Gefühlte Ökonomik

Symbolbild Inflation
Quelle: Pixabay

Mehr Demokratie wagen bei der Inflationsmessung. Gedanken zur gefühlten Inflation.

Seit über 150 Jahren befassen sich Statistiker mit der Messung der allgemeinen Tendenz der Preisentwicklung. Ökonomen werden sich noch an den sogenannten Laspeyres-Index erinnern, der die Preisveränderungen der einzelnen Güter gemäß dem Warenkorb der Anfangsperiode gewichtet, und den Paasche-Index, der die Gewichte im Warenkorb der Endperiode zugrunde legt.

Aber nicht nur dieses sozusagen rein statistische Problem erschwert die Messung von Preistendenzen, nahezu unlösbar sind auch die Schwierigkeiten, die mit Qualitätsveränderungen zu tun haben. Wenn ein Fernseher heute so viel kostet wie vor 20 Jahren, er aber in dieser Frist um 100 Prozent „besser“ geworden ist, haben sich dann die Preise von Fernsehern in Wahrheit halbiert?

Zeitalter der Mehrfachkrisen

Wenn ein Haus heute in Deutschland dreimal mehr kostet als 1980, es aber zugleich um 50 Prozent „besser“ geworden ist (Dämmung, Haustechnik, Bäder), liegt die wahre Hauspreisinflation dann nur bei 150 Prozent? Aber auch umgekehrt: wenn die Bahnfahrt von Frankfurt nach Hamburg heute 100 Prozent teurer ist als im Jahr 2000, die Wahrscheinlichkeit von unpünktlicher Ankunft aber viel höher ist als damals, ist dann diese Bahnfahrt in Wahrheit „schlechter“ als früher und damit sogar 150 Prozent teurer?

Mit diesen und anderen Fragen der Messung von Preisentwicklungen beschäftigen sich Statistiker und Ökonomen seit vielen Jahrzehnten, es wurden Bücher dazu geschrieben, zahllose Doktorarbeiten, Seminararbeiten, es wurden tausende Fachaufsätze geschrieben – aber keiner von diesen hat es jemals in die tagesschau geschafft. Mühelos im ersten Anlauf schaffte das ein neues Konzept: die sogenannte gefühlte Inflation. Die soll nämlich bei 18 Prozent liegen und nicht bei 6 Prozent wie die gemessene.

Zerknirscht schaut die Talkmasterin in der ARD die Finanzmarktexpertin in der ARD an, beide legen sorgenvoll die Stirn in Falten ob der hohen gefühlten Inflation. Die gemessene Inflation ist ja von 9 Prozent zu Jahresbeginn auf 6 Prozent im Mai gefallen, die Weltmarktpreise wichtiger Rohstoffe fallen seit Monaten, in China herrscht Deflation: hier drohen good news! Das darf nicht sein! Wir sind doch im Zeitalter der Mehrfachkrisen! Gott sei dank kam rechtzeitig die Studie mit der gefühlten Inflation heraus, so kann man zukünftige Fortschritte heute schon in Frage stellen.

Vom Feeling her ein schlechtes Gefühl

Vielleicht droht bald Ähnliches bei anderen Zahlen. Wenn das deutsche Wirtschaftswachstum Richtung Jahresende wieder anzieht, dann können Journalisten ausschwärmen in gottverlassene Ortschaften und die Menschen dort fragen, ob der Aufschwung schon angekommen sei. Die Menschen werden das verneinen, eine neue Kennziffer zeichnet sich ab: das gefühlte Wirtschaftswachstum. Man könnte auch die Menschen fragen, ob sie das Gefühl haben, von ihrer Bank mit Zinsen verwöhnt zu werden, und so den gefühlten Leitzins der EZB ermitteln. Eine hochinteressante Zahl!

Wohlgemerkt: Gegen die Studie der Allianz-Kreditversicherung zur gefühlten Inflation spricht aus fachlicher Sicht gar nichts. Die Schlussfolgerung der Allianz-Ökonomen lautete denn auch, im Gegensatz zu den Medien, man müsse die Menschen in ökonomischer Hinsicht besser ausbilden. Bemühen wir die Parallele zur gefühlten Temperatur. Wenn die meteorologische Außentemperatur 12 Grad beträgt und man schaut aus dem Fenster und sieht, wie die Menschen mit zugeknöpftem Mantel durch die Straßen eilen, dann benötigt man zur Erklärung eine zusätzliche Variable: eben die gefühlte Temperatur. Die mag im Nordwind nur bei 7 Grad liegen.

