Libertäre Verwirrung für die Bundeswirtschaftsministerin

Berlin, Deutschland, 2025-07-07: Katherina Reiche bei einem Treffen im Konrad-Adenauer-Haus
photocosmos1/Shutterstock.com

Merkantilismus als globales Rezept.

Katherina Reiche, die Bundesministerin für Wirtschaft, ich habe schon vor einiger Zeit darauf hingewiesen, hat den Sozialdemokraten in der Regierung den Kampf angesagt, indem sie sich eine Beratergruppe zusammengestellt hat, die man als die Speerspitze des Libertarismus in Deutschland ansehen kann.

Nun hat diese Gruppe (Veronika Grimm, Justus Haucap, Stefan Kolev, Volker Wieland) eine erste Stellungnahme vorgelegt, die – wie könnte es anders sein – zeigt, wes Geistes Kinder sie sind. Man muss das lange Papier nicht lesen. Es genügt absolut, die ersten fünf Seiten anzusehen, um zu erkennen, dass es hier nicht um Wissenschaft, sondern um blanke Manipulation geht.

Das Papier beginnt mit einem eindrucksvollen Schaubild. Die Wirtschaftsleistung seit 2019 zeigt unmissverständlich, dass Deutschland zurückgefallen ist. Selbst Frankreich und Italien sind besser. Hervorgehoben wird von den Gutachtern aber insbesondere die erstaunliche Perfomance der USA. In den vergangenen 25 Jahren, so die Feststellung, sei die amerikanische Wirtschaft doppelt so stark gewachsen wie die deutsche (Abbildung 1). Auch in Bezug auf die Investitionstätigkeit, so wird es wenig später festgestellt, ist die amerikanische Wirtschaft der deutschen haushoch überlegen.

Zu den Ursachen und den wirtschaftspolitischen Bedingungen des amerikanischen Booms schweigt das Gremium allerdings. Unmittelbar nach dem ersten Schaubild mit den USA schwenkt man nämlich um auf erfolgreiche europäische Volkswirtschaften, um festzustellen, dass die Niederlande, die Schweiz und Dänemark eine bessere Wachstumsausbeute als Deutschland haben, obwohl dort, so das Urteil der vier Berater, die Staatsverschuldung (in Relation zum BIP) abgenommen habe. Die Quote von Staatsschulden zu Wirtschaftsleistung sei deutlich niedriger, „mit 43 Prozent in den Niederlanden, 37 Prozent in der Schweiz und 28 Prozent in Dänemark.“ Diese Länder hätten, so der Bericht, ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöht und auf diese Weise offenbar für eine hohe Wachstumsdynamik gesorgt. Belegt wird das mit Wettbewerbsrankings des IMD (Institut für Management Development Lausanne).

Wo ist das Problem?

Erstaunlicherweise schwenkt das Gremium nach diesem Ausflug in kleine europäische Länder sofort wieder um auf die ursprüngliche Vierergruppe mit den USA. Jetzt vergleicht man die Industrielle Wertschöpfung in Deutschland mit denen von Italien, Frankreich und den USA. Man konstatiert, wer könnte es bestreiten, einen Rückgang des Anteils der industriellen Wertschöpfung am BIP in Deutschland seit 2017 (Abbildung 2).

Nur, wo ist das Problem? Deutschland hat im Vergleich der vier Länder immer noch die bei weitem höchste industrielle Wertschöpfung. Zwar hat es zuletzt, in der Tat seit 2017, ein wenig verloren, aber das Niveau ist weiterhin einzigartig. Nur Italien war in den 1990er Jahren Deutschland in dieser Hinsicht ebenbürtig, aber es hat seit der Mitte der 2000er Jahre erheblich verloren.

Mehr als erstaunlich müsste für die Gutachter sein, dass die USA, die in allen Wettbewerbsrankings weit hinten liegen, ein hohes Leistungsbilanzdefizit aufweisen und deren industrielle Basis erodiert ist (was Trump heftig beklagt), bei der Bruttowertschöpfung, also beim Wachstum insgesamt (Abbildung rechte Seite), wahnsinnig gut abschneiden. Beeindruckend ist auch, dass Frankreich, das in Sachen industrielle Basis niedrig liegt und zudem verliert, beim Wachstum insgesamt mit Deutschland mithalten kann.

Viele interessante Fragen, aber keine Antworten aus libertärer Sicht. Weitet man den Blick ein wenig, sind die Antworten offensichtlich. Aber sie passen nicht ins libertäre Weltbild und werden daher unterdrückt. In Abbildung 3 sind alle die hier angesprochenen Länder mit ihren staatlichen Schuldenständen von 2010 bis 2024 aufgeführt. Zusätzlich haben wir (ich danke Erik Münster wieder für die gute Hilfe) die durchschnittlichen Leistungsbilanzsalden für die Jahre 2020 bis 2024 aufgeführt).

