Der tiefe Fall des Immobilienriesen Evergrande

Baustelle, Evergrande
Dinkun Chen, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Das chinesische Immobilienunternehmen baute sich per Schneeballsystem ein Imperium auf, das nun vor seinem Ende steht. Wer hielt Evergrande den Schutzschirm auf?

Die schlechten Nachrichten um Evergrande, dem zweitgrößten Immobilienunternehmen in China, reißen nicht ab. Mitte August meldete der Konzern in den USA Insolvenz an. Ende September wurde Xu Jiayin, der Vorstandsvorsitzende von Evergrande, wegen mutmaßlicher Verbrechen verhaftet. Der Aktienkurs fiel ins Bodenlose. Der Staat macht immer noch keine Anstalten, dem Restrukturierungsplan zuzustimmen.

Der Aufstieg des 65-jährigen Xu Jiayin ist spektakulär. Geboren in einem der ärmsten Dörfer in Henan, einer der ärmsten Provinzen Chinas, entkam er seinem Schicksal als armer Bauer durch ein Studium an der Wuhan-Universität. Nachdem er ein paar Jahre Erfahrungen gesammelt hatte – zuerst in einer Stahlfabrik und dann in einer Immobilienfirma –, gründete er 1996 in Kanton die Evergrande Group. 2020 stieg er mit einem Vermögen von knapp 200 Milliarden Yuan zum drittreichsten Mann Chinas auf. 2021 stand Xu mit 27,7 Milliarden Dollar im Forbes-Ranking der reichsten Menschen auf der Welt auf Platz 53.

Win-win-win-win-Situation

Das Erfolgsmodell von Xu Jiayin steht stellvertretend für viele Immobilienunternehmen. Es basiert auf Beziehungen, auf Chinesisch Guanxi. Xu baute zuerst gute Kontakte zu lokalen Kadern auf, die ihm Boden verkauften. Ohne sofort zu zahlen, nahm er aufgrund der Bodenfläche Kredite bei den Banken auf. Das Geld ging an die lokalen Kader. Dann suchte er nach Bauunternehmen, die alle Kosten, die durch Baumaterial und Bauarbeiter entstanden, erst mal selber deckten. Xu nahm auf den entstehenden Immobilien noch einmal Kredite bei den Banken auf und bezahlte so die Baufirmen. Durch gute Beziehungen zu den Behörden holte er Verkaufslizenzen, bevor das Dach fertiggestellt wurde. Dann kassierte er jede Menge Geld von den Käufern. Damit bediente er einen Teil der Kredite und nahm weitere auf, um neuen Boden zu erwerben.

Wie ein Schneeball wuchsen die Immobilienprojekte von Evergrande. So oder so ähnlich ging es auch anderen Immobilienunternehmen. Es entstand eine Win-win-win-win-Situation. Die Kasse der lokalen Ebene klingelte fröhlich. Die Banken verdienten sich eine goldene Nase durch Kredite an die Entwickler und die Darlehen an die Käufer. Die Käufer freuten sich über die stetig steigenden Immobilienpreise. Und die Immobilienentwickler wie Evergrande oder Country Garden wurden innerhalb von einer oder zwei Dekaden zu den umsatzstärksten Unternehmen im Reich der Mitte. Auch die Bauunternehmen haben etwas vom Kuchen abbekommen.

Es könnte für alle Beteiligten ewig so fröhlich weiterlaufen, wenn nicht durch die Pandemie die Wirtschaft ins Stocken geraten wäre. Die Immobilienpreise, die seit Jahren in China nur eine Richtung kannten, nämlich die nach oben, tendieren seit drei Jahren gen Süden. Die potenziellen Käufer warten weiter fallende Preise ab. Der Geldstrom stockt. Die Baufirmen können nicht mehr in Vorleistung gehen. Die unfertigen Hochhäuser werden zu Bauruinen. Über 700.000 Kunden allein von Evergrande hegen keine Hoffnung mehr, dass ihre Wohnung jemals zum Einzug bereitsteht und müssen dennoch die monatlichen Raten an die Banken entrichten. Ein 35-jähriger Fondsmanager, der einen Großteil der Kundengelder in Evergrande-Schuldscheine investiert hatte, nahm sich sein Leben. Banken sitzen auf einem Berg fauler Kredite. Angeblich sind über tausend Banken allein im Fall von Evergrande involviert. Es ist eine Frage der Zeit, wann die Immobilienunternehmen eines nach dem anderen wie Dominosteine fallen.

