Der Wert der alten Rassen

Das Englische Parkrind, eine der ältesten Rinderrassen der Welt, leistet heute beste Dienste auch in Deutschland: Im Naturschutz bei der Offenhaltung von Weideflächen für mehr Biodiversität. | Foto: Lisa Iwon / Arche Warder
Das Englische Parkrind, eine der ältesten Rinderrassen der Welt, leistet heute beste Dienste auch in Deutschland: Im Naturschutz bei der Offenhaltung von Weideflächen für mehr Biodiversität. | Foto: Lisa Iwon / Arche Warder

Ich habe hier im Blog und in dem zugehörigen Podcast schon mehrfach über die Weidehaltung berichtet, zuletzt gerade, als es um die Kälberaufzucht, die Klima-Bauern und die Waldweide ging. Dabei habe ich auch erwähnt, dass die modernen Hochleistungskühe für diese natürlichste Form der Tierhaltung eigentlich nicht mehr geeignet sind.

Die sind so weit weggezüchtet von ihrem Ursprung, dass sie auf der Weide schlicht nicht mehr satt werden.  Auch deshalb kreuzen einige Bäuerinnen und Bauern wieder etwas robustere Rassen in ihre Hochleistungsherden ein. Nur woher nehmen die robusteren Tiere für draußen, wenn überall auf Leistung gezüchtet wird?

Es gäbe da einen vielfältigen Genpool, aus dem man sich Tiere aussuchen könnte, die auch noch speziell angepasst sind auf bestimmte Witterungs- und Standortbedingungen: die alten Nutztierrassen. Fast zehntausend Haus- und Nutztierrassen aus vergangenen Zeiten sind heute noch am Leben, einige sind aber auch schon ausgestorben und viele stehen auf der Roten Liste.

Weidetier Schwein

»Schweine sind wirklich intelligente Tiere«, sagt Stefanie Klingel von der Arche Warder. Diese Wollschwein-Sau hat gelernt, dass es nur das Maulk aufsperren muss, damit die Besucher Futter hineinwerfen. »Von uns hat sie das nicht gelernt.« | Foto: Florian Schwinn
»Schweine sind wirklich intelligente Tiere«, sagt Stefanie Klingel von der Arche Warder. Diese Wollschwein-Sau hat gelernt, dass es nur das Maulk aufsperren muss, damit die Besucher Futter hineinwerfen. »Von uns hat sie das nicht gelernt.« | Foto: Florian Schwinn

Vom Wert der alten Rassen handelt diese Kolumne— auch für die Zukunft unserer Landschaften und unserer Landwirtschaft. Um über die Eigenarten und den eignen Wert der alten Rassen mehr zu erfahren, bin ich zur Arche Warder gefahren. Das ist ein vierzig Hektar großer Tierpark im Südosten Schleswig-Holsteins, aber keiner wie alle anderen. Die Arche Warder ist der einzige Tierpark, der sich ganz den alten Nutztierrassen verschrieben hat. Und die werden nicht nur gezeigt, sondern dort und in vielen Außenstationen auch vermehrt, um sie zu erhalten.

Wer nun als Weidetiere Rinder oder Pferde erwartet, Schafe und vielleicht noch Ziegen, wird beim Wandern durch den Tierpark Arche Warder verwundert feststellen, dass auch Schweine Weidetiere sind. Sie leben das ganze Jahr hindurch draußen. Im Schweineland der Arche Warder, durch das mich Umweltpädagogin Stefanie Klingel geführt hat.

Dort standen wir zuerst bei den Wollschweinen aus den Karpaten, von denen es drei Rassen gibt. Schon die erste Wollschwein-Sau wurde dort nun aber begleitet von Ferkeln, die ihr gar nicht ähnlich sahen. Das offenbarte gleich eine der Schwierigkeiten der Erhaltungszucht der alten Rassen. Der Tierpark hatte keinen passenden Eber gefunden, und musste deshalb auf einen der Rasse Angler-Sattelschwein zurückgreifen.

Bisweilen fehlen die passenden Partner. Gerade sucht die Arche Warder zum Beispiel einen Bullen für die Erhaltung der alten Zuchtlinie des Deutschen Shorthorn.

Dennoch musste diese Sau nun Ferkel bekommen, denn »wenn Sauen lange nicht belegt sind, verlieren sie ihre Fruchtbarkeit«, sagt Stefanie Klingel. Deshalb nun also ein »Hybridwurf«, der zur weiteren Zucht nicht verwendet werden kann.

Artgerecht draußen

Beim Rundgang um das Schweineland der Arche Warder, in dem der Tierpark elf verschiedene alte Schweinerassen zeigt, verursachen wir große Aufregung mit lautstarkem Quieken. Das ist einer orangeroten Schüssel zu verdanken, in der Stefanie Klingel Futter mitbringt. Die Tiere sind konditioniert auf die Futterschüssel. Das machen die Tierpfleger in der Arche nicht anders als die Bauern, die mit den Leckereien im Futtereimer klappern, um die Weidetiere anzulocken.

Das Klappern und Quieken lockt auch Menschen, die im Tierpark zu Besuch sind. Die Kinder freuen sich, wenn die Ferkel gerannt kommen. Wie viele von ihnen werden wohl schon einen Schweinemaststall mit den vergitterten Buchten und den Spaltenböden von innen gesehen haben? Wahrscheinlich waren weder die Kinder, noch die Erwachsenen je in einem modernen Maststall. Die sind nämlich oft abgeschirmt wie Hochsicherheitstrakte, weil ein fremder Mensch dort Keime einschleppen könnte, die die anfälligen Tiere krank machen. Schade. Hier könnten die Besucher Haltungsformen vergleichen und dann auch besser einschätzen, worum es wirklich geht, wenn mal wieder von artgerechter Tierhaltung die Rede ist.