Für jeden unvoreingenommenen Betrachter ist es offensichtlich, dass die USA in diesem Bild der große Sünder sind, dicht gefolgt von Frankreich. Beide Länder haben ihren staatlichen Schuldenstand seit 2010 fast durchweg erhöht. Frankreich hat allerdings nach Corona weit größere Anstrengungen unternommen, um seine Verschuldung nicht weiter zu erhöhen als die USA. Italien weist einen deutlichen Anstieg nach der globalen Finanzkrise auf, hat aber seit 2013 trotz des Corona-Schocks das Niveau sogar leicht verringert.

Dieser jahrhundertealte Holzpfad

Den vier Ländern im unteren Teil des Bildes ist es gelungen, die Staatsverschuldung in Relation zum BIP von 2010 bis 2024 deutlich oder zumindest leicht (Schweiz) zu verringern. Wie war das möglich? Die Antwort ist einfach, kann aber von einem libertären oder neoliberalen Ökonomen niemals gegeben werden: Diesen vier Ländern ist es gelungen, über eine Verbesserung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit (im Sinne absoluter Vorteile) den Handelspartnern Marktanteile abzujagen und so die Nachfragelücke zu schließen, die auch in diesen Ländern durch die Ersparnis von privaten Haushalten und Unternehmen entstanden ist. Diese Länder weisen alle hohe Leistungsbilanzüberschüsse auf (die Zahlen in Klammern zeigen das für den Durchschnitt der Jahre 2020 bis 2024).

In den Ländern, die notgedrungen auf der anderen Seite der Medaille stehen, in den Defizitländern, musste dagegen der Staat in die Lücke springen. Da es in der Welt keine Überschüsse in einer Gruppe geben kann, ohne Defizite in einer anderen, ist jede Analyse, die dieses Nullsummenspiel nicht thematisiert, neben der Sache. Internationale Vergleiche anzustellen, ohne den Merkantilismus der Überschussländer zu erwähnen und zu kritisieren, ist auf Manipulation ausgelegt und perfide. „Gutachten“ wie das der libertären Gruppe von Ministerin Reiche führen dazu, dass noch mehr als es ohnehin schon der Fall ist, einem blinden Merkantilismus das Wort geredet wird. Die weltwirtschaftliche und die europäische Lage wird unmittelbar dadurch destabilisiert, dass unbelehrbare Länder wie Deutschland und die kleinen nordischen Länder Europas nicht von diesem jahrhundertealten Holzpfad abspringen.

Die USA machen in Sachen Makrosteuerung alles richtig, weil sie mit ihrer Geldpolitik unmittelbar und explizit die Beschäftigung und die wirtschaftliche Entwicklung fördern (wie hier gezeigt) und mit der Finanzpolitik systematisch dafür sorgen, dass langanhaltende Schwächephasen wie derzeit in Deutschland nicht auftreten können.

Heiner Flassbeck

Heiner Flassbeck studierte Volkswirtschaft in Saarbrücken und wurde 1987 an der FU Berlin promoviert. Er arbeitete im Stab des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und danach im Bundesministerium für Wirtschaft. Im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin war er von 1988 bis 1998 Leiter der Abteilung Konjunktur. Im Jahr 1998 wurde Heiner Flassbeck zum beamteten Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen ernannt. Von August 2003 bis Dezember 2012 war er bei UNCTAD in Genf Direktor der Abteilung für Globalisierung und Entwicklungsstrategien. Mit Friederike Spiecker zusammen hat er in den Jahren 2020 und 2022 einen „Atlas der Weltwirtschaft“ herausgebracht, der bei Westend erschienen ist. 2024 erschien sein Buch: Grundlagen einer relevanten Ökonomik ebenfalls bei Westend.
Mehr Beiträge von Heiner Flassbeck →

Ähnliche Beiträge:

28 Kommentare

    1. Die Stiftung Familienunternehmen möchte sich für Familienunternehmen einsetzen. Doch nach Panorama-Recherchen wird die Stiftung – anders als es der Name vermuten lässt – von den größten Konzernen des Landes finanziert.25.09.2025
      https://www.ardmediathek.de/video/panorama/stiftung-familienunternenachmen-lobby-fuer-superreiche/das-erste/Y3JpZDovL25kci5kZS9jZTRkOTcxNi03MDJlLTRmYTYtOWEyZS1kYjI5MzFmNGNhMDA

      Das Treffen der „Stiftung Familienunternehmen“ fand im September im Hotel Adlon in Berlin statt. Und Aufnahmen von diesen Treffen plus die Namen von Teilnehmern darunter etliche Milliardäre und Millionäre wurden Greenpeace zugespielt. Und die haben ausgewertet das bei der „Stiftung Familienunternehmen“ gar keine Mittelständler dabei sind sondern eben nur sehr reiche Personen und vor allem Großkonzerne. Was sie der ARD (Panorama) mitgeteilt haben. Und zufällig fliegt fast zeitgleich die Beraternummer der „Stiftung Familienunternehmen“ bei der Wirtschaftsministerin auf. Es wird also wiedermal ein schönes politsches Schauspiel aufgeführt um von irgendwas abzulenken. Wie bei einem Zaubertrick wo die Leute auch in die falsche Richtung schauen und so nicht mitbekommen wie die Nummer eigentlich funktioniert (Natürlich finde ich das Gebahren dieser „Stiftung“ eine Sauerei. Aber das sie so agiert ist im Kapitalismus absolut nichts neues sondern der Normalfall)

      1. Eben, so lange wir Kapitalismus haben, wird es auch keinen Frieden geben, und Gerechtigkeit schon gar nicht.
        Wann begreift ihr das endlich?

  1. Das alles ist ja auch völlig egal, weil wir hier augeplündert werden sollen und uns von allem weiterhin die Renten gekürzt werden und das Rentenaöter angehoben werden wird.
    es wir masiv deindustrialisiert nichts weiter
    „Druidentee“, wie ein angesehener Mitforist jetzt wieder sagen würde.

  2. Bringt langfristig nichts, nicht dem Land und nicht einmal den Reichen. Die Finanzspielereien werden zunehmend wertlos, Rohstoffe und Produkte werden in der Zukunft wieder die Hauptrolle spielen, Banken nur noch als Finanzierungsquellen für diese notwendig sein. Spätestens wenn die Finanzhaie alle Bürger ausgeplündert haben bricht das System zusammen, entweder dadurch, dass die fähigen Bürger auswandern und die unfähigen keine Kinder mehr zeugen können oder dadurch dass die westlichen Währungen global gesehen so wertlos werden wie die Reichsmark in den 1920ern.
    Wer Kapitalisten das Ruder überlässt, muss sich nicht wundern, wenn das Schiff sinkt. Am Ende sind es unverantwortliche Menschen die systembedingt nur ihren eigenen kurzfristigen Vorteil suchen, wie Kleinkinder die nicht mit den Süßigkeiten warten können wenn es gleich das Mittagessen gibt. Immerhin ist es befriedigend zu wissen, dass auch diese Leute dem Abgrund den sie allen anderen bereiten, nicht entkommen können.

    1. Ehrlich gesagt ist das Abschießen von Drohnen mit einer Zwille eine gar nicht so
      schlechte Idee. Die Steine sind Naturprodukte und billig. Sie fallen wenn sie nicht
      treffen einfach zu Boden. Ein Geschoss z.b. eines Gewehres fliegt gern auch 2-3 Km
      und kann Menschen dann immer noch schwer verletzen. Ein geübter Schütze trifft
      mit einem richtigen Stein auf 40m das Ziel.
      Der Kommentar sollte die Antwort auf den folgendenn Kommentar von Otto0815 sein!

      1. Flinte statt Steinschleuder gefährdet unbeteiligte noch weniger. Die 40 m Zielgenauigkeit einer herkömmlichen Steinschleuder glaubst Du doch nicht im Ernst als Normalfall, oder?

        1. Schrot aus einer Flinte fliegt je nach Körnung bis zu 1.500m und besteht auch
          heute noch überwiegend aus Blei. Mit einer guten Profischleuder sind von einem
          guten Schützen auch 50m Schüsse noch im Ziel. Vor 40 Jahren habe ich auf einem
          Vereinsschießstand auf 50m ins Schwarze getroffen.Durchmesser ca. 112mm.
          Wie gesagt mit einer Profischleuder.

  3. Die Verelendung und repressive Maßnahmen sollen die Bevölkerung kriegswillig machen, dafür wird die Schuld wird auf Putin gelenkt.

    Es folgt Satire https://www.der-postillon.com/2025/10/drohnenabwehr-steinschleudern.html
    „Berlin (dpo) – Die Verteidigung Deutschlands ist jetzt die Sache aller:
    Nach der wiederholten Sichtung von Drohnen über deutschen Städten setzt die Bundesregierung nun auf die Mithilfe wachsamer Bürger. “

    Das Verteidigungsministerium hat angekündigt, 5 Millionen Steinschleudern an die Öffentlichkeit zu verteilen.

