Kriegsmedizin in Friedenszeiten

Krankenhausflur
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Nach den Bildern aus Bergamo standen die Zeichen auf Triage. Aber haben wir ein Triage-Gesetz wirklich gebraucht?

Im 19. Jahrhundert starben auf den Schlachtfeldern der napoleonischen Feldzüge 3,5 Millionen Soldaten. Der französische Armeechirurg und Leibarzt Napoleons, Dominique Jean Larrey (1766 – 1842), war auf allen Schlachtfeldern dabei. Er erfand die „fliegenden Lazarette“ zur Sofortversorgung der Verwundeten auf dem Schlachtfeld, er entwickelte neue, schnelle Amputationstechniken, und er erfand die Triage.

Mit der Triage, die sich aus dem französischen „trier“ herleitet, das „aussortieren“ oder „aussuchen“ bedeutet, wurden die Verletzten nach der Schwere ihrer Verwundung sortiert, um möglichst viele zu retten und möglichst rasch wieder zurück an die Front schicken zu können. Larrey gilt seither als Begründer einer modernen Kriegschirurgie.

Im Unglücksfall

Triage ist die Abkehr vom ehernen Grundprinzip der Medizin, zuerst dort zu helfen, wo Hilfe am nötigsten gebraucht wird. Triage zielt auf den größtmöglichen Nutzen für Viele, nicht für Einzelne. Im zivilen Leben kommt die Triage nur dann in die Diskussion, wenn große Katastrophen zu einem überwältigend großen Anfall von Erkrankten oder Verletzten führen, etwa durch ein Unglück.

Rund 60 Kilometer nordöstlich von Hannover ereignete sich am 3. Juni 1998 das bis dahin schwerste Zugunglück in der Geschichte Deutschlands. Der ICE 884 „Wilhelm Conrad Röntgen“ entgleiste, 101 Reisende kamen ums Leben, 70 wurden schwer verletzt. Zufällig fand zur selben Zeit im nahen Hannover eine Tagung von Unfallchirurgen statt, die alles stehen und liegen ließen und zu dem Unfallort eilten. Mit Sicherheit haben sie alle mehrfach entscheiden müssen, wem sie sofort helfen, wem später und wem gar nicht, bis endlich der ganze große Rettungsapparat vor Ort eingetroffen war. Diese Katastrophe war lange ein großes Thema, aber über Triage hat damals niemand diskutiert.

Bergamo und die Triage

Ich habe als Chirurg nur ein einziges Mal eine annähernd vergleichbare Situation erlebt: Vor 40 Jahren, am 3. Juni 1983 gehörte ich im Krankenhaus Höchst zur Notarztwagenbesatzung. Wir wurden alarmiert und erhielten nur spärliche Angaben über unseren Einsatzort, eine Schule im Vordertaunus. Dort seien Schüsse gefallen. Als wir auf den Schulhof einbogen, fielen immer noch Schüsse, wir gingen in Deckung. Plötzlich wurde es laut, der Himmel verdunkelte sich, SEK-Polizisten seilten sich von Hubschraubern ab und stürmten in das Schulgebäude. Die Schüsse hörten auf, wir wurden gerufen, der Schütze war tot.

Wir rannten in eines der Klassenzimmer, alles war voller Blut. Dort lagen Kinder, tot, schwer verletzt, unverletzt. Immer mehr Rettungskräfte trafen ein. Der Amokschütze hatte fünf Menschen getötet und 14 zum Teil schwer verletzt, bevor er sich selbst in den Kopf schoss. In der Eile deckten wir die Toten zu, schickten die Unverletzten hinaus und untersuchten die Verletzten. Zum Glück waren rasch weitere Rettungskräfte eingetroffen. Eine anfangs drohende Triage war nicht mehr nötig.

Die apokalyptischen Bilder der sargbeladenen Lastwagen in Bergamo, der Massengräber in Manhattan und der sterbenden Kranken vor den Türen indischer Kliniken haben die Triage nachhaltig in unser aller Bewusstsein gehoben. Was tun, wenn die Pandemie zu einem massenhaften Ansturm von Erkrankten führt, der die Kapazitäten unseres Gesundheitswesens übersteigt? Muss man dann Schwerkranken die Behandlung vorenthalten, weil die medizinischen Ressourcen für die aussichtsreicheren Fälle gebraucht werden?

