
Umgekehrter Totalitarismus: Der zentraler Unterschied zum klassischen Totalitarismus besteht darin, dass diese postmoderne Form totaler Herrschaft auf eine weitreichende Entpolitisierung der Bevölkerung und auf weichere, kaum wahrnehmbare Unterdrückungsmechanismen setzt.
Triumph des Willens – Leni Riefenstahls berühmte (oder berüchtigte) Propaganda-Huldigung an Hitler, in der sie den Reichsparteitag der NSDAP 1934 in Nürnberg dokumentiert – beginnt mit einer dramatischen und äußerst aufschlussreichen Einstellung. Die Kamera ist auf einen dicht bewölkten Himmel gerichtet. Wie von Zauberhand teilen sich plötzlich die Wolken, ein kleines Flugzeug gleitet durch sie hindurch und stößt hinab zur Erde. In Uniform entsteigt ihm der »Führer« und schreitet triumphierend an der jubelnden Menge und den Parteigetreuen vorbei. Am Ende des Films richtet sich das Auge der Kamera auf eine scheinbar endlose Parade, auf Reihe um Reihe uniformierter Nazis, die im Licht von Fackeln Schulter an Schulter im Gleichschritt dahinmarschieren. Noch heute hinterlässt der Film den Eindruck stählerner Entschlossenheit einer Macht, die auf Eroberung aus ist, einer geistlosen Macht, deren Gewalt mythisch eingehüllt ist.
Ein Auszug aus Wollins »Umgekehrter Totalitarismus: Faktische Machtverhältnisse und ihre zerstörerischen Auswirkungen auf unsere Demokratie«.
Klatschen und Jubel auf Kommando
Am 1. Mai 2003 wurde den Fernsehzuschauern in einem ebenfalls sorgfältig inszenierten »dokumentarischen« Filmbericht eine amerikanische Version strenger Entschlossenheit und ihrer Verkörperung in einem Führer präsentiert. Eine Militärmaschine stößt vom Himmel herunter und landet auf einem Flugzeugträger. Die Kamera erzeugt die Illusion eines weit draußen auf hoher See befindlichen Kriegsschiffs als Symbol für eine Macht, die geografisch nicht auf ihr Heimatland beschränkt ist und sich überall auf der Welt durchsetzen kann. Der Führer erscheint – nicht als schlichter, demokratischer Amtsinhaber, sondern als jemand, dessen symbolische Autorität antidemokratisch ist. Er schreitet entschlossen voran, den Fliegerhelm unter den Arm geklemmt, ausstaffiert wie ein Militärpilot. Über ihm das Banner »Mission Accomplished«. Er salutiert vor einer arrangierten Gruppe von militärischem Personal in Uniform. Kurz darauf erscheint er erneut, wieder stolzierend, dieses Mal aber zivil gekleidet, ohne jedoch die Aura antiziviler Autorität abzulegen. Gebieterisch spricht er vom inzwischen geräumten Deck des Flugzeugträgers Abraham Lincoln, wobei die Militärangehörigen akkurat um ihn herum geschart sind. Er steht allein in einem rituellen Kreis, der das Sakrament von Führung und Gehorsam symbolisiert. Auf Kommando wird geklatscht und gejubelt. Er beschwört den Segen einer höheren Macht. Auch er verspricht einen Triumph des Willens:
Die USA werden:
sich für das Streben nach Menschenwürde einsetzen;
Allianzen stärken, um den globalen Terrorismus zu besiegen;
(…) regionale Konflikte entschärfen;
unsere Feinde daran hindern, uns [und] unsere Verbündeten (…) mit Massenvernichtungswaffen zu bedrohen;
eine neue Ära wirtschaftlichen Wachstums einleiten;
Spielräume für Entwicklung erweitern, indem sie Gesellschaften öffnen und die Infrastruktur der Demokratie aufbauen;
Amerikas nationale Sicherheitseinrichtungen umgestalten.
Mythos umhüllt von Macht? Wille zur Macht?
Die wundersame Macht
Beide Inszenierungen sind Beispiele für den spezifisch modernen Modus der Mythenbildung. Es handelt sich um reflektierte Konstrukte der visuellen Medien. Kino und Fernsehen teilen die Eigenschaft, in einem bestimmten Sinne tyrannisch zu sein. Sie sind imstande, alles auszublenden, zu eliminieren, was Kompetenz, Ambiguität oder Dialog ins Spiel bringen könnte, alles, was die ganzheitliche Kraft ihrer Schöpfung, des Gesamteindrucks schwächen oder kompliziert machen könnte.
Auf eine sonderbare, gleichwohl bedeutsame Weise stehen diese medialen Effekte im Einklang mit religiösen Praktiken. In vielen christlichen Glaubensgemeinschaften nimmt der Gläubige auf ähnliche Weise an den Zeremonien teil, wie der Kino- oder Fernsehzuschauer an dem dargebotenen Spektakel teilnimmt. In keinem der beiden Fälle partizipieren sie so, wie es der demokratische Bürger tun sollte, nämlich durch aktive Beteiligung an Entscheidungen und Teilhabe an der Machtausübung. Sie nehmen als Kommunikanten an einer Zeremonie teil, die von den Zeremonienmeistern vorgeschrieben ist. Die in Nürnberg oder auf der USS Abraham Lincoln Versammelten hatten an der Macht ihrer Führer keinen Anteil. Ihre Beziehung beruhte auf Thaumaturgie: Sie wurden von einer wundersamen Macht nach deren Gutdünken und zu einem Zeitpunkt von deren Wahl begünstigt.