    „Behörden und Militär können bei potentiell feindlichen Drohnenflügen Unbekannter in der Regel gar nicht schnell genug reagieren“, erklärte Verteidigungsminister Boris Pistorius bei einer Pressekonferenz in seinem Ministerium, während er eine Zwille in die Höhe hielt. „Mit diesen handlichen Geräten kann künftig jede Bürgerin und jeder Bürger selbst zur Stelle sein, um den deutschen Luftraum zu verteidigen.“

    „Für jeden Abschuss einer russischen oder chinesischen Spionagedrohne lobt die Bundesregierung eine Belohnung von 100 Euro aus, die gegen Vorlage des abgeschossenen Flugobjekts an allen Bundeswehrstandorten abgeholt werden kann.“

    „Für jede andere Drohne – beispielsweise Lieferdrohnen oder Hobbydrohnen – werden immerhin noch 20 Euro gezahlt, weil, so Pistorius, „die Dinger einfach allgemein tierisch nerven und jede weniger ein Segen für die Allgemeinheit ist“.

    Die Steinschleudern, die noch aus Bundeswehraltbeständen aus den 90er Jahren stammen, werden ab Montag in allen Rathäusern Deutschlands inklusive 20 Steinen Munition an Interessierte ausgegeben.

  4. Flassbeck schreibt nicht aus der Perspektive der Betroffenen, also der lohnabhängigen Menschen, sondern aus der Perspektive des Staates. Er imaginiert sich als Finanzminister, der es – für wen eigentlich? – besser machen würde. „Der Wirtschaft“ sollte es also gut gehen, und Flassbeck würde es richtig machen. So etwas wie soziale Herrschaft, gerade in und durch das Kapitalverhältnis, vulgo die Lohnarbeit, so etwas gibt es bei ihm nicht. Von Phänomenen der Entfremdung ganz zu schweigen. Eigentlich bin ich froh, dass er keinen realen Einfluss hat, auch wenn die jetzige Regierung noch schlimmer ist. Ein kleineres Übel ist immer noch ein Übel.

  5. Ja, Menschenverachtung liegt in der DNA des Konservativismus. Nicht von ungefähr sind die schlimmsten Ideologien, die dieser Planet bisher gesehen hat, der Faschismus, der Wirtschaftsliberalismus, der Neoliberalismus und der Libertarismus, aus dem Konservativismus hervorgegangen.

    Und dem berechtigten Einwand, dass der Kommunismus ja genauso schlimm war, stimme ich voll und ganz zu.
    Nur, resultiert der Kommunismus nicht aus einer Menschenverachtung als solcher. Sondern, der Grund für die Negativentwicklung des Kommunismus ist Marx – der Kommunismus basiert auf dem Marxismus – , weil Marx mit dem falschen Reflexionsprinzip gearbeitet hat, nämlich ausschließlich nur mit der expliziten Reflexion.
    Die „explizite Reflexion“ bedeutet in der systemischen Arbeit, ein vom System normativ vorgegebenes Denken und Handeln. Und das bedeutet in der Praxis immer einen vorgegebenen Zwang zu etwas und führt dadurch automatisch, in einer logischen Entwicklung, in eine Diktatur.

    Marx hat dieses Reflexionsprinzip von Hegel übernommen, der die explizite Reflexion ausformuliert hat. Hegel betonte aber gleichzeitig, dass das Explizite eigentlich im Impliziten begründet ist. Das wiederum hatte Marx aber nicht verstanden, und so der existenzielle Fehler in seinem Konzept.
    Und seitdem benutzen hauptsächlich die „Linken“ das Reflexionsprinzip der „expliziten Reflexion“ in ihren Konzepten.
    So arbeitet u.a. auch die Gemeinwohlökonomie ausschließlich nur mit diesem Reflexionsprinzip (Zwang zum Kooperativen), weswegen sie sich auch, ebenfalls in einer logischen Entwicklung, zu einer reinen Ideologie fehlentwickelt hat und von den Anhängern als Glaubenslehre/Religion praktiziert wird.

    Hegel verfügte zu seinen Lebzeiten aber noch nicht über das Vermögen, die „implizite Reflexion“ herleiten und ausformulieren zu können. Das schaffte aber der Grundlagen- und Sozialphilosoph Johannes Heinrichs, der die „implizite Reflexion“ aus einem RICHTIGEN ontologischen Ansatz logisch hergeleitet und dann ausformuliert hat.
    Die „implizite Reflexion“ bedeutet das tatsächliche und selbstbestimmte innere Denken des Menschen.
    Und dadurch ist es Heinrichs gelungen, die Reflexionsebenen primär zwischen den Individuen, die interpersonale Reflexion und Kommunikation, die methodische Selbstentfaltung des inneren Reflexionslebens des Menschen in praktisches gesellschaftliches Handeln zu entdecken, wissenschaftlich fundiert herzuleiten und auszuformulieren.
    Das Resultat seiner dieser epochalen Neuentdeckung ist die Praxisanwendung „Wertstufendemokratie“.