300 Milliarden Euro Schulden!

Evergrande, der ewige Große, der Größte von allen, ist bereits gefallen. Country Garden könnte folgen. Lange Zeit setzte Evergrande-Chef Xu Jiayin darauf, dass der Staat ihm unter die Arme greifen würde, nach dem Motto: To big to fail. Doch Berichte darüber, dass Xu klammheimlich 90 Milliarden Yuan (rund 13 Milliarden Euro) ins Ausland transferiert hatte, schlug Wellen in den sozialen Medien Chinas und sie führten dazu, dass niemand sich in der Politik traut, sich für ihn einzusetzen. Eine staatliche Rettungsaktion könnte erst folgen, wenn Xu seinen Teil zur Tilgung der Schulden geleistet hat.

Aber selbst wenn der Immobilienmogul die 90 Milliarden Yuan zurückholen und sie für die Tilgung der Schulden verwenden würde, wäre das nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, denn Evergrande befindet sich in einem Schuldensumpf von über zwei Billionen Yuan (rund 300 Milliarden Euro). Damit ist es das am höchsten verschuldete Immobilienunternehmen auf der ganzen Welt. Wie konnte es so weit kommen? Im chinesischen Netz wird spekuliert, dass Xu ein gigantisches Korruptionsnetz gesponnen hat. Dafür hat er eine eigene Tanzgruppe von über 200 schönen Frauen aufgebaut. In Wirklichkeit handelte es dabei um seine PR-Waffen, die er gezielt für die Bankdirektoren und hohe Funktionäre einsetzte. Die Gruppe ist inzwischen aufgelöst, die Leiterin, mit der Xu angeblich eine Affäre gehabt haben soll, ist von der Bildfläche verschwunden.

Wurden Rating-Agenturen geschmiert?

Im Netz wird nun spekuliert, dass der in Haft befindliche Xu eine Reihe von Bankdirektoren und Funktionären mit ins Gefängnis mitreißen würde. Eine Reihe von Fragen harren einer Antwort. Sind die Bodenflächen zu Preisen an Evergrande verkauft worden, die viel zu niedrig waren? Darf Evergrande denselben Boden zwei- oder gar dreimal beleihen? Warum erhielt der Immobilienkonzern entgegen Vorschriften in China bereits Verkaufslizenzen, wo die Häuser noch nicht mal halb fertig waren? Normalerweise darf erst mit dem Verkauf begonnen werden, wenn der Rumpf bereits gebaut ist, sprich: Wenn das Dach feststeht. Nun haben viele Käufer eine Wohnung in Stockwerken gekauft, die nach Jahren immer noch in den Sternen stehen.

Und wieviel hat Xu an chinesische Rating-Agenturen gezahlt, die trotz immenser Schulden Evergrande ein AAA-Rating gewährt hatten? Die Frage aller Fragen lautet: Wer hat Xu all die Jahre einen riesigen Schutzschirm aufgespannt? Jemand von der höchsten Führungsriege? Denn sonst ist sein Größenwahn kaum zu erklären. In seinen besten Jahren kaufte er ganze Fußballclubs auf. Noch 2020 verkündete er, eine eigene Automarke zu entwickeln. Am Nationalfeiertag (1. Oktober) 2022 durfte er als einziger Vertreter der Unternehmer von ganz China auf der Tribüne des Turms auf dem Platz des Himmlischen Friedens den Feierlichkeiten beiwohnen. Und wie konnte ein erfahrener Unternehmer an das Märchen der immer steigenden Immobilienpreise glauben?

Abgesehen vom Schicksal von Xu Jiayin kann es sich der Staat nicht leisten, die Hunderttausenden gebeutelter Kunden im Regen stehen zu lassen. Wahrscheinlich werden die Probleme an die Provinzen abgewälzt. Schließlich haben sie beim Bodenverkauf auch am kräftigsten mitverdient. Die Provinzen sorgen dafür, dass die Häuser zum Ende gebaut werden. So werden die Baufirmen vor der Pleite bewahrt. Die Geschäftsbereiche von Evergrande werden filetiert und verkauft. Das größte Problem dürfte der Cash-Fluss sein. Die Eigenheimquote in China beträgt rund 90 Prozent. Der Bedarf an eigener Nutzung ist weitgehend gedeckt. In Erwartung an weiter fallende Preise empfiehlt sich die Immobilie nicht gerade als eine Zukunftsinvestition. Fehlt der Geldfluss, lassen sich schwer Investoren für die mit der Insolvenz kämpfenden Immobilienentwickler finden. Angesichts einer schrumpfenden Bevölkerung und hoher Arbeitslosigkeit bleibt die Sanierung der Immobilienbranche eine Mammutaufgabe für den Staat.

