Über Argentinien lacht die Sonne

Bild: Gaby Weber

 Wie sich die Chinesen in Jujuy das begehrte Lithium sichern und Deutschland das Nachsehen hat.

Cauchari ist der größte Solarpark Südamerikas. Er befindet sich mehr als 4000 Meter über dem Meeresspiegel. Paneele soweit das Auge reicht. Saubere Hightech in der Hochebene der Anden. Er könnte mit seiner installierten Gesamtleistung von 315 Megawatt fast die gesamte Provinz Jujuy im argentinischen Norden mit Strom versorgen.

Und wem verdanken die Argentinier diesen Segen? Natürlich den Chinesen, die sich – kaum ein Zufall – ganz in der Nähe eingekauft haben, um schon in diesem Jahr dort Lithium zu gewinnen. Lithium ist das derzeit begehrteste Leichtmetall. Man braucht es für Handys, Computer und die leistungsfähigen Batterien der Elektroautos. Von ihm hängt die Energiewende ab.

Das Problem ist nur: Es gibt davon viel zu wenig und der Abbau ist alles andere als ökologisch. Fast drei Viertel werden im ABC-Dreieck vermutet, hoch in den Anden, im argentinischen Norden, in der chilenischen Atacama-Wüste und im bolivianischen Uyuni.

Der Kampf um diesen Rohstoff ist in vollem Gang. Die Deutschen stehen dabei ganz hinten in der Schlange. Das hatte Bundeskanzler Olaf Scholz gemerkt, als er während seiner Lateinamerika-Tour im Januar 2023 eine „Aufholjagd“ starten wollte. Doch kaum jemand nahm von ihm Notiz. Auch die USA, die den Subkontinent gerne als ihren Hinterhof betrachten, gehen zunehmend leer aus. Viel fällt ihnen nicht ein – außer militärischen Drohgebärden. Die Südamerikaner fordern neue Spielregeln und wollen selbst über ihre Ressourcen entscheiden.

Die Regierung in Santiago hat vor kurzem angekündigt, dass in Zukunft der chilenische Staat mindestens zur Hälfte in den Minengesellschaften vertreten sein muss. Den Bolivianern hat das chinesische Konsortium CBC vertraglich zugesichert, mit ihnen zusammen in Oruro und Potosí eine Lithium-Anlage zu errichten. Und in Argentinien errichtet die Volksrepublik Solaranlagen und erhält dafür Konzessionen für den Lithiumabbau. Hightech gegen Rohstoff. In Jujuy will sie sogar eine alte Forderung der Dritten Welt erfüllen und eine moderne Batterie-Fabrik vor Ort errichten.

Bild: Gaby Weber

Ich war in Jujuy, in der Provinzhauptstadt San Salvador und in Cauchari, im Solarpark. Allein die Fahrt dorthin, vorbei an Bergmassiven in verschiedenen Farben und Vicuña-Herden, ist abenteuerlich. Oben in den Anden habe ich mit den Ingenieuren gesprochen und mir die Anlage mit ihren 970.000 Paneelen erklären lassen. Unten in der Stadt habe ich den Chef von Cauchari Solar, Guillermo Giralt, interviewt. Er will das Projekt um weitere 200 Megawatt erweitern und verhandelt gerade mit den chinesischen Banken über die Details, etwa in welcher Währung das Geschäft abgewickelt wird. Die VR China akzeptiert den US-Dollar nicht mehr als internationale Verrechnungseinheit und will ihre eigene Währung, den Yuan, benutzen. Das ist wenig vorteilhaft für die Partner.

Ich habe mit der Zivilgesellschaft gesprochen, mit der linken Opposition „Linke Front“, die es bei den letzten nationalen Wahlen auf stolze 24 Prozent der Stimmen gebracht hat. Sie will das Lithium und die Stromversorgung nationalisieren. Widerstand gegen das Lithium regt sich bei den Hochlandbewohnern. Die Rechtsanwältin Alicia Chalabe vertritt mehrere Gemeinschaften der Indigenen, deren Existenz durch den Lithium-Abbau bedroht ist.

Die Förderung ist, jedenfalls mit der herkömmlichen Technik, ein ökologisches Verbrechen. Sie entzieht der ohnehin kargen Gegend das Wasser aus den Lagunen und aus den tief im Erdreich befindlichen Reservoiren. Ich habe die Fabrik Warmi besucht, einen nachhaltigen Betrieb, der feines Tuch aus Lamawolle herstellt. Das Problem sind die hohen Stromkosten. Obwohl die Provinz saubere Energie im Überfluss produziert, müssen Verbraucher, Gewerbe und Industrie höhere Strompreise zahlen als die im Rest der Republik.

Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen.
Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.

Und ich war bei Eco Andina, einer NGO, die von den Minengesellschaften, Banken und der Bundesrepublik finanziert wird. Nach außen hin behauptet sie, Sonnenkollektoren unter der Bevölkerung des Hochlandes zu verbreiten, aber bei meiner Reise habe ich keinen gesehen. Diese Kollektoren funktionieren nur, wenn die Sonne scheint, nicht an Regentagen oder abends. Und dass man alle Minuten nach draußen rennen muss, um sie manuell in die richtige Position zu bringen, macht das Kochen sehr umständlich. Ich habe den Eindruck, dass es bei diesem Projekt nicht um die Entwicklung einer armen Region geht, sondern um Armutspflege. Ein Feigenblatt der Unternehmen. Was sich die Bundesregierung und deutsche Institutionen davon versprechen, eine irrelevante und wenig transparente Gruppe zu unterstützen, bleibt ihr Geheimnis. Wie gesagt: Über Argentinien lacht die Sonne und über Deutschland lacht die Welt.

 

Ich habe die Reise nach Jujuy selbst finanziert, Flug, Hotel etc. Daher hier nochmal die Spendenmöglichkeiten. Paypal : Gaby.weber@gmx.net

Ähnliche Beiträge:

7 Kommentare

  1. Eventuell bin ich zu müde, aber Ihr Artikel liebe Fr. Weber liest sich ziemlich frustriert und nicht linear.
    Mir erscheint das der Neoliberalismus weltweit etabliert ist und selbst die ‚Kommunisten‘ ein Teil dieser Simulation sind. Das Kapital, in welcher Form auch immer, bricht jeden Verstand! Das einzige was zählt sind Illusionen…

  2. Der Salar de Uyuni in Bolivien ist ein in seiner Art einzigartiger Ort, die größte Salz“pfanne“ der Welt. Bleibt das erhalten? Ich kann mich daran erinnern, dass es vor einigen Jahren, noch unter Morales, Zoff um ein derartiges Projekt mit der örtlichen Bevölkerung gab. Zum Thema

    Es gibt davon viel zu wenig

    Abbaubare Lager (Lithiumgehalt), Ende
    2018 13,9 Mio t
    2019 15,5 Mio t
    2020 19,0 Mio t
    2021 20,3 Mio t
    Die Förderung lag zuletzt (2021) trotz Verdreifachung innert 10 Jahren bei 106 kt. Es geht alles erst los!
    Der Ausbau einer solargestützten Stromversorgung ist sicher zu begrüßen. Viele Orte in den dünn besiedelten Regionen haben nur eine lokale Stromversorgung, Insellösungen auf der Basis von Dieselgeneratoren. Allerdings ist es auch in dieser sonnenscheinreichen Gegend so, dass die Sonne nachts nicht scheint. Die Taglängen variieren kaum, gegen 19 Uhr ist Schluss. Dann muss wieder der Generator ran.

    Ich habe die Fabrik Warmi besucht, einen nachhaltigen Betrieb, der feines Tuch aus Lamawolle herstellt.

    Feines Tuch vom Lama? Ich denke eher: Alpaka, wenn nicht sogar Vicuña.

  3. Was wäre denn, wenn die Deutschen beauftragt worden wären? Man sähe da Bohrgestänge, Schaufelbagger und Muldenkipper anrücken. Alles fossil betrieben. Bei den Chinesen sieht man all das nicht. Irgendwie scheinen sie das anders angehen zu wollen. Und wahrscheinlich naturverträglicher.

    Was sieht man hier? Belt and Road ist längst nicht mehr nur Eisenbahn, da sind inzwischen durchweg klimaneutrale Energieprojekte dabei. Was dort für klimafreundliche Konjunktur sorgen wird. Die dort fast überall regierenden Linksparteien sind dafür die idealen Partner. Prognose: die werden auch in Zukunft die Wahlen gewinnen. Das kontrastiert aufs Heftigste mit dem, wie sich die Amerikaner benommen haben. Hier, ebenfalls von Gaby Weber:

    https://www.telepolis.de/features/Argentinien-Fracking-am-Ende-4664249.html

    Das ist nun das Resultat der Arbeit der „Klimakanzlerin“. Hier mal der Anteil der Erneuerbaren an Gesamt.

    http://cdn.statcdn.com/Infographic/images/normal/18785.jpeg

    Zur Erinnerung: als Merkel 2005 ins Amt kam, war die Bundesrepublik in diesem Diagramm der weit führende Tabellenführer. Der Pionierstaat schlechthin mit einen äußerst fortschrittlichen Einspeisegesetz. Jetzt ist man im unteren Ende, knapp vor dem Relegationsplatz. Das in der Atacama-Wüste bekommt man jetzt die Quittung dafür: was soll man denn mit den deutschen Schlafmützen. Wenn man die Chinesen holt, dann flutscht es.

    Ich sehe aus diesem Grund äußerst positive Signale für eine klimafreundliche und prosperierende Wirtschaft. Und wo steht da Europa? Im Abseits. Machen wir es kurz: ich sehe Niedergangskulturen mit Blödnazis und Atomkraftwerken.

  4. Bei the Grayzone gibt es ein Interview mit Evo Morales, in dem er mal aus dem Nähkästchen geplaudert hat.

    Unter anderem kommt er auf einen Besuch in Südkorea zu sprechen, bei der er eine Batteriefabrik besichtigt hat. Auf die Frage, ob Bolivien nicht nur den Rohstoff liefern, sondern auch so eine Batteriefabrik erhalten könne, kam eine klare Absage.
    Diese Politik, nachdem die einen billige Rohstofflieferanten und die anderen teuere Endprodukthersteller sind, die den Rahm abschöpfen, kann man sich nur leisten, wenn keiner quer schießt. Und darum mögen die Amerikaner die Chinesen nicht.

  5. „Von ihm hängt die Energiewende ab.“

    Tut mir Leid. Aber es gibt keine Energiewende. Alle Phantasien dass alles nur noch per Strom laufen könnte sind Pipi-Langstrumpf-Ideen.
    Keine Baustelle kann ohne Diesel betrieben werden. Flugverkehr wird auch nie elektrisch sein. Und die Umstellung allen Verkehrs und aller Heizungen auf Strom, also Wärmepumpen und elektrisch erhitztes Wasser, benötigt soviel Strom wie er sogar heute mit fossiler Energie nicht bereitgestellt werden könnte – geschweigen denn mit „regenerativer Energie“. Industrie nur auf Strombasis, völlig undenkbar.
    Gerade erweist sich auch noch die Umweltschädlichkeit und echte, negative Klimabeeinflussung durch Windparks.
    Was also soll die von ganz oben (Davon, WEF, Bilderberger, UNO, Weltbank, viele Regierungen, alle Groß-, Konzern- und Milliardärsmedien, …) betriebene „Energiewende“?
    Wie alle „neoliberalen“ Projekte ist das Ziel vielfältig ausgerichtet. Zum eine soll damit Protestpotential kanalisiert werden, dann sollen die Gesellschaften gespaltete werden an einer idealen Linie: Unverständige, Unerfahrene (Kinder, …) und Unvernünftige sollen von den Vernünftige, Verständigen und Unverbildeten untrennbar geschieden werden. Spalte und herrsche.
    Und davon unabhängig geht es darum, eine Atomkraft-Renaissance herbeizuführen. Sobald alle von Strom in jeder Hinsicht abhängig sind (Wärme, Arbeitswege, Arbeitsplatz, …) und man feststellt, dass eben einfach nicht genug „Energiewende-Strom“ da ist, werden von allen händeringend die BillyGates-schen Miniatomkraftwerke herbeigebettelt werden. Natürlich angeblich nur als „Brückentechnologie“. Die dann läuft, so lange Profite abfliesen.
    Der Nachtspeicherofen des ersten Atomkraft-Hypes der Sechzigerjahre ist heute durch die Wärmepumpe ersetzt. Damals wie heute alles angeblich ganz toll, und natürlich völlig sicher und billig. Die gleichen Lügen also wie damals schon. Die Generation die das noch erinnert ist ja am Wegsterben. Zum Glück für die PR-Agenturen. Den Rest macht die schier unüberwindliche Spaltungslinie zwischen erfahrenen Vernünftigen und jungen, agitierten Verführten und Fehlgeleiteten. Wo kein Austausch stattfinden kann, kann auch kein Wissen, keine Erfahrung und keine Erkenntnis weitergegeben werden. Da schalt gegen jedes Argument nur noch: „Wir werden alle sterben.“ und „How dare you.“ zurück.

    Jugend brauch Ideale. Denn Ideale zeichnen Zukunft. Geben Hoffnung. Aber wenn diese Ideale von den Menschenausbeutern und Menscheitsbedrückern vorgegeben werden, läuft was gewaltig falsch.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert