Wie lief eigentlich die 10. Internationale Moskauer Sicherheitskonferenz ab?

Bühne der Moskauer Sicherheitskonferenz 2022.
Quelle: Screenshot aus YouTube-Video

Vom 16. bis 18. August 2022 fanden im Moskauer »Patriot Park« die »10. Internationale Moskauer Sicherheitskonferenz« (»10th annual Moscow Conference on International Security«; MCIS) und zeitgleich das »Army International Military-Technical Forum« und die »International Army Games« statt.

In den internationalen Medien wurde über diese Veranstaltungen wenig bis gar nicht berichtet. In Deutschland gab es einen Artikel in der Frankfurter Rundschau und jeweils kurze Beiträge im NDR und im DLF. Der nachfolgende Artikel beschäftigt sich mit der MCIS und den möglichen Ursachen für die eingeschränkte Berichterstattung und das kaum wahrzunehmende politische Interesse, besonders im so genannten »Westen«.

10th annual Moscow Conference on International Security (MCIS) 

Vor Beginn der Konferenz hatte der stellvertretende russische Verteidigungsminister, Generaloberst Alexander Fomin, die in Moskau akkreditierten Militärattachés auf die Konferenz hingewiesen und kurz über Inhalt und Ablauf der Konferenz gebrieft. Fomin wörtlich:  »The conference intends to discuss in detail the issues of strategic security stability in Asia-Pacific, Africa, the Middle East, Latin America and the European continent.«

Teilnehmer der Konferenz

Nach offiziellen russischen Angaben nahmen 700 Delegierte aus 70 Ländern teil. Darunter waren 35 Verteidigungsminister, 12 stellvertretende Verteidigungsminister und Repräsentanten von 6 internationalen Organisationen. Die Richtigkeit dieser Aussage konnte nicht überprüft werden. Es wurde keine Teilnehmerliste veröffentlicht, aber aus verschiedenen Quellen konnte man entnehmen, dass mit Sicherheit folgende Länder vertreten waren: Algerien, Äthiopien, Burundi, China, Demokratische Republik Kongo, Guinea, Indien, Irak, Iran, Kambodscha, Kamerun, Mali, Nicaragua, Pakistan, Palästina, Sudan, Südafrika, Syrien, Uganda, Venezuela, Vietnam und Weißrussland.

Es kann angenommen werden, dass auch Vertreter zentralasiatischer Staaten teilgenommen haben, es sei denn, sie fühlten sich durch den Generalsekretär der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) Zhang Ming, der auf der Konferenz auch eine Rede hielt, repräsentiert.

Zur SCO gehören neben Russland: China, Indien, Iran, Kasachstan, Kirgistan, Pakistan Tadschikistan und Usbekistan.

Beobachterstatus haben:  Afghanistan, Mongolei und Weißrussland.

S.G. Dialogpartner der SCO sind: Armenien, Aserbaidschan, Kambodscha, Nepal, Sri Lanka und die Türkei.

Vertreter westlicher europäischer Staaten nahmen wohl ebenso wenig teil, wie die USA, EU, NATO oder UNO, sonst hätte Moskau das sicherlich herausgestellt. Es ist auch nicht bekannt, ob weitere Staaten aus Süd- oder Mittelamerika Vertreter geschickt hatten oder noch andere afrikanische Staaten oder Länder der Arabischen Halbinsel an der Konferenz teilgenommen haben.

Warum Moskau von der Veröffentlichung einer Teilnehmerliste Abstand genommen hat, ist nicht bekannt. Ich vermute, dass man darauf verzichtet hat, weil man nicht veröffentlichen wollte, welche Staaten und internationalen Organisationen – im Gegensatz zu den vorherigen Konferenzen – nicht teilgenommen haben.

Ablauf der Konferenz und wesentliche Inhalte einiger Reden und bilateraler Gespräche

Ansprache des russischen Verteidigungsministers

Traditionell wurde die Konferenz vom russischen Verteidigungsminister Armee-General Sergei Shoigu eröffnet. Gleich zu Anfang erklärte der Minister, dass der Beginn der »militärischen Spezialoperation« (»special military operation«) in der Ukraine das Ende der unipolaren Welt markiere. Realität sei nun eine Multipolarität. Diese Aussage Shoigus kennzeichnete die gesamte Konferenz, auch die nachfolgende Rede des russischen Präsidenten, der per Video zugeschaltet wurde, und ebenfalls der verschiedenen Teilnehmer, entweder in Grußbotschaften oder umfangreicheren Redebeiträge, auf die im weiteren Verlauf dieses Artikels noch gesondert eingegangen wird.

Shoigu bezeichnete die Sicherheitslage in Europa als schlechter als auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Besonders verantwortlich machte er dafür die zusätzlichen Truppenstationierungen der USA und ihrer Verbündeten, die lange vor Beginn der militärischen Spezialoperation in der Ukraine stattgefunden hätten.

Bezogen auf die Ukraine stellte Shoigu grundsätzlich fest, dass es sich letztlich um einen Kreuzzug des Westens gegen Russland handle. Der Minister wörtlich: »In Ukraine, the Russian military is being confronted by combined Western forces that run the leadership of that country in a hybrid war against Russia.«

Russland werde in der Ukraine mit Streitkräften konfrontiert, die vom Westen ausgerüstet, ausgebildet wurden/werden und letztlich auch von der NATO geführt würden. Auch die für die ukrainischen Streitkräfte erforderlich Aufklärung werde von der NATO zur Verfügung gestellt. Shoigu wörtlich: »Ukrainian armed forces operations are planned in Washington and London.« Die Befürchtungen, dass Russland atomare oder chemische Waffen einsetzen könnte, entbehrten nach seiner Aussage jeder Grundlage. In diesem Zusammenhang erinnerte der Minister daran, dass verschiedene zwischen den USA und Russland geschlossene Vereinbarungen zur Rüstungskontrolle nicht von Russland, sondern von den USA gekündigt worden seien. Wörtlich nannte er »the US destruction of the Anti-Ballistic Missile Treaty, the Intermediate-Range and Shorter-Range Limitation Treaty and the Open Skies Treaty«. Die Begründung der »militärischen Spezialoperation« für einen NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands hielt Schoigu für vorgeschoben.

Im weiteren Verlauf seiner Rede wies er darauf hin, dass die westliche Ablehnung einer multipolaren Ordnung in und für Europa durch die USA jetzt auch in der »Asia-Pacific Region« vorangetrieben würde. Für die zunehmende Instabilität in diesem Raum machte Shoigu den plötzlichen Rückzug der USA aus Afghanistan mitverantwortlich. In Bezug auf Afrika warf der Minister dem Westen »Neo-Kolonialismus« und den Boykott einer multipolaren Welt vor. Die afrikanischen Länder und ihre Führer wollten »their own agenda of independence, sovereignty, economic development and defence capabilities«.

Auch im Hinblick auf Südamerika unterstellte Shoigu den USA, ihren Einfluss auszuweiten.

Am Ende seiner Rede bedankte sich Shoigu bei den Gästen dafür, dass sie trotz des Versuchs Washingtons und der NATO, Russland zu isolieren, an der Konferenz teilnahmen. Der Minister wörtlich: »Despite attempts of the US and NATO to isolate Russia once again, your participation in the forum is a visible confirmation that these plans have collapsed. We appreciate your support.«

Ansprache des russischen Präsidenten Vladimir Putin

Im Anschluss an die Rede seines Verteidigungsministers wandte sich der russische Präsident per Video Schalte an die Konferenzteilnehmer. Auch Präsident Putin begann seine Rede damit, dass die Zeiten einer unipolaren Welt endgültig vorbei seien und meinte damit eine Welt unter der Hegemonie der USA. »The era of the unipolar world is becoming a thing of the past.« Um diese Änderung der Weltordnung zu erreichen, habe Russland seine »militärische Spezialoperation« in der Ukraine gestartet. Nach seiner Aussage stünde diese Operation nicht im Gegensatz zur Charta der Vereinten Nationen, weil sie der Sicherheit Russlands und seiner Bürger diene und dem Schutz der Einwohner des Donbass vor einem Völkermord. Präsident Putin wörtlich: »We have taken the decision to conduct a special military operation in Ukraine, a decision which is in full conformity with the Charter of the United Nations. It has been clearly spelled out that the aims of this operation are to ensure the security of Russia and its citizens and protect the residents of Donbass from genocide.« 

Den USA warf der Präsident vor, überall in Asien, Afrika und Lateinamerika Unruhe zu stiften und die Länder zu destabilisieren. Als jüngstes Beispiel dafür nannte er die Besuche amerikanischer Politiker in Taiwan. Putin wörtlich: »The US escapade towards Taiwan is not just a voyage by an irresponsible politician, but part of the purpose-oriented and deliberate US strategy designed to destabilize the situation and sow chaos in the region and the world.«

Die westlichen »Globalisten« versuchten durch ihre außenpolitischen Aktivitäten von ihren innenpolitischen Problemen, wie sinkendem Lebensstandard, Arbeitslosigkeit, Armut und Deindustrialisierung abzulenken und die Schuld dafür auf China und Russland abzuwälzen.

Außerdem versuche der Westen, wie in Europa mit Hilfe der NATO, seine politischen »Block-Vorstellungen« auf die asiatisch-pazifische Region zu übertragen und: »I reiterate that the era of the unipolar world is becoming a thing of the past.«

Zum Abschluss seiner Rede folgte eine Feststellung, die vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine geradezu zynisch klang, als der russische Präsident nämlich betonte, dass der Respekt vor dem Völkerrecht und seinen grundsätzlichen Normen und Prinzipien wiederhergestellt werden müsse. »We need to restore respect for international law, for its fundamental norms and principles.«

Begrüßungsstatements und Ansprachen der des Generalsekretärs der SCO und von Vertretern verschiedener Teilnehmerstaaten

In allen Beiträgen und Wortmeldungen der Konferenzteilnehmer wurde, quasi im Gleichklang mit Präsident Putin und Generaloberst Shoigu, hervorgehoben, dass die Phase einer unipolaren Welt beendet sei und zu Gunsten einer multipolaren Staatengemeinschaft mit einer gemeinsamen Sicherheitsstruktur abgelöst werden müsse. Die Redner nannten, im Gegensatz zu Präsident Putin und Verteidigungsminister Shoigu, die USA in diesem Zusammenhang allerdings in der Regel nicht beim Namen. Die bilateralen Gespräche fanden entweder mit dem russischen Verteidigungsminister Generaloberst Shoigu oder seinem Stellvertreter, Generalleutnant Fomin, statt.

Auf Grund der sehr eingeschränkten Berichterstattung in den westlichen Medien wurden leider nur wenige Redebeiträge und diese auch nur auszugsweise publiziert.

Die nachfolgende Darstellung der Statements verschiedener Länder soll verdeutlichen, wie global man sich mit der Problematik des Wandels von einer unipolaren zu einer multipolaren Welt beschäftigt und wie die Rolle und Bedeutung Russlands in diesem Prozess von den Rednern gesehen wird.

Der Generalsekretär der SCO, der chinesische Diplomat Zhang Ming, unterstrich in seinen Grußworten, wie bereits am 18. Mai 2022 bei seinem Treffen mit dem russischen Außenminister Lawrow in Moskau, den Wandel von einer unipolaren in eine multipolare Welt.

Die stellvertretende Verteidigungsministerin Äthiopiens, Martha Lewig, unterstrich die gute militärische Zusammenarbeit Äthiopiens mit Russland auf der Basis des im Juli 2021 geschlossenen Abkommens.

Der algerische Generalstabschef, Generalleutnant Saïd Chengriha, betonte, dass Algerien davon Abstand nehme, den russischen Krieg in der Ukraine zu verurteilen.

Der Verteidigungsminister von Burundi, Alain Tribert Mutabazi, erklärte, dass die Beziehungen zu Russland geprägt seien von gegenseitigem Respekt und dem Anerkennen der jeweiligen Interessen. Der Minister bedankte sich ausdrücklich bei General Fomin für die russische Unterstützung im Jahr 2015 als die USA und die EU Sanktionen gegen Burundi verhängt hatten. Beide Länder wollen ihre gegenseitigen Beziehungen weiter ausbauen.

Chinas Verteidigungsminister General Wei Fenghe wurde für seine Rede per Video zugeschaltet und betonte, dass sich die Welt in einer neuen Periode von Turbulenzen und Veränderungen befinde. Jetzt käme es darauf an, eine Gemeinschaft aufzubauen für eine gemeinsame Zukunft der ganzen Menschheit. Alle Länder in der Welt müssten gegenseitige Solidarität stärken, sich untereinander abstimmen, und untereinander Fairness und Gerechtigkeit für Frieden und Stabilität zeigen. Er lehnte – aus meiner Sicht im Widerspruch zu Pekings Taiwan-Politik – jede Form von Hegemoniestreben ab und forderte dazu auf »to reject act of hegemony, highhandedness and bullying, and work together to safeguard regional and global peace and tranquility«.

Der Verteidigungsminister der Demokratischen Republik Kongo, Gilbert Kabanda Kurhenga plädierte in seiner Rede vor dem Plenum für eine multipolare Partnerschaft aller Staaten, auch im Kampf gegen die Klimaerwärmung und für eine weltumfassende Sicherheitsstruktur.

Der stellvertretende Stabschef der iranischen Streitkräfte, Brigadegeneral Ali Mohamed Abdullahi, wies in seinem Gespräch mit General Fomin auf die dynamische Entwicklung der Zusammenarbeit im militärischen Bereich hin, und General Fomin bedankte sich dafür, vor allem vor dem Hintergrund der langjährigen gegen den Iran verhängten Sanktionen. Fomin unterstrich die Bedeutung der russisch-iranischen Partnerschaft für die Stabilität und Sicherheit in der Region und General Abdullahi versicherte, dass die politischen Führer des Irans sich der weiteren Kooperation mit Russland verpflichtet fühlten.

Der Verteidigungsminister Malis, Colonel Sadio Kamara, betonte, wie wichtig die militärische Zusammenarbeit mit Russland für die Sicherheit und Stabilität Malis sei und dankte für die bisherige Unterstützung. Generalleutnant Alexander Fomin erklärte, sein Land sei bereit, Mali auch weiterhin zu unterstützen und die bilateralen Beziehungen zu vertiefen. Moskau fühle sich der Sicherheit Malis und der Region verpflichtet. Den Beweis für diese Aussage liefert Russland aktuell täglich in Mali. Nach Aussage von Beobachtern gibt es eine Luftbrücke von Syrien über den von General Haftar kontrollierten Osten Libyens nach Bamako. Immer wieder wurden und werden russische Waffensysteme und militärisches Gerät auf dem mittlerweile von russischen Soldaten kontrollierten Flughafen von Gao ausgeladen.

Beide Länder beschuldigten die »Neoliberalisten«, Terrorgruppen zu unterstützen, die Mali nun mit Hilfe der russischen Wagner-Miliz und mittlerweile wohl auch regulärer russischer Streitkräfte bekämpfen will.

Der erste stellvertretende Verteidigungsminister Pakistans, Generalleutnant Mian Muhammad Hilal Hussain, unterstrich im Gespräch mit Generalleutnant Fomin, die militärische Zusammenarbeit mit Russland zu intensivieren. Er verwies auf das für Oktober 2022 geplante 4. Treffen des »Russian-Pakistani Consultative Committee« in Moskau, auf dem u.a. gemeinsame Manöver von Heer und Marine und die Stärkung einer Stabszusammenarbeit der Streitkräfte beider Länder besprochen werden sollen. General Hussein betonte, dass die Beziehungen zu Russland einen sehr hohen Stellwert nicht nur für die nationalen Interessen Pakistans, sondern für die Sicherheit der ganzen Region habe. »Our relationship with Russia contributes not only to our national interests, but also to regional security.«

Auch der Kommandeur der Palestinian National Security Forces, Generalmajor Nidal Abu Dukhan, führte bilaterale Gespräche mit General Fomin. Dieser betonte, dass Russland bereit sei, umfassende Beziehungen mit militärischen Organisationen und Spezialeinheiten Palästinas aufzubauen. Die Lage in der Nahmittelost Region wurde ebenso besprochen wie der Friedensprozess.

Der Verteidigungsminister des Sudan, Generalleutnant Yassin Ibrahim, erhielt von Generalleutnant Fomin die Zusage, dass Russland sich auch weiterhin der militärischen Zusammenarbeit mit dem Sudan und der Sicherheit Afrikas verpflichtet fühle. Generalleutnant Ibrahim betonte, dass der Sudan die Rolle Russlands anerkenne, Frieden und Sicherheit in der Welt zu gewährleisten. »We appreciate the role of the Russian Federation in preserving peace and security in the world.«

Die Verteidigungsministerin von Südafrika, Tandi Modise, unterstrich in ihrer Ansprache vor dem Plenum und in einem bilateralen Gespräch mit dem russischen Verteidigungsminister Shoigu die Bedeutung Russlands für die Sicherheit und militärische, wirtschaftliche und politische Stabilität Afrikas. Russland sei keine Kolonialmacht gewesen, beteilige die afrikanischen Länder an der Entwicklung des Kontinents und akzeptiere die afrikanischen Länder als Partner auf Augenhöhe. Die Ukraine bezeichnete die Ministerin als souveränes Land, unterstrich aber gleichzeitig das Recht Russlands, sich zu verteidigen.

Die »BRICS-Staaten«, Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika nannte sie eine »Oase«, quasi als ein Rezept für eine positive weltweite Entwicklung. Südafrika sei nicht nur bereit, sich für Frieden und Sicherheit auf dem afrikanischen Kontinent zu engagieren, sondern darüber hinaus sich im Rahmen von multinationalen Einrichtungen den Herausforderungen einer globalen Sicherheitsstruktur zu stellen. »South Africa stands ready to work with all peace-loving nations of the world, through relevant multilateral bodies, to contribute meaningfully towards lasting peace in the world.« Der russische Verteidigungsminister erinnerte an die bereits abgeschlossenen bilateralen Vereinbarungen im militärischen Bereich und versprach auch für die Zukunft ein enge Zusammenarbeit.

Der syrische Verteidigungsminister Mahmoud Abbas, traf mit dem russischen Verteidigungsminister Shoigu zusammen. Abbas betonte, dass es den syrischen Streitkräften mit der Unterstützung von Russland gelungen sei, die Initiative zurückzugewinnen und das Land zu stabilisieren. Es gäbe allerdings immer noch Bedrohungen, die Syrien mit Hilfe von Russland ausräumen werde. Russland habe im Kampf gegen den internationalen Terrorismus Seite an Seite mit Syrien gestanden, und dafür würde sich Damaskus jetzt revanchieren. »Russian friends are true friends who have stood shoulder to shoulder with us in the fight against international terrorists. Now we want to stand shoulder to shoulder with you in turn.«

Der vietnamesische Verteidigungsminister, Phan Van Giang, stellte die Bedeutung des »Association of Southeast Asian Nations« (ASEAN) für die Sicherheit und Stabilität der Asia-Pacific Region besonders heraus. ASEAN-Mitgliedsstaaten sind: Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam

Zusammenfassende Beurteilung

Die russische Führung hat, wie zu erwarten war, vor allem durch die Reden von Präsident Putin und Verteidigungsminister Shoigu die Konferenz, als Gelegenheit genutzt, die grundsätzliche Position Russlands gegenüber den USA und »dem Westen« und die Begründung für den Angriffskrieg gegen die Ukraine, der konsequent als »militärische Spezialoperation« bezeichnet wurde, darzustellen und die Konferenzteilnehmer von Moskaus Sicht zu überzeugen.

Unabhängig davon ist festzustellen, dass diese Konferenz trotz des Krieges in der Ukraine stattgefunden hat und die teilnehmenden Staaten offensichtlich eine Isolierung Russlands abgelehnt hatten. Damit wurde einmal mehr deutlich, dass es keine Einteilung der Welt in Ost und West mehr gibt, sondern nur noch eine Trennung zwischen den Staaten, die immer noch eine Führungsrolle der USA akzeptieren und solchen, die diesen Hegemon mit seinem unilateralen Führungsanspruch ablehnen; einem Führungsanspruch, der auch beinhaltet, selbst zu bestimmen, was rechtens ist und was nicht. Als aktuelles Beispiel dafür dienen die von US-Präsident Biden angeordneten amerikanischen Luftangriffe auf mit dem Iran verbündete Milizen im Osten Syriens, In dieser Region liegen die syrischen Ölfelder und dort befinden sich, ohne Zustimmung der syrischen Regierung und damit widerrechtlich, amerikanische Militäreinrichtungen.

Die Angriffe in Dair as-Saur im Osten des Landes waren nach US-Angaben nötig, um das Risiko einer Eskalation zu begrenzen. Es ist nicht bekannt, von welchem US-Stützpunkt in der Region die US-Kampfflugzeuge gestartet waren, vermutlich aber von einem der Stützpunkte am Golf.

Der amerikanische Hegemonieanspruch war ein Kernthema der Konferenz, auch wenn die USA nur von Russland im Zusammenhang mit einer unipolaren Welt expressis verbis genannt wurden. Aber alle Teilnehmer waren sich darin einig, dass die Welt eine neue und zwar eine multipolare Struktur mit einer entsprechenden Sicherheitsordnung braucht, in der die nationalen Interessen aller Staaten berücksichtigt werden und man sich auf Augenhöhe begegnet. Die Glaubwürdigkeit dieser, auch von Russland unterstützten Forderung wird von Moskau allerdings durch den Krieg in der Ukraine konterkariert, den übrigens viele Teilnehmer der Konferenz ablehnen, während sie allerdings auf der anderen Seite auch die von den USA bestimmte westliche Sanktionspolitik gegenüber Russland für falsch halten.  Die Glaubwürdigkeit Chinas muss durch das Vorgehen gegenüber Taiwan angezweifelt werden.

Wie bereits ausgeführt, ist es nicht vollständig klar, welche Länder an der Sicherheitskonferenz teilgenommen haben. Aus meiner Sicht kann man jedoch davon ausgehen, dass neben den genannten Staaten wohl auch Ägypten und Libyen, vermutlich auch Indonesien wegen ihrer politischen Nähe zu Russland auf der Konferenz präsent waren oder Videobotschaften geschickt hatten.

Ob die Europäer gar nicht eingeladen waren oder die Konferenz im Rahmen der gegen Russland verhängten Sanktionen boykottiert haben, vielleicht zusätzlich auch als »Revanche« dafür, dass Russland an der Sicherheitskonferenz in München nicht teilgenommen hat, kann nur vermutet werden.

Wie auch immer, »der Westen« – den es im klassischen Sinn nicht mehr gibt – musste zur Kenntnis nehmen, dass die Welt nicht nur aus den Staaten besteht, die mit den USA eine Allianz bilden oder Washington aus anderen Gründen nahestehen. Sozusagen zur anderen Seite gehören politische Schwergewichte wie die Weltmacht China, die Atommächte Indien und Pakistan und auch Südafrika. Auch die Öl produzierenden Länder Irak und Iran spielen in ihrer Region und für die Energieversorgung der Welt eine wichtige Rolle. Die Bedeutung der afrikanischen Staaten ist, besonders auf Grund ihrer Rohstoffvorkommen, nicht zu unterschätzen. Mit der SCO war eine Organisation präsent, die im asiatisch-pazifischen Raum zunehmend an Bedeutung gewinnt. Alle Länder haben durch ihre Teilnahme wichtige Signale an »den Westen« gesendet, die hoffentlich von diesem verstanden werden.

In jedem Fall haben die westlichen Staaten auf Grund ihrer festgefahrenen Position gegenüber Russland und einer nicht erkennbaren stringenten politischen Strategie eine Gelegenheit verpasst, mit den Staaten, die eine Zusammenarbeit mit Moskau einer Kooperation mit den USA und ihren Verbündeten vorziehen, in Kontakt zu treten und vor allem auch in bilateralen Gesprächen, eine eventuelle Distanzierung dieser Staaten von Moskau zu erreichen.

Fakt ist nämlich beispielsweise., dass es den Russen – nicht zuletzt durch die Spots des Senders »Russia Today« (RT) – vor allem in Afrika weitgehend gelungen ist, die politischen Führer von der russischen Position zu überzeugen, dass es sich in der Ukraine nicht um einen Krieg, sondern um eine »militärische Spezialoperation« handele, um eine Bedrohung für die Sicherheit Russlands abzuwenden. Der Terrorismusexperte und Direktor der amerikanischen Firma »Global Strat«, Oliver Guitta, beobachtet das verstärkte Engagement Moskaus in Afrika seit Jahren und stellte dazu fest. »Nun erntet Moskau die Früchte. Kein Land in dieser Region hat den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verurteilt.«

Abschließend stelle ich zum Thema »Pressefreiheit« fest: Diese ist nicht nur gekennzeichnet von einer Vielfalt unabhängiger Medien, sondern auch durch Art und Inhalt ihrer Berichterstattung. Über die Münchener Sicherheitskonferenz wurde bereits im Vorfeld in den »Mainstream Medien« (MSM) umfangreich berichtet und während sie stattfand, dominierte sie die Schlagzeilen in den Printmedien und die Nachrichten in den öffentlichen Fernsehsendern. Im Gegensatz dazu hat die 10. Moskauer Sicherheitskonferenz in den »MSM« praktisch gar nicht stattgefunden. Da stellt sich mir die Frage: Warum?

War man der Meinung, dass die Veranstaltung im öffentlichen Interesse keine Bedeutung hatte? Hat man über die Konferenz nicht berichtet, weil »der Westen« keine Vertreter nach Moskau geschickt hatte? Gab es eine Absprache zwischen den USA und ihren Verbündeten, für die Veranstaltung keine »Reklame« zu machen? Wollte man vermeiden, dass die Öffentlichkeit erfuhr, dass Russland in der Lage war, ein solches »Event« trotz des Krieges gegen die Ukraine durchzuführen? Wollte man der Öffentlichkeit vorenthalten, welche und wie viele Staaten und Organisationen der Einladung Moskaus gefolgt waren? Ist man der Ansicht, dass man den Bürgern nur eine bestimmte Sicht vermitteln sollte, wie das aktuell im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine zunehmend der Fall ist, weil man ihnen nicht zutraut, sich eine eigene Meinung zu bilden?

Diese Fragen muss jeder Beobachter für sich selbst beantworten. Ich bin jedenfalls der Ansicht, dass man die Pressefreiheit auch dadurch unterlaufen und die Bürger manipulieren kann, indem über bestimmte Ereignisse nur kurz und ganz am Rande oder – wie im Fall der 10. Internationalen Moskauer Sicherheitskonferenz – de facto gar nicht berichtet wird. Für mich gibt es zwischen dem Unterdrücken der Pressefreiheit und dem gezielten »Nicht- Berichten« über bestimmte Ereignisse letztlich keinen entscheidenden Unterschied.

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6 Kommentare

  1. Ja, ein interessanter Artikel, dankeschön.
    Vielleicht sollte man den Besuch von Herrn Scholz in Prag (rethorische Kapitulation gegenüber USA) mit einbeziehen, oder besser noch die Anmerkungen seitens BK aD Fr. Merkel „die vereinigten Staaten“ EU, unter der Knute USA. So wie andere Aussagen zu Trinkwasser, Konserven,Aktivierung Kohleabbau etc. bevorraten…
    Die ‚Unterwerfung EU‘ birgt an sich schon ausreichend Probleme und würden die Bürger über eine solche Besuchsdelegation erfahren, schätze ich aus dem Bauch heraus, das eine breite Mehrheit sich für einen souveränen Staat sich entscheiden möchten.