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40 Kommentare

  1. Da der Autor vorgibt Chinese zu sein und in China zu leben, sollte er wissen, daß die Evergrande-Geschädigten „auf chinesische Weise“ längst entschädigt wurden und dies natürlich nicht an die große Glocke hängen werden
    Das Problem ist längst gelößt!

    1. „Auf chinesische Weise entschädigt“? Also die „Wahl“ zwischen keiner Entschädigung oder Knast? Na dann, so macht man das in China.

        1. Mehr als 3 Worte am Stück von dir? Chapeau. Aber feini-feini, dass du den „Fascho“ noch eingehäkelt hast. Gibt ein Brekkie extra vom Schichtleiter.

    2. Die Erklärung ist ja schon recht dünn.
      Wenn China die Geschädigten bereits entschädigt hat, dann würde das China nicht totschweigen.

      Vor allem wenn man so „großzügig“ war, zeigt man anderen, schlechteren Systemen, wie man es richtig macht. So etwas verschweigt auch nicht das „schüchterne“ China.

      Also, werden wir dieses „Staatsgeheimnis“ noch erfahren? Ich befürchte nicht.

  2. Die Story erinnert stark an die Immobilienkrisen im Westen. Gier ist menschlich. Hat sich China vom Kapitalismus ein anderes Resultat erhofft? Übertreibungen und Krisen gehören zum Kapitalismus, daran ändert auch die Einhegung durch eine KP nichts.

    Vielleicht erklärt uns Bella noch, wie das Problem gelöst wurde. Hat der Staat die überschuldeten Firmen übernommen? Bezahlt die chinesische Allgemeinheit für die Spekulationsverluste?

    1. Wer spekuliert muß mit Verlusten leben!
      Wer aber als chinesischer Bürger durch Evergrande geschädigt wurde, hat längst eine Entschädigung in unauffälliger Weise erhalten. Wäre das nicht der Fall, würde man hier in Westen genüßlich über Proteste berichten.
      Der größte Immobilienfinanzierer in China ist allerdings BlackRock. Dieses in China privilegierte ausländische Unternehmen muß natürlich die Folgen seiner unternehmerischen Entscheidungen selbst tragen.
      Also bitte keine BlackRock Aktien kaufen, Chinarisiko……..lach….

      1. Der Hinweis auf BlackRock wirkt etwas schadenfreudig, Bella …
        Ändert aber nichts daran, dass die Krise in China hausgemacht ist.
        Wenn der Immobilienmarkt kriselt, kriselt in der Regel die gesamte Wirtschaft.
        Faule Kredite sind Gift für die Konjunktur.
        Das Vertrauen ist verloren. Und auch mit diskreten Entschädigungen nicht einfach zu reparieren.
        Welche Lehren zieht die KP aus dieser Krise, Bella?

        1. Seit den neunziger Jahren geiert jeder Sinophobe und/oder Antikommunist nach der grossen Chinakrise. Behauptungen „Das Vertrauen ist verloren“ sind vollmundig für einen, der von China wenig Ahnung hat (ich sage nicht, dass Bella viel mehr hat).

          1. Ich bin weder „sinophob“ noch „Antikommunist“. Ich bin eigentlich nur Anti-Ignorant. Darum erlaube ich mir die Frage an Bella, wie die KP mit den negativen Auswüchsen des Kapitalismus klarkommt. Krise und Vertrauensverlust sind zwei Seiten derselben Medaille. Ich will hier keine KP-Propaganda hören, sondern die Einschätzung einer Foristin, die offenbar mehr über China weiss als ich. Ist das verboten, aquadraht?

            1. Wenn man den kapitalistischen Tiger losläßt, hat man manchmal auch Schwierigkeiten ihn wieder zu bändigen. Es gab ca. 6 Millionen von der Evergrandkrise betroffener „einfacher Chinesen“. Diese sind schon lange „auf chinesische Art“ entschädigt, sehr individuell vermute ich. Der uralte chinesische Beamtenapparat schafft das, natürlich auf Provinzebene. Deutschland kriegt ja nicht mal die Entschädigung der Ahr-Tal-Opfer auf die Reihe.
              Die Großunternehmen, Großanleger, gehen wohl leer aus. Aber ist es nicht Aufgabe eine „fürsorglichen Staates“ zuerst die einfachen Menschen zu schützen?