In den Gehegen der Arche gibt es einen Unterschlupf, so wie das auch bei den wenigen landwirtschaftlichen Betrieben ist, die die Sau noch rauslassen und ganzjährig draußen halten. Und auch die Suhle darf nicht fehlen, denn die Wohlfühltemperatur von Schweinen liegt bei fünfzehn bis zwanzig Grad. Wenn es wärmer wird, ist Kühlung angesagt, denn, anders als der Spruch vom saumäßigen Schwitzen das vermuten lässt, können Sauen gar nicht schwitzen; Schweine haben keine Schweißdrüsen.

Stammform und Rassen

Zwölffacher Nachwuchs bei den rotweißen Husumer Protestschweinen, hier ausgelagert ins Schauhaus der Arche Warder, damit die Besucher die Ferkel auch sehen können. | Foto: Florian Schwinn
Zwölffacher Nachwuchs bei den rotweißen Husumer Protestschweinen, hier ausgelagert ins Schauhaus der Arche Warder, damit die Besucher die Ferkel auch sehen können. | Foto: Florian Schwinn

Im Schweineland der Arche Warder gibt es nicht nur die alten Schweinerassen zu sehen. Dort leben auch Wildschweine, die als Stammform ebenso gezeigt werden, wie bei den Ziegen die aus dem Nahen Osten stammende Bezoarziege — als Mutter aller unserer Ziegen.

»Wir wollen den Besuchern zeigen: Das ist das Ausgangsmaterial, das Tier, aus dem der Mensch all die verschiedenen Rassen gezüchtet hat, ob nun mit blonden Locken oder roten Borsten oder schwarzen oder rosa Borsten«, sagt Stefanie Klingel. »Und Kinder können dann auch gut entdecken: Was hat sich verändert, was ist gleich geblieben? Gleich geblieben ist zum Beispiel die Vorliebe, sich im Matsch zu wälzen, wie man sieht. Aber die ganze Körperform hat sich doch ordentlich verändert.«

Hinter dem der Wildschweine folgt im Tierpark das Gehege einer ganz besonderen Schweinerasse mit lokaler Geschichte. Hier wohnt das Husumer Protestschwein. Manche sagen, es sei eine eigene Rasse, manche führen es nur als Farbvariante des zweifarbigen Angler Sattelschweins. Das stammt, wie das Anglerrind, von der Ostseehalbinsel Angeln, von wo aus die Angeln nach Britannien gestartet sind, um dort das Land der Angelsachsen zu gründen. Das Angler-Sattelschwein ist schwarz und hat in der Mitte einen weißen Streifen, Sattel genannt. Das Husumer Protestschwein ist dagegen rot-weiß.

»Das ist hier der Zuchteber Gulliver«, stellt Stefanie Klingel vor. Vor lauter anhaftendem Schlamm ist gerade nicht so gut zu erkennen, dass die Borsten des Tieres rot und weiß sind. Aber egal: »An der Existenz dieser Schweinerasse sind die Preußen schuld.« Sie nämlich gewannen 1864 eine entscheidende Schlacht um das Gebiet des heutigen Schleswig-Holsteins, das bis dahin zu Dänemark gehörte. Die neuen Machthaber verboten dann das Zeigen der dänischen Flagge und überhaupt der dänischen Farben rot und weiß. Daraufhin fuhren die unterdrückten ehemaligen Dänen nach England und besorgten sich rote Duroc-Eber, die sie mit ihren schwarz-weißen Angler-Sattelschweinen kreuzten. Aus schwarz-weiß wurde rot-weiß. Fertig war das Husumer Protestschwein. Und da die Schweine damals überall draußen herumliefen, zeigten nun sie die dänischen Farben.

Nutztiere sind Kulturgeschichte

Umweltpädagogin Stefanie Klingel mit gefährdeten Schafrassen von der Roten Liste im Tierpark Arche Warder. Im Arm ein Bentheimer Landschaf. Diese Rote-Liste-Rasse gehört zu ihren Lieblingen. In den Vordergrund gedrängelt haben sich allerdings zwei junge Walliser Schwarznasen. | Foto: Florian Schwinn
Umweltpädagogin Stefanie Klingel mit gefährdeten Schafrassen von der Roten Liste im Tierpark Arche Warder. Im Arm ein Bentheimer Landschaf. Diese Rote-Liste-Rasse gehört zu ihren Lieblingen. In den Vordergrund gedrängelt haben sich allerdings zwei junge Walliser Schwarznasen. | Foto: Florian Schwinn

Viele Geschichten aus der Geschichte lassen sich erzählen über die alten Nutztierrassen. Die des Husumer Protestschweins ist nur eine. Die des Rhönschafs wäre eine weitere. Das hieß in Frankreich Mouton du Rhin, also Rheinschaf, oder auch Mouton de la Reine, also Schaf der Königin, und gilt als Delikatesse. Das liegt daran, dass Napoleon auf einem seiner Kriegszüge nach Osten durch die Rhön kam und dort Schafe räubern ließ. Das brachte die Franzosen auf den Geschmack. Danach ließen sie sich die Schafe über den Rhein nach Frankreich bringen.

Aber nicht nur deshalb gehört das Schaf mit dem schwarzen Kopf gerade nicht zu den stark gefährdeten der alten Rassen. Es ist bis heute unverzichtbar bei der Pflege des Biosphärenreservats Rhön. Vom rotbunten Husumer Schwein gibt es dagegen nur noch rund 150 Exemplare, weshalb die Rasse in der Roten Liste gefährdeter Nutztierrassen geführt wird. Der Genpool ist nur deshalb noch groß genug, um die Rasse zu erhalten, weil die rot-weißen Schweine in der DDR zur sogenannten Gen-Reserve gehörten. So waren nach der Wende genügend Tiere vorhanden, um dann bundesweit weiterzuzüchten.