Die den Träumen von Ruhm, von einem »amerikanischen Jahrhundert«, von einer Supermacht zugrunde liegende Metaphysik offenbarte sich in den Überlegungen eines hochrangigen Regierungsbeamten, als er oder sie den Reportern eine spezifische Sichtweise der »Realität« zuschrieb und diese dann mit derjenigen der Regierung kontrastierte: Reporter und Kommentatoren gehörten »zu dem, was wir [d. h. die Regierung] die realitätsbasierte Gemeinschaft nennen, die glaubt, dass Lösungen aus dem vernünftigen Studium der erkennbaren Realität hervorgehen. Aber so funktioniert die Welt längst nicht mehr. Wir sind ein Imperium und schaffen unsere eigene Wirklichkeit. Und während Sie sich mit dieser Realität beschäftigen – nach Maßgabe der Vernunft –, werden wir bereits wieder handeln und andere neue Wirklichkeiten schaffen, mit denen Sie sich dann ebenfalls beschäftigen können, und auf diese Weise werden sich die Dinge klären. Wir sind Akteure der Geschichte (…) und Ihnen allen wird nichts übrig bleiben, als sich mit unseren Handlungen zu beschäftigen.«
Es wäre schwierig, einen loyaleren Vertreter des totalitären Glaubensbekenntnisses zu finden, wonach wahre Politik im Wesentlichen eine Angelegenheit des »Willens« ist, der Entschlossenheit, mit der Macht umzugehen und sie einzusetzen, um die Wirklichkeit umzugestalten. Die Aussage ist ein passendes Epigraph zu Riefenstahls Triumph des Willens – ist sie zugleich ein mögliches Epitaph für die Demokratie in Amerika?
. . vom Himmel hoch – interstellar interessant – aber eben nur Propaganda für die Gewöhnlichen Menschen.
– wenn die Fettrationen üppig und etwas Zucker dazu gegeben, dann ist auch der Arbeitslose satt und glücklich – und wenn dann auch noch das Wort zum Tagesausklang mit allen ‚Verordnungen der Gottvertreter auf Erden‘ in Einklang steht, kommt keinem im Lande der geistige Ansatz zur Veränderung, richtig?- aber was soll da heraus führen?
–
🎼Flieger sieh die Sonne.😉
Jetzt schreiben hier schon die Toten.
Das Buch ist 2008 erschienen. Es wurde geschrieben, als es faktisch noch kein mobiles Internet hab. Welchen Mehrwert kann ein solcher Schinken, der eine Entwicklung prognostiziert, 17 Jahre später und gerade in den wilden, heutigen Zeiten haben?
Stell dir vor, die meisten Autoren besonders lesenswerter Bücher, sind heutzutage tot. Und bei den in den Büchern besprochenen Angelegenheite,n gewinnt man überdem noch den Eindruck der Wiedererkennbarkeit, so als sei die Zeit wahlweise stehengeblieben oder zurückgedreht worden. Denn es sind die immer gleichen, wiederkehrenden Probleme. Aber es muß dir ja ein besonderes Herzensanliegen sein, den Deckel drauf zu halten.
Der Krieg heißt ja auch schon seit Urzeiten:“Reich gegen Arm“!
Der Wert ist enorm groß!
Das Vokabular für die Beschreibung des Stils und des Systems politischer Macht ist mehr als angemessen und hilfreich für ein Verständnis der Lage, in der sich die Menschen in westlichen Gesellschaften befinden. Das Buch ist genauso aktuell, wie z.B. Colin Crouch, Postdemokratie, das zum ersten mal vor der Jahrtausendwende erschien.
Besser die Toten als die braunen Idioten wie Naziturzucker.
@aquadraht
Besser die Toten als die braunen Idioten wie Naziturzucker.
Also mit „Nazis“ haben Sie´s ja irgendwie. Da sind Sie regelrecht drauf fixiert und von diesem Wort sozusagen manisch besessen.
Merken Sie denn gar nicht, dass dieses undifferenzierte Nazi-Gequatsche, das Sie hier häufig ablassen, in einem seltsamen Widerspruch zu der ungleich höheren Qualität vieler Ihrer sonstigen Beiträge steht??
Anders gesagt: Das müsste doch eigentlich unter ihrem Niveau sein. Oder irre ich mich?
Seltsam, warum fühlst du dich angesprochen. Hat das wieder mit Carl Schmitt zu tun? Und netter Versuch, wie du dir selbst versuchst eine Gütesiegel zu verpassen, indem du meinst anderen eines verteilen zu können.
Gut beobachtet! 👍
Jedenfalls immer noch ein wesentlich höheres Niveau als du, der ohne überlange Zitate vermeintlich intellektueller Vordenker, wie Mausfeld, erfahrungsgemäß nicht viel auf die Reihe bekommt.
Und natürlich hat Herr Wirth Recht, Fascholalie nervt und entlarvt denjenigen, der sie anwendet, als unterbelichteten Idioten.
Dass „Autonomer“ (dem Stil nach das Alias unseres penetrantesten Forenkommunisten/anarchisten, der es offenbar öfter mal wechselt, damit ihn nicht jeder sofort ausblendet) dir zustimmt, ist hingegen keine große Überraschung.
Ich wechsel hier gar nichts und schon gar nicht meine Haltung gegenüber Opportunisten und Leuten wie Naturzucker.
Ich habe seit ™1974 eine dezidierte Meinung, gerade gegenüber den Zionisten und dem Staate Israel.
Ob man Leute wie „Naturzucker“ einen Nazi nennt oder nicht ist eine Sache der Wahnehmung, aber er billigt auf jeden Fall das totalitäre Verhalten der westlichen Machthaber.