              1. Danke, Bella.
                Ich halte fest, dass es die sogenannte „Systemrivalität“ in Wirklichkeit nicht gibt. In Krisen überlebt die Marktwirtschaft nicht ohne Planwirtschaft. Das ist im Westen nicht anders als im Fernen Osten. Bei uns löste die Immobilienkrise eine epische Finanzkrise aus, die ohne Staaten und Zentralbanken nicht entschärft werden konnte. Der Widerspruch zwischen Kapitalismus und Kommunismus besteht nur in der Theorie.

        2. Im Vergleich zu Deutschland/Europa hat China gute Wirtschaftsdaten geliefert, die die Erwartungen der Analysten übertrafen.
          Die neuen geopolitischen Spannungen dürften die Ökonomien Europas weiter belasten, vor allen, wenn der Ölpreis steigt!

          Da China kein Interesse an einen neuen 1973 (Ölkrise) hat, bleibt euch nichts anderes übrig als an die gute Wirtschaftslenkung der KP Chinas zu hoffen und zu glauben.
          Schließt also bitte die 100 Millionen chinesischer Kommunisten in Eurer Nachtgebet ein, so wie man es als Rat aus Singapur hört.

          1. Bei allem Respekt, Bella, aber ich finde deine Antworten sachlich etwas mager und im Ton etwas überheblich. Schön, dass sich China über gute Wirtschaftsdaten freuen darf. Trotzdem konnte die Immobilienkrise mit gigantischen Insolvenzen offenbar nicht verhindert werden. Meine Frage war, welche Lehren die KP daraus zieht. Wenn du es nicht weisst, kannst du es ja auch einfach zugeben. Der Verweis auf das Nachtgebet scheint nicht sehr durchdacht zu sein.

            1. Ich bin kein KP Mitglied, und weiß natürlich nicht was im einzelnen geschieht. Ich vermute aber, die KP prüft genau Schaden/Nutzen einer Pleite von Evergrande und trifft dann eine Entscheidung. Das wird natürlich Kosten und Opfer verursachen. Diese sollen aber die Großkapitalisten tragen, kapitalistisches Risiko. Bisher hat die KP immer aus Krisen gelernt, sonst wäre sie schon längst untergegangen.
              Vertrauensverluste von Investoren müssen wohl hingenommen werden, aber ohne China werden eben diese Investoren ihre Anlagegelder nicht los. Am chinesischen Aktienmarkt dürften diese Verluste schon eingepreist sein, hoffentlich …..mehr weiß ich auch nicht……vielleicht findet man auch irgendeinen Kompromiss, soft landing sozusagen
              Eine große Krise versucht aber die KP auf jeden Fall zu verhindern, vielleicht druckt man Geld, streicht Schulden, weitere Zinssenkungen, das alles wird wohl gerade eine Schar von Experten beschäftigen…

      2. Der Verweis auf BlackRock ist Dreh- und Angelpunkt. Die chinesische Regierung tut alles, um gerade die Menschen, die sich eine Wohnung gekauft haben, nicht zu frustrieren. Der Artikel sagt das klipp und klar „Die Provinzen sorgen dafür, dass die Häuser zum Ende gebaut werden.“

        Es war schon vor einiger Zeit zu lesen, dass Evergrande in den USA Insolvenz angemeldet hat, um Forderungen aus dieser Hemisphäre abzubügeln. Wieso auch nicht?
        https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2023-08/china-evergrande-glaeubigerschutz-usa-immobilien-krise
        (Der Artikel demonstriert mit seinem Gemunkel zum Ende hin, wie echte sinophobe Artikel aussehen.)

        Schon 2021 gab es Artikel zu Evergrande und Hinweise, dass die chinesische Regierung nicht die Firma ansich zu retten gedenkt „Yi Gangs […] Evergrande sei nicht too big to fail.“
        https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2021-12/evergrande-china-immobilienkonzern-fitch/komplettansicht

  3. Offensichtlich ist es vor dem Hintergrund des gigantischen Wirtschaftswachstums incl. der privaten Einkommen. eine klassische Überhitzungs-Krise.
    Dass private Ersparnisse in angeblich wertbeständige Immobilien fliessen ist kein singulär chinesisches Problem. Wenn sich in China inzwischen tatsächlich 90% des Wohnungsbestands in privatem Besitz befinden, wäre das eine irrwitzige Quote. Denn dieser hohe Privatanteil sorgt nicht nur für einen stark verminderten Cash Flow in den Bau- und Immoblienmarkt. Er wird langfristig Chinas Volkswirtschaft erheblich beeinträchtigen. da er die Mobilität von Arbeitskräften stark einschränkt. Statt Wohnungseigentum wäre es also besser gewesen, den Menschen Genossenschaftsanteile anzubieten. Das hätte auch die Spekulation mit Bauflächen und Bauträger-Leistungen begrenzt.
    Bekanntlich gibt es auch in Deutschland politische Gruppen, die den, wie sie meinen, niedrigen Eigentumsanteil im Wohnungsbestand beklagen, ohne dass ihnen die volkswirtschaftlichen Implikationen bewusst sind.

    1. Das chinesische Wohneigentum ist wohl eher mit den deutschen Erbbaurecht vergleichbar. Grund und Boden in China sind Gemeineigentum und nicht handelbar. Wohnungen können auf Lebenszeit gekauft werden, sind aber nicht vererbbar.
      Chinesische Werktätigen sind sehr viel mobiler als Deutsche und in den Städten winken – verglichen mit dem Land – hohe Löhne. Allerdings muß man teilweise noch immer die Erlaubnis halten, sich in einer Stadt ansiedeln zu dürfen. Ein Volk von 1,4 Milliarden ist nicht einfach zu regieren, andere Länder können nicht mal 80 Millionen richtig regieren!

  4. Der Unterschied zum „freien Westen“ besteht darin, dass der Defraudant hinter Gittern ist. Was die Verluste angeht, muss wohl das Konkursverfahren erbringen, was an Nettoverlusten entstanden ist. Den ca. 330 Mrd. $ Gesamtverbindlichkeiten und 93Mrd.$ aktuell ausstehenden Schulden steht immerhin ein grosser Immobilienbesitz gegenüber, und wie die westlichen Gläubiger beim Konkurs befriedigt werden (ein gutes Drittel der Schuldverschreibungen), wird sich zeigen. Die chinesische Regierung und die Zentralbank haben bereits deutlich gemacht, dass für die noch nicht Eigentümer der 1.3 Millionen im Bau befindlichen Wohnungen nichts ändern soll, jedenfalls nicht für Ersterwerber, dass also ihre Vorschüsse für den Wohnungserwerb jedenfalls grossenteils garantiert werden. Industrielle und institutionelle Gläubiger werden dagegen mit einem erheblichen „Haircut“ rechnen müssen, ebenso die Privatinvestoren, die eine Zweit- oder Drittwohnung als Spekulationsobjekt projektiert hatten.

    Prinzipiell steht der chinesische Immobilienmarkt an einem Wendepunkt, für den die Evergrandepleite nur ein Indikator ist. Der stürmische Urbanisierungsprozess, in dessen Folge rund eine Dreiviertelmilliarde Menschen in den letzten 30 Jahren vom Land in die Städte gezogen ist, nähert sich der Sättigung an. Es wird sich zeigen, wie die Wirtschafts- und Finanzpolitik damit fertig wird. Unkompliziert ist das nicht, und das Boulevardgeschwätz des Autors ist da nicht besonders informativ.

    1. Da du dich ja offenbar gut in China auskennst. Wie will China eigentlich das Problem der sinkenden Geburtenrate lösen? Hast du dazu einige, Quellen (in Deutsch oder Englisch)?

      1. Sind dir 1,4 Milliarden Chinesen nicht genug?
        Im übrigen hat China schon vor längerer Zeit die Ein-Kind-Politik abgeschafft. Weiblich Werktätige gehen in China mit 55 in Rente, männliche mit 60. Wenn man dieses frühe Rentenalter etwas anhebt und dabei weit unter den Deutschen bleibt, ist das Problem lösbar.
        Freiwillige, unbezahlte Arbeit ist in Taiwan und auf den Festland Ehrensache. Man zieht z.B. in Taiwan auch als wichtiger Unternehmer gelegentlich die Rosa Weste an und arbeitet freiwillig…….die chinesische Kultur ist eben mehr gemeinwohlorientiert als die westliche, überall wo Chinesen leben…

        1. Das Problem existiert ja weltweit und keiner der neoliberalen Staaten hat bisher eine Lösung dafür gefunden. Russland ist es recht gut angegangen (Kinderförderung ohne Ende) hat es aber bisher auch noch nicht gelöst (aber verbessert). Ich bin daran interessiert, ob es die Chinesen besser können als der Westen und seine Lakaien.