Was die Geschichten über die Entstehung der Nutztierrassen auch erzählen, ist die Geschichte der Menschheit. Der Wert der alten Haus- und Nutztierrassen liegt einerseits in der Vielfalt, die die alten Rassen von der modernen industrialisierten Nutztierzucht unterscheidet. Andererseits gehören die alten Rassen eben auch zu unserer Kulturgeschichte, sagt Professor Kai Frölich, der Direktor der Arche Warder.

»Das ist ja eine enorme Kulturleistung, diese 9800 Rassen zu züchten«, die es bis heute noch gibt. Schon deshalb müsse man sie am Leben erhalten. »Es käme ja auch keiner auf die Idee, den Schleswiger Dom abzureißen, nur weil es modernere Gebäude gibt.« Oder den Kölner Dom, um mal ein Gebäude zu nehmen, das jeder kennt.

Die alten Nutztierrassen seien einerseits Kulturgut, um das man sich kümmern müsse, sagt Kai Frölich. Das gelte aber auch aus züchterischen Gründen, damit wir auf Gene zurückgreifen können, die im Zuge der modernen Hochleistungszucht notgedrungen verloren gehen. »Wenn man nämlich nur auf ein Merkmal züchtet, etwa auf Fleisch- oder Milchleistung, dann gibt es Genkopplungen und da verschwinden auch nicht gemeinte Gene. Die aber können wir vielleicht noch mal sehr gut brauchen.«

Domestikation als Innovation

Die alten Rassen sind also die lebendige Genreserve für die moderne Nutztierzucht, bei der schon durch ihre einseitige Ausrichtung auf Leistung — Milchproduktion, Fleischzunahme, Eiermenge — so einiges schief gehen kann. Und sie sind Teil unserer Kultur. Um diese Menschheitsgeschichte darzustellen, die mit den Tieren verbunden ist, hat die Arche Warder neben ihren Tierpark das Domesticaneum gebaut, ein modernes Multimedia-Museum, in dem die Besucher durch die Kulturgeschichte von Mensch und Tier wandern können.

»Weil wir in dieser technologischen Zeit den Bezug zu den Tieren verloren haben, der für uns Menschen aber die meiste Zeit unserer Existenz eine große Rolle gespielt hat«, sagt Kai Frölich. Deshalb können die Besucherinnen und Besucher durch die Zeit-Räume des Domesticaneums laufen und dabei erleben, wie Tiere die Menschheitsgeschichte geprägt haben. Und ab wann die verschiedenen Tierarten uns nicht nur als Jagdbeute, sondern als Nutztiere begleitet haben. Ohne sie keine Landwirtschaft und keine Sesshaftigkeit.

»Die größte Innovation war vielleicht das Pferd«, sagt Kai Frölich. Da kann man auch anderer Meinung sein. War es nicht vielleicht doch der Hund?

»Heute haben wir den Bezug zu den Tieren weitgehend verloren, dabei haben sie für uns eine große Rolle gespielt«, sagt Kai Frölich, der Direktor der Arche Warder. Ohne Tiere keine Landwirtschaft und keine Sesshgaftigkeit. | Foto: Berit Stüven / Arche Warder
»Heute haben wir den Bezug zu den Tieren weitgehend verloren, dabei haben sie für uns eine große Rolle gespielt«, sagt Kai Frölich, der Direktor der Arche Warder. Ohne Tiere keine Landwirtschaft und keine Sesshgaftigkeit. | Foto: Berit Stüven / Arche Warder

Mit dem aus dem Wolf entstandenen Hund leben Menschen seit mindestens 17.000 Jahren zusammen, vielleicht aber auch seit hunderttausend Jahren. Wobei die Domestikation des Hundes womöglich eher eine Kulturleistung des Wolfes war, als einige Individuen von Canis lupus nämlich beschlossen, sich den Menschen anzuschließen und damit langfristig zu Canis lupus familiaris zu werden, dem Haushund. Wann das genau war, ist wissenschaftlich noch nicht geklärt. Sicher datieren lassen sich Funde aus der Zeit um 15.000 vor Christus. Genetische Untersuchungen deuten aber eher auf eine Trennung von Wolf und Hund schon vor hunderttausend Jahren. Und Fundstellen von Hundefossilien im Altaigebirge deuten auch darauf hin, dass der Hund schon bei den Neandertalern heimisch war und nicht erst mit unserem direkten Vorfahren, also dem Homo sapiens, zusammenlebte.

Kai Frölich aber, der Leiter der Arche Warder, findet, die Geschichte des Pferdes erzähle besonders spannend über uns, vor allem über uns Europäer. Die ersten Pferde wurden um 3500 vor Christus domestiziert. In der kasachischen Steppe geschah das damals durch das Volk der Botai. Die Tiere dort waren die heute als Przewalski-Pferde bekannten. Später gab es eine zweite Domestikation von Pferden. Dabei handelte es sich um den wilden Tarpan, auch Turkpferd genannt. Unsere Hauspferde tragen zu weit über neunzig Prozent dessen Gene.