Und wenn die Menschen mit Grabesmine im Supermarkt stehen und fast nichts einkaufen, dann benötigt man zur Erklärung auch eine zusätzliche Variable, eben die gefühlte Inflation von 18 Prozent. Aber hier endet die Parallele. Wer bei gefühlten 7 Grad nur wegen der offiziellen 12 Grad seinen Mantel nicht zuknöpft, der wird sich erkälten, wer aber wegen gefühlter 18 Grad Inflation in den Konsumstreik tritt, dessen Hysterie schadet ihm selbst und anderen. Die Medien sollten diese Hysterie nicht zusätzlich befeuern. Außerdem sind bei vielen Menschen auch die Einkommen gestiegen.

Von Polemik einmal abgesehen: In Zeiten sehr hoher Inflation wird die Inflationsmessung tatsächlich zum Politikum, so etwa in der Hyperinflation in Israel 1984/85 und in Argentinien seit Nestor Kirchner. In solchen Zeiten sind oft weite Teile der Volkswirtschaft auf die Inflationsrate indexiert, zum Beispiel die monatliche Lohnsteigerung oder die Verzinsung der Bankeinlagen und Staatsanleihen. Das richtige Gewicht von Milch oder Benzin im Preisindex wirkt sich unmittelbar auf den Wohlstand der Menschen aus, nationale Verteilungskämpfe werden über den Preisindex ausgefochten. Die israelischen Politiker sind 1984/85 zu Statistik-Experten geworden (so wie unsere 2021 zu Virologen und 2023 zu Waffenexperten), die Bestimmung des Preisindex war beim Premierminister angesiedelt. In solchen Zeiten muss man bei der Inflationsermittlung wirklich viel, sehr viel Demokratie wagen, denn die Manipulation des Preisindex ist derart lukrativ, dass sie wohl auch stattfindet. Aber in solchen Zeiten leben wir nicht.

Lesen Sie das Interview mit Johannes Seuferle: Hier.

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26 Kommentare

  1. Man kann das sicher hin und her deuten, aber die 18% entsprechen am ehesten dem, was man tagtäglich braucht. Da spielt der Fernseher, der alle 10 oder 20 Jahre angeschafft wird, keine Rolle. Und zudem ist es schon etwas verwunderlich, wenn Produkte, die aus dem bösen China kommen, in unsere Inflationsrate dämpfend eingerechnet werden. Also hilft am Ende China, unserer Regierung zu sagen, dass wir im bessten Deutschland aller Zeiten leben. Aber China muss bekämpft werden. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Nur mit deutschen Konsumgütern dürfte die Inflationsrate denn sicher auch die 18% noch übersteigen.

  2. Entschuldigung
    aber was hat Demokratie mit Statistiken zu tun, die jeder Ars…. nach belieben zu Recht schiebt ???

    Preisentwicklung ??? in einem globalem System ??? nennt man PREISDIKTATUR !!!!

  3. Was ist gegen Konsumstreik zu sagen?
    Es ist doch generell wünschenswert, wenn Menschen sich in Sachen Konsum auf des Nötigste beschränken?
    Ein schönes Beispiel für eines der vielen Dilemmata unserer modernen, westlichen “Zivilisation”.
    Wir müssten verzichten, sollten aber nicht, weil das ebenso Probleme bereitet, wie ungeniert zu konsumieren. Nur andere.

    1. Jein – ich nehme an, dass die meisten Menschen nicht aus reiner Überzeugung (Konsumverzicht für eine bessere Welt) in den “Konsumstreik” treten, sondern weil sie sich einige/viele Produkte schlicht nicht mehr leisten können oder weil sie verunsichert sind und glauben, sie sich nicht mehr leisten zu können. An der Realität vorbei (und zynisch) ist daher die Schlussfolgerung der Studie. Die meisten Menschen möchten einfach ihr Leben in geordneten/ erträglichen/menschenwürdigen finanziellen Verhältnissen leben und wenn sie merken, dass es ihnen – ja, manchmal vielleicht auch nur “gefühlt” – schlecht geht, dann ist eine ” bessere Ausbildung” in Wirtschaftsstatsistik, Versicherungsmathematik, etc. keine wirklich adäquate Antwort. Insofern ist der Vergleich mit den Temperaturen gar nicht schlecht: wenn ich de facto friere, wird mir durch den Kurzstudiengang in Meteorologie auch nicht wärmer.

  4. Fühlst du Dreisatz?

    Kann mich noch daran erinnern daß seit dem Glühbirnen Verbot der Elektrischestrom nicht besser oder Günstiger geworden ist. Jedes Jahr verkleinert sich mein Strom Verbrauch nur die Kosten für die Elektrische-Energie steigen.

    1. Hmmja, aber das ist die von CDU u SPD versaute Energiewende.
      Mit dem EEG durfte _jede_ Industrie Stromsubventionen beantragen (u bekommen)
      und das zahlen alles die privaten Verbraucher.
      Und dazu der Quack mit der Preisermittlung an der ‘Boerse’.

      1. Ist es nicht erstaunlich, das dieses Klima so leidet und alle zahlen dazu.
        Ist es nicht erstaunlich wie das Pariser Klimaabkommen so eklatant vergewaltigt wird, von denen die das iniziierten?
        Aber eines ist wichtig, sich selbst klebend an irgendwas festzuhalten und dann auf etwas pochen, das in weiter Ferne liegt.
        Das tägliche gebabbel ahnt nicht ansatzweise was mit der Horde geschieht…

    2. @Jock the Prepper: “Jedes Jahr verkleinert sich mein Strom Verbrauch nur die Kosten für die Elektrische-Energie steigen.”

      Das alte Spiel aus Grimms Märchen – “Der Hase und der Igel”, solltest Du doch noch kennen.
      Du bist der Hase und dein Stromkonzern ist der Igel.

      Kannst Du hier nachlesen.
      https://www.grimmsmaerchen.net/texte/khm187.php

      Andererseits tust Du etwas für´s “Klima” und Habeck´s Energiewende, dass ist doch auch schön odeeeeeer? 🙂

      P. S. …und glaube keiner Statistik die Du nicht selbst gefälscht hast!

  5. Nach dem Lesen des Textes sowie der Vita des Verfassers, gäbe es eigentlich nichts mehr zu sagen.
    Temperaturen und gefühlte (dies Unwort schon salonfähig machen wollend!) tatsächliche Mehrkosten miteinander zu vergleichen.

    Wer, natürlich nur gelegentlich und gezwungenermaßen, einkaufen muss, WEISS nicht, dass Preise für Lebensmittel bereits 2020-21 (Corona) anstiegen (Statistiken).
    Seit gut einem Jahr bewegen sich die “krisenbedingten” Aufschläge zwischen 50-100%. (Güter des täglichen Bedarfs. Kosten für Wohnen, Strom, Heizen unberücksichtigt)

    Selbstverständlich nur zu bewerten als Weitergabe der erhöhten Produktions/Beschaffungs/Personal/Kosten. Uuuups; schön, dass die Nettogewinne unaufhörlich stiegen/steigen.
    Ach verdammt: steht ja auch im Beitrag, dass die Bezüge des Plebs ebenfalls gestiegen sind!
    Also: nicht nur irgendwie fühlen und meckern, sondern wohlfühlen mit nix. DAS ist die Quintessenz.
    Danke dem Verfasser und Overton, bitte mehr davon. 🥳🤪🤣

    1. Hubertus Heil´s Versprechen ,”mehr Respekt”, zahlt sich jetzt gerade für die raffigierigen Mindestlohnempfänger horrend aus. Die bekommen jetzt horrende 41 Cent mehr in der Stunde.
      Vermutlich steigt die Infaltion dadurch nochmals sehr stark an.

      Tausend Mann im Station und wen trifft der Ball?

  6. Im Kapitalismus kann man garnix ausrechnen. Nur behaupten daß. Und glauben dran.
    Der Glaube an Kapitalismus sagt daß sich das System irgendwie zurechtzuppeln wird.
    Egal wie viele Tote, ums Gemeinwohl gehts nicht. Für Alternativen gibts Denkverbot.
    Statt Denken befohlen: Fühlen.

    Wenn der “Oh Shit”-Moment kommt gucken die Leut blöd.
    https://www.youtube.com/watch?v=73Nmv-4jvSc#7:33_ZBaumann_Control
    https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/klimakrise-die-oh-shit-momente-haeufen-sich-kolumne-a-961c4a3a-43fb-4412-9831-e9053f469ed0

    1. Danke für den Spon Link.
      Christin Stöcker, den Namen muss man sich merken. Der Fachmann für Panik und den Weltuntergang und gleichzeitig der Weltenretter. Ich möchte ihn fast einen zweiten Jesus nennen, wenn es das nicht schon zu recht selbst tut.

  7. Die wirkliche Inflation hat meiner Meinung nach nicht viel mit Fühlen zu tun. Was man irgendwo ausrechnet, sind halt angenommene Mittelwerte von angenommenen Mittelwerten von angenommenen Mittelwerten … Das mag dann für sich genommen schlüssig sein. Aber nehmen wir mal den Kleinverdiener oder Durchschnittsrentner. Dessen Ausgabenpaket besteht neben der Miete fast nur aus Energiekosten und Lebensmitteln. Für Sonstiges bleibt da fast nichts mehr. So ein Verbraucher kann anhand der Rechnungen leicht nachweisen, dass seine faktische Inflation bei 20 % oder mehr liegt. Beim Besserverdiener, also zB dem Politiker, ist es genau umgekehrt. Da fallen die Energiekosten und Lebensmittel viel geringer ins Gewicht. Er hat dann nur mit 2 oder 3 % Inflation zu kämpfen. Deswegen ist der Umgang mit den Kleinverdienern in dieser Zeit geradezu ein Verbrechen. Und ebenso ist es ein Verbrechen, wenn sich Politiker einen “Inflationsausgleich” von 3.000 € einsacken (ich glaube: sogar steuerfrei). Dass im stillen grummelnde Verbraucher sich dann gerne wieder an französische Revolution erinnern, ist nachvollziehbar.
    Oder?

    1. So ist es.

      Der Herr Ökonom lebt in einer Blase, die wenig mit der Realität von Kleinverdienern und Rentnern zu tun hat. Der hat vermutlich schon seit Jahren (oder gar Jahrzehnten) keine Obst- und Gemüse-Abteilung in einem Supermarkt betreten.

      Der der Statistik zu Grunde liegende offizielle Warenkorb hat herzlich wenig mit den Bedürfnissen der o.a. Gruppen zu tun.

      Vermutlich glaubt der Herr Ökonom auch, dass immer mehr Rentner sich nur aus Langeweile einen Teilzeit-Job suchen.

    2. Früher haben die Leute mal ein Haushaltsbuch geführt und wussten genau was teurer geworden ist.
      Diese Praxis ist leider aus der Mode gekommen.

      Heute gibt es dazu noch Mogelpackungen, mit weniger drin, um den unkritischen Verbraucher in die Irre zu führen.

      Viele Produkte schmecken nicht mehr so wie man es gewohnt ist , da viele Inhaltsstoffe gegen noch billigere ausgetauscht werden.