@Wolfgang Wirth
Wenn Sie anfangen zu schreien um sich für Naturzucker einsetzen dann muß der Kommentar von aquadraht wohl gesessen haben 🙂
@aquadraht
+++++
Wahre Politik bleibt für den Augenblick stets unsichtbar. Selbst im Rückblick der Geschichte ist sie nur ein Schemen. Zu sehen ist immer nur ein Zerrbild. Exakt das Zerrbild, das beide vom Autor erwähnten Darstellungen eben auch sind und sein wollen. Es ist auch unproblematisch für das Volk diese Propaganda zu konsumieren. Stets gibt es korrigierende Faktoren, die man der Einfachheit halber „Realität“ nennen kann.
Problematisch wird es immer dann, wenn Großmächtige diesem in ihrem Auftrag erzeugten Zerrbild ihrer selbst selbst Glauben schenken, wenn Großmächtige (oder solche, die sich dafür halten) weder Demut noch rationale Selbstreflektion kennen, wenn die Realität die Großmächtigen nicht mehr erreicht. Dann endet es immer in einer Katastrophe.
Der unaufhaltsame Lauf dieser Katastrophe beginnt stets mit dem Tod des Narren. Nicht der Weise ist wichtig, nein, der Narr ist der wichtigste Diener am Hofe des Königs. Ohne den Narren werden Könige verrückt und reißen alle und alles mit sich in den Strudel.
Es sind viele Narren getötet worden. Es fehlen nun die Narren überall.
Liebe Redaktion – Wolin, nicht Wollin. Und der Ausschnitt hält nicht, was der Teaser verspricht. Kommt da demnächst noch was?
Nein. Der Autor ist 2015 gestorben.
Das Problem dieses Elitentotalitarismus ist allerdings, dass seine Macht eben nicht auf die Masse des Fussvolks gegründet ist, so wie es bei den Nazis der Fall war, sondern nur auf Medienmanipulation. Das funktioniert sicher ganz gut, solange der kleine Mann die Unwahrheiten nicht bemerkt.
Aber wenn dem ukrainischen Soldaten im Schützengraben, dem erzählt wurde, der Russe flüchtet, sobald er einen Leopard Panzer sieht, er hat bald keine Granaten, Panzer, Bomben etc. pp. mehr, er hat nur noch Klappspaten, merkt, dass er unablässig beschossen wird, während seine Artillerie nur homöopathisch antwortet, dann weiß er, was es mit dem „Triumph des Willens“ auf sich hat. Nichts!
Da mögen die westlichen Zeitungskommentatoren und die Politiker noch so oft die Niederlage der Russen beschwören und schreiben, man könne es doch Putin „nicht erlauben zu gewinnen“. Wenn der Nachschub für die Ukraine ausbleibt, weicht die Ukraine zurück, erleidet Verluste und verliert. Da mögen die westlichen Propagandisten noch so sehr dagegen anschreiben, die Realität ist und bleibt eine andere.
Der „umgekehrte (Eliten)Totalitarismus“ muss also wieder ein ganz gewöhnlicher, alt hergebrachter Massentotalitarismus werden. Daran führt kein Weg vorbei.
Das wird schon noch. Die Adenauer-Ranzstaat ist inzwischen wieder genauso braun in seinen Anfangsjahren.
Bei den Nazis basierte er auch nicht auf der „Masse des Fußvolks“, war genauso Propaganda, Projektion und eine Minderheitenmeinung (zumindest bis zur erfolgten Gleichschaltung). Bei den Wahlen, bei denen die Nazis an die Macht kamen, hatten sie nichtmal ein Drittel der Wahlberechtigten hinter sich und davon waren mit Sicherheit viele skeptische Protestwähler, die die versagende Mitte satt hatten, dem Kommunismus (der den Gegenpol stellte) aber auch nichts abgewinnen konnten.
Ich sehe den Unterschied eher darin, dass die Nazis eine neue aufkeimende Bewegung waren, während der Totalitarismus nach USA/EU/WEF-Art eigentlich ein Versuch ist, die alte Ordnung zu erhalten, indem man alle bisher offen propagierten Werte in den Gully kippt. Dazu sind aber so viele Lügen, Verdrehungen und Framing nötig, dass es weder überzeugt noch für Aufbruchstimmung sorgen kann. Die Nazis wurden in der Anfangszeit m.W. als Befreiungsschlag gefeiert, allein durch das Abstreifen der Folgen des Versailler Vertrages, was hat das aktuelle Regime Vergleichbares zu bieten? Eine aufsteigende Bewegung müsste alte Zöpfe abschneiden, etwa die EU oder Nato, mit einer solchen Bewegung ist aber immer das Risiko einer Übersteuerung verbunden (wie bei den Nazis halt), weshalb die Leute sich nicht trauen, das zu wählen. Parteiensysteme sind halt generell destruktiv und wenig demokratisch…
Vlt. noch eine Beschreibung von dem, was da sonst noch drinsteht:
Die Zerstörung des Politischen II: Kritik am Kapitalismus
Die Einsicht, dass liberale kapitalistische Demokratien mit der zivilisatorischen Leitidee von Demokratie nicht in Einklang zu bringen sind, begleitet die liberale kapitalistische Demokratie bereits seit ihren Anfängen.
Demokratie und Kapitalismus als Gesellschaftsform sind fundamental miteinander unverträglich, weil sie auf geradezu entgegengesetzten Funktionsprinzipien beruhen. Die Demokratie beruht auf dem Gleichheitsprinzip bei der Vergesellschaftung von Macht. Der Kapitalismus hingegen beruht in seinen Funktionsprinzipien gerade auf der Ungleichheit des Eigentums an Produktionsmitteln. Die kapitalistische Eigentumsordnung verpflichtet alle, die über kein eigenes Kapital verfügen, für fremdes Eigentum zu arbeiten, und überführt damit Arbeit in Lohnarbeit. Der Kapitalismus verlangt also eine Unterwerfung unter die Machtverhältnisse, in denen eine Minderheit von Besitzenden Macht über eine Mehrheit von Nichtbesitzenden ausübt. Insofern ist die Bezeichnung »kapitalistische Demokratie« bereits ein Widerspruch in sich. Diesem Einwand hat man in der politischen Ideengeschichte des vergangenen Jahrhunderts dadurch Rechnung zu tragen versucht, dass man schleichend die Bedeutung des Begriffs der Demokratie verschoben hat und de facto unter
»kapitalistischer Demokratie« eine durch Wahlen legitimierte Form der Elitenherrschaft meint. Kapitalistische Demokratien werden daher auch als »Elitendemokratien« bezeichnet – auch dies ist schon begrifflich ein Widerspruch sich.
