden Mitgliedern in die Insolvenz getrieben wurde, am Ende die volle Summe auszahlt, ist eher unwahrscheinlich. Selbst wenn sie wollte, würde das die Aufsicht wohl nicht durchgehen lassen. Die gibt es auch bei einer Insolvenz in Eigenverantwortung.

Insolvenz als Chance

Nicht nur für die scheidenden Genossenschaftsmitglieder wird das Insolvenzverfahren einige Aha-Erlebnisse bedeuten. Auch für die beiden im Vorstand waren einige Erfahrungen im Laufe des Verfahrens ganz neu. Eine der gravierendsten: das Insolvenzrecht schafft Verhandlungsbereitschaft auch bei den Geschäftspartnern, die sich zuvor eher uneinsichtig zeigten.

»Schon lange bevor wir die Insolvenz in Eigenverantwortung beantragt haben, wussten wir, was zu tun war«, sagt Tina Andres, »die wesentlichen Schalter waren uns wohl bekannt.« Da gab es zum Beispiel jenen Biomarkt in der Nachbarstadt Bad Schwartau, der sich nicht erholt hatte aus der Biokrise. »Bad Schwartau hat ein ganz anderes Publikum als Lübeck«, sagt Klaus Lorenzen. Da sei die Idee einer Bio-Genossenschaft von Erzeugern und Verbrauchern offenbar nicht so anschlussfähig.

Dieser Biomarkt musste also schließen. Aber der Vermieter des Ladens wollte die Genossenschaft nicht aus dem Vertrag lassen. Das ging dann erst mit dem Insolvenzrecht, das eine kurzfristige Kündigung möglich machte. Der Laden ist jetzt geschlossen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden aber nicht gekündigt. Wer wollte, konnte bei Landwege bleiben.

Auch ein anderer Vermieter machte Probleme. Der hatte mitten in der Krise die Option einer Indexmiete gezogen, was zu einer drastischen Mieterhöhung führte. »Auch da haben wir schon lange vorher Gespräche geführt», sagt Tina Andres. Aber auch da habe es leider erst das Insolvenzrecht gebraucht, um ein Einlenken zu erwirken. »Alle Gespräche, die wir während der Insolvenz geführt haben, hatten wir vorher auch geführt, ob mit ausscheidenden Mitgliedern, mit langjährigen Partnern oder eben mit Vermietern. Aber ohne den insolvenzrechtlichen Rahmen hat sich zu wenig bewegt.« Letztlich habe der Weg in die Insolvenz so das Überleben der Genossenschaft gesichert.

Auch der Aufsichtsratsvorsitzende der Genossenschaft sagt im Rückblick, dass das Insolvenzverfahren richtig und notwendig war. Vor allem auch, weil die Höfe und auch die anderen Mitglieder von Anfang an mit eingebunden waren. »Makellose Transparenz!« sagt Philipp Hennig.

Gut Rothenhausen

Für etwas mehr Öffentlichkeitsarbeit reichts dann aber doch: Landwege beteiligt sich am Lübeck-Marathon. Bezahlt allerdings mit Sponsoring der Handelspartner. | Foto: Landwege
Für etwas mehr Öffentlichkeitsarbeit reichts dann aber doch: Landwege beteiligt sich am Lübeck-Marathon. Bezahlt allerdings mit Sponsoring der Handelspartner. | Foto: Landwege

Womit wir wieder beim Gut Rothenhausen wären – einem von rund dreißig Höfen, die Genossenschaftsmitglied bei Landwege sind.

Das Gut ist 1976 umgestellt worden auf Bio und seitdem ein Demeter-Hof. Es wurde damals von einer Familie gekauft, die weit weg von ihrem Hof vertrieben worden war — durch einen Autobahnbau. Eine Vertreibung mit Entschädigung, die den Kauf, die Renovierung und den Umbau des Guts ermöglichte.