      1. Es ist auch heute Menschen nicht verboten ein Haushaltsbuch zu führen. Ich tue das, seit ich einen eigenen Haushalt führe. In unterschiedlichsten Haushaltszusammensetzungen: Alleinstehend, verheiratet, WG, mit/ohne Kind, Rentner-Ehepaar. Wenn ich ausgelost werde, beteilige ich mich von Zeit zudem an der `Einheitlichen Verbrauchsstichprobe´ des Statistischen Bundesamts. Es gibt da inzwischen in meinem Kopf eine ansehnliche Geschichte der angewandten Erhebungsmethodik. Wer dazu Lust hat: Für eine Magisterarbeit reicht der Stoff allemal. Sicher hat das Amt ein Archiv.
        Unüberlegt einkaufen konnte man auch schon vor 50 Jahren. Wer in der ländlichen Kleinststadt abgepacktes “Aurora”-Mehl haben wollte, statt sich 1 kg von der Mühle im nahegelegenen Ort abwiegen zu lassen, hat es auch damals offensichtlich nicht nötig gehabt, am Essen zu sparen, sondern lieber die neuesten “chemisch gesicherten” Nahrungsmittel erworben. Heute zahlt man überhöhte Preise für “Naturbelassenes”.
        Im einzigen örtlichen Industriebetrieb konnte u.a. durch das “Angebot” einer betrieblich organisierten Lebensmittelbeschafffung ein Betriebsrat verhindert werden. Auch die entschlossene Haltung der Betriebsleitung, mit einer ansehnlichen Entschädigung (Höhe: Baukosten für ein Eigenheim, Baulandpreis irrelevant, Wiese vorhanden) für die unrechtmäßig entlassenen Initiatoren der BR-Wahl zeigte Wirkung. Teile der Verwandtschaft (Ost) haben über die Jahre diesbezügliche Erzählungen für Propaganda gehalten.
        Die ideologisch überhöhten Debatten hier kann ich gut nachvollziehen. Vor allem, weil ich seit meinem 7. Lebensjahr lesen kann. Ca. 15% der gegenwärtig in Deutschland lebenden Erwachsenen (Tendenz steigend) können das nicht. Leider kann Kopflastigkeit die Sicht auf die Welt auch gewaltig einschränken. Sie ist nicht immer ein Befähigungszuwachs.
        Hoch leben sollen Yin und Yang. Manche Weltgegenden kommen kulturell bedingt mit Yin und Yang einfach besser zurecht! Das, was sich der deutsche Idealismus seit Hegel in der Angelegenheit `Widersprüchlichkeit der Welt´ ausgedacht hat, scheint mir nicht überlegen zu sein. Erst recht nicht, wenn über Moral debattiert wird, statt über Lebensbedingungen. Was hier genauso geschieht, wie in “unkritischen” Zusammenhängen. Da waltet einfach der Zeitgeist!

  8. Gefühlt gelesen, habe ich gefühlt viel geschmunzelt.
    Herrlicher Beitrag zum Ende der unipolaren Ordnung und diese wird statistisch wahrlich anders interpretiert.

  9. Ich weiß nicht, ob ich den Autoren richtig verstehe . Aber er meint also, die empirische evidente Feststellung, dass Preise für Waren die beständig gebraucht werden, dramatisch stiegen, etwas “gefülltes” ist , dass hingegen die politisch “gemessene” Inflation etwas faktisches sei.
    Ich glaube nicht, dass ich dem folgen kann. Diese “gemessene” Inflation ist so glaubhaft, wie es dereinst die “Planerfüllung” in meinem untergegangenen sozialistischen Heimatland war. Natürlich konnten wir auch diese Zahlen nicht widerlegen, ihre Herkunft nicht nachvollziehen und schon garkeine Gegenrechnung aufstellen. Aber den Niedergang, die zunehmende Dysfunktionalität, die Verschlechterung der Lebensumstände konnten wir erleben. Oder sollte ich schreiben, dass wir es fühlten?

    Ich möchte jetzt nicht mit Beispielen langweilen, von denen sicher jeder Leser und vermutlich der Autor jede Menge eigene hat. Der übliche Einkauf, dessen Kosten sich deutlich erhöhten , Mein Brot, das jetz doppelt so teuer wurde. Der Strompreis usw. Natürlich gibt es Menschen, die nicht mal wissen, was ihre Lebensmittel kosten. Viele, für die es nicht schmerzhaft ist aber eben auch verdammt viele, für die es ein Problem ist. Und zwar ein reales, kein gefühltes.
    Sollen sie Kuchen essen, wenn das Brot zu teuer ist?

  10. Der Artikel geht m.E. am Thema vorbei.

    Nein, wir haben keine Inflation im klassischen Sinne, bei der zu hohe Loehne die Preise nach oben treiben. Was wir haben, ist eine Angebotsinflation bei der die Anbieter willkuerlich die Preise festsetzen koennen, ganz vorn bei der Energie. Politik schaut tatenlos zu. Die Zentralbanken haben keine Instrumente dafuer und erreichen mit den kontinuierlichen Zinserhoehungen exakt das Gegenteil von dem was sie erreichen wollen. Die Preissteigerungen gehen nicht zurueck, dafuer geht die Wirtschaft in den Keller. Rueckgang der Investitionen. Die deutsche Bauindustrie hat ab September keine Auftraege mehr. VW reduziert gerade die Produktion der E-Autos und wird die 300 Zeitarbeitsvertraege im September nicht verlaengern.