Zunächst aber ging es um die domestizierten Nachfahren der Przewalski-Pferde, die den Botais dann fünfhundert Jahre später bei groß angelegten Überfällen geklaut wurden. Die Diebe entwickelten sich zum Reitervolk und verbreiteten ihre Jamnaja-Kultur auf dem Rücken der Pferde bis nach Mitteleuropa, also weit in den Westen. »Und diesen Einwanderern aus dem Osten verdanken wir unsere helle Hautfarbe«, sagt Kai Frölich. »Ohne die Domestikation der Pferde hätten wir gar keine helle Hautfarbe, weil natürlich die ersten Auswanderer aus Afrika alle eine dunkle Hautfarbe hatten.« Ob die europäischen Kolonialherren und ihre rassistischen Nachfolger die Legende von der Überlegenheit der Weißen wohl auch entwickelt hätten, wenn sie gewusst hätten, dass ihre helle Hautfarbe von Eroberern aus dem Osten vererbt wurde?

Genpool Nutztier

Und was ist nun — neben dem kulturellen Wert der alten Nutztierrassen — mit ihrem Wert als lebendiger Genpool? »Ihre Robustheit und ihre Anpassung an ganz bestimmte Standorte unterscheidet die alten Züchtungen von den modernen«, sagt Kai Frölich. Und was ist robust? »Robustheit ist einerseits ein Modebegriff im Bereich Umwelt, wie Nachhaltigkeit«, sagt er. Andererseits stehe der Begriff für bestimmte Eigenschaften der alten Nutztierrassen.

Und diese Eigenschaften hat die Arche Warder zusammen mit anderen Forschungseinrichtungen definiert, um dem Modebegriff einen festen Inhalt zu verleihen. »Dazu gehört auf jeden Fall die Fähigkeit, mit energiearmem Futter klarkommen«, sagt Kai Frölich. Das unterscheidet die alten Rassen klar von den modernen Hochleistungszuchten, die ohne Zusatzfutter draußen nicht mehr überleben können. Dazu kommen Resistenz gegen Krankheiten, unproblematische Geburten und Widerstandsfähigkeit gegen Witterungseinflüsse. »Und, ganz wichtig«, sagt Kai Frölich, »die Anpassung an widrige Standorte.«

Er nennt die Moorschnucke, die auf feuchten Böden eben keine Klauenerkrankung bekomme, wie andere Schafe. Und das Posavina-Pferd aus den Save-Auen in Kroatien und Slowenien. Das könne stundenlang im Wasser stehen, ohne Huffäule zu bekommen.

Da hätte man dann schon, zusammen mit den Wasserbüffeln, die tierische Besatzung für die Moorflächen, die ja wieder vernässt werden sollen, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Nasser Boden muss nicht ohne landwirtschaftliche Nutzung bleiben, wenn man die richtigen Tiere einsetzt. Was man allerdings auf kargen oder nassen Böden nicht erwarten darf, sind Erträge wie bei Hochleistungstieren im Stall.

Immunkompetenz

Robust und abgehärtet - und im Wasser zuhause. Die Turopolje-Schweine aus den Save-Auen im Schwimmteich des Tierparks. | Foto: Arche Warder
Robust und abgehärtet – und im Wasser zuhause. Die Turopolje-Schweine aus den Save-Auen im Schwimmteich des Tierparks. | Foto: Arche Warder

Zu der Anpassung der alten Rassen an schwierige landschaftliche Standorte, an Nässe, Trockenheit, Kälte oder Hitze, kommt ihre bereits erwähnte Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten.

Womit wir wieder bei den Schweinen wären. Die nämlich haben sich die Arche Warder und die Technische Universität München ausgesucht, um ihre Resistenz gegen Krankheitserreger zu testen.

»Im Rahmen einer Robustheitsanalyse haben wir festgestellt, dass einige Rassen tatsächlich eine höhere immunologische Kompetenz haben«, sagt Kai Frölich, der neben dem Doktor der Biologie auch einer der Tiermedizin ist. Im Rahmen einer zweieinhalbjährigen Studie wurden moderne Hybridschweine und die alte Rasse der Turopolje-Schweine mit einem typischen Schweine-Antigen infiziert. Also nicht mit der Krankheit selbst, sondern mit deren Antigen, das die Immunantwort des Tieres aber ebenso hervorruft. Das Ergebnis: die alte Rasse konnte den Erreger wesentlich schneller eliminieren »und interessanterweise sogar mit einem ganz anderen immunologischen Weg, mit einer sogenannten zellulären Antwort. Das war wirklich spannend«, sagt Kai Frölich.

Die Turopolje-Schweine aus den Save-Auen sind eine echte Attraktion des Tierparks Arche Warder, weil sie dort in einem kleinen See schwimmen und tauchen können. Der wissenschaftliche Langzeitversuch von Arche Wader und Technischer Uni München zeigt in Sachen Robustheit, dass diese alte Rasse den modernen Hybridtieren deutlich überlegen ist. So sehr, dass selbst die Forschungsabteilung des Fleischriesen Tönnies empfiehlt: »Nach derzeitigem Kenntnisstand lohnt es sich, die alten Rassen weiter zu stärken und sie eventuell in die moderne Zuchtlinie einzukreuzen.«

Mit der modernen Zuchtlinie sind die Hybridschweine gemeint. Sie sind der Normalfall in deutschen Schweinställen, überhaupt in den meisten Schweineställen der Welt. Sie werden üblicherweise aus zwei Zuchtlinien mit besonderen Eigenschaften zusammengekreuzt und zeigen dann in der ersten Generation danach den sogenannten Heterosiseffekt. Das ist bei Schweinen eine besonders schnelle Gewichtszunahme.

Was man sich damit erkauft, ist allerdings eine geringere Immunkompetenz, wie es der Tierarzt nennt, wenn er eine höhere Anfälligkeit für Krankheiten meint. Außerdem erkauft man sich mit dem rasanten Wachstum der Mastschweine und ihrer hohen Stressanfälligkeit eine mindere Fleischqualität. Für die gibt es sogar einen Fachbegriff: PSE — pale, soft and exudative – blass, weich und Wasser absondernd. Wenn das Kotelett in der Pfanne schrumpft und wässert, ging es dem Schwein schlecht. Es hatte Stress.