    1. Danke! Habe ich noch nie gehört oder gelesen. Stimmt aber. Explizite Reflexion ist Großhirn und Verschriftlichung und deshalb nicht realitätstauglich. Mich würde interessieren: Sind Fälle von impliziter Reflexion im Großen bekannt?

      1. Lieber Fred,

        um Ihre Frage zu beantworten: Nein, mir ist nichts bekannt, wo die „implizite Reflexion“ in der Praxis ihre Berücksichtigung und ihren Ausdruck findet!
        Denn die implizite Reflexion bedeutet in der Praxis ein System der horizontalen Autorität, was heißt, dass der Staat nur noch als eine (notwendige) Organisationsplattform verstanden wird, als ein Konstrukt und Ausdruck der positiven Macht (Macht als positive, konstruktive Kraft.). Und mir ist nicht bekannt, dass so ein System irgendwo praktiziert wird.

        Johannes Heinrichs hat mit der Wertstufendemokratie so ein System entwickelt und ausformuliert. Und auf der Website eines in Sachen „Wertstufendemokratie“ Mitstreiters finden Sie, wenn Sie herunterscrollen, diesbezügliche Literaturhinweise sowie Downloadmaterial:

        https://martinbesecke.de/wertstufendemokratie.htm

  6. Eigentlich haben die Leute nur CDU gewählt, bekommen aber haben sie Trump und Milei in Personalunion mit dieser Wirtschaftsministerin. Trump mit dem Kahlhieb bei Erneuerbaren, Milei mit diesem Wirtschaftsprogramm. Dieser scheitert derzeit spektakulär, was aber der Mainstream unter der Decke hält. Nein, das muss bekannt werden. Und auch das Warum. Das ist ja kein Zufall.

    Also in Kürze will uns Flassbeck sagen, die USA hätten ihr Wachstum mit Schulden erkauft, was er richtig findet. Indes sind die mit den Sorgenfalten auch irgendwie ernst zu nehmen. Sorgenfalten ob des Schuldenstandes.

    1. Mmmh, die Sozis dominierendie Regierung in meiner Wahrnehmung. Ich kann hierzulande weder einen Milei noch einen Trump sehen. Das hätte dann nämlich wenigstens noch Unterhaltungswert.

  7. „Reiche für Reiche“, um mal diesen dürftigen Kalauer zu reißen. Mehr gibt der Name nicht her, mehr gibt auch die Frau nicht her.

    Fortgesetzte Umverteilung von unten nach oben, mit zyklisch wechselndem Personal. Völlig austauschbar. Sind die einen verbraucht, steht schon die nächste Riege in den Startlöchern. Charaktermasken, nannte das der olle Marx. Und wie so oft, recht hatte er.

  8. „In den Ländern, die notgedrungen auf der anderen Seite der Medaille stehen, in den Defizitländern, musste dagegen der Staat in die Lücke springen. Da es in der Welt keine Überschüsse in einer Gruppe geben kann, ohne Defizite in einer anderen, ist jede Analyse, die dieses Nullsummenspiel nicht thematisiert, neben der Sache.“

    Da spricht mal wieder jemand aus den Elfenbeintürmen zur Welt. In dieser Welt gibt es Theorien, die ihre Anhänger haben. DA wird die Wirklichkeit nicht zurate gezogen, geschweige denn die Sichtweisen von Menschen, die mit diesem Betrieb nicht viel zu tun haben, aber dafür umso mehr mit dem Jammertal der Wirklichkeit. Solche weltfremden Theorien können nur in den Elfenbeintürmen keimen und überleben. Denn letztlich interessieren diese Sichtweisen niemanden, der praktisch mit der Wirtschaft zu tun hat. Die Wirtschaft hat ihre eigenen Gesetze, und wenn die Wirtschaftswissenschaft Glück hat, gelingt es dem ein oder anderen „Wirtschaftswissenschaftler“ diese zu erkennen. In den meisten Fällen aber gelingt das nicht und die Wirtschaft selbst geht darüber hinweg.