    Sehr schoen alles erlaeutert von Ben Norton in seinem aktuellen Podcast Geopolitical Economy Report: “How corporate profits are driving inflation, not workers’ wages”. Greedflation reinster Guete. Ueber die “Mindestlohnerhoehung” kann man nur schweigen. Da ist jedes Wort zuviel. In meinen Augen arbeitet man damit auf die Rueckkehr des Niedriglohnsektors hin in der Hoffnung, dass er Deutschland auch diesmal wieder aus der Kurve zieht und wir uns zu Lasten unserer Nachbarn gesundstossen. Wird nur diesmal nicht funktionieren, weil Deutschland kein neues oekonomisches Modell hat. Billige Energie? – gone. Billige Rohstoffe? – gone. Woher soll es kommen?

    https://youtu.be/qdZbq1iw-ho

    1. Sind nicht die Löhne immer schuldig weil die raffgierigen Arbeitnehmer nur ihren Herrn ruinieren wollen?
      Die Zeiten für Lohnerhöhungen sind immer schlecht, egal ob die Wirtschaft brummt oder nicht.
      Das konnten wir doch gerade in .dem Artikel zur FAZ und zu Heike Göbel lesen

  11. Es ist interessant zu sehen, mit was sich Öknomen beschäftigen und womit diese sich anscheinend nicht beschäftigen. Und es ist natürlich auch interessant, womit sich die sogenannte “vierte Gewalt” und der “öffentlich rechtliche Rundfunk” bzgl. der Ökonomie beschäftigt.

    Und natürlich muss es ein “Konsumstreik” von Einigen sein, welcher problematisch ist, und nicht etwa, dass vielleicht andere dann doch die Preiserhöhungen bei Produkten, bei denen die mutmaßlich Konsumstreikenden nicht streiken können, da auf diese Produkte (wie Lebensmittel) nun – außer durch Hungerstreik (auch in der Variation “trockender Hungerstreik”) – nicht verzichtet werden kann (wobei natürlich auch ein solcher Hungerstreik mit terminalen Ende, dafür sorgen würde, dass man nicht mehr konsumieren kann), durch höhere Lohnsteigerungen (bzw. höhere Transferleistungen) ausgleichen sollten.
    Aber solche Lohnsteigerungen würden ja die Gewinne von Einigen verringern und dass darf natürlich nicht sein. Aber wenn man keine hohen Lohnsteigerungen will, dann könnten ja immer noch Andere (z.B. die Personen, welche aufgrund der vergleichsweise geringen Lohnsteigerungen der Arbeitnehmer mehr in der Tasche haben) dann doch zum Ausgleich mehr konsumieren, so dass der Gesamtkonsum gleichbleibt (klar, dadurch würde es vermutlich nicht so sein, dass eben die gleichen Dinge weiterhin so stark konsumiert werden wie bisher, sondern es würden eher Luxusprodukte vermehrt konsumiert werden, so dass man dann in bestimmten Arbeitsbereichen dann doch weniger Arbeitnehmer brauchen würde, aber dafür würden in anderen Arbeitsbereichen ja vielleicht ein paar mehr Arbeitnehmer gebraucht – und die Arbeitnehmer sollen ja heute eh flexibel sein). Und von Seiten des Staates z.B. der Bevölkerung etwas mehr Geld zu geben, wäre natürlich zum einen schädlich für den Staatshaushalt (u.a. da die schwarze Null ja stehen soll), und zum anderen würde dadurch nur Geld von “oben nach unten” verteilt werden, was natürlich nicht sein darf, obwohl durch den Konsum anschließend ein Großteil des Geldes dann von “unten nach oben” wandert, d.h. also die Nutznießer dann doch eher oben sitzen (und diese Geldverteilmaßnahmen eben dafür sorgen, das Wirtschaftssystem am Laufen zu lassen), die Nutznießer (oben) sitzen natürlich nicht unbedingt im selben Land, sondern können auch in anderen Ländern sitzen (dank des globalen Wirtschaftssystem und des internationalen Handels – und natürlich halten nicht alle Länder durch solche Maßnahmen das globale Wirtschaftssystem am Laufen bzw. nicht im gleichen Maße am Laufen, so dass dieses natürlich “bäh” ist).