Satellitenstationen

Was die Besucher im Tierpark bei dem Dörfchen Warder sehen, sind Esel, Pferde, Ziegen, Schafe, Rinder und Schweine — in der für sie jeweils passenden Landschaft und Haltungsform. Dazu kommen Geflügelrassen und viele Wildvögel, die den Park als vielgestaltigen Lebensraum nutzen. Was die Besucher nicht sehen, sind all die Tiere, die von den jeweiligen Rassen außerdem noch zur Arche gehören. Der Park ist nur ein Teil des großen landwirtschaftlichen Betriebs Arche Warder. Der Rest sind im Land verteilte Außenstellen, sogenannte Satellitenstationen. Das sind angepachtete oder eigene Flächen.

»Man kann auf 40 Hektar Parkgelände nicht 1100 Tiere halten«, sagt Kai Frölich. »Aber wir brauchen auf der anderen Seite auch viele Individuen, weil wir ja züchten wollen.« Man könne das so versuchen, wie es der biblische Noah mit seiner Arche gemacht hat. Dass es allerdings wirklich gelingt, genau die beiden Individuen zusammenzuführen, die so gut zusammenpassen, dass sie kein letales Gen weitergeben, das sei eher unwahrscheinlich. »Also haben wir uns gedacht, wir brauchen doch, im Unterschied zur Bibel, mehrere Individuen. Dazu brauchen wir dann aber mehr Fläche.«

Und diese Fläche gibt es durch die neunzehn Satellitenstationen der Arche Warder, die zusammen achtmal größer sind, als der eigentliche Tierpark. In dem sind nur gut die Hälfte der Tiere zu sehen. Die anderen arbeiten in den Außenstellen im Naturschutz; in ganzjährigen Beweidungsprojekten in Zusammenarbeit mit den Gemeinden vor Ort zum Beispiel.

Sie sind wirklich robust und die Top-Tiere für ganzjährige Beweidung, außerdem gelassen und freundlich. So charakterisiert Tierpfleger Christoph Gorniak die Englischen Parkrinder. | Foto: Arche Warder
Sie sind wirklich robust und die Top-Tiere für ganzjährige Beweidung, außerdem gelassen und freundlich. So charakterisiert Tierpfleger Christoph Gorniak die Englischen Parkrinder. | Foto: Arche Warder

»Bei unseren ganzjährigen Beweidungsprojekten haben wir mit dem englischen Parkrind beste Erfahrungen gemacht«, sagt Kai Frölich. Diese uralte Rinderrasse ist eine besondere Erscheinung im Tierpark Arche Warder. Man sieht sie schon von weitem, wenn man sich der Koppel nähert. Sie leuchten ganz in Weiß und tragen ausladende helle Hörner. Beim Näherkommen sieht man dann das markante schwarze Flotzmaul und die schwarzen Ohren. Entstanden ist die heutige Rasse wohl durch eine Genmutation, die sich dann in eine große Population übertragen konnte, als 1220 der 120 Hektar große Park von Chillingham im Norden Schottlands eingezäunt wurde. Damit war die dort ansässige weiße Rinderherde, die noch von den römischen Besatzern stammen sollte, von der Umwelt abgeschnitten. Charles Darwin hat diese Herde später dann für seine Evolutionsforschung genutzt.

»Die englischen Parkrinder waren schon bei den Kelten bekannt«, sagt der für die Rinder zuständige Tierpfleger Christoph Gorniak, »da hat man Aufzeichnungen genau von diesen Rindern gefunden: groß, weiß, mit diesen Hörnern und den schwarzen Abzeichen.« Diese Rinder waren für die Kelten heilig und dienten als Opfertiere. Später wurden sie dann in den riesigen englischen Parks als Jagdwild gehalten. Deshalb hätte sich die Rasse im Laufe der Jahrhunderte kaum verändert. Sie wurde nicht weiter gezüchtet in irgendeine Richtung. »Sie waren reines Jagdwild für die hohen Herrschaften in England.« In Großbritannien ist die Jagd auf Rinder, die deren Stammform, den Auerochsen, aussterben ließ, also munter weiter betrieben worden.

Und warum nun ausgerechnet diese Rinder für ganzjährige Beweidungsprojekte? »Auch weil die so gelassen und freundlich sind«, sagt Christoph Gorniak, während er eines seiner Parkrinder streichelt. Sie seien problemlos im Umgang, trotz ihrer großen Hörner. »Außerdem sind sie extrem robust und kommen eigentlich mit allen Witterungsumständen sehr gut zurecht.« Sie brauchen nur eine Möglichkeit, sich unterzustellen, wofür ein paar Bäume oder ein kleiner Wald reiche. Man müsse keine Unterstände bauen. So seine die Parkrinder das »Top-Beweidungstier für jegliche Naturschutzfläche«.

Rückzüchtungen

Auch die älteste deutsche Rinderrasse stammt ursprünglich aus Großbritannien, was ihr Name bis heute verrät: das Deutsche Shorthorn. Die deutsche Zuchtlinie entstand im 19. Jahrhundert auf der Halbinsel Eiderstedt an der Nordsee bei Husum, von wo aus schon zu Zeiten der Hanse Tiertransporte nach England und zurück gefahren wurden. Inzwischen ist das Shorthorn weltweit verbreitet und teilt das Schicksal aller alten Rassen, die in die moderne Zucht eingeführt wurden: Es gibt einen Milch-Typ mit hoher Milchleistung und einen Fleisch-Typ mit schneller Gewichtszunahme.