Ein realitätsfernes Gesetz

Unter dem Druck dieser Pandemie hat der Deutsche Bundestag im November 2022 ein „Verfahren im Falle nicht ausreichender überlebenswichtiger intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten“ als Teil des Infektionsschutzgesetzes verabschiedet, in dem das zentrale Entscheidungskriterium über Leben und Tod „aktuelle und kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit“ lautet. Die Entscheidung solle nach dem Mehraugenprinzip fallen. Sind Menschen mit Behinderung von Triage betroffen, müsse „Fachexpertise“ eingeholt werden, selbstverständlich mit gerichtsfester Dokumentation. Ein Triage-Gesetz gibt es nirgendwo sonst in Europa – außer jetzt in Deutschland.

Dieses Gesetz ist realitätsfern und im Katastrophenfall undurchführbar. Aus meiner Sicht ist nur eine einzige Methode denkbar, die die Brutalität der Entscheidung von Willkür und Fehlern befreit und die Beteiligten der Gewissenskonflikte und Schuldgefühle enthebt. Das ist das Randomisieren. Umgangssprachlich nennt man das Verlosen. Das Resultat einer Losentscheidung ist nicht gerecht. Es ist in seinen Auswirkungen genau so brutal wie jedes andere Auslesekriterium auch.

Aber es ist sauber, nachvollziehbar und frei von subjektiven oder unbewussten Kriterien. Nur beim Verlosen spielen Alter, Geschlecht, Hautfarbe, Korruption, sozialer Status oder Behinderungen keine Rolle. Randomisieren befreit die Beteiligten von der Verantwortung und dem moralischen Druck, etwas entscheiden zu müssen, was niemand entscheiden kann.

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23 Kommentare

  1. Das Denkmodell Triage wurde aus einem einzigen Grund medial und politisch offensiv diskutiert, es sollte maximale Panik schüren. Es gab keinen einzigen anderen Grund. Eine der vielen Lügen, medial und politisch.

    1. DAS dachte ich damals wie heute auch!!
      Deutschlands Establishment/Mainstream/Schreibtischtäter etc pp haben einzig auf maximales Panik- und Angst -machen geschaltet!!
      Die Frage ist warum?
      Warum haben soooviele, alle ‚Berufsstände‘ mitgemacht??
      Was läuft in den Standesvertretungen falsch?

      1. Eben!, „Money talks and bulllshit walks“, immer fröhlich weiter mit der Enteignung bis der letzte dann alles freiwillig unterschreibt für seine bereitwillig gestellte Armut.

  2. Dem Nichtchirurgen fiel zu Bergamo etwas anderes auf. Aus welchem Grund auch immer, gewisse Italiener folgerten aus bestimmten Informationen, dass hier etwas Seltsames abläuft bezüglich der „Pandemie“ und holten überraschend russische Spezialtruppen ins Land. Außergewöhnlich.
    Nach deren Einsatz blies Russland seinen Alarm ab und China ging bis zum Äußersten. China begriff, dass sie von den USA gelinkt worden wären. Diese nutzten die durch China ermöglichte Forschung, einen Virus-Typ, der speziell auf chinesische Gene geschaffen wurde, zu kreieren, der dann „entwich“.
    So hat Bergamo doch eine, wenn auch andere Bedeutung.
    In diese Deutung passen alle Informationen perfekt.

    1. Unsinn. Es gibt keinen belastbaren Anhaltspunkt für eine nicht-natürliche Entstehung SARS-CoV 2. Kürzlich sind neue Indizien ans Tageslicht gebracht worden, dass auf dem Markt in Wuhan verkaufte Marderhunde wohl eine entscheidende Rolle gespielt haben. Dass sich das virale Epizentrum dort befindet, ist bereits von einer Studie zweifelsfrei belegt.

      Der Philosoph Hermann Lübbe hätte Ihr Verhalten wohl unter die Kategorie Kontingenzbewältigung subsumiert. Abwehr gefühlter Ohnmacht durch Sinnimplantierung.

      Zum Artikel – ich stimme Hontschik voll und ganz zu.

      1. Begebe mich nicht auf das gleiche Niveau, behaupte nicht, das wäre Unsinn.
        Aber recht beschränkte Sichtweise, vielleicht naiv, ist es doch.

        1. Man kann es nicht oft genug wiederholen. Das erste Mal las man von einer ungewöhnlichen Lungenerkrankung im September 2019. Das war in Nordamerika. Alle andere Spekulation wo es ursprünglich herkommt erübrigt sich damit.
          Und kein Presseorgan, keine andere Organisation beschäftigt sich damit. Ich nehme daher an, meine Erfahrungen habe ich nur geträumt.