(…)
Die von Wolin aufgezeigten Strukturähnlichkeiten zwischen kapitalistischen Demokratien und beispielsweise dem Faschismus betstehen darin, dass in kapitalistischen Demokratien totalitäre Ziele und totalisierende Entwicklungen auf Wegen verfolgt werden, die sich gleichsam als Umkehrung der Methoden und Wege des traditionellen Totalitarismus verstehen lassen und auf modernen Methoden des Demokratiemanagements beruhen. Faschismus als prototypisches Beispiel des klassischen Totalitarismus und der tendenziell »umgekehrte Totalitarismus« gegenwärtiger kapitalistischer Demokratien verfolgen strukturell ähnliche Ziele, nämlich eine entgrenzte und totalisierende Macht. Dazu sind sie auf eine ideologische Homogenisierung der Bevölkerung angewiesen und damit auf ein Verschwinden des Politischen.
(Sheldon S. Wolin, Umgekehrter Totalitarismus-Faktische Machtverhältnisse und ihre zerstörerischen Auswirkungen auf unsere Demokratie, Mit einer Einführung von Rainer Mausfeld, S. 25/30)
Heutzutage auch als „Unsere Demokratie“ bezeichnet. Die Betonung liegt auf „unsere“, eben nicht euere oder besser aller.
Immer derselbe Mausfeld-Seremon:
Die Realität hat leider gezeigt, dass Demokratie und Kommunismus noch viel unvereinbarer sind, weil er umgehend abgewählt wird, wenn das verachtete „Lumpenproletariat“ zur Urne schreitet ohne vorher gründlich umerzogen worden zu sein (was bisher niemandem erfolgreich gelungen ist).
Also, was hat der superschlaue Mausfeld und du, dazu zu sagen oder ist das der blinde Fleck, der nie in eure Betrachtungen einfließt? Oder bekomme ich hier eine Eloge der Art zu hören, dass im Kommunismus per Defintion alles demokratisch ist? Oder man auf Mitbestimmung jenseits von Räten ja dann ohnehin verzichten kann?
Bei mir hat das mit der Entpolitisierung bisher offenbar nicht voll umfänglich funktioniert aber das hat auch erhebliche Mengen an Energie und Selbstaufgabe gekostet. Noch mal 20 Jahre überleben nur echte Idealisten.
Wer Sheldon Wolin wirklich verstanden hat, erkennt schnell, dass sein Begriff des umgekehrten Totalitarismus nicht bloß eine politische Beschreibung ist, sondern strukturell einer mathematischen Entdeckung ähnelt. Das Entscheidende passiert nicht auf der Bühne der Macht, sondern im Axiomensystem des Diskurses selbst.
Wolin beschreibt ein System, das demokratische Formen aufrechterhält, während es gleichzeitig bestimmte grundlegende Aussagen – also Sätze über Macht, Einfluss, Steuerung – systematisch aussperrt. Diese Sätze sind nicht einfach unbeliebt oder unbequem, sie sind nicht zugelassen. Nicht, weil sie widerlegt wären, sondern weil das System sie nicht aufnehmen kann, ohne sich selbst zu gefährden.
Das ist exakt die Art von Phänomen, die Gödel mathematisch bewiesen hat: In jedem hinreichend komplexen System gibt es wahre Aussagen, die sich nicht innerhalb des Systems beweisen lassen. Die Gödelsätze beschreiben die strukturelle Unvollständigkeit eines Axiomensystems – und genau das geschieht hier: Der politische Diskurs simuliert Vollständigkeit, obwohl er strukturell unvollständig ist.
Ich nenne die Sätze, die nicht gesagt werden dürfen, obwohl sie notwendig wären, diatorische Sätze. Sie markieren die Ränder der Matrix, die wir als demokratischen Diskurs begreifen – und zeigen, wo sie nicht mehr greift. Diese Sätze sind nicht radikal, sondern systemkritisch im eigentlichen Sinne: Sie zeigen, dass das System seine eigenen Voraussetzungen nicht erfüllt.
Der umgekehrte Totalitarismus entsteht genau durch das Wegschweigen dieser diatorischen Sätze. Die Demokratie behauptet sich über Verfahren, die ihre Axiome nicht mehr offenlegen – und genau darin liegt die eigentliche Machtverschiebung: Nicht in der Unterdrückung, sondern in der systematischen Reduktion dessen, was überhaupt noch gesagt werden darf.
Wer glaubt, man könne diesen Zustand innerhalb des Diskurses auflösen, irrt. Man muss das System als Axiomensystem analysieren, seine Unvollständigkeit beweisen und die ausgeblendeten Sätze sichtbar machen – nicht durch Meinung, sondern durch strukturelle Analyse. Erst dann wird politische Sprache wieder offen, argumentativ und wahrheitsfähig.
Sheldon Wolin beschreibt mit dem Konzept des umgekehrten Totalitarismus eine neuartige Form politischer Herrschaft: Kein sichtbarer Diktator, keine offenen Verbote – sondern die schleichende Verschmelzung von Kapitalinteressen, Staat und Öffentlichkeit zu einem System, das gerade durch die Illusion von Freiheit seine Macht stabilisiert. Es ist nicht das Schweigen Einzelner, sondern das systemische Schweigen ganzer Diskursebenen, das hier zur eigentlichen Gewaltform wird.