Und, sagt Christoph Gorniak: »Das Deutsche Shorthorn wird seinem Namen nicht mehr gerecht.« Die Hörner sind nämlich fast vollständig weggezüchtet, weil die Tiere ohne Hörner besser im Stall gehalten werden können.

In letzter Zeit bemerkt der Tierpfleger allerdings eine Umkehr der Zuchtrichtung, zumindest bei den Bäuerinnen und Bauern, die ihre Tiere gerne rauslassen wollen auf die Weide. Deshalb wird der Tierpark die überzähligen Rinder aus der Herde Deutscher Shorthorns der alten Zuchtrichtung neuerdings auch an Rinderhalter los, die eigentlich auf die neuen Zuchtrichtungen setzten. Der Grund für das Umdenken ist der Wolf.

Unverhofft kommt eben doch oft. Kaum ändert sich auch nur eine äußere Bedingung der Tierhaltung, schon muss man einen angeblichen Vorteil der modernen Zucht wieder aufgeben und dazu auf die alten Rassen zurückgreifen. In alten Landwirtschaftsbüchern, die geschrieben wurden, als die Wölfe noch nicht in den Osten verdrängt waren, lässt sich nachlesen, dass die Wehrhaftigkeit bestimmter Rinderrassen als großer Vorteil gepriesen wird. Ebenso sind die ursprünglichen Muttereigenschaften bei Weidetieren wieder gefragt. Die wurden den modernen Zuchtlinien weitgehend ausgetrieben, damit die Landwirte problemlos an die Kälber kommen. Jetzt wären sie wieder gefragt, weil die Kälber auf der Weide auch mal verteidigt werden müssten.

Biodiversität als Leistung

Beispiel für ein gelungenes Beweidungsprojekt zur Förderung von Biodiversität und Landschaftsschutz: ein ehemeliger Truppenübungsplatz, heute das Stiftungsland Schäferhaus, vorgestellt im Blog »Landwirtschaft als Naturschutz«. | Foto: Florian Schwinn
Beispiel für ein gelungenes Beweidungsprojekt zur Förderung von Biodiversität und Landschaftsschutz: ein ehemeliger Truppenübungsplatz, heute das Stiftungsland Schäferhaus, vorgestellt im Blog »Landwirtschaft als Naturschutz«. | Foto: Florian Schwinn

Womit wir bei der ganz normalen Landwirtschaft angelangt wären, die sich dem pauschalen Vorwurf ausgesetzt sieht, die Tiere und die Böden auszulaugen und die Biodiversität verdrängt zu haben. Die jüngere Geschichte der GAP, der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union, zeugt von vielen Versuchen, die industrialisierte Landwirtschaft wieder umweltverträglicher zu machen, und auch von deren Scheitern.

Und die jüngere Geschichte der Konsumforschung erzählt einerseits von dem stetig zunehmenden Wunsch nach mehr Natur und mehr Regionalität bei den Lebensmitteln. Andererseits zeigen die Statistiken die gleichzeitige tägliche Abstimmung mit dem Einkaufswagen, in den eben immer wieder die billigsten Lebensmittel gelegt werden.

Das geht so nicht weiter, sagen viele Wissenschaftler und auch immer mehr Bäuerinnen und Bauern. Und das sagt auch der Direktor der Arche Warder. Es sei eine gesellschaftspolitische Entscheidung, die wir gemeinsam fällen müssten und vor der wir uns nicht drücken könnten.

»Wollen wir nur auf industrielle Landwirtschaft setzen oder wollen wir auch Biodiversität?« Wir wissen schon, was die kollektive Antwort ist, die immer wieder abgefragt wird: Wir alle zusammen wollen die biologische Vielfalt erhalten und die Natur schützen. Unsere gewählten Vertreter haben deshalb dem Montreal-Abkommen zugestimmt, die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten haben die Fauna-Flora-Habitat Richtlinie verabschiedet. Es sollen dreißig Prozent der Fläche naturnah bewirtschaftet werden.

Das stehe aber nicht nur auf dem Papier, es bedeute auch etwas, sagt der Leiter der Arche Warder; zum Beispiel, dass die Landwirte, die so wirtschaften, dafür auch bezahlt werden. »Ich würde das gar nicht Subventionen nennen. Es sind Leistungen, die die Landwirte erbringen. Und diese Leistungen sollten dann anhand eines Punktesystems bewertet und bezahlt werden.« Wir müssten uns entscheiden, weil wir nicht beides gleichzeitig haben könnten: billige Lebensmittel und Landschafts- und Naturschutz. »Landschaftsschutz zu betreiben und Biodiversität bewahren oder wieder herzustellen – das muss sich lohnen!«

Eine wesentliche Rolle könnten dabei alte Rassen spielen. Und die Gesellschaft müsse dann auch dazu ja sagen, weil diese an die Landschaft angepassten Tiere nicht so viel leisten könnten wie die Hochleistungsrassen. Wenn man das Geld aus Brüssel allerdings wirklich konsequent umlenkt für gesellschaftspolitisch gewollte und vor allem zukunftsfähige Leistungen einer naturnahen Landwirtschaft, dann fehlen die Subventionen auf der anderen Seite bei der Industrielandwirtschaft. Das bedeutet dann auch, dass auf Dauer die billigen Lebensmittel fehlen.