    In der Flassbeck’schen Vorstellungswelt von Wirtschaft ist das Produktionsergebnis der Weltwirtschaft ein Nullsummen-Spiel, also unverändert. Die Gewinne des einen sind die Verluste des andern und zusammen ergeben sie Null. Es gibt also einen Betrag X, den sich die Produzenten der Welt aufteilen. Nur so kann die Vorstellung entstehen, dass die Gewinne des einen die Verluste des anderen sind. Dieses Bild setzt voraus, dass der zu verteilende Betrag sich nicht verändert. Das aber ist insofern weltfremder Unsinn, weil die Produktion und damit die Weltwirtschaft wächst. Sie steigt von Jahr zu Jahr, wenn nicht Katastrophen dazwischen kommen, die das weltweite Wirtschaftswachstum dämpfen. Selbst heute, wo der Krieg in der Ukraine die Weltwirtschaft durch die westlichen Sanktionen belastet wie selten zuvor, wächst die Weltwirtschaft trotzdem, wenn auch langsamer als zu Zeiten der uneingeschränkten Globalisierung. Das heißt aber, dass die Summe der Erträge nicht gleich bleibt sondern wächst. Damit verändert sich auch ständig die Verteilung der Produktionsergebnisse, d.h. der Anteil am Weltprodukt und am Weltmarkt. Seit Jahren wächst der Anteil Chinas an diesem Produktionsergebnis. DAs Sozialprodukt der Weltwirtschaft ist insgesamt gewachsen. Wie können Leute wie Flassbeck das nicht sehen? Wenn aber dieses Sozialprodukt wächst, wie kann man dann von einem Nullsummenspiel ausgehen? Natürlich werden an diesem Weltsozialprodukt die Anteile einiger Länder wachsen und die anderer sinken. Aber das Ergebnis ist dann nicht Null sondern Null + X. Das heißt: Selbst wenn der Anteil eines Landes relativ sinkt, kann doch der absolute Betrag der Wirtschaftstätigkeit immer noch positiv sein, also gewachsen sein. Selbst wer im Verhältnis zu einem anderen Wirtschaftsakteur an Anteilen verliert, hat immer noch einen Überschuss, aber doch kein Defizit, wie Flassbecks Sichtweise uns weismachen will.

    1. @R. Rauls
      Absichtlich nicht verstanden? Nullsummenspiel bezieht sich auf den aktuellen Leistungsbilanzsaldo. Und da ist tasächlich ein positiver Saldo bei dem Einen ein negativer bei dem anderen. Das geht bei einem Saldo auch gar nicht anders. Damit ist nichts über die Dynamik einer weiteren Wirtschaftsentwicklung gesagt. Aber dass D seit Jahrzehnten durch Lohndrücken und Hartz IV den Leistungsbilanzsaldo zu Gunsten seiner Wirtschaft und zu Ungunsten seiner arbeitenden Bevölkerung – auch übrigens zum Leidwesen der eupäischen Partnerländer – massiv beeinflusst, dürfte (auch Ihnen) bekannt sein,

      1. INtellektuell nicht verstanden? Wie kann man denn absichtlich etwas nicht verstehen, Sie Intelligenzbestie? Entweder man versteht etwas nicht, dann ist es keine Absicht oder aber man versteht es und will es nicht verstehen bzw. wahrhaben. Das sind dann Leute wie Sie, die sich aufplustern mit Halbwissen und Empörungsgetue, weil sie verdecken wollen, dass sie eine Aussage nicht kapieren. Suchen Sie es sich aus

  9. Die New Yorker Liberty ‚Figur‘ stammte aus dem Frankenreich. Die Angelsachsen werden irgendwo zwischen zu erst Briten und dann mit den USA assoziiert. Die Niederlande hatte auch ihre östlich ‚indischen‘, neben den Briten, ihre Händler…
    Wenn man sich die Sprachwissenschaft mal ansieht, haben etliche Sprachen ihre Ausgang aus dem Allemanischen .
    Hochdeutsch wurde in ‚höher‘ gelegenen Ebenen gesprochen, das Niederdeutsche eben in den niederungen…
    Was hat Sprache mit diesem Artikel zu tun?
    Weil die benutzte Sprache in einem selbstverständlichem Propaganda Kontext übernommen wurde und heute Weiß niemand mehr, um was diese Propaganda faselt.
    Das Liberale System ging bis heute immer davon aus, das das Kapital über aller Staaten in dieser Welt die Kontrolle besitzt. Leider vergaß der ideologische gewaschene Experte ’n‘ der libertären einen entscheidenden Punkt, nicht das Kapital ist Macht, sondern Ressourcen. Genau diese Staaten die diese Ressourcen besitzen, wenden sich dem globalen Süden zu.
    Da macht natürlich die oben aufgeführte ‚Statistik‘ Sinn, die USA verfügt genügend, um ihre Freunde zu beliefern und das geschieht in der uS Administration mit vielen vielen Namen die einen deutschen Ursprung beinhalten.
    Ja die liebe Sprache ist eben ein Objekt das zu viele Subjekte beeinflusst.

  10. Die Weltbank oder der internationale Währungsfond vergeben Kredite an Staaten, diese Institutionen sind durch WEN gesteuert?
    Die USA hat lt. Medien einen Verschuldungstand von ‚125%‘ zum BIP.
    Dann gucke mir ins Wachstum gefallene eu’schen und stellen fest, das die wenigsten Staaten einen ‚gesunden‘ Haushalt verweisen kann.
    Das bedeutet das die Leute der beiden erstgenannten Institute oben, Warnungen aussprechen über die Finanzpolitischen Konsequenzen, die der Westen selbst betreibt. Ist irgendwie eine Schizophrenie oder man weist entsprechend Staaten an, sich nach alternativen umzuschauen.