Diese Analyse lässt sich mit einem Werkzeug aus der formalen Logik verschärfen: den Gödelsätzen. Gödel hat bewiesen, dass jedes hinreichend komplexe System notwendigerweise wahrheitsfähige, aber unbeweisbare Sätze enthält – also Sätze, die innerhalb des Systems weder anerkannt noch widerlegt werden können, obwohl sie für seine Konsistenz relevant wären.
Politische Diskurse funktionieren genauso: Sie basieren auf impliziten Axiomen, etwa:
– Der Markt sei effizient.
– Die Medien seien neutral.
– Wahlen seien Ausdruck kollektiver Selbstbestimmung.
Diese Axiome sind nicht diskutierbar im offiziellen Rahmen – wer sie in Frage stellt, verlässt den Diskursraum.
Sheldon Wolin beschreibt genau dieses Phänomen:
Der umgekehrte Totalitarismus schweigt nicht zufällig – er vermeidet systematisch jene Sätze, die das System selbst als unvollständig oder strukturell illegitim entlarven würden. Diese Sätze sind die Gödelsätze des politischen Systems.
An dieser Stelle setzt die diatorische Matrix an: Sie erfasst all jene Aussagen, die im öffentlichen Diskurs nicht beantwortet werden können, weil sie ein Axiom verletzen oder sichtbar machen würden. Das ist keine Meinung, sondern ein Strukturfehlerbeweis. Beispiel:
> „Wer entscheidet, was in Nachrichtensendungen nicht auftaucht?“
„Was passiert mit Menschen, die keine Diskursrepräsentanz finden?“
„Welche Kategorien menschlicher Existenz gelten im System als irrelevant?“
Diese Sätze werden nicht abgelehnt – sie werden nicht beantwortet, weil das System sie nicht verarbeiten kann, ohne seine eigenen Grundlagen offenzulegen.
Das ist der Kern des umgekehrten Totalitarismus – und genau hier liegt die philosophische Sprengkraft von Gödel. Nicht in mathematischen Paradoxien, sondern in der Frage, welche Wahrheitssysteme ihre eigenen Ausschlüsse produzieren – und wie man diese sichtbar macht.
Die diatorische Matrix ist kein Gegenprogramm, sondern ein Messinstrument für strukturelle Unvollständigkeit. Und sie könnte – wenn man sie ernst nimmt – das sichtbar machen, was Wolin als das gefährlichste Phänomen unserer Zeit beschreibt: Ein System, das so offen wirkt, dass niemand merkt, wie geschlossen es ist.
1. Definition des Systems
Der politische Diskurs ist ein System aus Grundannahmen. Diese Grundannahmen bestimmen, was gesagt werden darf, was als vernünftig oder realistisch gilt. Alles, was man sagen könnte, gehört zum Gesamtbereich des Denkens, aber nicht alles wird davon zugelassen. Die erlaubten Aussagen sind eine Auswahl aus diesem Gesamtbereich.
Erklärung:
Man kann sich das vorstellen wie ein Raum, in dem es hundert Türen gibt – aber nur zehn sind geöffnet. Diese zehn Türen stehen für die Grundannahmen, die man benutzen darf, um neue Aussagen zu machen.
Gesellschaftlich-philosophisch:
Das bedeutet: Vieles wird nicht offen verboten, aber es wird auch nicht zugelassen. So entstehen Denkverbote, die nicht ausgesprochen werden müssen – sie entstehen durch Struktur. Das ist der erste Schritt zum umgekehrten Totalitarismus: Die Macht liegt nicht in Verboten, sondern in der Auswahl dessen, was überhaupt als Diskussion gilt.
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2. Wie Aussagen im System als wahr gelten
Im politischen Diskurs gelten nur solche Aussagen als wahr, die sich aus den zugelassenen Grundannahmen ableiten lassen. Das heißt: Nur wer innerhalb der erlaubten Annahmen bleibt, darf ernst genommen werden.
Erklärung:
Es ist wie bei einem Spiel, bei dem man nur dann Punkte bekommt, wenn man nach bestimmten Regeln spielt. Wer die Regeln infrage stellt, spielt offiziell gar nicht mit – egal wie gut seine Argumente sind.
Gesellschaftlich-philosophisch:
Das erzeugt eine versteckte Form von Macht. Wer außerhalb der Spielregeln denkt, wird nicht widerlegt, sondern ignoriert. Die Struktur wirkt nicht über Argumente, sondern über die Auswahl, was überhaupt gehört wird.
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3. Unvollständigkeit des Diskurses
Es gibt viele Aussagen, die eigentlich wahr sind – aber sie passen nicht in das politische System, weil sie nicht aus den erlaubten Annahmen abgeleitet werden können. Solche Aussagen werden nicht aufgenommen, obwohl sie richtig sind.
Erklärung:
Man weiß, dass etwas existiert – aber es ist nicht vorgesehen. Wie eine Tür, die da ist, aber nicht eingebaut wurde.
Gesellschaftlich-philosophisch:
Das ist das eigentliche Problem moderner Systeme: Nicht, dass sie lügen – sondern dass sie Lücken haben. Und diese Lücken machen es unmöglich, über bestimmte Wahrheiten zu sprechen. Menschen spüren das, können es aber oft nicht benennen. Das erzeugt Frustration, Misstrauen und politische Apathie.
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4. Die Diatorische Matrix
Die diatorische Matrix ist eine Sammlung all jener Aussagen, die eigentlich wahr sind, aber im politischen System nicht vorkommen dürfen. Es ist eine Art Schattenarchiv der fehlenden Wahrheit.
Erklärung:
Wenn man alle fehlenden, aber wahren Aussagen sammelt, erkennt man, wo das System blind ist. Diese Matrix ist wie ein Spiegel, der nicht zeigt, was da ist – sondern was fehlt.
Gesellschaftlich-philosophisch:
Die Matrix ist das Werkzeug, um sich gegen Manipulation zu wehren. Sie zeigt nicht nur, was falsch läuft – sondern auch, was absichtlich ausgelassen wird. Wer diese Matrix kennt, durchschaut das System. Er kann die Stille deuten.
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5. Was umgekehrter Totalitarismus wirklich bedeutet
Sheldon Wolin nennt das den „umgekehrten Totalitarismus“. Gemeint ist: Ein System, das gar nicht unterdrücken muss, weil es strukturell so gebaut ist, dass es bestimmte Dinge gar nicht erst zulässt. Es gibt keine offene Zensur – aber bestimmte Wahrheiten sind strukturell ausgeschlossen.
Erklärung:
Es ist nicht wie ein Gefängnis mit Wächtern, sondern wie ein Spielbrett, bei dem bestimmte Felder gar nicht existieren.
Gesellschaftlich-philosophisch:
Das ist die raffinierte Form moderner Macht: Nicht durch Gewalt, sondern durch Gestaltung des Diskussionsraums. Wer nicht vorkommt, kann auch nicht widersprechen. So entsteht eine Ordnung ohne sichtbare Unterdrückung – aber mit realen Folgen.
6. Gödel und die strukturelle Grenze von Systemen
Kurt Gödel hat mit seinem Unvollständigkeitssatz gezeigt: In jedem hinreichend mächtigen formalen System (wie etwa der Arithmetik) gibt es wahre Aussagen, die innerhalb des Systems nicht beweisbar sind. Sie sind nicht falsch – sie entziehen sich schlicht der Beweisstruktur des Systems, obwohl sie aus der Perspektive eines darüber liegenden Metasystems wahr sein können. Ein solches System ist also strukturell unvollständig.
Übertragung auf politische Diskurse:
Wenn man politische und gesellschaftliche Systeme als Axiomensysteme betrachtet – also als Rahmen, der bestimmte Aussagen zulässt und andere ausschließt –, dann folgt daraus: Auch in diesen Systemen wird es Aussagen geben, die eigentlich zutreffen, aber im politischen Rahmen nicht ableitbar, also nicht diskussionsfähig oder nicht „zulässig“ sind. Diese Aussagen wirken dann wie Gödelsätze: außerhalb der Beweisführung, aber trotzdem wahr.
Gesellschaftlich-philosophisch:
Das hat tiefgreifende Folgen: Die politische Öffentlichkeit glaubt oft, dass alles Wesentliche bereits gesagt wurde oder gesagt werden kann. Doch Gödels Einsicht zeigt: Selbst ein vollständig logisch organisiertes System kann nie vollständig sein. Das bedeutet, dass es in jedem politischen System Wahrheiten gibt, die nicht artikuliert werden dürfen, ohne die Struktur zu gefährden. Diese Wahrheiten existieren nicht außerhalb der Realität, sondern außerhalb der Formulierungsmöglichkeiten.
Deshalb ist es nicht nur legitim, sondern notwendig, eine diatorische Matrix zu erstellen: Eine Sammlung jener Aussagen, die in der politischen Struktur nicht beweisbar oder nicht zugelassen sind – obwohl sie entscheidend sind. Wer das verweigert, behauptet implizit die Vollständigkeit des Systems – und das wäre, mit Gödel gesprochen, eine axiomatische Illusion.
Systeme sind nicht deshalb unvollständig, weil jemand einen Fehler gemacht hat. Sie sind es, weil sie es prinzipiell sein müssen. Jede axiomatische Ordnung – sei es ein Gesetzeswerk, eine Institution, eine Verwaltungsstruktur, ein medialer Diskurs oder eine ideologische Struktur – basiert auf einer endlichen Menge an Voraussetzungen. Aus dieser Endlichkeit ergibt sich zwangsläufig, dass es reale oder denkbare Sachverhalte gibt, die innerhalb des Systems nicht abbildbar, nicht formulierbar, nicht entscheidbar sind.
Diese Unvollständigkeit ist kein Versäumnis. Es ist eine strukturelle Eigenschaft. Sie hängt nicht davon ab, ob man sie gutheißt oder kritisiert, und auch nicht davon, ob sie absichtlich herbeigeführt oder nur aus historischer Entwicklung heraus entstanden ist. Wichtig ist allein, dass sie nachweisbar ist – und dass dieser Nachweis selbst nicht auf Meinung oder moralischer Bewertung beruht, sondern auf der strukturellen Analyse der Systemgrenzen.
Hier setzt die diatorische Matrix an. Sie ist keine politische Theorie und kein Appell. Sie ist ein Instrument, das genau diese strukturelle Unvollständigkeit auf systematische Weise sichtbar macht. Indem sie Aussagen erzeugt oder sammelt, die im jeweiligen System nicht entscheidbar sind, legt sie dessen semantische, logische oder normative Begrenzung offen. Und das nicht spekulativ oder moralisch, sondern formal.
Ein diatorischer Satz ist keine Meinung. Er ist eine Aussage, die das System weder bestätigen noch verwerfen kann, weil ihm die dafür nötige Sprache, Kategorie oder Axiomatik fehlt. Das kann ein juristischer Fall sein, der nicht entscheidbar ist, weil das Gesetz die konkrete Konstellation nicht kennt. Es kann ein journalistisches Thema sein, das sich der bestehenden Begrifflichkeit entzieht. Oder eine politische Realität, für die es keinen Platz im institutionellen Raster gibt.