Agrarwende anders

Kai Frölich hat eine eigene Vorstellung von der Landwirtschaft der Zukunft, die er auch in einem Buch niedergelegt hat, das — allerdings erst einmal nur auf Englisch — demnächst beim Wissenschaftsverlag Springer erscheint. Er würde die Landschaft gerne aufteilen in gute und schlechtere Böden. Dazu haben wir ein brauchbares Bewertungssystem – die sogenannten Bodenwertzahlen von Null bis Hundert. Bei Null stehen wir auf Sand und da wächst gar nichts. Bei hundert stehen wir im Nirgendwo, denn solche Böden gibt es fast gar nicht. Aber beim Bodenwert achtzig stehen wir schon auf äußerst fruchtbarem Boden mit Lössauflage oder auf der sogenannten Schwarzerde.

Kai Frölich schlägt vor, auf den guten Böden Precision Farming zu betreiben, also moderne, digital und via GPS gestützte Präzisionslandwirtschaft für hohe Erträge bei gleichzeitig möglichst geringem Einsatz von Stickstoff. Denn der Eintrag von Stickstoff und Phosphat liege in der Landwirtschaft schon lange weit über dem für die Erde erträglichen Maß.

Auf den schlechten Böden möchte Kai Frölich dem Montreal Abkommen zum Artenschutz gerecht werden – und der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Und das ganz einfach – durch die Weidehaltung von Rindern, Schafen, Ziegen. Wobei, ganz so einfach ist das dann auch wieder nicht.

Einer der Mitarbeiter bei der Wiedervernässung ehemaliger Feuchtgebeiete: der Wasserbüffel. Hier mit Tierpfleger Christoph Gorniak. | Foto: Arche Warder
Einer der Mitarbeiter bei der Wiedervernässung ehemaliger Feuchtgebeiete: der Wasserbüffel. Hier mit Tierpfleger Christoph Gorniak. | Foto: Arche Warder

»Der Trick dabei ist, welche Rasse auf welcher Fläche, in welcher Dichte, mit welchem Management, mit welcher veterinärmedizinischen Betreuung. Denn das sind Haustiere und keine Wildtiere.« Tatsächlich hat es in der Vergangenheit bei einigen Beweidungsprojekten Probleme mit der Betreuung der Tiere gegeben. Darauf weist Kai Frölich mit diesem Satz hin. Man könne nicht einfach ein paar Koniks auf eine Fläche stellen, die sie durch Beweidung pflegen sollen, und sich dann nicht weiter kümmern, weil diese Wildpferde in der Natur ja schon zurechtkämen. Koniks mögen mit ihrer falben Farbe und dem Aalstrich auf dem Rücken aussehen, als stammten sie direkt vom Tarpan ab. Sie tun es aber nicht, sondern sind schlicht die Nachfahren polnischer Arbeitsponys.

Wie ganzjährige Beweidung mit robusten Rassen funktioniert, das hat die Arche Warder in vielen Jahren auf verschiedenen Standorten ausgetestet. »Da haben wir sehr viele Erfahrungen gemacht mit Rassen, die wirklich robust und dafür geeignet sind.«

Das ist dann die etwas andere Form der Landwirtschaft, bei der aber auch wieder tierische Produkte entstehen, die von uns genutzt werden müsse. Die alten Rassen, die Kai Frölich gerne eingesetzt sehen will, sind eben Nutztierrassen. Der Name ist Programm.

»Schützen durch Nutzen« sei die Devise, sagt Kai Frölich. »Unsere Auffassung ist eben: Wenn die Tiere sehr, sehr gut gehalten werden, und wir haben das Gefühl, dass unsere Haltung fast Benchmarkcharakter hat, dann ist es auch möglich, sie zu nutzen.« Nur so könne man die alten Rassen als Genpool für die Zukunft und lebendige Kulturgeschichte letztlich auch erhalten.

Womit wir wieder beim Führerschein für Einkaufswagen wären – dem Obertitel dieses Blogs und des zugehörigen Podcasts. Letztlich müssen die alten Rassen von uns auch genutzt werden, draußen in der Landschaft und drinnen in der Küche. Nur dann wird es sie noch länger geben und nur dann können wir auch in Zukunft auf ihre besonderen Gene und besonderen Eigenschaften zurückgreifen, von denen wir heute noch nicht wissen, wann und wo wir sie brauchen.

Manche Beispiele kennen wir schon: Die Hilfe der Wasserbüffel bei der Renaturierung von Feuchtgebieten hat die Mozzarella-Produktion nach Deutschland gebracht. Wenn Moore vernässt werden, werden auch die Moorschnucken wieder gebraucht. Und wer wirklich gutes Schweinefleisch will, der muss die Sau wieder rauslassen. Und dazu eignen sich die alten Schweinerassen deutlich besser, als die modernen Hybridtiere.

Bis hierhin für heute zum Wert der alten Rassen. Ich werde dem ganz sicher ein paar Besuche bei den sogenannten Arche-Höfen folgen lassen. Das sind landwirtschaftliche Betriebe, die sich dem Erhalt alter Nutztierrassen verschrieben haben. Die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen GEH listet über hundert Arche-Höfe in ganz Deutschland auf.

Florian Schwinn

Florian Schwinn ist Journalist und Sachbuchautor. Er hat für Print und Hörfunk gearbeitet, Radiofeature produziert und moderiert. Seit vielen Jahren beschäftigen ihn Themen aus dem Bereich Umwelt und Landwirtschaft.
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11 Kommentare

  1. Vielleicht, sollten wir uns auch mal um die artgerechte Haltung des Menschen kümmern.
    Mit diesem Beitrag wird wenigstens mal aufgezeigt, wie es sich landwirtschaftlich verhäalt und wo es hingehen könnte.

