Libertäre Verwirrung für die Bundeswirtschaftsministerin

Berlin, Deutschland, 2025-07-07: Katherina Reiche bei einem Treffen im Konrad-Adenauer-Haus
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Merkantilismus als globales Rezept.

Katherina Reiche, die Bundesministerin für Wirtschaft, ich habe schon vor einiger Zeit darauf hingewiesen, hat den Sozialdemokraten in der Regierung den Kampf angesagt, indem sie sich eine Beratergruppe zusammengestellt hat, die man als die Speerspitze des Libertarismus in Deutschland ansehen kann.

Nun hat diese Gruppe (Veronika Grimm, Justus Haucap, Stefan Kolev, Volker Wieland) eine erste Stellungnahme vorgelegt, die – wie könnte es anders sein – zeigt, wes Geistes Kinder sie sind. Man muss das lange Papier nicht lesen. Es genügt absolut, die ersten fünf Seiten anzusehen, um zu erkennen, dass es hier nicht um Wissenschaft, sondern um blanke Manipulation geht.

Das Papier beginnt mit einem eindrucksvollen Schaubild. Die Wirtschaftsleistung seit 2019 zeigt unmissverständlich, dass Deutschland zurückgefallen ist. Selbst Frankreich und Italien sind besser. Hervorgehoben wird von den Gutachtern aber insbesondere die erstaunliche Perfomance der USA. In den vergangenen 25 Jahren, so die Feststellung, sei die amerikanische Wirtschaft doppelt so stark gewachsen wie die deutsche (Abbildung 1). Auch in Bezug auf die Investitionstätigkeit, so wird es wenig später festgestellt, ist die amerikanische Wirtschaft der deutschen haushoch überlegen.

Zu den Ursachen und den wirtschaftspolitischen Bedingungen des amerikanischen Booms schweigt das Gremium allerdings. Unmittelbar nach dem ersten Schaubild mit den USA schwenkt man nämlich um auf erfolgreiche europäische Volkswirtschaften, um festzustellen, dass die Niederlande, die Schweiz und Dänemark eine bessere Wachstumsausbeute als Deutschland haben, obwohl dort, so das Urteil der vier Berater, die Staatsverschuldung (in Relation zum BIP) abgenommen habe. Die Quote von Staatsschulden zu Wirtschaftsleistung sei deutlich niedriger, „mit 43 Prozent in den Niederlanden, 37 Prozent in der Schweiz und 28 Prozent in Dänemark.“ Diese Länder hätten, so der Bericht, ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöht und auf diese Weise offenbar für eine hohe Wachstumsdynamik gesorgt. Belegt wird das mit Wettbewerbsrankings des IMD (Institut für Management Development Lausanne).

Wo ist das Problem?

Erstaunlicherweise schwenkt das Gremium nach diesem Ausflug in kleine europäische Länder sofort wieder um auf die ursprüngliche Vierergruppe mit den USA. Jetzt vergleicht man die Industrielle Wertschöpfung in Deutschland mit denen von Italien, Frankreich und den USA. Man konstatiert, wer könnte es bestreiten, einen Rückgang des Anteils der industriellen Wertschöpfung am BIP in Deutschland seit 2017 (Abbildung 2).

Nur, wo ist das Problem? Deutschland hat im Vergleich der vier Länder immer noch die bei weitem höchste industrielle Wertschöpfung. Zwar hat es zuletzt, in der Tat seit 2017, ein wenig verloren, aber das Niveau ist weiterhin einzigartig. Nur Italien war in den 1990er Jahren Deutschland in dieser Hinsicht ebenbürtig, aber es hat seit der Mitte der 2000er Jahre erheblich verloren.

Mehr als erstaunlich müsste für die Gutachter sein, dass die USA, die in allen Wettbewerbsrankings weit hinten liegen, ein hohes Leistungsbilanzdefizit aufweisen und deren industrielle Basis erodiert ist (was Trump heftig beklagt), bei der Bruttowertschöpfung, also beim Wachstum insgesamt (Abbildung rechte Seite), wahnsinnig gut abschneiden. Beeindruckend ist auch, dass Frankreich, das in Sachen industrielle Basis niedrig liegt und zudem verliert, beim Wachstum insgesamt mit Deutschland mithalten kann.

Viele interessante Fragen, aber keine Antworten aus libertärer Sicht. Weitet man den Blick ein wenig, sind die Antworten offensichtlich. Aber sie passen nicht ins libertäre Weltbild und werden daher unterdrückt. In Abbildung 3 sind alle die hier angesprochenen Länder mit ihren staatlichen Schuldenständen von 2010 bis 2024 aufgeführt. Zusätzlich haben wir (ich danke Erik Münster wieder für die gute Hilfe) die durchschnittlichen Leistungsbilanzsalden für die Jahre 2020 bis 2024 aufgeführt).

Für jeden unvoreingenommenen Betrachter ist es offensichtlich, dass die USA in diesem Bild der große Sünder sind, dicht gefolgt von Frankreich. Beide Länder haben ihren staatlichen Schuldenstand seit 2010 fast durchweg erhöht. Frankreich hat allerdings nach Corona weit größere Anstrengungen unternommen, um seine Verschuldung nicht weiter zu erhöhen als die USA. Italien weist einen deutlichen Anstieg nach der globalen Finanzkrise auf, hat aber seit 2013 trotz des Corona-Schocks das Niveau sogar leicht verringert.

Dieser jahrhundertealte Holzpfad

Den vier Ländern im unteren Teil des Bildes ist es gelungen, die Staatsverschuldung in Relation zum BIP von 2010 bis 2024 deutlich oder zumindest leicht (Schweiz) zu verringern. Wie war das möglich? Die Antwort ist einfach, kann aber von einem libertären oder neoliberalen Ökonomen niemals gegeben werden: Diesen vier Ländern ist es gelungen, über eine Verbesserung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit (im Sinne absoluter Vorteile) den Handelspartnern Marktanteile abzujagen und so die Nachfragelücke zu schließen, die auch in diesen Ländern durch die Ersparnis von privaten Haushalten und Unternehmen entstanden ist. Diese Länder weisen alle hohe Leistungsbilanzüberschüsse auf (die Zahlen in Klammern zeigen das für den Durchschnitt der Jahre 2020 bis 2024).

In den Ländern, die notgedrungen auf der anderen Seite der Medaille stehen, in den Defizitländern, musste dagegen der Staat in die Lücke springen. Da es in der Welt keine Überschüsse in einer Gruppe geben kann, ohne Defizite in einer anderen, ist jede Analyse, die dieses Nullsummenspiel nicht thematisiert, neben der Sache. Internationale Vergleiche anzustellen, ohne den Merkantilismus der Überschussländer zu erwähnen und zu kritisieren, ist auf Manipulation ausgelegt und perfide. „Gutachten“ wie das der libertären Gruppe von Ministerin Reiche führen dazu, dass noch mehr als es ohnehin schon der Fall ist, einem blinden Merkantilismus das Wort geredet wird. Die weltwirtschaftliche und die europäische Lage wird unmittelbar dadurch destabilisiert, dass unbelehrbare Länder wie Deutschland und die kleinen nordischen Länder Europas nicht von diesem jahrhundertealten Holzpfad abspringen.

Die USA machen in Sachen Makrosteuerung alles richtig, weil sie mit ihrer Geldpolitik unmittelbar und explizit die Beschäftigung und die wirtschaftliche Entwicklung fördern (wie hier gezeigt) und mit der Finanzpolitik systematisch dafür sorgen, dass langanhaltende Schwächephasen wie derzeit in Deutschland nicht auftreten können.