  11. die man als die Speerspitze des Libertarismus in Deutschland ansehen kann.

    Hier mal wirklich: Nein, nein, NEIN!

    Die „Speerspitze des Libertarismus in Deutschland“ – so überhaupt vorhanden – mag sich finden in Genossen wie @ Motonomer (braucht weniger Schlaf als Angela M.), aber ganz sicher nicht in diesen Hanseln.

    Man muss wirklich scheiden zwischen Libertären – ergo: Freiheitlichen – und solchen Leuten, die Emma Goldman und andere als Raub-Individualisten bezeichnet haben:

    Nur der Anarchismus betont die Bedeutung des Individuums, seiner Möglichkeiten und Bedürfnisse in einer freien Gesellschaft. Anstatt ihm zu sagen, er soll vor Institutionen auf die Knie gehen, sie verehren und für Abstraktionen leben und sterben, sein Herz und sein Leben für Tabus einsperren, stellt der Anarchismus das Individuum in den Mittelpunkt der Gesellschaft – es muss für sich selbst denken, frei handeln und in vollen Zügen leben. Ziel des Anarchismus ist es, dass jedes Individuum auf der ganzen Welt dazu in der Lage ist. Wenn es sich frei und ganz entfalten kann, muss es vom Einfluss und der Unterdrückung anderer befreit werden. Daher ist die Freiheit der Grundpfeiler der anarchistischen Philosophie. Das hat selbstverständlich nichts zu tun mit dem vielgerühmten „raue Individualismus“. Ein solcher Raub-Individualisus ist er schlaff als rau. Bei der kleinsten Bedrohung seiner Sicherheit sucht er Schutz beim Staat und durch die Armee, die Marine oder andere Unterdrückungsmechanismen unter seiner Befehlsgewalt. Der „raue Individualismus“ ist nur eine der vielen Täuschungen der herrschenden Klasse, um ungehindert ihren Geschäften und ihrer politischen Erpressung nachgehen zu können.

    Ob Musk, Milei und Milton Friedman oder eben die neue Flamme von Gutti, dem eingebildeten Franken – diese Hanseln sind allenfalls wirtschaftsliberal aber ganz sicher keine Freiheitlichen.

    Wenn Milei ach so libertär wäre – dann hätte er eben nicht bei der kleinsten Bedrohung der Claims und Interests seiner Luden sofort Polizei und Armee ausrücken lassen, um Rentner in den Straßen von Buenos Aires niederzuknüppeln. Oder wäre bei Daddy Trump angekrochen, um sich 20 Milliarden Ocken in bedruckten Scheinchen ausstellen zu lassen.

    Wenn Musk ach so staatsfeindlich wäre – dann hätte er sich nie mit Staatsknete dick füttern lassen wie weiland die Rappen des alten Kohlhaas‘, sondern mit seinem „DOGE“ die ganzen Dogen und Pfaffen vom Hof gejagt. Und danach den Hof namens Staat, diesen Augiasstall, dichtgemacht. So war sein „doge“ nichts als dope – eine billige Täuschung für die ganzen verrohten kleinen Ichlinge mit nicht vorhandenem Selbst. Zuckerli für diese ganzen Schmalspurliberalen und kleinen Delta-Männchen (nicht mal zum Beta oder Gamma hat es bei denen gereicht), die schnelle Autos, schnelles Essen, schnellen Sex und schnell gedruckte Scheinchen brauchen, um ihre innere Leere temporär zu füllen. Und für ihre Tradwives und sonstwie am Leben gescheiterten Girlies, die ihnen hinterher trippeln. Musk, der große Staatskritiker, hat einfach nur Fleischtöpfe umverteilt und andere Gruppen mit Staatsknete und sonstigen Leckerli versorgt – den Moloch ist diese Tröte ja nie angegangen!

    Und auch die Lichtgestalt Friedman betonte doch wie andere Ordoliberale tagein tagaus die aktive Rolle des Staates „beim Erstellen und Durchsetzen eines ordnungspolitischen Rahmens, um freien und unverfälschten Wettbewerb zu gewährleisten“. Der Staat als Garant von Privateigentum, Recht, Wettbewerb, Charity und Co. KG. Kurzum: des ganzen etablierten Schmus, des etablierten Unterdrückungsapparats, der ja beständig verhindert, dass ein Mensch sich frei und ganz entfalten kann. Und bloß dafür sorgt, dass die herrschende Kaste fetter und fetter wird.