          1. Bitte bei solchen Behauptungen mal eine Quelle angeben Harry, das gehört sich so.
            Könnte mir vorstellen, dass die Erkrankungen gemeint sind, die damals auf den Gebrauch von E-Zigaretten zurückgeführt wurden.
            Wurde unter anderem im Standard drüber berichtet:
            https://tinyurl.com/2p92rayk

            1. Genau diese Meldungen sind gemeint. Aber wer das glaubt, glaubt auch an den Weihnachtsmann. Quintessenz war, dass kein ernsthafter Wissenschaftler das bestätigt hat. Das waren „bis zum Schluß“ nur Vermutungen. Und die Symptombeschreibungen waren exakt die, welche später für Covid publiziert wurden. Tut mir leid, aber ich falle auf diese Vernebelung nicht herein.

              1. Und wieder behauptest Du lediglich Harry. Es waren im Übrigen fast ausschließlich junge Menschen betroffen, das passt schon mal überhaupt nicht zu Covid.

                1. bei der südafrika-variante auch, va junge männer….da wurd dann gesagt, das läge an der mehrheitlich jungen bevölkerung+ner hohen aidsrate 🙄

          2. es gab mitte/ende 20/anfang 21 (?ka mehr genau 🙁 ) die anweisung (ka, ob eu oder/und who, ja, auch das nicht mehr weiß 🙁 ) , eingelagerte laborproben + kh-akten -leider nur- drei (? glaub, weiß ich ebenfalls nicht mehr genau 🙁 , höchstens n halbes jahr jedenfalls, hatte mich noch geärgert, daß nicht weiter zurück) monate vor „wuhan“ sich nochmal anzuschaun (eu-weit?), ebenso eingelagerte abwasserproben (glaub, oder das lief parallel zum kh-rückblättern)…darüber wurd klar, daß sarscov2 schon 19 „unterwegs“ war, nicht nur in italien 😉 …..allerdings wurde -glaub- nicht sequenziert, also was für ne variante, zumindest nicht veröffentlicht….egalwie gibts „ganz normale“/offizielle/veröffentlichte fakten dahingehend, auch wenn ich die quelle jetzt nicht herzaubern kann….ka, was man da so rummunkeln bzw neuerlich im offiziellen wieder „verschweigen“ muß (von iwie allen seiten)….
            ebenfalls höchstoffiziell, daß zum einen haustiere (katzen, hunde wie aber natürlich auch nager) infiziert werden können+erkranken (va „magen-darm“) und infizieren, also n „hin und her“….ebenfalls höchstoffiziell „eignen“ sich immunsupprimierte (es wurd vorwiegend auf aids abgehoben, aber gibt ja noch mehr immunsystem“gestörte“) als „brüter“ neuer varianten, werden sie nur hinreichender viruslast und variantenvielfalt ausgesetzt….derlei „brüter“ sind zumeist in „regelmäßig antanzen“-behandlung, blutbild“überwachung“ uä …..von irgendnem irgendwannmal „ur-sprung“ abgesehen (labor oder nich) brauchte es nur „medizinsoldaten“ nebst den toll digitalisierten krankendatenpools (gab mal auf telepolis n artikel zu) und staatlicher „volksgesundheitsinstitute“, die „international“ in „biowaffenforschung/-abwehr“/“seuchenprävention“ usw „machn“ , daß im jeder-gegen-jeden-krieg unter dem herrschaftsselbstbehauptungskrieg gegen die jeweiligen überzähligen bevölkerungsanteile jede/r seine/ihre biowaffensuppe erzüchten/erbrüten lassen konnte, ob hin zu „harmlosere variante“ oder zu „angriffstauglichen varianten“…..aus- und verbringungen, je nach „ziel“ übernahmen/-nehmen all die (reise)freiheitsliebenden , die mal besser, mal schlechter organisiert in allen staaten gären…..vollzugsbeamte besserer herrschaft….
            per solcherart „massenbewegungen“ können staatliche institutionen wie das rki zb auch höchstoffiziell bekanntgeben, daß man einige hundert oder tausend (ja, auch das hab ich vergessen, müßt aber ja nachzuprüfen sein, 300 oder 3000?, 600? ka mehr) tote ende 20 auf 21 verschiebt, weil die zählenden+in statistiken aufnehmenden ja auch feiertage/jahresendabschlüsse oderoder haben……mich gewundert hatte, daß abermals keine der kriegsparteien das irgendwie aufgenommen, skandalisiert, empöriert oder plausibilisiert hat…war ja auch nur ne kurz-dpa-meldung…naja…..
            .

      2. Faszinierend: „Unsinn. Es gibt keinen belastbaren Anhaltspunkt für eine nicht-natürliche Entstehung SARS-CoV 2.“

        Kein ernstzunehmender Experte hat widersprochen, als WIRKLICHE Experten darauf verwiesen, dass Spike Protein und Furin Spalt nicht evolutionär entstanden sein können.
        Drosten schwieg hierzulande, Kekule, gewohnt vorsichtig, gab sich verwundert.