    1. Die artgerechte Haltung des Menschen gibt es nur im Einklang mit und als intergraler Bestandteil unserer Umwelt.
      Die völlige und extrem zerstörerische Entfremdung ist tagtäglich zu besichtigen und zu empfinden.
      Z.B. der ununterbrochene Blick aufs Handy und die Dauerbeschallung über Kopfhörer.
      Wer von diesen immer mehr zu Zombies werdenden Jugendlichen(und Erwachsenen) wird den Gesang und das Gekrächze der Vögel vermissen, wenn sie nicht mehr da sind, weil ihre Lebensgrundlage zerstört ist.
      Was man nicht kennt, vermisst man nicht.

      Und was diese armen ausgemergelten Kreaturen mit den monströsen Eutern angeht, die den größten Teil der Massenware Milchprodukte liefern müssen, es ist eine einzige Schande.

    2. Das sind ja auch meist Leute, die nicht im kapitalistischen Malstrom gequetscht werden, die sich solchen „zurück ins 19. Jahrhundert“-Themen verschreiben.

      Für die Mehrheitsbevölkerung gilt, bezahlbares Brot, Milch und Fleisch ist wichtiger. Aber dieses Thema hat seinen Medien-Chic verloren, seit die ganzen Redaktionen von Söhnchen und Töchterchen aus gut bürgerlichem Haus bevölkert werden, die nie in ihrem Leben über längere Zeit ernsthafte Geldsorgen hatten.

      Die Bio-Eliten interessieren sich nicht für allgemeinen Wohlstand, sondern nur für ihre eigene durch privaten Wohlstand ermöglichte Wohlfühlblase.

  2. Ein sehr guter Artikel, vielen Dank Herr Schwinn. Ein bisschen ˋpolitical de-tox´ tut auch mal ganz gut in diesen verrückten Zeiten. Vielleicht lesen wir auch bald mal einen ähnlich gelagerten Bericht zu unseren Nutzpflanzen.

    1. Z.B. über den Genmais, der die Hunderte Maissorten der Indigenen Lateinamerikas verdrängt.
      https://antikrieg.com/aktuell/2025_06_30_digitalharvest.htm
      „Sie verkaufen kein Saatgut. Sie besitzen keine Traktoren. Sie betreiben keine Lagerhallen und transportieren kein Getreide. Doch BlackRock, Vanguard und State Street gehören zu den mächtigsten Akteuren der globalen Landwirtschaft.
      Zusammen kontrollieren diese drei Vermögensverwalter Vermögenswerte im Wert von über 26 Billionen US-Dollar – mehr als das BIP der USA und Indiens zusammen. Sie sind Anteilseigner fast aller großen Agrarkonzerne: Bayer, Cargill, ADM, Nestlé, Deere & Co. und weitere. Sie konkurrieren nicht miteinander. Sie sind Miteigentümer. Und durch dieses Eigentum bestimmen sie.
      Das ist kein Kapitalismus als Wettbewerb. Es ist Kapitalismus als stille Koordination.
      Diese Unternehmen müssen die Politik nicht diktieren. Sie gestalten das Terrain, auf dem Politik gemacht wird. Ihr Einfluss ist strukturell, nicht spektakulär. Er wird durch Vorstandsetagen, Aktionärsbeschlüsse und Kapitalflüsse ausgeübt. Und er ist für die Öffentlichkeit weitgehend unsichtbar.
      Doch seine Auswirkungen sind allgegenwärtig.“

  3. Wenn das so weitergeht, grasen bei uns bald Kamele.
    Zebus gibt`s ja schon.. und die haben grad Heimatgefühle (der Albtraum der Rechten ‒ Umvolkung auch hier).
    Persönlich freue ich mich aber immer sehr, wenn ich Schottische Hochlandrinder sehe. Man möchte sie grad knuddeln.

  4. Guter Artikel ..
    Mich regt das eh auf was Menschen hier tun. Katzen mit platt gedrückter Nase züchten , ohne Fell usw, damit Sie etwas „besonderes “ sind. In meinen Augen Tierquälereien ..
    Logisch sind natürliche Abwehrsysteme wesentlich effizienter und Sie sind damit auch auch Bestandteil Menschlicher Abwehrsysteme in solch Art Kreisläufen, was der Mainstream auch den Menschen verschweigt.

  5. Dabei habe ich auch erwähnt, dass die modernen Hochleistungskühe für diese natürlichste Form der Tierhaltung eigentlich nicht mehr geeignet sind.

    Wäre nicht die „natürlichste Form der Tierhaltung“ gar keine Züchtung und Haltung von Tieren für den Gebrauch von Menschen?
    Nutztiere, wie der Name schon sagt, dienen zum Nutzen ausschließlich dem Menschen und wurden von jeher ihrer natürlichen Lebensweise beraubt (natürlich = Natur).
    Wieso ist die Züchtung von Hochleistungsmilchkühen pfuibäh und die Züchtung auf Dackel und Schoßhündchen als (angebliche) „Familienmitglieder“ voll in Ordnung? Das ist doch Augenwischerei.

    Irgendwann müssen wir uns auch mal damit abfinden, dass der Mensch zum Menschen wurde, weil er die natürliche Umgebung (Natur) zu seinem Nutzen veränderte und dabei auch radikal umbaut(e).

    Es gibt für den Menschen kein Zurück auf die Bäume. Der Mensch als solcher hat nie im Einklang mit der Natur gelebt.

    Und ab wann die verschiedenen Tierarten uns nicht nur als Jagdbeute, sondern als Nutztiere begleitet haben. Ohne sie keine Landwirtschaft und keine Sesshaftigkeit.

    Das ist leider Unsinn, wie der Verweis auf den Ackerbau im antiken Ägypten belegt, die ohne Nutztiere ihre Äcker bewirtschafteten, die ihrerseits durch die jährliche Nilflut neu gedüngt wurden.

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