Heiner Flassbeck

Heiner Flassbeck studierte Volkswirtschaft in Saarbrücken und wurde 1987 an der FU Berlin promoviert. Er arbeitete im Stab des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und danach im Bundesministerium für Wirtschaft. Im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin war er von 1988 bis 1998 Leiter der Abteilung Konjunktur. Im Jahr 1998 wurde Heiner Flassbeck zum beamteten Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen ernannt. Von August 2003 bis Dezember 2012 war er bei UNCTAD in Genf Direktor der Abteilung für Globalisierung und Entwicklungsstrategien. Mit Friederike Spiecker zusammen hat er in den Jahren 2020 und 2022 einen „Atlas der Weltwirtschaft“ herausgebracht, der bei Westend erschienen ist. 2024 erschien sein Buch: Grundlagen einer relevanten Ökonomik ebenfalls bei Westend.
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17 Kommentare

    1. Die Stiftung Familienunternehmen möchte sich für Familienunternehmen einsetzen. Doch nach Panorama-Recherchen wird die Stiftung – anders als es der Name vermuten lässt – von den größten Konzernen des Landes finanziert.25.09.2025
      https://www.ardmediathek.de/video/panorama/stiftung-familienunternenachmen-lobby-fuer-superreiche/das-erste/Y3JpZDovL25kci5kZS9jZTRkOTcxNi03MDJlLTRmYTYtOWEyZS1kYjI5MzFmNGNhMDA

      Das Treffen der „Stiftung Familienunternehmen“ fand im September im Hotel Adlon in Berlin statt. Und Aufnahmen von diesen Treffen plus die Namen von Teilnehmern darunter etliche Milliardäre und Millionäre wurden Greenpeace zugespielt. Und die haben ausgewertet das bei der „Stiftung Familienunternehmen“ gar keine Mittelständler dabei sind sondern eben nur sehr reiche Personen und vor allem Großkonzerne. Was sie der ARD (Panorama) mitgeteilt haben. Und zufällig fliegt fast zeitgleich die Beraternummer der „Stiftung Familienunternehmen“ bei der Wirtschaftsministerin auf. Es wird also wiedermal ein schönes politsches Schauspiel aufgeführt um von irgendwas abzulenken. Wie bei einem Zaubertrick wo die Leute auch in die falsche Richtung schauen und so nicht mitbekommen wie die Nummer eigentlich funktioniert (Natürlich finde ich das Gebahren dieser „Stiftung“ eine Sauerei. Aber das sie so agiert ist im Kapitalismus absolut nichts neues sondern der Normalfall)

      1. Eben, so lange wir Kapitalismus haben, wird es auch keinen Frieden geben, und Gerechtigkeit schon gar nicht.
        Wann begreift ihr das endlich?

  1. Das alles ist ja auch völlig egal, weil wir hier augeplündert werden sollen und uns von allem weiterhin die Renten gekürzt werden und das Rentenaöter angehoben werden wird.
    es wir masiv deindustrialisiert nichts weiter
    „Druidentee“, wie ein angesehener Mitforist jetzt wieder sagen würde.

  2. Bringt langfristig nichts, nicht dem Land und nicht einmal den Reichen. Die Finanzspielereien werden zunehmend wertlos, Rohstoffe und Produkte werden in der Zukunft wieder die Hauptrolle spielen, Banken nur noch als Finanzierungsquellen für diese notwendig sein. Spätestens wenn die Finanzhaie alle Bürger ausgeplündert haben bricht das System zusammen, entweder dadurch, dass die fähigen Bürger auswandern und die unfähigen keine Kinder mehr zeugen können oder dadurch dass die westlichen Währungen global gesehen so wertlos werden wie die Reichsmark in den 1920ern.
    Wer Kapitalisten das Ruder überlässt, muss sich nicht wundern, wenn das Schiff sinkt. Am Ende sind es unverantwortliche Menschen die systembedingt nur ihren eigenen kurzfristigen Vorteil suchen, wie Kleinkinder die nicht mit den Süßigkeiten warten können wenn es gleich das Mittagessen gibt. Immerhin ist es befriedigend zu wissen, dass auch diese Leute dem Abgrund den sie allen anderen bereiten, nicht entkommen können.