    Diese ganzen vorgeblich libertären Leute können gar nicht (mehr) für sich selbst denken, geschweige denn frei handeln und in vollen Zügen leben. Die sind einfach nur Habenwill-besetzt und schwach wie Blättlein im Herbstwind. Schlotternde, kleine Druidenteeverkäufer, die einfach nicht bereit sind den wirklichen Sprung (Kierkegaard) zu wagen. Schmerz und Ruptur zuzulassen und mal wirklich etwas Neues anzupacken. Kurzum: lächerliches Volk.

    Und genauso lächerlich muss doch diese Truppe um die sogenannte Frau Wirtschaftsministerin erscheinen, diese Frau Romney oder – für deutsche Ohren verständlicher – Frau Habeck für Schwaben und Franken. (Man muss Gott für alles danken – auch für Schwaben und für Franken). Romney war der „King of Bain“, Habeck hatte von Insolvenzen keine Ahnung und diese als Chemikerin getarnte (Familien)Lobbyistin, die immer ostentativ ein Kreuz mit sich rumträgt, wohl damit auch jeder weiß, dass sie ein Kind der Kirche und keines des wahren Christentums ist, hat immerhin bereits im Reallife (mit)bankrottiert (Hesco). Ist also wahrscheinlich genau richtig, um als Rottamattore landesweit Betriebe zu zerschlagen, auszuschlachten und im Miniaturformat für irgendwelche Hedgefonds als Portfoliobenefit weiterlaufen zu lassen oder wat? (By the way: was hat eine Chemikerin eigentlich im Wirtschaftsministerium verloren – ich dachte immer, ihr wolltet Experten vom Fach?! Gott sei dank ist sie ja auch Lobbyistin, also am rechten Ort! Und warum gibt es zu ihr sonst kaum kritischen Beiträge? Weil rechts, weil Frau, weil rechte Frau oder wat – die dürfen nicht belangt werden, sonst sexistisch / unchristlich?!)

    Von dieser unsauberen Begriffsverwendung des Wörtchens „Libertäre“ abgesehen, trägt Heiner aber wieder einige gute oder zumindest zum Nachdenken anregende Punkte zusammen. Hierzu noch:

    Nur Italien war in den 1990er Jahren Deutschland in dieser Hinsicht ebenbürtig, aber es hat seit der Mitte der 2000er Jahre erheblich verloren.

    Tja – womit das wohl zu tun haben könnte? *Eurozwangsgemeinschaft, hust hust*

    Herr Flassbeck hat ja in seinen Büchern selbst beschrieben, dass die jüngeren Generationen in Italien in einem Land des Verfalls und Stillstands aufwuchsen. Dafür haben die Italiener*innen wie *aueßn dann aber als Lösung die NATO-Barbie und den Brennergustl gewählt – damit sich auch ja nichts ändert! Aber Hauptsache rechts!!1! Und Hauptsache gewählt! LOL.

    Die weltwirtschaftliche und die europäische Lage wird unmittelbar dadurch destabilisiert, dass unbelehrbare Länder wie Deutschland und die kleinen nordischen Länder Europas nicht von diesem jahrhundertealten Holzpfad abspringen.

    Tja, die werden es irgendwann auf die harte Tour lernen müssen, aber dann wahrscheinlich bloß bei Brüning 4.0 und dem üblichen rechten Mimimi landen. Man sieht sich immer zwei Mal in der Geschichte – einmal als Tragödie, einmal als Farce. Außer in Deutschland, da ist es einfach immer eine Tragödienfarce mit viel Geplärr.

    In Berlin sollte man sich vielleicht lieber mal bewusst werden, dass das ganze System auf Spielgeld aufgebaut ist und Verschulden einfach dazugehört. Ein Staat ist kein Privatunternehmen, auch wenn diese als „Libertäre“ verkauften Raub-Individualisten sich gerne an ihm bedienen als wäre er eines. Wenn sie keine Schulden und kein Papiergeld wollen, sollen sie eben das System ändern, aber als geifernde schwäbische oder fränkische Hausfrau herumzusitzen und Druidentee zu kochen, hilft ganz sicher nicht weiter. Da kommt dann bloß am Ende wieder nur ein braunes Süppchen bei raus. Womöglich ist aber genau das sogar das Ziel.

  12. Nur um kein̈e Illusionen aufkommen zu lassen: Flassbeck will nicht den Wohlstand hierzulande retten sondern immer wieder aufzeigen, dass alle doof sind, die seinem Gaul der Äquivalenz von Schulden und Vermögen keine Bedeutung zumessen im volkswirtschaftlichen Zusammenhang.
    Lustig ist dabei, dass der Kreditgeber mindestens formal recht häufig identisch mit dem Lieferanten der Ware ist. Lief über Jaĥre so. Aber damit hat Flassbeck kein Problem, scheint mir.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert