Die Daten zur Preisentwicklung in Europa sind mehr als ermutigend. Die Inflationsrate auf der Verbraucherstufe betrug im Oktober in der EWU nur noch 2,9 Prozent.
Die Erzeugerpreise lagen im September, wie Eurostat gerade meldet, bei minus 12,4 Prozent gegenüber dem Wert vom September des vergangenen Jahres. Es bestätigt sich die an dieser Stelle in vielen Beiträgen vertretene Position, dass der Preisschub in der Eurozone und in vielen anderen Ländern ein temporäres Ereignis war, das sich mit dem erwartbaren Rückgang der Rohstoffpreise auf allen Ebenen, also auch auf der der Verbraucher, wieder zurückbildet.
Ohne weiteres erkennen kann man das, wenn man den Preisschub und seine Normalisierung aus den Jahren der Finanzkrise vergleicht mit dem heutigen Ablauf bei den wichtigsten Preisindizes. Abbildung 1 zeigt den Preisschub in der Eurozone vor der Finanzkrise 2008 und den Einbruch danach. Es ist leicht zu erkennen, dass auch damals die Verbraucherpreise den Erzeugerpreisen mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung und gedämpft folgten. Offensichtlich hatte das damals nichts mit der Zinspolitik zu tun.
Abbildung 1
Der Preisschub, der 2021 durch die Pandemie und 2022 durch den Ukrainekrieg ausgelöst wurde und in erster Linie die Erzeugerpreise nach oben schnellen ließ, war zwar erheblich stärker (Abbildung 2), aber die Abläufe sind denen von 2007 bis 2010 sehr ähnlich. Auch hier hatte das Muster der Entspannung bei den Preissteigerungsraten ab dem Sommer 2022 nichts mit der Geldpolitik zu tun. Die Preiszuwächse sanken, lange bevor die geldpolitische Restriktion, die im Juli 2022 eingesetzt hatte, zu wirken begann. Wenn man eine Wirkungszögerung von nur vier Quartalen unterstellt (viele Studien kommen auf weit längere Verzögerungen von sechs bis acht Quartalen), waren die jährlichen Zuwachsraten der Erzeugerpreise schon unter null, als die Geldpolitik zu greifen begonnen haben könnte.
Abbildung 2
Angesichts dieser klar erkennbaren Entwicklungen kann man die Reaktionen der EZB-Spitze nur als dogmatisch bezeichnen. Man erkennt die Bedeutung der Erzeugerpreise als vorlaufendem Indikator für die Verbraucherpreise nicht mehr an und flüchtet sich in immer neue und abstrusere Argumente, um zu rechtfertigen, dass man an der restriktiven Politik der letzten eineinhalb Jahre festhält, statt sie als falsch zu erkennen und vor allem zu korrigieren.
So sagt das EZB-Präsidiumsmitglied Isabel Schnabel, beim Marathon sei die letzte Meile die schwerste. Das mag beim Marathon so sein. Dieses Bild auf die Geldpolitik zu übertragen, um auszudrücken, es sei schwerer, bei der Preissteigerungsrate von 2,9 Prozent auf 2 Prozent zu kommen als von 10 Prozent auf, sagen wir, 5 Prozent, ist allerdings kompletter Unfug. In die gleiche ungeeignete Kerbe schlägt die EZB-Präsidentin Christine Lagarde, wenn sie in der Pressekonferenz zu den Zinsbeschlüssen Ende Oktober zu Protokoll gibt, man müsse vor einem Kurswechsel der Geldpolitik die nächste Runde der Tarifverhandlungen, die weit in das Jahr 2024 hineinreichen, abwarten, um sicher zu sein, dass aus dieser Ecke keine neuen inflationären Impulse kommen.
Der Grund, weshalb die EZB-Spitze an ihrer Politik festhält und die Empirie der Erzeugerpreise offensichtlich ignoriert, obwohl sie laufend betont, einen streng an den Daten orientierten Ansatz zu verfolgen, ist die auch unter Notenbankern weit verbreitete monetaristische Vorstellung, es sei in den vergangenen zehn Jahren wegen der lockeren Geldpolitik ein erhebliches Inflationspotential in Form einer stark ausgeweiteten Geldmenge geschaffen worden, das durch eine anhaltend restriktive Zinspolitik endlich eingehegt werden müsse. Diese Vorstellung verbaut den Blick auf die Realität und führt zur Fehleinschätzung bezüglich Ursache und Dauer der Phase hoher Preissteigerungsraten.
Das kann man an ihren Inflationsprognosen ablesen. Die Deutsche Bundesbank beispielsweise hat noch im vergangenen Dezember prognostiziert (siehe Abbildung 3), dass die deutsche Inflationsrate (harmonisiert) im Jahresdurchschnitt 2023 bei 7,2 Prozent liegen würde. Realistisch ist dagegen derzeit ein Wert von 6 Prozent. Für 2024 erwartete die Bundesbank damals noch 4,1 Prozent. Das ist deutlich zu hoch, wenn man auf den inzwischen am aktuellen Rand erreichten Wert von 3,0 Prozent schaut und, wie das bei Prognosen üblich ist, nicht von unvorhersehbaren Schocks im Prognosezeitraum ausgeht.
Erst für das Jahr 2025 kam die Bundesbank mit 2,8 Prozent im Jahresdurchschnitt auf einen Prognosewert, wie er nun im Oktober dieses Jahres schon nahezu realisiert wurde. Es sieht ganz danach aus, dass der von der Bundesbank für 2025 erwartete Wert schon im Jahr 2024 erreicht wird.
Abbildung 3
Geht man von der normalerweise unterstellten Dauer der Wirkungsverzögerung der Geldpolitik aus, steht zu befürchten, dass wir den großen Teil des restriktiven Drucks der Zinsen auf die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland und im Euroraum noch gar nicht gesehen haben, sondern sich die Bremsspuren beim Wachstum erst abzuzeichnen beginnen. Die EZB muss nun den von ihr prognostizierten Verlauf der Wirtschaftsentwicklung in der Eurozone wie schon im September erneut nach unten korrigieren: Das dritte Quartal 2023 ist laut Eurostat mit -0,1 Prozent schlechter gelaufen, als es die EZB erwartet hatte. Und der Hoffnung auf den prognostizierten leichten Aufwärtstrend im vierten Quartal hat EZB-Vize Luis de Guindos gerade eine Absage erteilt. Die untenstehende Originaltabelle von Eurostat zeigt, dass die Erzeugerpreise insgesamt ohne Energie (die zweite Zeile) seit Monaten gegenüber ihren Vorwerten fallen. Das bedeutet nichts anderes, als dass es auf der Vorstufe der Verbraucherpreise (auch ohne den schwankungsanfälligen Energiebereich) nicht nur keine inflationäre Entwicklung gibt, sondern sogar eine deflationäre.
Was ist die Bedeutung der letzten Meile, von der Isabel Schnabel spricht, wenn offensichtlich ist, dass es auch für diese Meile dort, wo man es erwarten müsste, keinerlei inflationären Druck in der Pipeline gibt? Die EZB hatte im letzten März selbst die Erzeugerpreise als wichtigste Pipeline für die Verbraucherpreise angesehen (wie hier belegt). Davon will sie jetzt nichts mehr wissen. Sollte dagegen wiederum ein Energie-Schock von außen kommen, wäre es, wie wir hier gezeigt haben, absurd, würde man erneut mit geldpolitischer Restriktion reagieren.
Noch absurder als das Letzte-Meile-Argument ist die Warnung der EZB-Präsidentin vor überzogenen Lohnabschlüssen im nächsten Jahr. Man muss sich vorstellen: Trotz Preissteigerungsraten von bis zu zehn Prozent in einzelnen Monaten sind die Gewerkschaften bei den Tarifabschlüssen bisher sehr vernünftig gewesen und haben mit Einmalzahlungen die für sie sehr problematische, aber eindeutig temporäre Phase hoher Preissteigerungsraten überbrückt. Trotz durchaus beachtlicher Einmalzahlungen sind die Arbeitskostenzuwächse selbst im zweiten Quartal dieses Jahres unter 5 Prozent geblieben (wie hier nachzulesen). Nun, wo die Preissteigerungsraten fast wieder normal sind, befürchtet die EZB, es könne zu Lohnzuwächsen kommen, die die Preisstabilität gefährden, und will deswegen Zinssenkungen bis weit in das Jahr 2024 hinein verschieben.
Offensichtlich glaubt Frau Lagarde immer noch an die Mär vom angespannten europäischen Arbeitsmarkt, an dem sich neuerdings die Arbeitnehmer alles leisten können. Ganz abgesehen davon, dass die Arbeitslosigkeit in Deutschland aktuell sichtbar steigt und auch im Rest der EWU angesichts schlechter Umfragen Rezession droht, sind die Niveaus der Arbeitslosigkeit in praktisch allen Ländern weit von Werten wie in den 1970er Jahren entfernt, bei denen die Arbeitnehmer extrem hohe Lohnsteigerungen durchsetzen konnten.
In Deutschland liegt die nicht-harmonisierte Arbeitslosenquote laut der Bundesagentur für Arbeit im Oktober saisonbereinigt bei 5,8 Prozent, die Unterbeschäftigungsquote bei über 7 Prozent (Abbildung 4). Rechnet man die Stille Reserve von etwa 3 Millionen ein, geht es um mehr als 6 Millionen Personen.
Abbildung 4
In der Eurozone sieht es noch viel schlechter aus (Abbildung 5). Mit (harmonisierten) Quoten von über sieben Prozent kann weder in Frankreich noch in Italien von einer Situation die Rede sein, in der es die Arbeitnehmer leicht hätten, hohe Lohnforderungen durchzusetzen, von Ländern wie Spanien oder Griechenland ganz zu schweigen.
Abbildung 5
Ein Blick weit zurück zeigt, dass die aktuellen EWU-Werte (gemessen in Jahresdurchschnitten) nur dann als „historisch niedrig“ zu bezeichnen sind, wie das zum Beispiel Isabel Schnabel behauptet, wenn man die Geschichtsschreibung erst dort beginnen lässt, wo die Durchschnittsrechnung für die EWU 20 von Seiten der amtlichen Statistik vorliegt (grüne Linie), oder auf das Gründungsjahr der EWU 1999 mit den damaligen Mitgliedsländern abstellt (Abbildung 6). De facto war die Arbeitslosigkeit im Jahr 2022 im Gebiet der Eurozone so hoch wie zu Beginn der zweiten Ölpreiskrise Ende der 70er Jahre und damit um ein Vielfaches höher als zu den Boomzeiten Anfang der 70er Jahre.
Abbildung 6
In allen großen EWU-Ländern liegt das Niveau der Arbeitslosigkeit heute weit über den Werten, die man als Vollbeschäftigung bezeichnen könnte (Abbildung 7).
Abbildung 7
Für Europa ist es eine wirkliche Katastrophe, dass sich die EZB von dem einmal eingeschlagenen falschen Kurs nicht abbringen lässt, obwohl die empirische Evidenz inzwischen überwältigend ist, die zeigt, dass die hohen Preissteigerungsraten in Europa ein temporäres Phänomen waren. Auch die vielbeschworenen Zweitrundeneffekte bei den Löhnen, die eine Inflationsgefahr hätten mit sich bringen können, sind in den großen EWU-Ländern, die nun einmal den für die EZB relevanten Durchschnittswert der Preissteigerungsraten im Wesentlichen bestimmen, nicht eingetreten. Es ist an der Zeit, dass sich die Politik einmischt: Sie sollte die Spitze der EZB auffordern, sich mit der auf allen Ebenen eingetretenen Preisberuhigung auseinanderzusetzen, anstatt immer wieder neue Thesen aufzustellen, die nur der eigenen Rechtfertigung dienen, nicht aber dem Wohl Europas.
Wenn die Energiepreise aufgrund der aktuellen geopolitischen Konflikte erneut steigen und einen Preisschub auf breiter Front nach sich ziehen sollten, müsste die EZB nach ihrem bisher bekundeten Verständnis der Wirkungszusammenhänge die Zinsen sogar weiter erhöhen. Die EZB säße dann noch mehr in der Zwickmühle zwischen Befördern einer scharfen Rezession in Europa und Verlust der eigenen Glaubwürdigkeit.
Der Artikel erschien erstmals auf »Relevante Ökonomik«.
Vielleicht muss sich die EZB einfach am Zinsniveau des Fed orientieren? Kapital geht ja bekanntlich dort hin, wo es am meisten rentiert.
Das ist eher ein Argument für Reiche. Kleine Länder wie Schweiz, Luxemburg, Liechtenstein nutzen die Möglichkeit, das Geld von vielen Reiche von außen anzulocken, so dass auch die reduzierten Kosten (Steuerkonkurrenz) für die Reichen das Land zu einem großen Teil finanzieren.
Normale Volkswirtschaften interessieren sich für Investitionen.
Moin
Richtig!
Grüße
Ich finde Flassbecks Rants ebenfalls dogmatisch, nicht dass das die EZB freispräche. Sie gehen aus von dem Mantra “das war keine richtige Inflation”, wobei unklar bleibt, was “richtige Inflation” sein soll. Flassbeck drückt sich, wie alle Keynesianer, um die Tatsache, dass die “säkulare Inflation” (Werner Hofmann) in der Weltwirtschaft um 1895 einsetzte und seither die Preisniveaus nur eine langfristige Richtung kennen, nämlich nach oben, mal langsamer, mal schneller. Warum 2% “Zielinflation” gut sein sollen, wo doch die Produktivität, also der Kehrwert des Mittel(“Faktor”)einsatzes je Produkteinheit ständig steigt, bleibt sein und der “Ökonomen” Geheimnis.
Er präsentiert seine Zahlen auch reichlich manipulativ, ohne Berücksichtigung der Basiseffekte, und geht grosszügig über die katastrophalen Wirkungen der Verbraucherpreisinflation vor allem in unteren Einkommenssektor hinweg.
Zum Basiseffekt hier: https://querschuesse.substack.com/p/deutschland-erzeugerpreise-oktober
“Warum 2% „Zielinflation“ gut sein sollen, wo doch die Produktivität, also der Kehrwert des Mittel(„Faktor“)einsatzes je Produkteinheit ständig steigt, bleibt sein und der „Ökonomen“ Geheimnis.”
Das ist eine interessante Frage zu ich folgenden Artikel gefunden habe: https://www.pfefferminzia.de/zuerst-war-es-nur-ein-experiment-warum-zentralbanken-ausgerechnet-2-prozent-inflation-wollen/
Die Antwort darin ist, dass es sich mehr oder weniger um ein rumprobieren/austesten handelt, wie die Wirtschaft am besten befördert wird und wie negative Auswirkungen auf “das Ganze” minimiert werden.
Wobei von Theorie im wissenschaftlichen Sinn einer Erklärung bzw. Erklärungsabsicht, nicht die Rede sein kann. Die Theorie wird gemessen an der Leistung, die sie erbringt: Was nützt dem Wachstum am besten.
Und ohne Kredit bekanntlich kein Kapitalismus.
@ aquadraht
Hinsichtlich des Aspekts der „Unklarheit“ bei Flassbeck möchte ich Ihnen widersprechen werter @ aquadraht. Er umreißt seine Punkte sehr wohl und auch wiederholt – beispielsweise in seinen zahlreichen auf YouTube oder seinem Blog zu findenden Interviews.
Seine Positionen mal ganz heruntergebrochen:
„Richtige Inflation“: bspw. Lohnpreisspirale
– beständige starke Preisanstiege über längere Zeiträume hinweg
– beständig deutlich über der Zielinflationsmarke liegend
– in allen Marktbereichen und Gütergruppen
– induziert durch falsches Verhalten eines oder mehrerer „Lohnpartner“
Beispiel: BRD der 1970er
=> Gewerkschaften vereinbarten zur Zeit des ersten Ölpreisschocks Lohnabschlüsse über der Inflationsrate und setzten damit eine Lohn-Preis-Spirale in Gang (Löhne in einer Volkswirtschaft = teuerste Gut = stärkster Inflationstreiber)
„Heutige Inflation“ (2022 / 2022): angebotsseitiger Preisschock
– temporärer starker Preisanstieg
– deutlich über der Zielinflationsmarke
– nur in einzelnen Marktbereichen (insb. Energie, Lebensmittel), wenn auch mit Auswirkungen auf andere
– induziert durch gravierende gouvernementale (Fehl)Entscheidungen (Pandemiepolitik bzw. Sanktionspolitik zur ökonomischen Vernichtung Russlands, von ihm in Watte ausgedrückt)
Lohnzurückhaltung und Einmalzahlungen sind für Flassbeck in einer solchen Situation zwar nicht gut, aber notwendige Übel, weil sie verhinderten, dass eine Lohnpreisspirale in Gang kommt. Wer meckert, dass man doch etwas tun müsse, weil für Beschäftigte und Arme gerade massiv Kaufkraft verloren ginge, hätte laut ihm in den zwei, drei Jahrzehnten zuvor bei den Gewerkschaften vorstellig werden und sie dazu anmahnen sollen für Lohnabschlüsse zu kämpfen, die die Arbeiter am Produktivitätsfortschritt etc. teilhaben lassen. Oder gegen die Einkommensvernichtung qua Hartz IV etc. protestieren müssen. Aber für die Gewerkschaften waren die Agenda- und Niedriglohnpolitik ja okay, weil das deutsche Lohndumping und der Aufbau des „besten Niedriglohnsektors in Europa“ den Export ankurbeln half. Erst in einer Phase des Preisschocks für höhere Löhne und Renten zu kämpfen ist für Flassbeck dagegen das dümmste was man tun kann. Für ihn sollten Lohnabschlüsse und Renten der Regel Zielinflationsmarke + Produktivitätsfortschritt folgen – das habe Deutschland jedoch so gut wie nie getan.
Flassbeck war nie ein Freund der 2-%-Markte – wie auch keiner der Maastrichtkriterien. Er hält diese „Regeln“ für ökonomischen Humbug und zudem für wissenschaftlich nicht begründbar. Und der Punkt zumindest ist durchaus nachvollziehbar, da diese Kriterien politisch willkürlich festgelegt worden sind. Die Staatsverschuldungsgrenze von 60 % beispielsweise entstand, weil in den 1990ern Berlin und Paris diese gerade erreicht hatten und die Schuldenpaniker bereits damals fröhliche Urständ feierten und keinen weiteren „Anstieg“ hinnehmen wollten. Ähnliches gilt für die 3 %-Staatsverschuldung, die ein paar Franzosen beim Abendessen ersonnen haben sollen (sie hätten auch 7 % oder 12 % oder Fleischkäs nehmen können). Gab vor Jahren das Buch eines pensionierten französischen Spitzenbeamten, der das alles haarklein berichtete. Mir ist leider der Name entfallen…
Flassbeck meint dagegen, dass eine gewisse Inflation normal sei (technische Neuerungen, Löhne…), Schulden nicht böse sind und Schuldentilgung wie Deflations- oder Nichtwachstumswünsche so dumme regressive Phantasien seien. Und legt das in seinen Büchern wie Interviews ausführlicher da.
Man kann von all dem halten, was man will. Aber es ist gewiss nicht so, dass er seine Positionen nicht erläutert oder darlegt.
Ich muss hier widersprechen. Zwar nennt Flassbeck die sogenannte Lohnpreisspirale als Beispiel für eine “richtige Inflation”, das beseitigt aber nicht die Widersprüche, schon gar nicht erklärt es, wieso ab 1895 weltweit die allgemeine Preisbewegung, anders als in mindestens den anderthalb Jahrhunderten Kapitalismus (ich weiss, Flassbeck hasst das Wort Kapitalismus) zuvor. Und ich weiss noch gut, wie sich Linke, Gewerkschafter und linke Ökonomen bis in die achziger Jahre gegen die “Lohnpreisspirale”-Apologetik gewehrt haben. Wie mehrfach erwähnt, empfehle ich die Schrift von Werner Hofmann “Die säkulare Inflation”, das Werk “Monopoly Capitalism” von Baran/Sweezy und andere, etwa Mandel oder Altvater.
Flassbecks “Ratschläge”, wann man besser für höhere Löhne gekämpft hätte, sind Elfenbeinturm und Blödsinn. Und wieso technische Neuerungen zur Inflation beitragen, ist nicht zu sehen, das ist schlicht Schwachsinn. Technische Neuerungen werden im Kapitalismus eingeführt, weil sie die Profite erhöhen, durch mehr Ausstoss pro Beschäftigtenstunde. Das wirkt nicht inflationär. Bei einem der Hohepriester der bürgerlichen Ökonomiereligion las ich, Produktivitätsfortschritt wirke deflationär. Nunja, das ist auch Begriffsverwirrung, aber eher in der Richtung zutreffend.
Generell sind mir die Keynesianer zwar sympathischer als die anderen Ganoven, und ihre Wirtschaftspolitik, gerade der Linkskeynesianer, geht eher in eine Richtung, gegen die ich nichts habe, im Rahmen des Machbaren der bestehenden Verhältnisse. Aber Flassbecks ständiges “das war keine Inflation” ist falsch und nervt. Dass er auch noch die Daten manipuliert, macht die Sache ärgerlicher.
@ aquadraht
Danke für Ihre Rückmeldung. Ah, Mandel und Altvater – die habe ich sogar vermutlich im Schrank, aber lang ist’s her. Sollte mal wieder reinblicken. Ich bin allgemein in den einzelnen ökonomischen Debatten nicht der versierteste Zeitgenosse; hier wollte ich nur nochmals Flassbecks allgemeine Positionen skizzieren. Was man draus macht, ist natürlich eine andere Geschichte. Er hat sicher einen Hang zum Arroganten und Egozentrischen und manche Auffassungen von ihm muss man sicher nicht teilen.
Ob Flassbeck auch in den 70ern und 80ern gegen das “Lohnpreisspirale-Apologetik” mitangeschrieben und -geredet hat, kann ich nichtbeurteilen. Ich glaube nicht, denn er wettert seit Jahr(zehnten) auch gegen Gewerkschaftsökonomen (Hickel) wie linke Volkswirtschaftler. Und stellt sich selbst immer zwischen alle Stühle, indem er die Einordnung “Keynesianer” sich ablehnt. Er beruft sich ja auch weniger auf ihn als auf bestimmte (deutsche) Ökonomen wie Georg Friedrich Knapp. Ist letztlich wohl auch wumpe.
Ich fand es aber gut, mal eine Stimme zu haben, die sich gegen die Zentralbankpolitik positionierte, auch wenn ich seine Positionen vielleicht nur zu 30 % teile. Das man mit einem angebotsseitigen Preisschock anders umgeht als mit einer Lohnpreisspirale fand ich überzeugend – dass die EZB weder das eine noch das andere erkennt, auch. In puncto Klima oder wirtschaftliche Entwicklung der mittelosteuropäischen Länder, kann ich Flassbecks Analysen aber sicher mehr abgewinnen. Und ich fand ihn angenehmer als einen Ralf Streck, der immer die deutschen Urängste “Schulden”, “Inflation” und “Klima” hier durch den Fleischwolf dreht.
Was den Kampf für höhere Löhne betrifft, sind wir wohl auch unterschiedlicher Meinung. Da hat Flassbeck m.E. aber durchaus einen Punkt, wenn er darauf verweist, dass die deutschen Gewerkschaften eine tragende Säule der Lohnzurückhaltung waren und ansonsten oft immer zum falschen Zeitpunkt mit Lohnforderungen kommen. Man kann es natürlich anders sehen. No hard feelings there.
Gruß
Danke für die Ergänzungen.
Um das klarzustellen: Ich schätze Flassbeck als Entwicklungsökonomen, und seine Einschätzungen der Welthandels- und Finanzbeziehungen sind solide. Soweit er die Gewerkschaften wegen ihrer hasenfüssigen, staatstragenden und letztlich arbeiterfeindlichen Rolle kritisiert, hat er meine volle Unterstützung.
Ich habe nie vorgehabt, die EZB, die FED oder ähnliche Institutionen in Schutz zu nehmen, weder bei QE noch bei ihrer nunmehrigen chaotischen Zinserhöhungspolitik. Aber Flassbecks Inflationsbegriff ist ebenso falsch. Und seine statistischen Spiegelfechtereien haben mich ebenso geärgert wie seine ständische Ignoranz gegenüber den Auswirkungen der “Nichtinflation” auf die weniger begüterten Klassen.
Das alte Spiel also, das schon in der Bonner Republik gespielt wurde: wenn es in der Bau- oder Metallbranche einen hohen Lohnabschluss gab, dann hob die Bundesbank die Zinsen an. Das wirkt immer in Richtung einer Rezession. Dann kamen die Wirtschaftsweisen, die mit ernster Miene erklärten, dass man da mal wieder sehen könne, wie schädlich doch diese Lohnerhöhungen seien. Jetzt macht man erst Rezession und begründet damit den Lohnverzicht. Gähn.
Die EZB hat also eine Rezession losgetreten, ohne das Ziel der Inflationsbekämpfung irgendwie zu beeinflussen. Die Inflation kam von den fossilen Energieträgern, aus denen es auszusteigen gilt. das wäre der richtige Schluss gewesen.
Auch in diesem Sinne interessant der Fall von Uniper. Der Bund hat letztes Jahr 97 Prozent der Aktien gekauft, weil das Unternehmen sonst pleite gegangen wäre. Fundamental links argumentierend, hat unser Roberto versucht, DGB-Chefin Fahimi einen Strick zu drehen, weil diese nichts dagegen hat, wenn Uniper Dividende bezahlt.
Was unser Roberto übersah: diese Dividende bekäme dann der Staat. Und die Aktie würde nach oben springen. Genau das will ich als Steuerzahler sehen, dass der Staat, wenn er schon die Rettung bezahlen musste, auch alle Gewinne mitnimmt, die sich daraus ergeben. Und nicht aus linkem Fundamentalismus darauf verzichtet.
Wird Habeck wohl machen. Das lässt er sich nicht entgehen.
Macht doch mal etwas Neues: hört auf einen Linken als Vermögensberater. Uniper ist eine Empfehlung.
Die Inflation kam nicht von fossilen Energieträgern (fossilen unterstrichen), sondern dass wegen den Sanktionen einer der wichtigsten Öl- Und Gaslieferanten wegfiel. Das wäre auch so bei den erneuerbaren Energien. Und ich warne davor bei erneuerbaren Energien immer an Energieautarkie zu denken bzw. das zwangsläufig zu verknüpfen. Deutschland wird sich nie mit erneuerbaren Energien selbst versorgen können, wenn nicht die Geothermie in großem Stil angezapft wird. Mit Wind und Sonne und Wasser allein bleibt D auf Importe angewiesen.
Natürlich kam die Inflation von den Fossilen und deren Preisanstieg. Nochmal für Dich: die Klimasäue Polen und Ungarn hatten 17 und 19 Prozent Inflation, die Schweiz mit ihren 78 Prozent Ökostrom nur 5.
Die Schweiz produziert ihren Strom mittels Wasserkraft auch selbst. Wenn sie den Strom importieren müsste, sähe es auch in der Schweiz anders aus.
Nochmal extra für dich: Ich wollte darauf hinweisen, dass nicht das Fossile an den Energieträgern den Preisanstieg verursachte, sondern dass ein Anbieter weggefallen ist, das Angebot reduziert wurde und dadurch der Preis in die Höhe schoss. Übrigen verursacht von Habeck, der der Trading Hub Europe den Auftrag gegeben hat zu jedem Preis zu kaufen. Habeck hat die Energieunternehmen quasi mit unendlicher Zahlungsfähigkeit ausgestattet nur um nicht in eine Gasmangellage zu geraten.
Würde dasselbe mit regenerative Energie passieren, also Ausfall eines Hauptlieferanten auf dem Weltmarkt, würde auch bei regenerativen Energien eine Preiserhöhung stattfinden. Nehmen wir an die ganzen Golfstaaten stellen in der Wüste Photovoltaikanlagen auf, produzieren Wasserstoff, weil es in Europa eine Nachfrage danach gibt (haben sie übrigens vor). Plötzlich geht im Suezkanal eine Atombombe hoch (oder ein ähnliches Szenario) und der verflüssigte Wasserstoff kann nicht mehr in den erforderlichen Mengen transportiert werden, dann würden ebenfalls die Preise steigen und da kann der Wasserstoff so grün sein wie er will. Am Fossilen hängt es nicht – das ist ein Irrtum.
Mittels des Merit-Order-Prinzips hat es auf dem Strommarkt bei der Alimentierung (auch) der regenerativen Energieträger sehr wohl einen Preisanstieg gegeben und dazu auch noch einen ganz massiven, welche den von fosillen Kraftstoffen weit in den Schatten stellt.
Man braucht nur die Forward-Kontrakte an der Strombörse in Leipzig am 28. August letzten Jahres anschauen, wie damals Base- und Peak-Future notierten.
Wie lügt man mit Statistik? Bei Herrn Flassbeck in die Schule gegangen?
Sollte man vielleicht erwähnen, dass der Strompreis in Ungarn und Polen nicht halb so hoch wie in Deutschland und ein Drittel dessen der Schweiz ist? Bei Gas sieht es noch drastischer aus, etwas weniger ausgeprägt, aber immer noch erheblich bei Öl. Basiseffekt somebody?
Ohnehin decken erneuerbare Energien derzeit nur einen Teil des Strombedarfs, nicht einmal annähernd des Energiebedarfs. Und zur vorbildlichen Schweiz: 28,9% im Strommix Kernkraftwerke .. meinjanur. Und die Speicherkraftwerke mit 35,1% der Stromerzeugung laufen zu erheblichen Teilen mit nächtens billig eingekauftem französischem Atomstrom. Das ist zwar eine andere, aber eine verwandte Debatte. Rosinenpickerei hilft nicht.
Kann das jemand mal Herrn Ralf Streeck schicken? Der schriebt oft den gleichen Unsinn, wie die Experten von der EZB.
Die da oben wissen was alles noch an Abgaben auf uns zuommt:
Maut, CO2-Abgaben usw. Die Ausgabensteigen stetig weiter an.
Und das Geld dazu muss irgendwo eingetrieben werden.
Der Staat treibt die Inflation, daher wird sie wieder steigen.
@ noly:
Buntland mit Windrädern will halt finanziert werden. Geliefert wie bestellt, Augen auf in der Wahlkabine.
Nenn ein europäisches Beispiel, das kostendeckend Atomstrom liefert.
Wer ein Beispiel für nachlassende Mathematikkompetenz und kognitive Fähigkeiten benötigt, der Artikel bietet beides.
Wow, du servierst heute aber ne dünne Suppe.
Nein, bei mit gibt es heute Gulasch mit Kartoffelknödeln und dazu Rotkohl, ist noch von gestern, reicht wohl bis morgen. Gulasch und Rotkohl sind selbst gemacht, die Knödel gekauft. Ich nehme dann die Thüringer Sonntagsklöße aus Heichelheim, kann ich empfehlen. Gestern gab es Rotwein, heute nur Sprudel, Mineralwasser für jene die Mundart nicht so verstehen.
Das muss eine Pampe geben. Wenn die Soße sich mit der vom Gulasch, des Rotkohls und vielleicht noch vom Wasser des Knödels vermischt. Ich hätte eher eine Rinderrollade genommen, vielleicht dazu Kartoffelbrei mit Rotkraut / Rotkohl / Blaukraut oder wie es ein Majestyk auch immer bezeichnen mag.
Solltest Dich vielleicht mal entscheiden woher Du eigentlich kommst (Sprudel). Ich kenne das Gesöff eher unter den Namen Selters.
Moin
Danke, das macht Lust.
Vergiss den Stänkerer – hätt ich beinahe geschrieben – aber machst dir eh nix draus.
Grüße
Wieso? Wohl doch nur Hausmannskost, vielleicht krach mit der Frau? Der Typ erinnert mich an meinen verstorbenen Vater, der aufgeschmissen war ohne Anhang. Aber seit dem wieder eine für ihn gekocht hatte der große Piefke war.
Ein Majestyk kann wohl nicht mal einfache Klöße selber machen, wenn er Convenience wie Thüringer Sonntagsklöße aus Heichelheim anpreist. Dabei zeigt sogar Heichelheimer selber wie solche selbst gemacht werden können.
@ Element x:
Tach,
schade, Rotkohl ist alle, aber eine kleine Portion vom Gulasch habe ich noch. 😉
Ach, warum sollte ich mich ärgern, ist ja eh meist nur Neid oder Hilflosigkeit.
Gruß zurück
“Ach, warum sollte ich mich ärgern, ist ja eh meist nur Neid oder Hilflosigkeit.”
Höhö, ja, das wird es wohl sein. Hier sind alle neidisch auf den dauerfrustrierten Genozidbeklatscher, der merkt, dass ihm das Leben einen Haufen Shice serviert wird, die er jetzt zu Gulasch umetikettiert. Der zu allem eine Meinung, aber von nichts eine Ahnung hat.
Der nichts weiter hat als seinen “Stolz” auf einen Haufen Erde.
Dessen simplifiziertes Weltbild selbst einem 3-jährigen zu Unterkomplex wäre.
Der sein nutzloses Dasein nur dann erträgt, wenn er sich in der virtuellen Welt ein wenig Gehört verschafft, weil er sonst niemanden hat, der sich für sein belangloses Geseier interessiert.
Ja, fürwahr, hier sind alle total neidisch auf einen scheintoten, nutzlosen Tur-Tur. Junge, Junge.
Wer ist hier hilflos? Wußte bis vorher gar nicht das es eine Firma Heichelheimer gibt, da ich mir bisher lieber Kartoffelklöße selber gemacht habe. Für mich sind Leute wie Du hilflos, die so etwas simples nicht mal zuwege bringen. Laß mich raten Gulasch kommt bei Dir auch noch aus der Dose, da Du dies’ nicht mal selber machen kannst. Deine Mikrowelle muß im Dauereinsatz sein.
Der ganze Fraß paßt sowieso nicht zusammen da Thüringer Klöße eigentlich mit grüner Soße serviert werden.
Fiskalpolitik kommt nach der Politik.
Es war einmal, das eine Politik für die Fiskalpolitik eine gute Voraussetzung geschaffen hatte, um politische Auswirkungen fiskalpolitisch auszugleichen. Leider lebt die Welt in einem Zirkus, der ständig, fast im Minutentakt, seine Politik ändert. Das beinhaltet natürlich für die Denker der Finanzen grosse Probleme. Da diese die gesamtwirtschaftlichen Folgen langfristig Planen können. Die bedeutet für mich, das andere nicht reglementierten ‘Organisationen’ das Bankgeschäft allgemein extrem aufwirbelt. Das wird einen spezifischen Grund innehalten, denn durch die Digitalisierung aller monetären Inhalte, werden einige überflüssig. Das Leiden dadurch trifft weltweit die Menschen, aber nicht diejenigen die das vorantreiben.