        Die neue Erzählung zum Marderhund ist bestenfalls skurril. Wenn die Daten stimmen, wurde in einer einzigen – von unzähligen – Proben eine „passende“, genauer: zu gut passende, Gensequenz gefunden. Die Probe enthielt Material von Mensch UND Hund. Die Sequenz wurde weder einer der Spezies zugeordnet, noch eine Kausalität belegt.
        Die beteiligten „Wissenschaftler“ sind in ebendie Gain of Function Forschung verstrickt, die sie mit dem Hundemärchen vertuschen.
        Die Arbeit wurde nicht – wie für wissenschaftliche Arbeiten üblich – zum PEER Review vorgelegt, sondern fachfremd publiziert.

        https://www.achgut.com/artikel/christian_drosten_und_der_marderhund

        Kurz: Junk-Science für Lügner und Hetzer – Gratulation.

    2. Ich frage schon lange warum wird so gegen Verschwöru gstheorien gewetter??
      Ich denke schon lange: Fußvolk muß viel viel mehr Verschwörungstheorien wagen!!
      Ich finde deine Gedankengänge hirnfähig!!
      Gerade der Einsatz der Bundeswehr aller Orten, sogar einen Oberst zum Corona’Fachexperten‘ zu machen hat mich hirnen lassen
      Oder
      Erinnert ihr euch noch an die 20 mit bundesflugzeug ins bundeswehrkrankenhaus isolierte incl AKK ne PK vorm Zaun?
      Auch die brutale Abschottung best.Regionen in China erfährt sinn wenn man befürchtet einen BioKrieg gewinnen zu müssen!! (Die Welt wurde von der seriösen presse zwar auf die bösen Cinesen geeicht, aber was wäre wenn seriöse Presse einfach falsch gefüttert worden wäre?)

      Wir brauchen VTs um unseren Kopf breit aufzustellen!! (Meine deutsche und internationale Geschichte sagt mir: es gibt nix was der böse mensch nicht fähig ist anzustellen!!
      Gerade jetzt gilt: Gehen wir vom Schlechtesten aus und freuen uns auf das Gute!

      1. Verschwörung wird nicht durch das Fußvolk erstellt, diese kommen von PR Agenturen mit zig Millionen an Steuergelder unterstützt durch die Politik selbst.
        Wenn dann der ‚Kommentierer‘ anfängt zu denken, dann erhält dieser einen Titel den Verschwörer initiierten!
        Wir VT’ler lesen jeden Tag wie das Recht auf dem Kopfe steht und weil alle soviel Angst inhalieren, trauen diese sich nicht sich gegen die Verschwörung aufzubegehren…

  3. „die“ bzw eine „gemeinheit“ an dieser „rechterei“war ja, daß öffentlich gedroht wurde, ungeimpfte im falle notwendiger behandlung/aufnahme in ein krankenhaus (zb rechtzeitiges wegschneiden bösartiger tumore oder notfallpatienten) abzuweisen, da diese triagemäßig eh die schlechtesten überlebenskarten hätten……
    mir erschiens halb der einzige grund für dies gesetz, denn jede/r „krebspatient“ (sei es im erstmal-überstanden,aber noch nicht fünf jahre rum….sei es akut…), jede/r „herzpatient“ , jede/r… sonstewas, der/die weiß, daß er/sie schnellmal „akutbehandlung“ nötig hat aus erfahrung….hat sich dann nötigen lassen, wobei urplötzlich wieder n haufen astra-dosen zur verfügung standen, obwohl wochen zuvor „ausm verkehr“ gezogen, um folgend die cocktail-nummern zu fahren …

    (editha: die diskussion des „gesetzesvorhabens“ lief ja mind. n jahr schon….nebst öffentlicher begleitung 🙄 )

  4. „Die apokalyptischen Bilder der sargbeladenen Lastwagen in Bergamo, der Massengräber in Manhattan…“
    Man sollte nicht vergessen, dass es diese Bilder nur gab, weil die örtlichen Bestattungsinstitute aufgrund der Lockdowns und anderen Maßnahmen nicht mehr ordentlich arbeiten konnten.

    1. Die Bilder wurden absichtlich produziert um Schrecken zu verbreiten. Es gab keinerlei sonstigen Grund mitten in der Nacht mit großem Trara mit Militär-Lake Kolonnen herumzufahren. Neutrale Lieferwagen am Tag hätten es auch getan. Aber man wollte eben den maximalen Angsteffekt haben. Oh nein! Das Militär muss eingesetzt werden! Der Himmel fällt herab! Genauso wie so viele andere Maßnahmen nicht umsonst an Katastrophenfilme im Lichtspielhaus erinnerten.

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