  2. Auch ich möchte mich für diesen Artikel bedanken, nirgendwo sonst hätte ich diese zweifellos wichtige Information erhalten.

    Zum letzten Absatz: Dieses Verschweigen relevanter Nachrichten ist doch schon ausführlich untersucht und hat seinen Namen erhalten: Lückenpresse.

    Anmerkung: Dass ich von den MSM schlecht informiert werde, diesen Verdacht hatte ich schon lange. Aber erst mit dem 24. Februar 2022 wurde das ganze, riesige Ausmaß der Manipulation durch die Medien offensichtlich.
    Das geht bis hin zur Wortwahl, die in den Verlautbarungen getroffen wird und bei der bisweilen deutlich sichtbar wird, dass hier quer über die Medien Absprachen getroffen werden.
    Bsp.:
    – „Unprovozierter Angriff“ vom ersten Tag des russischen Einmarschs an. Wortgleich in allen Medien. Später:
    – „Russischer Angriffskrieg“, auch unisono. Da habe ich sogar einen Deutschlandfunk-Reporter gehört, der in einer Radio-Livesendung zunächst „Ukraine-Krieg“ sagte und dann: „Äh, entschuldigung – russischer Angriffskrieg“. Der Mann hatte klar die ANWEISUNG, diesen Begriff zu verwenden.
    – „Regelbasierte Ordnung“ als Ersatz für die ausgeleierten „westlichen Werte“. Offenbar hat man gemerkt, dass diese Werte messbar sein könnten. Da benutzt man jetzt lieber einen Begriff, der alles und nichts bedeutet (aber trotzdem irgendwie solide klingt).

    Ähnliche Beispiele ließen sich, auch zu anderen Themen, haufenweise finden.

    1. Lieber eine Lückenpresse, vermutlich haben sich nicht sehr viele Leute für das Thema interessiert, die hiesige Presse muss eben eben ihre Brötchen verdienen, als eine Verbotspresse wie in Russland: Kremlkritische „Nowaja Gazeta“ verliert Medienlizenz in Russland.

      Vergesst mal nicht, dass hier fast jeden Kram schreiben könnt. In Russland würdet ihr dafür gegrillt werden, wenn es gegen den Kreml ginge.

  3. Hübschen pfrimelt analytisch auseinander, was in der Realität ein Ganzes ist. Das Verhalten Russlands gegenüber der Ukraine oder dasjenige Chinas gegenüber Taiwan von westlichen Machinationen getrennt, nur für sich zu beurteilen, ist eine eitle akademische Übung. Würde der Westen seine überzogenen, weil auf überholten Verhältnisssen beruhenden Ambitionen nicht laufend und eskalierend mit Provokationen unterstreichen, wäre auch die Politik der beiden Kolosse Eurasiens eine andere. Natürlich kann man die Ereignisinterpunktion so setzen, dass stets die Gegner die Agierenden, man selbst der Reagierende ist. Schaut man sich aber auch nur einigermassen unvoreingenommen an, wer imperiale Ambitionen sowohl in Theorie als auch in der Praxis verfolgt, sackt diese simpel gestrickte Fiktion schnell in sich zusammen. Schon nur die unbestreitbare Tatsache, dass die Auseinandersetzungen nicht an nordamerikanischen Küsten oder Grenzen stattfinden, sondern in geographischer Nähe zu den zu Feinden Erklärten, ist dafür Beweis genug.

  4. Vielen Dank für Ihren ausführlichen Bericht, der mit vielen Details und Aussagen von Meinungsvertretern der Länder überzeugt, dass die vorgebliche Einheitsmeinung „des Westens“ eine Illusion ist. Eine Illusion, die durch die nicht-Berichterstattung über diese Konferenz aufrechterhalten wird.
    Die Russland-kritische Einstellung ist unaufdringlich zu erkennen.
    Auch Dank, für die abschließende Bemerkung zur „Pressefreiheit“, die ohne emotionale Effekthascherei auskommt und den richtigen Akzent setzt.
    In der multipolar werdenden Welt, werden solche Berichte wichtiger werden.

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