Damit dieser Hof bestehen bleibt, wurde er einem gleich am Anfang gegründeten Verein übereignet. Die drei Familien, die den Hof derzeit betreiben, sind also nicht die Eigentümer. Aber sie sind die Arbeitgeber von insgesamt vierundzwanzig Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es leben also dreißig Erwachsene auf und von dem Hof — und eine Menge Kinder. Auch Altbauern gibt es, die noch mitarbeiten.

Gut Rothenhausen bewirtschaftet 110 Hektar Land, für Schleswig-Holstein ein kleiner Betrieb. Und lebensfähig wohl nur, weil es sehr viele Betriebszweige, sehr viele Standbeine gibt.

Einerseits den Ackerbau, für den Philipp Hennig zuständig ist, von dem er aber sagt, dass der nichts abwirft. Er ist aber die Grundlage für die Hofbäckerei, die ordentlich Geld verdient. So viel, dass gerade eine neue gläserne Bäckerei gebaut wird, mit großen Fenstern für die Besucher. Zusammen mit dem Grünland ist der Ackerbau auch Grundlage für das Milchvieh. Die kleine Herde von derzeit nur fünfundzwanzig Kühen liefert die Milch für die hofeigene Käserei.

Ein ganz wichtiges Standbein ist der Gemüsebau. Der liefert die Ware auch für den Lieferservice, der die Biokiste zu den Leuten nachhause fährt.

Und wie wichtig ist dann der Vertrieb über Landwege für den so breit aufgestellten Hof? »Sehr wichtig!« sagt Philipp Hennig. Über Landwege werden je dreißig Prozent der Backwaren und der Milchprodukte vermarktet und etwa zehn Prozent des Gemüses.

Was wäre dann gewesen, wenn Landwege Opfer der Biokrise geworden wäre? »Das wäre für uns eine Katastrophe«, sagt Philipp Hennig. Der Hof sei zwar auch durch die Talsohle der Biokrise durch, aber wenn jetzt ein so großer Absatzmarkt wegbräche, dann gäbe es dafür erst einmal keinen Ersatz. »Dann müssten wir uns drastisch verkleinern, um wenigstens den Hof zu retten.«

Fachkräfte Mangel

Investieren in der Biokrise: Der Neubau der »gläsernen Backstube« auf Gut Rothenhausen. Hier soll Brot und Brötchen mit Einblicken für die Gäste gebacken werden. Führungen für Schulklassen sollen den Kindern helfen, die Herkunft der Lebensmittel kennenzulernen. | Foto: Florian Schwinn
Investieren in der Biokrise: Der Neubau der »gläsernen Backstube« auf Gut Rothenhausen. Hier soll Brot und Brötchen mit Einblicken für die Gäste gebacken werden. Führungen für Schulklassen sollen den Kindern helfen, die Herkunft der Lebensmittel kennenzulernen. | Foto: Florian Schwinn

Ist nicht passiert. Landwege lebt weiter.

Und muss sich weiter anpassen an drastisch veränderte Gegebenheiten. Denn das einfache Überleben der Biokrise ist nicht der Weg in die Zukunft für die Genossenschaft. Schon deshalb, weil die Absatzkrise im Naturkost-Fachhandel nur ein Teil der multiplen Krisen ist, die uns derzeit heimsuchen. Ein anderer ist der Fachkräftemangel.

Das Fehlen von fachkundigem Personal ist schon länger ein Problem. Es hat aber erst jetzt, in der Biokrise zu dem geführt, was Tina Andres als einschneidende Veränderungen benennt. Das Sterben der Bedientheken führte auch zu einer Lücke im Angebot.

»Damit ist leider die Vermarktung von unfassbar schönen Fleisch-, Wurst-, und Käseprodukten über unsere lange gehegten und gepflegten Bedientresen weggebrochen.« Es waren die Spezialitäten von den Höfen, die feinen Unterschiede der Produkte, die eben nur über das Fachpersonal wirklich gut verkaufbar waren. Das bedeutet Veränderungen auch für die Höfe, die ihre sehr speziellen Produkte nur noch loswerden, wenn die keine umfangreiche Erklärung durch eine Fachkraft im Markt mehr brauchen.