  5. Warum sollte China nicht die gleichen Probleme haben, wie wir auch? Erinnert sich noch jemand an Holzmann oder die Neue Heimat, den Fall Schneider u.a. ganz aktuell Vonovia?

    Ich verstehe die Aufregung nicht.

    Unsere Landesbankster haben in der Finanzkrise gezockt als gaebe es kein Morgen. Niemand wurde jemals dafuer in Haftung genommen. Weder die Bankster noch die Politiker, die in den Aufsichtsgremien keine Aufsicht gefuehrt haben. Aber die Griechen und andere Suedlaender, die haben wir bluten lassen.

    1. „Ich verstehe die Aufregung nicht.“

      Nun ja, Es tropft literweise Häme aus diesen Artikeln. Wobei die meisten Artikelschreiber übersehen, dass überwiegend die ausländischen Investoren dick verlieren werden.

  6. Ein wunderbarer Artikel von Xi Long Dong, der einem wirklich warm ums Herz werden lässt.
    Mir tun dir armen Chinesen leid, die nun ohne Alterssicherung bald wieder im Reisfeld stehen müssen.

    phz

    1. Mir tun all die armen schadenfreudigen deutschen Spießer leid, die sich immer noch zur Herrenrasse zählen und mit versifftem Gedankengut aus der Jauchegrube zu Wort melden.

  7. Soso, Xu hat sich im total korrupten China seine Milliarden über Beziehungen erbettelt. So war es garantiert nicht. Vor zehn Jahren kannte das westliche Kapital nur eine Richtung, nach China nämlich. Und eben auch zu Evergrande. Was sollte Xu mit den hereinstürzenden Milliarden machen? Bauen eben. Dieser Guan Xin ist ein Anschwärzer, allerdings leicht durchschaubar.

    Xu wusste durchaus, dass das irgendwann in einer Blase endet. Weshalb er sich ein zweites Standbein schaffen wollte, den Fahrzeugbau. Muss aber klappen. Tat es nicht.

    Dass Blackrock dort drin ist, hat unsere Bella einfach erfunden. Größter Aktionär ist Chinese Estates Holdings Ltd. mit 4,68 Prozent, der Rest ist Streubesitz.

    https://www.finanzen.net/unternehmensprofil/china_evergrande_group

    Nee, Blackrock macht in China keinen Dollar, weil Hedgefonds dort nicht zugelassen sind.

    Mieter! Der Kommunismus droht mit Privateigentum an Wohnungen! Eine längst überfällige Warnung.

    1. „Vor zehn Jahren kannte das westliche Kapital nur eine Richtung, nach China nämlich. Und eben auch zu Evergrande.“
      (…)
      „Dass Blackrock dort drin ist, hat unsere Bella einfach erfunden.“

      Hm, ist Blackrock nicht auch westliches Kapital? Oder meint Artur_C mit „westliches Kapital“ den Sparstrumpf von Oma Lisa?

      1. Laut einem Weibo-Kommentar haben Moody’s und S&P schon 2015 das Rating für Evergrande auf B abgewertet. Kein Grund also für Blackrock, da zu investieren.

    2. Blackrock genießt in China eine privilegierte Stellung

      https://www.deraktionaer.de/artikel/aktien/blackrock-gelingt-einstieg-in-china-schon-10-billionen-schwer–20237137.html

      Blackrock ist der größte ausländische Immobilienfinanzierer in China und deshalb von eventuellen Immobilienpleiten sehr stark betroffen.

      Die Frage ist, warum hat Präsident Xi BlackRock in China privilegiert? Larry Fink, der CEO von BlackRock, ist ein alter Kumpel von Joe Biden. China hofft wohl das Larry bei seinen alten Freund Joe vorstellig wird und ihn bittet ihn das Chinageschäft nicht zu verderben, sollten verrückte Republikaner dies fordern. Ob diese chinesische Rechnung aufgeht, weiß ich nicht.
      Ich weiß nur, die chinesische Politik ist schlau und durchtrieben, vielschichtig. Auf schwarz-weiß-denken geschulte deutsche Gehirne haben Schwieigkeiten chinesische Winkelzüge zu durchschauen.. . das ist alles…

      Nebenbei BlackRock ist kein klassischer Hedgefond sondern verkauft die sog ETFs. Kleinanleger sollten die BlackRock Aktie aber meiden!