    1. Ehrlich gesagt ist das Abschießen von Drohnen mit einer Zwille eine gar nicht so
      schlechte Idee. Die Steine sind Naturprodukte und billig. Sie fallen wenn sie nicht
      treffen einfach zu Boden. Ein Geschoss z.b. eines Gewehres fliegt gern auch 2-3 Km
      und kann Menschen dann immer noch schwer verletzen. Ein geübter Schütze trifft
      mit einem richtigen Stein auf 40m das Ziel.
      Der Kommentar sollte die Antwort auf den folgendenn Kommentar von Otto0815 sein!

      1. Flinte statt Steinschleuder gefährdet unbeteiligte noch weniger. Die 40 m Zielgenauigkeit einer herkömmlichen Steinschleuder glaubst Du doch nicht im Ernst als Normalfall, oder?

  3. Die Verelendung und repressive Maßnahmen sollen die Bevölkerung kriegswillig machen, dafür wird die Schuld wird auf Putin gelenkt.

    Es folgt Satire https://www.der-postillon.com/2025/10/drohnenabwehr-steinschleudern.html
    „Berlin (dpo) – Die Verteidigung Deutschlands ist jetzt die Sache aller:
    Nach der wiederholten Sichtung von Drohnen über deutschen Städten setzt die Bundesregierung nun auf die Mithilfe wachsamer Bürger. “

    Das Verteidigungsministerium hat angekündigt, 5 Millionen Steinschleudern an die Öffentlichkeit zu verteilen.

    „Behörden und Militär können bei potentiell feindlichen Drohnenflügen Unbekannter in der Regel gar nicht schnell genug reagieren“, erklärte Verteidigungsminister Boris Pistorius bei einer Pressekonferenz in seinem Ministerium, während er eine Zwille in die Höhe hielt. „Mit diesen handlichen Geräten kann künftig jede Bürgerin und jeder Bürger selbst zur Stelle sein, um den deutschen Luftraum zu verteidigen.“

    „Für jeden Abschuss einer russischen oder chinesischen Spionagedrohne lobt die Bundesregierung eine Belohnung von 100 Euro aus, die gegen Vorlage des abgeschossenen Flugobjekts an allen Bundeswehrstandorten abgeholt werden kann.“

    „Für jede andere Drohne – beispielsweise Lieferdrohnen oder Hobbydrohnen – werden immerhin noch 20 Euro gezahlt, weil, so Pistorius, „die Dinger einfach allgemein tierisch nerven und jede weniger ein Segen für die Allgemeinheit ist“.

    Die Steinschleudern, die noch aus Bundeswehraltbeständen aus den 90er Jahren stammen, werden ab Montag in allen Rathäusern Deutschlands inklusive 20 Steinen Munition an Interessierte ausgegeben.

  4. Flassbeck schreibt nicht aus der Perspektive der Betroffenen, also der lohnabhängigen Menschen, sondern aus der Perspektive des Staates. Er imaginiert sich als Finanzminister, der es – für wen eigentlich? – besser machen würde. „Der Wirtschaft“ sollte es also gut gehen, und Flassbeck würde es richtig machen. So etwas wie soziale Herrschaft, gerade in und durch das Kapitalverhältnis, vulgo die Lohnarbeit, so etwas gibt es bei ihm nicht. Von Phänomenen der Entfremdung ganz zu schweigen. Eigentlich bin ich froh, dass er keinen realen Einfluss hat, auch wenn die jetzige Regierung noch schlimmer ist. Ein kleineres Übel ist immer noch ein Übel.

  5. Ja, Menschenverachtung liegt in der DNA des Konservativismus. Nicht von ungefähr sind die schlimmsten Ideologien, die dieser Planet bisher gesehen hat, der Faschismus, der Wirtschaftsliberalismus, der Neoliberalismus und der Libertarismus, aus dem Konservativismus hervorgegangen.

    Und dem berechtigten Einwand, dass der Kommunismus ja genauso schlimm war, stimme ich voll und ganz zu.
    Nur, resultiert der Kommunismus nicht aus einer Menschenverachtung als solcher. Sondern, der Grund für die Negativentwicklung des Kommunismus ist Marx – der Kommunismus basiert auf dem Marxismus – , weil Marx mit dem falschen Reflexionsprinzip gearbeitet hat, nämlich ausschließlich nur mit der expliziten Reflexion.
    Die „explizite Reflexion“ bedeutet in der systemischen Arbeit, ein vom System normativ vorgegebenes Denken und Handeln. Und das bedeutet in der Praxis immer einen vorgegebenen Zwang zu etwas und führt dadurch automatisch, in einer logischen Entwicklung, in eine Diktatur.

    Marx hat dieses Reflexionsprinzip von Hegel übernommen, der die explizite Reflexion ausformuliert hat. Hegel betonte aber gleichzeitig, dass das Explizite eigentlich im Impliziten begründet ist. Das wiederum hatte Marx aber nicht verstanden, und so der existenzielle Fehler in seinem Konzept.
    Und seitdem benutzen hauptsächlich die „Linken“ das Reflexionsprinzip der „expliziten Reflexion“ in ihren Konzepten.
    So arbeitet u.a. auch die Gemeinwohlökonomie ausschließlich nur mit diesem Reflexionsprinzip (Zwang zum Kooperativen), weswegen sie sich auch, ebenfalls in einer logischen Entwicklung, zu einer reinen Ideologie fehlentwickelt hat und von den Anhängern als Glaubenslehre/Religion praktiziert wird.

    Hegel verfügte zu seinen Lebzeiten aber noch nicht über das Vermögen, die „implizite Reflexion“ herleiten und ausformulieren zu können. Das schaffte aber der Grundlagen- und Sozialphilosoph Johannes Heinrichs, der die „implizite Reflexion“ aus einem RICHTIGEN ontologischen Ansatz logisch hergeleitet und dann ausformuliert hat.
    Die „implizite Reflexion“ bedeutet das tatsächliche und selbstbestimmte innere Denken des Menschen.
    Und dadurch ist es Heinrichs gelungen, die Reflexionsebenen primär zwischen den Individuen, die interpersonale Reflexion und Kommunikation, die methodische Selbstentfaltung des inneren Reflexionslebens des Menschen in praktisches gesellschaftliches Handeln zu entdecken, wissenschaftlich fundiert herzuleiten und auszuformulieren.
    Das Resultat seiner dieser epochalen Neuentdeckung ist die Praxisanwendung „Wertstufendemokratie“.

  6. Eigentlich haben die Leute nur CDU gewählt, bekommen aber haben sie Trump und Milei in Personalunion mit dieser Wirtschaftsministerin. Trump mit dem Kahlhieb bei Erneuerbaren, Milei mit diesem Wirtschaftsprogramm. Dieser scheitert derzeit spektakulär, was aber der Mainstream unter der Decke hält. Nein, das muss bekannt werden. Und auch das Warum. Das ist ja kein Zufall.

    Also in Kürze will uns Flassbeck sagen, die USA hätten ihr Wachstum mit Schulden erkauft, was er richtig findet. Indes sind die mit den Sorgenfalten auch irgendwie ernst zu nehmen. Sorgenfalten ob des Schuldenstandes.

  7. „Reiche für Reiche“, um mal diesen dürftigen Kalauer zu reißen. Mehr gibt der Name nicht her, mehr gibt auch die Frau nicht her.