Was diese Fachkraft bewirken kann, das kennt jeder, der mal auf einem Markt am Käsestand ein kleines Stückchen zum Probieren rübergereicht bekam: Die Verkäufer wecken die Lust auf die guten Lebensmittel. Wie sie ersetzen?

Innovation Küche

Vielleicht funktioniert das mit anderen Produkten.

Landwege hat sich in besseren Zeiten eine Innovation geleistet, die sich jetzt in der Krise bewährt hat: eine Großküche. Eigentlich ging es da um die Idee der Tiervermarktung »From Nose to Tail«. Das ist der Fachbegriff dafür, das ganze Tier zu verwerten – von der Nase bis zum Schwanz eben. Nichts wegwerfen. Um das zu können, muss man zum Beispiel Eintöpfe herstellen und Suppen. Das genau macht die Küche von Landwege. Und sie macht das hoch professionell, die sogenannten »Glaswaren«, also die Gläser mit Eingekochtem, finden ihre Käuferinnen und Käufer.

Der Nose-to-Tail-Trend hat inzwischen eine Entsprechung beim Gemüse und heißt dort »From Leaf to Root«, vom Blatt bis zur Wurzel. Ich habe das im Blog schon mal vorgestellt., wie man zum Beispiel von der Roten Beete auch die Blätter im Salat verwertet.

Auch da ist die Landwege-Küche längst angekommen. Sie verwertet die Gemüseprodukte der Höfe, kocht sie ein – und liefert sie zum Teil auch wieder zurück in die Hofläden.

Das ist ausbaufähig, sagt Vorstand Klaus Lorenzen. Und Landwirt Philipp Hennig stimmt ihm zu.

Die Lieferwege sind jetzt keine Einbahnstraße mehr. Über die Küche gibt es jetzt auch den Weg zurück auf die Höfe und in deren Hofläden, oder, wie beim Gut Rothenhausen, auch zum hofeigenen Lieferservice. »Das ist jetzt noch kein großes Segment«, sagt Philipp Hennig, »aber da steckt auf jeden Fall Potenzial drin.« Die Küche liefere hohe Qualität und könne die Überschüsse der Höfe bestens verarbeiten.

Aufgeben ist keine Option

Das gibt es in keinem Supermarkt und bei keinem Discounter, nicht einmal in anderen Bioläden: Die Produkte der Landwege-Küche. Hier wird das ganze Tier verarbeitet - From Nose to Tail. | Foto: Landwege
Das gibt es in keinem Supermarkt und bei keinem Discounter, nicht einmal in anderen Bioläden: Die Produkte der Landwege-Küche. Hier wird das ganze Tier verarbeitet – From Nose to Tail. | Foto: Landwege

»Aufhören«, sagt Tina Andres, »ist nicht die Option. Wir können nicht einfach aussteigen aus den mühsam aufgebauten geschlossenen Betriebskreislauf mit vielfältiger Tierhaltung und vielfältigem Leben in der Landschaft. Das ist nicht zukunftsfähig.«

Also: weitermachen und sich dabei wandeln. Sie sieht das als ein viel größeres Thema als die vergleichsweise kleine Insolvenz einer Genossenschaft in Lübeck. Die ja nun aber sowieso abgewendet ist, weshalb man sich den größeren Themen wieder widmen kann. Denen ist sie ohnehin verpflichtet, da sie ja nebenbei auch noch die Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Ökologische Landwirtschaft ist.

Wie sie das wohl zusammenbringt? Das erklärt sie so einfach wie umfassend: »Die Landwirtschaft wird aufgrund des Klimawandels und des Artensterbens auch in Zukunft nicht leichter werden. Umso wichtiger ist diese vielfältige Art der Landwirtschaft, die wir mit unseren Strukturen hier unterstützen, denn sie ist weniger störanfällig.«

Wenn eine Kultur in einem Jahr nicht funktioniere, funktionierten dafür vielleicht fünf andere, und im nächsten Jahr wieder andere. »Wir sind der festen Überzeugung, dass es diese Form von Landwirtschaft braucht und nicht die Monokulturen, die dann eben auf einen Schlag wirklich riesige Ernteausfälle erleben müssen.«

Zukunftsfähig sei nur eine vielfältig aufgestellte Form der Landwirtschaft, kleinteilig mit vielen Strukturen in der Landschaft. »Und auch mit entsprechenden Vermarktungsstrukturen.«

Was die angeht, kann sie sich auch digitale Varianten vorstellen. Vorbilder wie die »Tante-Enso-Läden« ohne ständig anwesendes Personal gibt es ja schon. Warum sollte das mit Bio nicht funktionieren? »Das sind dann vielleicht Genossenschaftsläden auf dem Land, die eigentlich nur noch durch ehrenamtliche Mitglieder oder tatsächlich nur mit Auffüllteams betrieben werden.«

Aber nicht nur um neue Vermarktungswege geht es Tina Andres, auch um neue Formen der Zusammenarbeit bei der Verarbeitung der Biolebensmittel. Es klingt wie eine Vision für die Zeit nach der Insolvenz. Sie wünscht sich, »dass die Genossenschaft Landwege sich über andere Arten der Zusammenarbeit neu stärkt, etwa über intensivere gemeinsame Produktion und Veredelung von Rohprodukten«. Der Anfang mit der Küche wäre ja gemacht.

Florian Schwinn

Florian Schwinn ist Journalist und Sachbuchautor. Er hat für Print und Hörfunk gearbeitet, Radiofeature produziert und moderiert. Seit vielen Jahren beschäftigen ihn Themen aus dem Bereich Umwelt und Landwirtschaft.
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18 Kommentare

  1. Lustiger Artikel, aber glauben Sie die Traktoren der Biobetriebe laufen mit Luft und Liebe? Und die Melkmaschinen benötigen keinen Strom? Klar, die Biobetriebe benötigen keinen Kunstdünger, dafür fahren sie aber um so öfter im Getreide, um das Umkraut zu regulieren. Sie haben deutlich geringere Hektarerträge und bei getreiden meist niedrigere Qualitäten, die die etwas höheren Preisen nicht ausgleichen. Die Biobetriebe leiden mindestens genauso durch die Energiepolitik der EU und der Bundesregierung, sowie für die scih immer weiter ausdehnende Bürokratie und Überwachung, wie die konventionellen Betriebe. Und das bei einem deutlich kleineren und sehr viel anfälligeren Markt.
    Die Direktvermakrung mit Eventcharakter funktioniert in Ballungsräumen sicher super, die meiste Landwirtschaft findet aber in der weiten deutschen Walachei statt, in der der wohlhabene bioaffine Hipster und der beamtete Ökofreak ziemlich selten ist. Der normale Lebensmittelkunde geht in den Supermarkt, schon allein, weil er keine Zeit hat, von Hof zu Hof zu fahren, udn sich seinen Wocheneinkauf zusammen zu klauben. Deswegen hat sich schon vor tausenden jahren die Arbeitsteiligkeit entwickelt. Und den verbliebenen privaten Höfen fehlt iaR die Zeit udn das Personal seine Produkte direkt zu vermarkten. Das Hauptproblem der modernen Landwirtschaft ist nicht Glyphosat u.a., auch nicht der Kunstdünger, sondern die viel zu großen Einzelschläge, die viele Tiere nicht mehr durchqueren, un die durch ihre schiere Größe immer Anfälliger für Wind und Wassererosion werden, und die damit verbundenen überschweren Maschinen. Das wird in der grünen Politik aber noch nichtmal wahrgenommen. Denn das würde auch ihre Biolieblinge betreffen. Die meisten Biobetriebe sind gar nicht die schnuckligen kleinen Höfe mit angeschlossenem Eventcafee, sondern Großbetriebe mit mehreren hundert oder tausend Hektar. Der größte Biobetrieb war bis zu seiner Pleite die KTG- Agrar mit mehreren hundertausend Hektar in ganz Europa.

    1. Zustimmung, insbesondere, was die Energiekosten anbelangt.

      sondern die viel zu großen Einzelschläge, die viele Tiere nicht mehr durchqueren,

      Was ist mit „Einzelschläge“ gemeint ?

    2. Diesem Kommentar kann ich als Bio-Gemüsebauer (Schwerpunkt Gewächshäuser, Tomaten, Gurken usw.) teilweise zustimmen, teilweise nicht. Zustimmung, dass landwirtschaftlich Betriebe bei zunehmender Grösse weniger ökologisch sind, ob Bio oder nicht. Aber das hier

      „Die meisten Biobetriebe sind gar nicht die schnuckligen kleinen Höfe mit angeschlossenem Eventcafee, sondern Großbetriebe mit mehreren hundert oder tausend Hektar.“

      stimmt
      nicht. Hier am Niederrhein haben die allermeisten Betriebe deutlich unter 100 ha, ein einziger kommt auf 135 ha. Eine ostdeutsche Ex-Kolchose ist da sicherlich nicht repräsentativ. Im Südwesten dürfte die Struktur noch kleinteiliger sein als am Niederrhein.

      Kunstdünger und Glyphosat von ökologischer Schädlichkeit freizusprechen geht auch nicht. Es gibt nichts ökologischeres als eine gesunde Bodenflora. Dass eine fläöchendeckende 100% Trennung von diesen Chemikalien nicht von heute auf morgen machbar ist, ist auch klar. Ebenso, dass das Label „Bio“ im Laufe der Zeit immer mehr verwässert worden ist. Aber ehrlich gesagt, dein Beitrag trieft geradezu von Klischees über Biobetriebe, -Läden und -Kunden, was seiner Überzeugungskraft nicht guttut.

  2. Also ich kaufe kein Bio mehr, weil ich keine Grünen-Wähler (ich gehe davon aus, dass Bio-Händler die Grünen wählen – zumindest höre ich von deren Seite keinerlei Kritik an den Grünen) unterstützen will.

    Die Grünen stehen für:
    – Deindustrialisierung und damit Verarmung
    – bei gleichzeitiger Zerstörung der Sozialsysteme durch Überforderung
    – und weil das noch nicht reicht, auch noch für Krieg.

    Sorry. Geht doch pleite und meldet Euch dann bei der Bundeswehr, dann trifft es wenigstens die Richtigen!

    1. Mein (Bio-) Gemüsehändler wählt SVP (das Vorbild der AfD).

      Ich kauf nicht bei ihm um ihn zu unterstützen, sondern weil ich Gemüse kaufen will. Ich gehe auch nicht in den Supermarkt weil ich Konzern XYZ unterstützen will, sondern weil die da Zeugs verkaufen das ich brauche.

      Wtf ist das für ein Gedankenkorsett? Ich nehme an der wählt dies und das also boykottiere ich ihn.. die perfekt gespaltene Gesellschaft um ohne Gegenwehr ausgebeutet zu werden.

      1. Wenn das Zebraherz sagt, ist das wohl eine Auszeichnung, herzlichen Dank, ich fühle mich geehrt. Sie sind mir nämlich bisher nicht durch sonderlich substantiierte Beiträge aufgefallen.

    2. @ Bettina-di-Monaco
      Nun ja, jede setzt so ihre Prioritäten. Mir persönlich ist es egal, was für eine Religion, Hautfarbe, Ethnie, Partei oder welche Anschauung jemand vertritt der ein Produkt herstellt oder eine Handwerker- oder Dienstleistung anbietet.
      Um die olivgrüne Partei braucht man sich m. E. gerade nicht mehr zu sorgen. Das System H.Bückling und BärbieBock haben viele Illusionen gerader gerückt. Die Brantners Franzi ist in ihrem vermeintlichen Stammland Baden-Württemberg im Panikmodus und krakeelt von Frauensolidarität, Feminismus, laberlaberrhabarber, etc., während ihr Kindsvater (Neger) Boris Palmer in seinem Landkreis eine Firma nach der anderen in Konkurs gehen sieht und als Folge die unliebsame Wählerwanderung der Arbeitslosen zur AFD thematisiert. Spargel-Tarzan, Transatlantikfa, Spitzenkandidat und Balkonhanfzüchter Özdemir wird nicht amüsiert sein. Der Spätzle-PolPot Krähtschmän geht ja in Rente und hinterlässt mit Massenarbeitslosigkeit, ruinierten Finanzen, Bildungselend, verrotteter Infrastruktur, ökologischem Raubbau, breitestflächigen Multi-Kulti-Ghettos und De-Industrualisierung, wie sein kambodschanisches Vorbild, Killing Fields. Herzlichen Dank aber auch! (Sarkasmus).

    3. Aus meiner Sicht wird hier das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, denn die Bio-Produzenten sind keine homogene Einheit.
      Sehr viele Bio-Leute sehen das Wirken der modernen Grünen sehr wohl sehr kritisch.

  3. BIO ist leider dazu verkommen vor allem nur noch eine Marketing-Kategorie zu sein.
    Eine Marke, die für eine Zwei-Klassengesellschaft bei der Nahrung sorgen soll (Mittlerweile 3 Kassen, weil es z.B. Discounter-BIO und Demeter-BIO gibt), so wie in vielen anderen Wirtschaftbereichen auch. Dabei sind die ursprünglichen sinnvollen Absichten der BIO-Bewegung längst untergegangen. Und manche Bio-Produkte z.B. Tomaten sind mittlerweile oft schlechter in der Qualität als Nicht-BIO-Ware.

    All das sage ich, obwohl ich selber BIO-Gemüse anbaue, für mich, Familie und Freunde – und obwohl ich manchmal auf einem BIO-Hof von Freunden aushelfe, unentgeldlich, weil es denen finanziell nicht so gut geht. Aber die haben wenigstens wirklich gutes Zeug und vermarkten alles selber.

    Ganz krass denke ich manchmal, man sollte die BIO-Label verbieten, einfach um diese Zwei-Klassengesellschaft bei der Nahrung zu bekämpfen. Man sollte nicht positiv labeln, sondern negativ, denn gute Nahrung sollte der Standard sein, nicht schlechtere mit Pestiziden. Es sollte also nicht „bio“ auf den Produkten stehen, sondern „hergestellt mit dem Einsatz von Pestiziden, Fungiziden, Glyphosat usw.“

    1. Man sollte nicht positiv labeln, sondern negativ, denn gute Nahrung sollte der Standard sein, nicht schlechtere mit Pestiziden. Es sollte also nicht „bio“ auf den Produkten stehen, sondern „hergestellt mit dem Einsatz von Pestiziden, Fungiziden, Glyphosat usw.“

      Für mich klingt das sehr sehr ideologisch, denn wenn ich so schaue, sehe ich, dass die Leute, welche schon immer NICHT Bio-Produkte konsumierten, weiterhin nicht wie toten Fliegen von den grossen Läden rumliegen.

      Ich halte es auch für schlecht, Bio und Nicht-Bio gegeneinander auszuspielen: man muss sich doch im klaren sein, dass man mit rein bilogischer Produktion nicht genügend Nahrung für alle produzieren könnte – dann müsste die Bevölkerung halbiert werden.
      Und nein, die Verschwendung der Nahrung einzudämmen ist auch da kein Weg, denn auch im Bio-Laden bleiben die verschrumpelten hässlichen Gemüse / Früchte liegen .. haha … doppelt soviel bezahlen und doppelt so verschrumpelt … das will wohl auch niemand.
      Bio und Nicht-Bio – beide haben ihren Platz, und das ist auch gut so.

      Zurück auf Ihren Punkt „gesund“: wenn schon, ist doch die Trennlinie eher zwischen „natürlichen“ und „gebauten“ Lebensmitteln – hmm, fällt mir grad nicht die richtige Bezeichnung ein, aber ich meine, wer sein Essen selbst kocht, egal ob mit Gemüse aus dem Supermarkt oder dem Bioladen, ist sicherlich auf der besseren Seite,
      Wer aber Fertigmahlzeiten kauft, schnell in die Mikrowelle rein und dann runter damit – das ist mit Sicherheit weniger gesund.
      Weniger gesund – aber im Regelfall deswegen noch lange nicht tödlich.
      Was also auch heisst: man muss doch auch hier insgesamt die Kirche im Dorf stehen lassen.

      Wer sich übrigens nur noch mit Nahrung befasst, leidet ziemlich sicher an Orthorexie.
      https://www.aes.ch/orthorexie
      Bio-Leute, Vegetarier und Veganer sind immer Kandidaten für diese psychische Störung – deren Behandlung übrigens ähnlich schwierig ist wie Anorexie.

      Mein Motto jedenfalls ist: Das Essen muss gut schmecken, gut aussehen, kein Fertigzeugs, dazu gerne Rotwein.
      Aber auch wenn ich mal ne Fertigpizza esse – na und ?

  4. Die deutsche Bio-Landwirtschaft schmort im Saft der NS-Nostalgie, deshalb ist da immer ein faules Gefühl bei völkischen Marken wie „Demeter“. Die Solidarität mit den ukrainischen Nazis wird ja auch hier in Propagandaformulierungen ganz deutlich. Die Energie- und Düngerpreise hat euch eure eigene grüne Regierung eingebrockt, die den Völkermord an den ukrainischen Russen nur zu gerne verwirklicht gesehen hätte.

  5. Manche Ganzschlauen scheinen ja von dem Gedanken beseelt, den Grünen eins auszuwischen, wenn sie kein „Bio“ kaufen… andere wittern NS-Gedankengut im Biolanbau.

    Donnerwetter. Die Bereitschaft, zur Unterstützung seiner politischen Anschauungen Mengen an Pestiziden in sich zu stopfen, verdient mindestens einen Extra-Applaus. Dass man damit auch zeigt, wie völlig egal einem die Umwelt ist, mag man bei dieser Aufopferungsbereitschaft schon mal verzeihen.

    Danke auch für die Unterstützung dafür:
    https://childrenshealthdefense.org/defender/toxic-skies-clouds-toxic-pesticides-rain-down-earth-rtk/

  6. OK, einfach Mal den Verstand anschalten:
    Bio ist das Versprechen, die negativen Folgen des Massenkonsums auszugleichen. Das geht nur, wenn durch höhere Preise der geringere Ertrag ausgeglichen wird.
    Ansonsten gelten auch hier die ganz normalen betriebswirtschaftlichen Regeln. Und nein, die Bio Artikel im Discounter sind nicht minderwertig, das Kontrollsystem funktioniert zuverlässig, vielleicht zuverlässiger als bei insolvenzgefährdeten Biohöfen.
    Was noch? Genau wie der Tante Emma Laden, der kleine Handwerkerbedarf, der Schuhmacher, der Kleiderladen, der Uhrmacher usw. usf., der Buchhändler leider auch… verschwinden auch sie.
    Und dann ist es doch einfach: Welche Gesellschaft wollen wir, wer profitiert von der immer kostengünstigeren Herstellung? Aber wem sage ich das? Jeder weiß es.

  7. Die Landwegler haben ein sehr launenhaftes Publikum. Die kommen bei schönem Wetter, wollen betütelt werden und verschwinden wieder mit Liam und Lisa. Und dann noch der Austritt aus der Genossenschaft während des Corona-Schwindels. – Das Gezicke mit der gesunden Ernährung dient nur der Reputation. – Der Wochenmarkt am Schöneberger Rathaus ist zusammengeschrumpft auf ein paar engagierte Händler. Von Liam und Noah auf dem Lastenrad keine Spur. Die sind im Bio-Markt. Nur noch alte Omis und Daddies, wie ich, kaufen dort ein.

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