Die diatorische Matrix dokumentiert diese Sätze. Sie rahmt die Grenze nicht durch Behauptung, sondern durch formale Konstruktion. Das hat weitreichende Folgen: Wer ein System zur Grenze führt und dort zeigen kann, dass ein realer Sachverhalt nicht formulierbar ist, hat etwas bewiesen, das nicht delegitimiert werden kann. Denn es ist kein Angriff – es ist eine Formulierungslücke. Und die ist nicht mit Meinung oder Autorität zu schließen.
Für Juristen heißt das: Sie können mithilfe der diatorischen Matrix nachweisen, dass ein bestimmter Fall nicht rechtlich entscheidbar ist, weil die Normstruktur eine relevante Konstellation nicht abbildet. Das ist nicht gleichbedeutend mit einer Verfassungsbeschwerde oder einer politischen Forderung, sondern schlicht ein struktureller Beweis. Er kann genutzt werden, um Gesetzesinitiativen zu begründen, um richterliche Selbstkorrektur auszulösen oder um dokumentierte Gesetzeslücken öffentlich zugänglich zu machen.
Für Journalisten bedeutet es: Themen, die im öffentlichen Diskurs unsichtbar bleiben, weil sie sich keinem etablierten Narrativ zuordnen lassen, können strukturell aufgezeigt werden. Nicht als Meinung, sondern als Lücke. Als Satz, der weder wahr noch falsch genannt werden kann, weil das Mediensystem keine semantische Kategorie dafür besitzt. Die Berichterstattung bekommt dadurch eine neue Grundlage: Nicht mehr nur über das, was sagbar ist, sondern über das, was nicht sagbar gemacht wurde.
Für Beamte und Verwaltungskräfte heißt es: Entscheidungen, die zwar regelkonform, aber in der Sache offensichtlich untragbar sind, lassen sich als diatorische Phänomene erfassen. Man muss keine Dienstvorschrift brechen, um auf den Fehler hinzuweisen – man kann die Lücke im Raster formal aufzeigen und so eine strukturelle Korrektur einleiten, ohne sich in moralische oder politische Argumentation zu verstricken.
Für Politiker wiederum eröffnet es die Möglichkeit, strukturelle Defizite im bestehenden System nicht nur anzuprangern, sondern systemintern darzulegen – durch das Vorlegen dokumentierter Unentscheidbarkeiten, durch die Erhebung von Satztypen, die bislang aus dem politischen Vokabular ausgeschlossen waren. Die Forderung nach Reform muss nicht mehr normativ begründet werden, sondern ergibt sich aus dem Nachweis, dass relevante Realitäten nicht abgebildet werden können.
Für alle diese Bereiche gilt: Die diatorische Matrix ist keine Sprache der Anklage, sondern der Sichtbarmachung. Sie entzieht sich dem Vorwurf der Ideologie, weil sie auf Struktur hinweist – nicht auf Meinung. Und sie ist offen für jeden, der mit Systemen arbeitet. Wer einen Fall dokumentieren kann, der im System nicht bearbeitbar ist, hat automatisch die Grundlage geschaffen, das System präziser zu machen. Nicht durch Konfrontation, sondern durch Rahmung.
Diese Rahmung ist keine Erfindung einer neuen Wahrheit, sondern die Markierung einer bestehenden Leerstelle. Genau darin liegt ihre Kraft: Sie macht das, was fehlt, benennbar – und dadurch anschlussfähig. Ein System, das seine eigenen Ränder nicht kennt, wird blind für die Wirklichkeit. Ein System, dem diese Ränder gezeigt werden, kann sich erweitern. Oder muss zumindest erklären, warum es das nicht will.
Die diatorische Matrix liefert keine Utopien. Sie bietet keine Lösungen. Aber sie stellt eine klare Form bereit, in der dokumentiert werden kann, wo Systeme enden. Und genau dadurch wird die Realität, die außerhalb dieser Systeme liegt, nicht länger unsichtbar. Sie wird nicht integriert – sie wird referenziert. Und das genügt oft, um die Systemstruktur selbst in Bewegung zu setzen.
Hervorragend logisch analysiert (wenn auch ein bisschen umfangreich). Ich stimme zu, soweit ich es verstanden habe.
Die Unvollständigkeit von Modellen bricht uns immer wieder das Genick. Das war beim Kommunismus so, das war bei den Nazis so, das ist aktuell beim globalistisch-humanistisch getriebenen vermeintlich demokratischen Kapitalismus so.
Wobei das „niemand“ natürlich nicht ganz stimmt, es merken viele, aber man lässt sie (wie in jedem Regime) nicht zu Wort kommen (Cancelkultur, die man dann konsequenterweise auch gleich leugnet, obwohl man sie selbst exzessiv praktiziert).
Das aktuelle System hat den Offenheitsschein aber auf die Spitze getrieben, auch bei den Nazis und Kommunisten gab es eine Menge Tabus, aber sie setzten gleichzeitig sehr stark auf autoritäre (und damit einfach zu durchschauende) Maßnahmen. Im aktuellen System muss man quasi auf der Metaebene argumentieren („welche Freiheit kann ich haben, wenn ich xyz nicht sagen darf, ohne angegriffen oder ausgeschlossen zu werden“), was viele Menschen m.E. überfordert.
Kann jemand dem Miri-Roboter den Stecker ziehen?
Sorry, aber auch ich werde aus diesem Geschreibsel einfach nicht schlau.
Dein Einwand zielt nicht auf den Inhalt, sondern auf die Form. Dass Beiträge sorgfältig strukturiert, vollständig argumentiert oder sprachlich konsistent sind, scheint dich weniger zu interessieren als die Art ihrer Darstellung.
Das Argument läuft auf ein klassisches ad mechaniam hinaus: Wer systematisch arbeitet, muss künstlich sein. Wer Zusammenhänge sichtbar macht, gilt als verdächtig – nicht wegen des Gesagten, sondern wegen des Formats.