    Fortgesetzte Umverteilung von unten nach oben, mit zyklisch wechselndem Personal. Völlig austauschbar. Sind die einen verbraucht, steht schon die nächste Riege in den Startlöchern. Charaktermasken, nannte das der olle Marx. Und wie so oft, recht hatte er.

  8. „In den Ländern, die notgedrungen auf der anderen Seite der Medaille stehen, in den Defizitländern, musste dagegen der Staat in die Lücke springen. Da es in der Welt keine Überschüsse in einer Gruppe geben kann, ohne Defizite in einer anderen, ist jede Analyse, die dieses Nullsummenspiel nicht thematisiert, neben der Sache.“

    Da spricht mal wieder jemand aus den Elfenbeintürmen zur Welt. In dieser Welt gibt es Theorien, die ihre Anhänger haben. DA wird die Wirklichkeit nicht zurate gezogen, geschweige denn die Sichtweisen von Menschen, die mit diesem Betrieb nicht viel zu tun haben, aber dafür umso mehr mit dem Jammertal der Wirklichkeit. Solche weltfremden Theorien können nur in den Elfenbeintürmen keimen und überleben. Denn letztlich interessieren diese Sichtweisen niemanden, der praktisch mit der Wirtschaft zu tun hat. Die Wirtschaft hat ihre eigenen Gesetze, und wenn die Wirtschaftswissenschaft Glück hat, gelingt es dem ein oder anderen „Wirtschaftswissenschaftler“ diese zu erkennen. In den meisten Fällen aber gelingt das nicht und die Wirtschaft selbst geht darüber hinweg.

    In der Flassbeck’schen Vorstellungswelt von Wirtschaft ist das Produktionsergebnis der Weltwirtschaft ein Nullsummen-Spiel, also unverändert. Die Gewinne des einen sind die Verluste des andern und zusammen ergeben sie Null. Es gibt also einen Betrag X, den sich die Produzenten der Welt aufteilen. Nur so kann die Vorstellung entstehen, dass die Gewinne des einen die Verluste des anderen sind. Dieses Bild setzt voraus, dass der zu verteilende Betrag sich nicht verändert. Das aber ist insofern weltfremder Unsinn, weil die Produktion und damit die Weltwirtschaft wächst. Sie steigt von Jahr zu Jahr, wenn nicht Katastrophen dazwischen kommen, die das weltweite Wirtschaftswachstum dämpfen. Selbst heute, wo der Krieg in der Ukraine die Weltwirtschaft durch die westlichen Sanktionen belastet wie selten zuvor, wächst die Weltwirtschaft trotzdem, wenn auch langsamer als zu Zeiten der uneingeschränkten Globalisierung. Das heißt aber, dass die Summe der Erträge nicht gleich bleibt sondern wächst. Damit verändert sich auch ständig die Verteilung der Produktionsergebnisse, d.h. der Anteil am Weltprodukt und am Weltmarkt. Seit Jahren wächst der Anteil Chinas an diesem Produktionsergebnis. DAs Sozialprodukt der Weltwirtschaft ist insgesamt gewachsen. Wie können Leute wie Flassbeck das nicht sehen? Wenn aber dieses Sozialprodukt wächst, wie kann man dann von einem Nullsummenspiel ausgehen? Natürlich werden an diesem Weltsozialprodukt die Anteile einiger Länder wachsen und die anderer sinken. Aber das Ergebnis ist dann nicht Null sondern Null + X. Das heißt: Selbst wenn der Anteil eines Landes relativ sinkt, kann doch der absolute Betrag der Wirtschaftstätigkeit immer noch positiv sein, also gewachsen sein. Selbst wer im Verhältnis zu einem anderen Wirtschaftsakteur an Anteilen verliert, hat immer noch einen Überschuss, aber doch kein Defizit, wie Flassbecks Sichtweise uns weismachen will.

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