      1. Das stimmt, chinesische Anleger dürfen Fonds bei BR kaufen. Da ist aber noch ein weiter Weg bis zum Kauf chinesischer Aktien von BR. Bei Evergrande jedenfalls spielt es keine Rolle.

        1. Mensch man sind sie unwissend!
          Sehen sie sich mal das Verkaufsangebot der ETFs von BlackRock an dann werden sie feststellen das BR große chinesische Aktienpakete von Konzernen wie Alibaba, JD.com, BYD etc. hält.
          Wenn sie einsteigen wollen können sie dies morgen direkt tun, eine Tencent sollten sie schon haben……
          Für sie würde aber JinkoSolar besser passen, größter Umweltkonzern weltweit, der jetzt erstmal seinen Aktionären eine Dividende zahlt, Dividendenrendite ca 5%…….greifen Sie also in China zu….
          …schmunzel……werden sie reich mit den neuen chinesischen Volkskapitalismus…….
          Wenn allerdings demnächst der Nahe Osten in Scherben fällt, dann verlieren sie erstmal Geld!

  8. Liebe Freunde des chinesischen Volkes!

    Ob es zu einer großen wirtschaftlichen Krise in China kommt, ist im Moment auch für mich von zweitrangiger Bedeutung. Die größte Gefahr für die Menschheit ist derzeit die Lage im Nahen Osten. Hier droht ein Pulverfaß zu explodieren, dessen Funken auch Europa in Brand setzen können.

    Im Schatten dieses drohenden Weltenbrandes im Westen wird China seine ökonomischen Probleme lösen und stärker dastehen als je zuvor!

    Auch die USA wird sicher überleben, auch wenn das amerikanische Chaos anhält. Aber Amerika wird im Windschatten des inneren Chaoses und des Weltenbrandes in Europa erkennen, daß es mit China zusammenarbeiten MUSS…

    Das wäre ein neues Chimerica als Teil der neuen Weltordnung, in der das kreative Amerika seinen Platz finden wird!

    Ich steige deshalb aus diesen Thread hier aus, es gibt wichtigeres!

  9. Der Beitrag ist eine Blamage für jeden ökonomischen Sachverstand.
    Ein Schneeballsystem kennt keine wirtschaftliche Tätigkeit. Bei Evergrande wird aber sehr wohl ein Geschäftsmodell beschrieben.
    Weil Kredite meist Sicherheiten erfordern, wird Aktiva eben damit belastet. Ein ganz normaler Vorgang unter kapitalistischen Verhältnissen. Das Gearing setzen letztendlich die Kreditgeber fest und wissen dabei um das Instrument einer Kapitalerhöhung direkt oder indirekt über eine Mezzanine Finanzierung. Absolute Schuldenhöhen interessieren nur den beeindruckbaren Laien. Solange der Output entsprechend höher ist als der Input, interessiert das die wenigsten.
    Warum sollte das Geschäftsmodell einer chinesischen Immobilienfirma anders aussehen als bei einer westlichen?
    Der chinesische Staat hat aber mehr Möglichkeiten, die Folgen aus Bewertungsproblemen von Immobilienaktive zu meistern, als sich westliche Staaten heute geben (wollen).
    Aber auch hier gibt es Emanzipationsbestrebungen.
    Und speziell in Deutschland könnte die noch zu gründende Partei etwas bewirken, weil wirtschaftspolitische Vernunft nicht auf die Plusmacherlogik beschränkt sein dürfte.

  10. Falls noch jemand mitliest :), eine Leseempfehlung mit dank an moonofalabama.org:
    https://www.ianwelsh.net/china-is-transitioning-economically-and-so-far-succesfully/

    Eine ausgezeichnete Zusammenfassung. Kurz: China lässt den Immosektor gezielt an die Wand laufen, wobei die Wand ein wenig gepolstert wird für Ersterwerber von Wohnungen.

    Und auch wenn die Chinahasser oder -ignoranten in den Teppich beissen, bisher haben die Chinesen das meiste richtig gemacht.

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