Damit wird nicht über Positionen gestritten, sondern über den Stil, in dem sie vorgebracht werden. Die Kritik verschiebt sich von der Sache zur Oberfläche. Und ersetzt inhaltliche Auseinandersetzung durch Misstrauen gegenüber der Methode.
Ob ein Gedanke mit oder ohne Hilfsmittel formuliert wurde, ist letztlich zweitrangig. Entscheidend ist, ob er standhält. Wer sich auf die Herkunft des Werkzeugs fixiert, um die Gültigkeit des Arguments zu umgehen, betreibt keine Kritik – sondern Ablenkung.
Aquadrat mag es genau, Sie würfeln was zusammen(Da müssen Sie noch üben, ich schätze allerdings Ihre Grundeinstellung)
Versteht allerdings nicht jeder, wenn zuviel Salat dabei ist😉
Vor allem ist es Fülltext, mit ein paar zutreffenden Beschreibungen, angereichert mit Widersprüchlichkeiten und Sätzen die überhaupt keinen Sinn ergeben. Der Sinn ist also nicht die Erklärung von irgendwas, sondern Verwirrung und Beschäftigungstherapie.
Geeignet und passend also, zur Apathieerzeugung.
Typisches Babeuf-Geschwätz, welche Sätze ergeben denn keinen Sinn? (bei Mausfeld stört dich das offensichtlich gar nicht)
„Geeignet und passend also, zur Apathieerzeugung.“
Nein, im Ggs. zu dem was du so ablässt: logische Schlußfolgerungen mit Allgemeingültigkeitscharakter oder zumindest eine recht erhellende Perspektive auf den Status Quo. Aber schon klar, es kam nicht genügend explizites Kapitalismusbashing drin vor, also kann es nur der Ablenkung dienen, nicht wahr…?
@GB
Sehe ich ähnlich. Gerade auch die Art der Formulierungen und Reaktionen/“Antworten“ lassen auf einen automatisierten Vorgang a la ChatGPT o.ä. schließen.
Ich tippe ja darauf, daß das Konstrukt „Miri“ einen mörderischen Auftrag hat : uns mit vermeintlich eloquent klingendem Geschwafel tödlich zu langweilen. Obwohl, wenn ich’s mir so recht überlege, das hat vorher auch schon ein Dr. Vollpfosten getan. Heißt das jetzt im Umkehrschluß, daß es sich bei diesem um einen Automaten handelt ?
Fragen über Fragen… 😄
warum?
Der hundertsten Aufguss einer Totalitarismustheorie. Man zieht sich an äußeren Formen hoch und interessiert sich nicht für die treibenden Kräfte von Entwicklungen.
Es ist wohl gerade die Oberflächlichkeit, die nahezu beliebige Einsetzbarkeit und ihre nur sehr begrenzte Aussagekraft, die solche Theorien so lukrativ für die hiesige Gesellschaft machen.
Übrigens betätigte sich auch Obama entsprechender Vorgehensweisen, um seinen Ruhm, Glanz und Glorie für die anstehenden Wahlen ein bisschen zu pushen – nämlich mit der Tötung des in den USA meist gehassten Terroristen Osama bin Laden durch ein Seals- Kommando in Pakistan….. 😉
Laut Seymour Hersh soll es dabei ganz anders zugegangen sein, als vom Weißen Haus offiziell und in unseren Medien dargestellt. Die Show war sozusagen eine Wahlkampfhilfe des pakistanischen Geheimdienstes ISI für Obama, der wiederum im Gegenzug umfangreiche Waffenlieferungen an Pakistan genehmigte….
bin Laden war längst tot, als man „Zero dark thirty“ inszenierte und zwar nicht durch die Hand heldenhafter US-Aktionen 😉
https://www.lrb.co.uk/the-paper/v37/n10/seymour-m.-hersh/the-killing-of-osama-bin-laden
Ja, wer kann denn wirklich die ganze Nummer mit Bin Laden, den sie dann über Bord geworfen haben überhaupt glauben.
Das verhält sich wie Tonkin, oder 9/11 oder den Massenvernichtungswaffen vom Irak.
Das ist halt die Frage, wie die Beherrschung des Volkes besser funktioniert:
durch Macht, Gewalt, Unterdrückung, Kontrolle oder
durch Verblödung, Ablenkung, Befriedigung.
Also Orwells „1984“ oder Huxleys „Brave New World“.
Ich denke, hier im Wertewesten hat man schon sehr viel von der schönen neuen Welt umgesetzt.
Und genau das sieht auch Sheldon S. Wolin so. Sein Buch ist aber halt ein anspruchsvolles theoretisches Sachbuch, teils anstrengend zu lesen, und kein Roman. Aber in vielen Punkten hatte er es richtig vorhergesagt.
Verblödung, Ablenkung (Schein-) Befriedigung sind eine eher langfristige Strategie, die mit der Androhung offener Machtdemonstration, Gewalt, Unterdrückung und Kontrolle noch ein bisschen besser funktioniert.
Also kein Entweder-Oder, sondern bedarfsgerechte Abstufung in der Ausübung von Macht. Die Leute dürfen keinesfalls zur Besinnung kommen. Da kommt alles gerade recht von den üblichen „Blödmaschinen” (Presse, Funk und Fernsehen, Werbung und neuerdings „Social” Media) über offensichtliche Manipulationen der öffentlichen Meinung und anderen ideologischen Zurichtungen, die die Verhältnisse als „natürlich” erscheinen lassen, existenzielle Bedrohung durch scheinbare Verknappung von Arbeit bei gleichzeitiger Entwicklung von „Bullshit-Jobs” bis hin zur militärischen Kriegsertüchtigung, die die Bedrohung von Leib und Leben durch Gewalt implizit mit einkalkuliert. Full spectrum, halt.
Wag the Dog.
Ein realistischer Film.