    Und die Schlussfolgerung der Studie, dass die Menschen besser in ökonomischer Sicht ausgebildet werden sollten, wird natürlich nicht so gemeint sein, dass die Menschen die Zusammenhänge der Ökonomie und des hiesigen “besten Wirtschaftssystem aller Zeiten” (welches vielleicht eher das “gefühlt beste Wirtschaftssystem aller Zeiten” ist) wirklich erkannt werden.

    ps. So jetzt genug “Polemik”, Sarkasmus oder Zynismus (und vereinfachte, verkürzte und möglicherweise verdrehte Darstellungen mit Weglassungen) von meiner Seite ;-).

  12. Ja, ist nachvollziehbar. Wobei mir noch andere Gründe als die Inflation einfallen. Aber ich bin zu alt für Revolution und Deutschland das falsche Land.
    Der große Dramatiker und Zyniker .Heiner Müller betonte immer wieder, dass die einzige vollständig geglückte deutsche Revolution, die von Hitler war. Alles unlustig.

  13. Wenn ein Gerät, insbesondere mit elektrischer oder gar elektronischer Ausstattung heute nur noch eine “Halbwertszeit” (Def.: die Hälfte der baugleichen Geräte sind nach Ablauf der Halbwertszeit schon unbrauchbar oder zumindest obsolet geworden) von einem Jahr hat – und vor 20 Jahren noch eine Halbwertszeit von 10 Jahren hatte, und das Gerät aber heute nur noch die Hälfte kostet –

    ist es dann 50% billiger oder 1000% teurer geworden?

    Ich würde sagen, die Menschen die dann sowas noch kaufen sind einfach 90% dümmer geworden.

  14. “Der Sozialverband VdK fordert eine Inflationsprämie für Rentner – so wie es auch für pensionierte Beamte vorgesehen ist. “Wer nur von einer kleinen Rente lebt, hält eine Inflationsprämie für Pensionäre des Bundes für absolut unangemessen”, sagte Verbandspräsidentin Verena Bentele zur Begründung. Für den Verband sei das ein “unsägliches Signal”. ”

    “Auch Bundeskanzler Olaf Scholz und seine 16 Minister sollen laut dem Gesetzentwurf offenbar eine steuerfreie Inflationsprämie in Höhe von 3000 Euro erhalten. “Zur Abmilderung der Folgen der gestiegenen Verbraucherpreise wird Mitgliedern der Bundesregierung für Juni eine einmalige Sonderzahlung von 1240 Euro, für die Monate Juli 2023 bis Februar 2024 eine Sonderzahlung von monatlich 220 Euro gewährt”, zitierte die “Bild am Sonntag” Anfang Juni.”
    https://www.n-tv.de/politik/Inflationspraemie-fuer-Rentner-gefordert-article24228890.html

    https://www.vdk.de/deutschland/pages/der_vdk/4543/startseite

    https://www.seniorenaufstand.de/news/

    Rentner gehen leer aus! Die Regierung hat alles in der Ukraine verballert!

  15. Alle Augen richteten sich auf das neue Heizungsgesetz

    Fast unbemerkt wird der Bundeszuschuss zur Pflegekasse gestrichen.

    Geplante Haushaltssanierung Bundeszuschuss für Pflege soll wegfallen

    Stand: 30.06.2023 17:24 Uhr

    Ab Samstag werden die Pflegebeiträge erhöht – aber dabei könnte es nicht bleiben. Denn im Zuge der Haushaltssanierung soll 2024 der Bundeszuschuss zur Pflege in Höhe von einer Milliarde Euro auch noch wegfallen. Verbände reagieren mit scharfer Kritik.

    Wegen der geplanten Haushaltssanierung soll der jährliche Bundeszuschuss zur Pflegeversicherung für 2024 gestrichen werden. Im Etat seines Ressorts fällt der Zuschuss von einer Milliarde Euro weg, erklärte Gesundheitsminister Karl Lauterbach auf Twitter. “Es wird aber keine Leistungskürzung geben”, so der SPD-Politiker.
    https://www.tagesschau.de/inland/pflege-bundeszuschuss-100.html

    “”Es wird aber keine Leistungskürzung geben”, so der SPD-Politiker.”

    Nur eine höhere Belastung für den Bürger, schließlich rollen alle Räder für den Sieg in der Ukraine und vermutlich bald auch China und auch INTEL will bezahlt werden.

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